Es gibt viel Verwirrung und dummes Geschwätz über den Begriff der Freiheit. Gerade den bürgerlichen Philosophen (oder solchen, die sich dafür halten) fehlt eine entscheidende Seite bei ihren Betrachtungen: die Freiheit ist immer ein gesellschaftliches Verhältnis, nämlich das Verhältnis des Menschen zu der ihn umgebenden objektiven Realität, deren Notwendigkeiten der handelnde Mensch sich zu unterwerfen hat, um sich überhaupt „frei“ entscheiden, und demnach auch „frei“ handeln zu können. Absolute, ewige Freiheit gibt es nicht.
„Nicht in der geträumten Unabhängigkeit von den Naturgesetzen liegt die Freiheit, sondern in der Erkenntnis dieser Gesetze, und in der damit gegebenen Möglichkeit, sie planmäßig zu bestimmten Zwecken wirken zu lassen.“ (Lenin,Werke, Bd.38, S.153)
Ebenso ist es eine Illusion zu glauben, es gäbe ein abstraktes, immerwährendes „Recht auf Freiheit“, sozusagen ein „Geburtsrecht“ auf Freiheit, das man gleichsam in die Wiege gelegt bekommt. Ein solches Recht gibt es nicht! Die Freiheit zu tun und zu lassen was man möchte, ist immer an die gesellschaftlichen Notwendigkeiten gebunden, und die sind objektive Realität. Die Freiheit ist immer historisch konkret. Bürgerliche Freiheit ist vor allem und in erster Linie die Freiheit der herrschenden und besitzenden Klasse. Solange es Klassengegensätze gibt, kann sich die Freiheit nur in engen Grenzen entwickeln, die unterdrückten Klassen und Schichten des Volkes müssen sich ihre Freiheit erst erkämpfen. Es gibt unter bürgerlichen Verhältnissen, wie wir sie heute haben, eben nicht eine gesetzlich geregelte „Gleichheit aller in der Freiheit“. Der Unterschied besteht auch heute noch in dem Klassengegensatz zwischen Bourgeoisie und Proletariat. In der Klassengesellschaft gibt es immer noch ein paar, die „gleicher“ sind als alle anderen, und zu deren Privileg auch die Freiheit gehört: die ökonomische, die soziale, die politische usw. Was nützt dir denn die Reisefreiheit, wenn du kein Geld zum Reisen hast?
Es ist der Unterschied zwischen den Besitzenden und den Besitzlosen, namentlich im Besitz an den Produktionsmitteln. Und solange die Menschen keine umfassenden Einsichten in die unabhängig von ihren persönlichen Wünschen und ihrem Willen wirkenden Gesetzmäßigkeiten der Gesellschaft besitzen, wird sich die gesellschaftliche Notwendigkeit ihnen gegenüber immer als eine „bewußtlos und willenlos wirkende Macht“ (Engels) durchsetzen. Erst mit dem Übergang in eine sozialistische Gesellschaftsordnung, mit dem Wegfall dieser antagonistischen (und nicht einfach zu vernachlässigenden) Klassengegensätze gewinnen die Menschen in zunehmendem Maße die Möglichkeit, sich frei zu entfalten.
„Die eigne Vergesellschaftung der Menschen, die ihnen bisher als von Natur und Gesellschaft oktroyiert gegenüberstand, wird jetzt ihre eigne freie Tat. Die objektiven, fremden Mächte, die bisher die Geschichte beherrschten, treten unter die Kontrolle der Menschen selbst. Erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maße auch die von ihnen gewollten Wirkungen haben. Es ist der Sprung aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit“ (Marx/Engels, Werke, Bd. 20, S.264)
Wir gehen hier an dieser Stelle nicht weiter auf die historischen Wandlungen des Freiheitsbegriffes von Aristoteles über Luther, Spinoza, Rousseau bis hin zu Hegel und Fichte ein, sondern geben abschließend nur eine allgemeine Definition:
Freiheit ist das Verhältnis des Menschen zur objektiven Gesetzmäßigkeit (Notwendigkeit) in Natur und Gesellschaft, insbesondere der Grad ihrer Erkenntnis und praktischen Beherrschung. Die Freiheit besteht in der Einsicht in die objektive Notwendigkeit und in der darauf beruhenden Fähigkeit, die Gesetzmäßigkeiten der Natur und Gesellschaft mit Sachkenntnis bewußt anzuwenden und auszunutzen, um eine wachsende Herrschaft über sie zu erlangen. Freiheit schließt auch die ökonomischen, politischen, rechtlichen und ideologischen Bedingungen ein, die hierzu erforderlich sind, weshalb sie einem geschichtlichen Entwicklungsprozeß unterliegt. (Philosophisches Wörterbuch, Herausg.v. Klaus/Buhr, VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1975, S.422)
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