Lehren aus der Weimarer Republik

Karl Liebknecht

Karl Liebknechts letzte öffentliche Ansprache am 4.1.1919 in Berlin, Unter den Linden

Novemberrevolution in Deutschland. Am 3.November 1918 erhoben sich im Kieler Hafen die Matrosen der Kriegsflotte. Im Lauf der ersten Novemberwoche erfaßte der Aufstand das ganze Land. Am 9.November traten die Arbeiter Berlins nach einem Aufruf des Spartakusbundes in den Generalstreik. Die Arbeiter und mit ihnen die Soldaten besetzten die wichtigsten Regierungsgebäude, die Post, das Telegrafenamt, die Bahnhöfe u.a. Unter dem Druck der revolutionären Massen brach die Monarchie der Hohenzollern zusammen. Kaiser Wilhelm II. floh nach Holland…

Untaugliche Vorschläge der Wirtschaftsweisen

Am 15.1.1919 wurden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg von konterrevolutionären Offizieren ermordet. In der Folge der Novemberrevolution entstand eine bürgerlich-parlamentarische Staatsordnung, die „Weimarer Republik“… Es ist klar, daß der bürgerliche Staat trotz aller seiner Verflechtungen und inneren Absicherungen heute nicht mehr imstande ist, die zunehmenden Probleme, die der Imperialismus mit all seinen Krisen, Kriegen und schädlichen Folgen für die Menschheit hervorgebracht hat, zu bewältigen. Unzählige bürgerliche „Wirtschaftsforscher“, ganze Institute und universitäre Einrichtungen haben Vorschläge eingebracht, wie man angeblich die „Banken unter Kontrolle“ bringen kann. „Rettungsschirme“ wurden erfunden, „Sparmaßnahmen“ eingefordert, um nicht nur Firmen, sondern ganze Industriezweige, ja sogar Staaten vor dem drohenden Untergang zu bewahren. Der Nutzeffekt dieser Maßnahmen für die arbeitende Klasse? Ist gleich Null.

Bedrohliches Anwachsen der Kriminalität

Die Finanz- und Konzerngewaltigen suchten nach neuen Schlupflöchern, um die eigenen Spielregeln zu umgehen. Und das machte alles nur noch schlimmer. Die Kriminalität – nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Alltag – nahm zu und nimmt immer mehr bedrohliche Ausmaße an. Sanktionen erweisen sich als wirkungslos und verschärfen die Lage der arbeitenden Bevölkerung nur noch mehr. Auch wenn der bürgerliche Staat seine Massenmedien anweist, für Freude und Unterhaltung zu sorgen, den Riß, der durch die Gesellschaft geht, decken sie uns damit nicht zu. Trotz allem technischen und wissenschaftlichen Fortschritts! Trotz High-Tec und Internet, trotz gigantischer Bauwerke und hochentwickelter Produktivkräfte!

Eine ausweglose Lage

Wir sehen nunmehr, die bürgerlichen „Wirtschaftsweisen“ sind mit ihrem Latein am Ende. An einer grundlegenden Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse führt kein Weg mehr vorbei. Doch wohin soll er führen? … Unter dem Titel „Der Weg zum Sozialismus“ erschien 1946 im Auftrag des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) eine Vortragsdisposition, die zu der Frage Stellung nahm: Warum war die Oktoberrevolution richtig? Und warum war die Weimarer Republik zum Scheitern verurteilt?

DER WEG ZUM SOZIALISMUS

Die Klassiker des Marxismus betonten wiederholt, daß „weder die Verwandlung in Aktiengesellschaften und Trusts noch die in Staatseigentum die Kapitaleigenschaft der Produktivkräfte aufhebt“. Die Verstaatlichung der Großindustrie im kapitalistischen Staat bedeutet einen unzweifelhaften Fortschritt als ökonomische Voraussetzung für die sozialistische Gesellschaftsordnung. Sie ist jedoch deshalb keineswegs bereits eine sozialistische Maßnahme. „Der moderne Staat, was auch seine Form, ist eine wesentlich kapitalistische Maschine, Staat der Kapitalisten, der ideelle Gesamtkapitalist. Je mehr Produktivkräfte er in sein Eigentum übernimmt, desto mehr wird er wirklicher Gesamtkapitalist, desto mehr Staatsbürger beutet er aus. Die Arbeiter bleiben Lohnarbeiter, Proletarier. Das Kapitalverhältnis wird nicht aufgehoben, es wird vielmehr auf die Spitze getrieben. Aber auf der Spitze schlägt es um.

Gibt es eine Lösung des Konflikts?

Das Staatseigentum an den Produktivkräften ist nicht die Lösung des Konflikts, aber es birgt in sich das formelle Mittel, die Handhabe der Lösung.“ (Engels: „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft“, MEAW6, S. 305f.) Der Streit um die Frage des Weges zum Sozialismus ist heute nicht nur längst theoretisch entschieden, sondern hat inzwischen seine geschichtliche Entscheidung erfahren, und zwar durch die unterschiedliche Entwicklung Deutschlands und anderer kapitalistischer Länder einerseits und der 28jährigen Entwicklung der sozialistischen Sowjetunion andererseits.

1. Die Lehren aus der Weimarer Republik

Nach der Revolution von 1918 kamen in Deutschland und auch in einer Reihe von anderen Ländern Regierungen zur Macht, in denen Sozialisten, die auf dem Standpunkt des friedlichen Hineinwachsens in den Sozialismus standen, den entscheidenden Einfluß hatten. Auf Grund dieser Theorie bauten sie ihre Politik auf und versprachen den Arbeitern, die „Einführung des Sozialismus“ auf friedlichem Wege. So wurden z.B. 1919 im damaligen kapitalistischen Deutschland „Kommissionen zur Sozialisierung“ eingesetzt. Es erschienen Plakate: „Der Sozialismus marschiert!“ usw. Da aber die Weimarer Republik und andere Staaten Westeuropas keine Arbeiterstaaten, sondern bürgerlich-demokratische Staaten auf der Grundlage der kapitalistischen Gesellschaftsordnung waren, konnten diese Losungen nur eine Irreführung der Werktätigen sein und das schaffende Volk über den wahren Sozialismus täuschen.

Ohne Revolution kein Sozialismus!

Die Entwicklung führte auch tatsächlich nicht zu einem „friedlichen Hineinwachsen in den Sozialismus“, sondern zur Festigung des Kapitalismus und zur Erstarkung des deutschen Imperialismus, um schließlich mit dem Faschismus, dem Krieg und der vollständigen Katastrophe zu enden. Daher können wir heute sagen, daß die Theorie vom „friedlichen Hineinwachsen in den Sozialismus“ ohne Sturz der Macht der Kapitalisten und ohne Aufrichtung der politischen Herrschaft der Arbeiterklasse sich geschichtlich als falsch erwiesen hat und niemals zum Sozialismus führen kann.

2. Die Lehre aus der Entwicklung der Sowjet-Union

Im Unterschied zu Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern wurde im November 1917 in Rußland die Klasse der Kapitalisten und Gutsbesitzer entmachtet und enteignet, der bürgerlich-kapitalistische Staat zerbrochen und die politische Herrschaft der Arbeiterklasse aufgerichtet. Die Entwicklung führte hier dazu, daß es keine Ausbeuter-klassen, keine Kapitalisten und Gutsbesitzer mehr gibt und die sozialistische Gesellschaftsordnung verwirklicht wurde. Daher können wir heute feststellen, daß die marxistische Auffassung vom Weg zum Sozialismus sich als die richtige erwies, daß dieser Weg die geschichtliche Prüfung bestand und zum vollen Erfolg führte.

Quelle:
Vortragsdisposition Nr.5, Material für politische Schulungstage, Herausgegeben vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands, 1946. (s.a. komitter.de)
Foto: J.Kuczynski / W.Steinitz (Hrsg.) Deutschland, Verlag Kultur und Fortschritt, Berlin 1953, S.145.

Siehe auch:
Der Feind ist zynisch und schlau
Über die Freiheit der Andersdenkenden
Der politische Mord im Auftrag der Bourgeoisie
Ist Lynchjustiz ein berechtigtes Mittel
J.Stalin: Was ist besser – Sozialismus oder Kapitalismus?

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