Warum fehlt der Jugend heute die Allgemeinbildung?

LogikGanz einfach: Sklaven brauchen keine Bildung. Sie müssen funktionieren. Und das lernt man auch in einem Kurzlehrgang. Wer sich dagegen heute länger auf Universitäten und Hochschulen herumdrückt, der ist vielleicht ein Spezialist, ein nützlicher Diener der Bourgeoisie. Doch es fehlt ihm die Allgemeinbildung, das logische Denken und das Erkennen der Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten von Natur und Gesellschaft. Deshalb hielt es das ZK der sowjetischen Kommunistischen Allunionspartei (Bolschewiki) 1946 für geboten, bereits in den allgemeinbildenden Schulen der Sowjetunion auch Unterricht in den Fächern Psychologie und Logik zu erteilen. Am 3. Dezember 1946 wurde dazu für die Mittelschulen eine entsprechende Verordnung erlassen. Aber schon wenige Jahre nach dem Tode Stalins 1959 wurde der Unterricht der Logik in den Mittelschulen wieder abgeschafft. Auch hier ist wiederum ganz klar: die revisionistischen Führer der Sowjetunion seit Chruschtschow wollten kein gebildetes Volk!

Wozu braucht man die Logik?

Im Vorwort zum Lehrbuch über die Logik [1] heißt es: „Im Beruf und im Alltag, während der Lehrzeit und bei gesellschaftlicher Tätigkeit, in Wissenschaft und Schule – immer und überall kommt es auf das richtige Denken an. Das heißt, es muß klar und widerspruchsfrei, folgerichtig und begründet sein. Ohne richtiges Denken, welches in der Sprache zum Ausdruck kommt, könnte der Mensch weder arbeiten noch mit anderen Menschen kommunizieren.

Wenn jemand unklare oder verworrene Gedanken äußert und sich selbst widerspricht, so sagen wir von einem solchen Menschen: Man kann ihn nicht verstehen, in seinen Überlegungen gibt es keine Logik. Hier ist mit dem Begriff ‚Logik‘ die Richtigkeit des Aufbaus der Gedanken gemeint. Mit der Wissenschaft der Logik wird der richtige Gedankenaufbau untersucht. So muß man unterscheiden zwischen der Richtigkeit des Gedankenaufbaus und der Wissenschaft der Logik. Die Logik ist, kurz gesagt, die Wissenschaft von den Gesetzen und Formen des richtigen Aufbaus der Gedanken.“

Die Kultur des Denkens

Und weiter heißt es: „Man kann freilich logisch urteilen ohne die Wissenschaft der Logik zu kennen, ebenso wie man auch sich praktisch einer Sprache bedienen kann ohne die Grammatik studiert zu haben.  Doch so wie das Studium der Grammatik die Kultur unseres mündlichen und schriftlichen Ausdrucks verbessert, wird auch das Studium der Wissenschaft der Logik die Kultur unseres Denkens verbessern.“

Ein Denken ohne Sprache gibt es nicht

In seiner Broschüre „Marxismus und Sprachwissenschaft“ schrieb STALIN: „Man sagt, daß die Gedanken im Kopf des Menschen entstehen, bevor sie in der Rede ausgesprochen werden, daß sie ohne sprachliches Material, ohne sprachliche Hülle, sozusagen in nackter Gestalt entstehen. Aber das ist völlig falsch. Welche Gedanken im Kopf des Menschen auch immer entstehen mögen, sie können nur auf der Grundlage des sprachlichen Materials, auf der Grundlage der sprachlichen Termini und Sätze entstehen und existieren, Gedanken, frei vom sprachlichen Material, frei von der sprachlichen ’natürlichen Materie‘ , gibt es nicht. Die Sprache ist die ‚unmittelbare Wirklichkeit der Gedankens‘ (Marx). Die Realität des Gedankens offenbart sich in der Sprache. Nur Idealisten können von einem Denken, das mit der ’natürlichen Sprache‘ nicht verbunden ist, von einem Denken ohne Sprache sprechen.[2]

Das logische Denken

Der griechische Philosoph ARISTOTELES untersuchte bspw. die Gesetzmäßigkeiten des Denkens und legte im Kampf gegen die Sophistik, die Grundlage für die Wissenschaft vom Denken (die er Analytik nannte). Als Ausgangsprinzip dieser Wissenschaft bezeichnete er das Prinzip der Widerspruchsfreiheit des Denkens: zwei entgegengesetzte Gedanken, genommen zu ein und derselben Zeit und in ein und derselben Beziehung, können nicht zusammen wahr sein. Damit war der Anfang für die Logik als Wissenschaft vom Denken gemacht, die zur Erkenntnis der Wahrheit als der Übereinstimmung des Gedankens mit dem abgebildeten Gegenstand führt.

Wie funktioniert der Betrug?

Menschen, die von Logik keine Ahnung haben, lassen sich leichter manipulieren. Sophistik ist es beispielsweise, wenn man sagt:

„Was du nicht verloren hast, hast du.“
„Du hast keine Hörner verloren.“
„Folglich hast du Hörner.“

Freilich ist eine solche verquere „Logik“ völliger Quatsch. Aber man sieht an diesem einfachen Beispiel, wie der Betrug funktioniert. Und man kann ihn nur entlarven, wenn man mit der Wissenschaft der Logik vertraut ist.

Was ist mit „dialektischer Logik“ gemeint?

Die dialektische Logik von HEGEL ist keine Logik in der allgemein üblichen Bedeutung dieses Wortes, sondern die philosophische Lehre vom Denken, und nicht nur vom Denken, sondern auch von der Natur und der Gesellschaft. Bekanntlich hat MARX niemals den Terminus der dialektischen Logik verwen­det. In allen Fällen, in denen er über die Folgerichtigkeit oder fehlende Folgerichtigkeit der Überlegungen des einen oder anderen Denkens sprach, brachte er das entsprechend mit der Befolgung oder Mißachtung des Gesetzes der formalen Logik in Zusammenhang. Die Begründer des Marxismus verstanden unter Logik die allgemeinmenschlichen Gesetze des folgerichtigen, widerspruchsfreien und wohlbegründeten Denkens. [3]

Die Definition des Begriffs dialektischen Logik und seine Interpretation dieses Terminus brachte LENIN nur ein einziges Mal, und zwar in der Arbeit „Noch einmal über die Gewerkschaften, die gegenwärtige Lage und die Fehler Trotzkis und Bucharins“. Aber auch hier versteht LENIN den Terminus dialektischen Logik völlig eindeutig als philosophische Lehre. Er schreibt:

„Um einen Gegenstand wirklich zu erkennen, muß man alle seine Seiten, alle Zusammenhänge und ‚Vermittlungen‘ erfassen und erforschen. Wir werden das niemals vollständig erreichen, die Forderung der Allseitigkeit wird uns aber vor Fehlern und vor Erstarrung bewahren. Das zum ersten. Zweitens verlangt die dialektische Logik, daß man den Gegenstand in seiner Entwicklung, in seiner ‚Selbstbewegung‘ (wie Hegel manchmal sagt), in seiner Veränderung betrachte… Drittens muß in die vollständige ‚Definition‘ eines Gegenstandes die ganze menschliche Praxis sowohl als Kriterium der Wahrheit wie auch als praktische in Determinante des Zusammenhangs eines Gegenstandes mit dem, was der Mensch braucht, eingehen. Viertens lehrt die dialektische Logik, daß es ‚eine abstrakte Wahrheit nicht gibt, daß die Wahrheit immer konkret ist‘ …“ [4]

Was verstehen wir unter Allgemeinbildung?

Eine tat­sächliche Verwirklichung der Allgemeinbildung ist erst im Sozialismus möglich. In der sozialistischen Gesellschaft verstehen wir darunter eine die Persönlichkeit allseitig prägende Einheit von Kenntnissen, Fähigkeiten und Überzeugungen. Sie befähigt zum Verständnis der grundlegenden Gesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft und zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Sie ist die Grundlage für die Verbindung der gesellschaftlichen Praxis mit dem individuellen Leben. Die Aneignung von Allgemeinbildung ist ein lebenslanger Prozeß.

In der sozialistischen Gesellschaft erhalten alle Mitglieder der Gesellschaft eine Allgemeinbildung, denn es besteht kein Bildungsmonopol. Die Grundelemente der Allgemeinbildung werden hauptsächlich in den allgemeinbildenden Schulen (einheitliches sozialistisches Bildungssystem) erworben. Diese Allgemeinbildung ist allseitig, d.h., sie richtet sich nicht in erster Linie auf die Aneignung von Spezialkenntnissen und die Entwicklung spezieller Fähigkeiten, sondern sie ist auf die Entfaltung aller produktiven Anlagen des Individuums gerichtet.

Fehlende Allgemeinbildung, wie heute im Kapitalismus, führt nicht selten zu Orientierungslosigkeit, zu Einseitigkeit und geistiger Beschränktheit, zu psychischen Fehlbelastungen oder Störungen, und nicht selten sogar zur Deformierung der Persönlichkeit. Menschen mit fehlender Allgemeinbildung sind i.a. leichter manipulierbar.

Quellen:
[1] С.Н.Виноградов/А.Ф.Куузьмин: Логика. Ученбник для средней школы. М.1954. (Winogradow/Kusmin: Logik. Lehrbuch für Mittelschulen, Moskau 1954/russ. – Übers. M.Kenig) Herunterladen: vinogradov-logika-1954
[2] J.Stalin: Marxismus und Sprachwissenschaft. Dietz Verlag Berlin 1951, S.47f.
[3] N.I.Kondakow: Wörterbuch der Logik. VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1978, S.284.
[4] W.I.Lenin: Noch einmal über die Gewerkschaften, die gegenwärtige Lage und die Fehler Trotzkis und Bucharins. In: Lenin, Werke, Bd.32. S.85.

Siehe auch:
Welches ist das beste Bildungssystem der Welt?
Das einheitliche sozialistische Bildungssystem in der DDR
Schulbücher in der BRD und in der DDR
Die antikommunistische Mobilisierung der Schuljugend in der BRD
Der Sozialismus war und ist lebensfähig

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5 Antworten zu Warum fehlt der Jugend heute die Allgemeinbildung?

  1. Günter Hering schreibt:

    Über das Stalin-Zitat im Abschnitt „Ein Denken ohne Sprache gibt es nicht“ ließe sich trefflich streiten. Absolut richtig ist das Zitat nur, wenn man es quasi rekursiv definiert und postuliert, dass unter „Gedanke“ nur nur diejenige Gehirnaktivität zu verstehen ist, die schon in Worte gefasst ist. Das vorangehende Geschehen wird wegdefiniert.
    Bleibt dennoch falsch. Wie interpretieren wir das Schaffen eines bildenden Künstlers, der seine Gedanken, ganz ohne sie zuvor in Worte zu fassen, als Bild oder Plastik darstellt? Wie die Komposition eines Musikers?
    Nein, Sascha, es muss nicht immer STALIN sein. Der Mann hat sich leider in einigen Bereichen gehörig überschätzt, was zu ganz unnötigen Verwerfungen geführt hat. An deren Folgen leiden wir heute noch.

    • sascha313 schreibt:

      … es muß nicht immer Stalin sein, wohl wahr. Doch wie definiert man Denken? Können Maschinen denken? Gehören Vorstellungen, Gefühle, Gemütsbewegungen bereits zu Denkvorgängen? Müssen musikalische Einfälle oder bildhafte Strukturen nicht auch irgendwie kommuniziert werden, um verstanden zu werden? Bspw. Schostakowitschs 7. Sinfonie, über die er die folgenden Gedanken äußerte: „Ich widme meine Siebente Sinfonie unserem Kampf gegen den Faschismus, unserem unabwendbaren Sieg über den Feind, und Leningrad, meiner Heimatstadt …“ (Prawda, 29.3.1942)

      Teplow: „Das wichtigste Mittel des Verkehrs der Menschen untereinander ist natürlich das Sprechen.“ (B.M.Teplow, Psychologie, Berlin 1957, S.154) – Womit beginnt also das Denken? Bei welchem Grad der Abstraktion? Können Tiere denken? Ich meine, ja! Bis zu einem gewissen Grade. Aber Maschinen? Doch nein. Und können Taubstumme* denken? Natürlich. Aber wie artikulieren sie ihre Gedanken? Ist abstraktes, wissenschaftliches Denken ohne Sprache überhaupt möglich? Sicherlich nicht. Da hilft weder ein Gemälde noch eine noch so raffiniert gemachte Musik.

      Stephen Hawking z.B. konnte doch nur deshalb zu wissenschaftlichen Höchstleistungen kommen, weil er irgendwie eine Sprache hatte. Und wie kann man das Werk eines Malers überhaupt einordnen, bspw. „Guernica“, wenn er nicht vorher und danach darüber nachgedacht und geredet hätte? Nein, Sprache und Denken sind nicht zu trennen (Rubinstein), sie sind aber auch nicht identisch. Beide hängen mit der Arbeit zusammen, sie bedingen einander. Ohne Arbeit kein Denken und keine Sprache…

      Wie war das doch: „Im Anfang war das Wort…“ (so grübelte Goethe) 🙂

      *Und übrigens, was die Taubstummen betrifft, schrieb Stalin: „Die Gedanken der Taubstummen können nur auf der Grundlage jener Bilder, Wahrnehmungen, Vorstellungen entstehen und existieren, die sich bei ihnen im täglichen Leben dank der Gesichts-, Tast-, Geschmacks- und Geruchsempfindungen über die Gegenstände der Außenwelt und ihre Beziehungen untereinander herausbilden. Außerhalb dieser Bilder, Wahrnehmungen, Vorstellungen ist der Gedanke leer, jedweden Inhalts bar, das heißt er existiert nicht.“ (Stalin, Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft, Berlin 1951, S.56f.) Ich kann da keine „Verwerfungen“ erkennen.

    • Erfurt schreibt:

      Stalins Aussage „Ein Denken ohne Sprache gibt es nicht“ wird vielleicht besser verständlich wenn man den Begriff „Spache“ abstrahiert und zwar dahingehend daß Sprache auch die Schrift umfasst. Oder noch allgemeiner: Sprache heißt, sich mitzuteilen (Kommunikation, Brailleschrift, Gebärdensprache usw.).

      Selbstverständlich sprechen auch Werke der Bildenden Kunst eine Sprache welche das Denken des Künstlers widerspiegelt. Und zwar ohne daß der daneben steht und seine Bilder erklärt. Und ganz sicher kann auch ein Künstler nur das in seinen Kunstwerken verarbeiten was ihm vorher kommuniziert wurde.

      Und wenn man über einen Menschen urteilt sollte man dies nicht allein auf Aussagen Dritter stellen sondern sich selbst mit diesem Menschen befassen und seine Werke studieren in Theorie und Praxis.

      MFG

      • sascha313 schreibt:

        Richtig… man spricht ja auch von „Körpersprache“ und „Sprache der Musik“, obwohl sich darin nur bedingt die Denkvorgänge widerspiegeln, keineswegs aber komplizierte wissenschaftliche Zusammenhänge.

  2. Pingback: Rafik Kulijew: Über das Bildungssystem | Sascha's Welt

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