A.G.Grigorenko über Lenin’s Schrift „Was tun?“

GrigorenkoImmer wieder muß man darauf hinweisen, welche große Bedeutung die Wissenschaft des Marxismus-Leninismus für die Beseitigung der heute noch vorhandenen kapitalistischen Ausbeutergesellschaft hat. Die Werke von Marx, Engels, Lenin und Stalin sind für uns dabei von unschätzbarem Wert. Im Jahre 1951 veröffentlichte die Sozialistische Einheitspartei (SED) einen interessanten Vortrag, den Genosse A.G.Grigorenko im Kulturplast des Moskauer Stalin-Autowerkes gehalten hatte. Darin befaßt er sich ausführlich mit der Bedeutung von Lenin’s Schrift „Was tun?“ für die Gegenwart. Der vorliegende Text wurde dem Stenogramm des öffentlichen Vortrages entnommen:

In dem großen ideologischen Erbe, das Wladimir Iljitsch Lenin hinterlassen hat, nimmt die Arbeit „Was tun?“ [1] einen hervorragenden Platz ein. Dieses Werk hat die Aufgaben und das Aktionsprogramm des Proletariats und seiner politischen Partei für eine ganze historische Epoche mit dem klaren Licht des wissenschaftlichen Sozialismus erleuchtet. Die in diesem Buch entwickelten theoretischen Leitsätze wurden zur Grundlage der Ideologie der bolschewistischen Partei. „Man kann mit Sicherheit sagen, daß noch niemals in der Geschichte auch nur eine einzige politische Gruppe so gründlich darauf vorbereitet war, sich als Partei zu formieren, wie die bolschewistische Gruppe.“ [2]

Unversöhnlich gegenüber Kapitulanten und Paktierern

Bei dieser Vorbereitungsarbeit hat das Werk „Was tun?“ neben solchen Werken von Lenin wie „Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück“, „Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution“ und „Materialismus und Empiriokritizismus“ eine grundsätzliche und entscheidende Rolle gespielt. Dieses nach den Worten des Genossen Stalin „berühmte Buch“ war die ideologische Vorbereitung der Partei neuen Typus – der Partei, die frei vom Opportunismus, unversöhnlich gegenüber den Paktierern und Kapitulanten, revolutionär gegenüber der Bourgeoisie und ihrer Staatsmacht ist, der Partei, die fähig ist, die Arbeiterklasse in der sozialistischen Revolution, im Kampf um die Erringung der Diktatur des Proletariats und um die revolutionäre Umgestaltung des bürgerlich-feudalen Rußlands in ein sozialistisches Rußland zu führen. In der bekannten Arbeit „Kurze Darlegung der Meinungsverschiedenheiten in der Partei“ [3], die zu den Hervorragenden Werken des bolschewistischen Gedankenguts gehört, tritt Genosse Stalin entschieden für die genialen Ideen Lenins ein, die in dem Werk „Was tun?“ dargelegt sind, und entwickelt sie weiter. Das Buch Lenins erschien im März 1902, in einer Periode, als sich das Zentrum der internationalen revolutionären Bewegung, wie Lenin vorausgesagt hatte, immer offensichtlicher aus Westeuropa nach Rußland verlagerte. ( … )

Mit Stalin gegen die Wirrköpfe und Spalter der Partei

Viele Anzeichen verkündeten schon damals den Anbruch einer neuen Periode, die zur „Festigung des kämpferischen Marxismus“ führen mußte. Im Kampf für die Liquidierung der dritten Periode und den schnelleren Anbruch einer neuen Periode spielte das klassische Werk Lenins „Was tun?“ eine gewaltige Rolle. Lenin kämpfte mit aller Leidenschaftlichkeit für die Schaffung einer politischen Kampfpartei, die fähig war, der Arbeiterklasse die Rolle des Führers, des Hegemons, in der herannahenden Revolution zu sichern und sie zum Sturz des Zaren, der Gutsbesitzer und der Kapitalisten zu führen. Gleichzeitig mit Lenin kämpfte Genosse Stalin in Transkaukasien für eine solche Partei. Die Schaffung der marxistischen Partei stieß auf gewaltige Schwierigkeiten. Die Partei mußte unter dem Feuer der grausamen Repressalien der Selbstherrschaft errichtet werden. In den Reihen der Partei selbst herrschten ideologischer Wirrwarr und organisatorische Zersplitterung*. Die Partei bestand aus zahlreichen, wenig miteinander verbundenen Zirkeln und Gruppen, die sich nur mit ihrer örtlichen praktischen Kleinarbeit beschäftigten. Um eine einheitliche zentralisierte Partei zu scharfen, mußte diese Rückständigkeit überwunden und die organisatorische und ideologische Einheit in den Reihen der Sozialdemokraten hergestellt werden. Dem standen jedoch die „legalen Marxisten“ und „Ökonomisten“ hindernd im Wege.

a) Die „legalen Marxisten“, diese zeitweiligen Mitläufer der Sozialdemokratie aus den Reihen der bürgerlichen Intelligenz, drapierten sich, als der Marxismus eine so gewaltige Verbreitung in Rußland fand, mit marxistischen Gewändern, um den Kampf gegen die Volkstümlerrichtung und das Banner des Marxismus zur Unterwerfung der Arbeiterbewegung unter die Interessen der Bourgeoisie auszunutzen. In Artikeln, die sie in den legalen Zeitungen und Zeitschriften drucken ließen (daher auch ihre Bezeichnung „legale Marxisten“), entstellten sie mit allen Mitteln den Marxismus und warfen das Wichtigste, die Lehre von der sozialistischen Revolution und der Diktatur des Proletariats, über Bord. Sie waren bestrebt, den Marxismus in eine für die Bourgeoisie gefahrlose Lehre zu verwandeln.

b) Die „Ökonomisten“, die ideologisch eng mit den „legalen Marxisten“ verbunden waren, behaupteten, die Hauptsache für die Arbeiterklasse sei nicht der allgemein politische Kampf gegen die zaristische Selbstherrschaft, sondern die Organisierung des wirtschaftlichen Kampfes gegen die Unternehmer und die zaristische Regierung. Den politischen Kampf hielten die „Ökonomisten“ für eine Angelegenheit der Bourgeoisie. Sie traten gegen die Schaffung einer selbständigen politischen Partei des Proletariats als der führenden Kraft der Arbeiterklasse auf. Das Hineintragen des sozialistischen Bewußtseins in die Arbeiterklasse, behaupteten die „Ökonomisten“, hemme nur die spontan wachsende Arbeiterbewegung.

Was sind die „brennende Fragen“ der kommunistischen Bewegung?

Um eine marxistische Partei zu schaffen, mußten vor allen Dingen die „Ökonomisten“, dieses Hauptnest des Opportunismus, ideologisch zerschlagen werden. Deswegen vertrat Lenin die Ansicht, daß zuerst, vor Einberufung des II. Parteitags, die Frage der Ziele und Aufgaben der Partei gelöst werden müsse, daß man sich erst von den „Ökonomisten“ ideologisch abgrenzen müsse. „Bevor man sich vereinigt und um sich zu vereinigen“, schrieb Lenin schon im Herbst des Jahres 1900, „muß man sich zuerst entschieden und bestimmt voneinander abgrenzen.“ [4] Ein besonderer Platz im Kampf für die Vorbereitung der marxistischen Partei in Rußland gebührt dem Buch „Was tun?“. Den Titel dieses Buches versah Lenin mit dem Untertitel „Brennende Fragen unserer Bewegung“. Und wirklich, dieses Buch beantwortete alle wesentlichen Fragen, die damals vor der revolutionären Sozialdemokratie standen.

Lenin entlarvt die Abweichungen vom Marxismus

Im ersten Kapitel „Dogmatismus und ‚Freiheit der Kritik’“ entlarvt Lenin die von den Opportunisten proklamierte Losung der „Freiheit der Kritik“ und zeigt, daß mit dieser Losung die westeuropäischen Revisionisten und ihre russischen Gesinnungsgenossen, die „Ökonomisten“, ihre bürgerliche Kritik an allen Grundsätzen des Marxismus zu verschleiern suchen.

(1) Lenin tritt für die marxistische Lehre ein, entwickelt sie weiter und zeigt in genialer Weise die Bedeutung der fortschrittlichen revolutionären Theorie für den Kampf der Arbeiterklasse um den Sozialismus auf. Im zweiten Kapitel „Spontaneität der Massen und Bewußtheit der Sozialdemokratie“ wird die Anbetung der Spontaneität durch die „Ökonomisten“ aufgedeckt und die
(2) Notwendigkeit des Hineintragens des sozialistischen Bewußtseins in die spontane Arbeiterbewegung meisterhaft begründet. Im dritten Kapitel „Tradeuniomstische und sozialdemokratische Politik“ entlarvt Lenin die opportunistische Politik der „Ökonomisten“ und arbeitet
(3) die politischen Aufgaben der proletarischen Partei in Rußland heraus. Das vierte und fünfte Kapitel, „Die Handwerklerei der Ökonomisten und die Organisation der Revolutionäre“ und „Plan einer gesamtrussischen politischen Zeitung“, stellen
(4) die organisatorischen Aufgaben der marxistischen Partei in Rußland und entwerfen den Plan des Aufbaus dieser Partei.

Man muß Lenin studieren – auch heute noch!

Dieses große Werk Lenins ist ein Musterbeispiel des schöpferischen Marxismus, der Einheit von revolutionärer Theorie und revolutionärer Praxis, der Leninschen Unversöhnlichkeit gegenüber dem Opportunismus, gegenüber allen Feinden der Arbeiterbewegung. In diesem Buch gab Lenin eine erschöpfende Antwort auf die brennenden Fragen der sozialdemokratischen Bewegung, bestimmte er den Typus, die Aufgaben und Perspektiven der Entwicklung der politischen Partei des Proletariats. In diesem Buch legte Lenin die ideologischen Quellen des Opportunismus bloß und zeigte die führende Rolle der revolutionären Theorie für den Klassenkampf des Proletariats auf. In ihm begründete er allseitig das Wesen der marxistischen Partei, die die Vereinigung der Arbeiterbewegung mit dem Sozialismus verkörpert, und arbeitete er genial die ideologischen Grundlagen der politischen Partei des Proletariats heraus. ( … )
Zitat1
Hinweis auf den revisionistischen Kurs der kriminellen Tito-Clique…(S.18)

„Man sagt“, schrieb Genosse Stalin, als er die Leninschen Ideen entwickelte, „daß die Arbeiterklasse in einigen Ländern selbst eine sozialistische Ideologie (den wissenschaftlichen Sozialismus) herausgearbeitet habe und sie auch in den übrigen Ländern herausarbeiten werde, weshalb es ganz überflüssig sei, sozialistisches Bewußtsein in die Arbeiterbewegung von außen hineinzutragen. Das ist jedoch ein schwerer Irrtum. Um den wissenschaftlichen Sozialismus herauszuarbeiten, muß man an der Spitze der Wissenschaft stehen, muß man mit wissenschaftlichen Kenntnissen gewappnet sein und es verstehen, die Gesetze der historischen Entwicklung eingehend zu erforschen. Die Arbeiterklasse aber, solange sie Arbeiterklasse bleibt, ist außerstande, an die Spitze der Wissenschaft zu treten, sie vorwärtszubringen und die historischen Gesetze wissenschaftlich zu erforschen: sie hat hierfür weder Zeit noch Mittel.“ [5]

Vorsicht vor dem Gift der bürgerlichen Ideologie!

Das bedeutet natürlich nicht, daß die Arbeiter an der Herausarbeitung des sozialistischen Bewußtseins nicht teilnehmen. Aber sie nehmen daran nicht als Arbeiter teil, sondern als Theoretiker des Sozialismus, sie nehmen nur dann und soweit daran teil, sagte Lenin, als es ihnen gelingt, sich das Wissen ihrer Zeit anzueignen und dieses Wissen zu bereichern. Die Arbeiterklasse, sagte Lenin, fühlt sich spontan zum Sozialismus hingezogen, denn die sozialistische Theorie zeigt tiefgehend und richtig die Ursachen des Elends der Arbeiterklasse auf und weist den Weg zu ihrer Befreiung von der kapitalistischen Sklaverei. Deswegen erfassen die Arbeiter die Theorie so leicht. Aber „die am weitesten verbreitete (und in den mannigfaltigsten Formen ständig wiederauferstehende) bürgerliche Ideologie drängt sich“ – in der kapitalistischen Gesellschaft – „trotzdem spontan dem Arbeiter am meisten auf“ [6].

Und Lenin zieht die Schlußfolgerung, daß der Sozialismus nur dann zu einer scharfen Waffe werden kann, wenn er mit der Arbeiterbewegung vereinigt wird. Dieser Leninsche Grundsatz wurde von Genossen Stalin mit außerordentlicher Kraft vertreten und entwickelt.

„Was ist wissenschaftlicher Sozialismus ohne Arbeiterbewegung?“, schrieb Genosse Stalin. „Ein Kompaß, der, macht man von ihm keinen Gebrauch, nur verrosten kann, und dann müßte er über Bord geworfen werden. Was ist Arbeiterbewegung ohne Sozialismus? Ein Schiff ohne Kompaß, das auch so am anderen Ufer landen wird, das jedoch, wenn es einen Kompaß hat, das Ufer bedeutend schneller erreichen und weniger Gefahren ausgesetzt sein würde. Vereinigt beides, und ihr erhaltet ein prächtiges Schiff, das direkt nach dem anderen Ufer steuert und den Hafen unbeschädigt erreicht. Vereinigt die Arbeiterbewegung mit dem Sozialismus, und ihr erhaltet die sozialdemokratische Bewegung, die auf direktem Wege dem ,gelobten Land’ entgegenstreben wird.“ [7]

Deswegen, fährt Genosse Stalin fort, ist es die Pflicht der Sozialdemokratie, in die spontane Bewegung der Arbeiter das sozialistische Bewußtsein hineinzutragen und die fortgeschrittenen Kräfte des Proletariats zu einer zentralisierten Partei zu vereinigen, stets an der Spitze der Bewegung zu marschieren und unermüdlich alle zu bekämpfen, die der Verwirklichung dieser Aufgabe hindernd im Wege stehen.

Zitate:
[1] W.I.Lenin, „Was tun? – Brennende Fragen unserer Bewegung“, in Ausgewählte Werke in zwei Bänden, Bd.I, Moskau 1946, S.175-324; Einzelausgabe Dietz Verlag, Berlin 1946, 3. Auflage 1950.
[2] „Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki), Kurzer Lehrgang“, Dietz Verlag, Berlin 1950, S.177; Ausgabe von 1945 S. 170.
[3] J.W.Stalin, „Kurze Darlegung der Meinungsverschiedenheiten in der Partei“, in: Werke, Bd.l, Dietz Verlag, Berlin 1950, S.77-112; Einzelausgabe 1950.
[4] „Geschichte der KPdSU( B ), Kurzer Lehrgang“, S.42; Ausgabe von 1945 S.39.
[5] J.W.Stalin, „Kurze Darlegung…“, in Werke, Bd.l, S.86; Einzelausgabe S.12.
[6] W.I.Lenin, „Was tun?“, in Ausgewählte Werk“, Bd.I, S.209; Einzelausgabe S.75.
[7] J. Stalin, „Kurze Darlegung…“, in Werke, Bd.I, S.88/89; Einzelausgabe S.15.

Quelle:
A.G. Grigorenko, Über das Werk W.I. Lenins „Was tun?“, Dietz Verlag Berlin (DDR), 1951, S.5-28 (Zwischenüberschriften von mir, N.G.)

Hinweis:
(Wenn hier von „Sozialdemokratie“ die Rede ist, dann ist die Sozialdemokratische Partei Rußlands SDAPR (B) gemeint, die später in Kommunistische Partei umbenannt wurde.)

Siehe dazu auch:
Gerd Höhne „Revolution am Bankkonto“.
Die faschistische Tito-Clique
L.Pribytkowa …und wieder mal über Stalin

* An solchen intellektuellen Wirrköpfen und Spaltern fehlt es auch heute nicht. Sie ziehen wunderbare „Lehren aus Niederlagen“ oder meinen gar, man müsse Konten plündern, Tankstellen boykottieren, Petitionen schreiben oder gleich eine neue vereinigte kommunistische Partei gründen, um den Kapitalismus lahmzulegen. Das ist ein Irrtum!

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2 Antworten zu A.G.Grigorenko über Lenin’s Schrift „Was tun?“

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