Demokratie in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)

Volksentscheid 1946Der Volksentscheid in Sachsen vom 30. Juni 1946

Am 21. Mai 1946 erließ die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) den Befehl Nr. 154. Sie ordnete darin an, das von ihr beschlagnahmte und zeitweilig unter Zwangsverwaltung gestellte Eigentum des ehemaligen deutschen Staates, der NSDAP, der aktiven Nazis und Kriegsverbrecher den deutschen Selbstverwaltungen zur Verfügung zu stellen. Nunmehr lag es in der Hand der antifaschistisch-demokratischen Kräfte zu entscheiden, was mit diesem Eigentum geschehen sollte.

Die Entmachtung des Monopolkapitals begann unter der Führung der SED in Sachsen, dem industriell am weitesten entwickelten Gebiet der sowjetischen Besatzungszone. Dort wurden etwa 40 Prozent der Industrieproduktion Ostdeutschlands erzeugt; dort existierte eine traditionsreiche Arbeiterbewegung. Auf Initiative der SED beantragte der Block der antifaschi­stisch-demokratischen Parteien gemeinsam mit dem FDGB bei der Landesverwaltung Sachsen, einen Volksentscheid über die entschädigungslose Enteignung der Kriegsschuldigen und akti­ven Nazis durchzuführen. Ende Mai 1946 veröffentlichte die Landesverwaltung einen „Ge­setzentwurf über die Übergabe von Betrieben von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes“, über den in einem Volksentscheid am 30. Juni 1946 abgestimmt werden sollte.

Gesetzentwurf

Die antifaschistisch-demokratischen Kräfte des Land Sachsen bereiteten den Volksentscheid mit einer großen Aufklärungskampagne vor. Innerhalb von zehn Tagen fanden in Sachsen etwa 5.000 Versammlungen statt, darunter 500 in Industriebetrieben. Die Blockparteien und der FDGB bildeten gemeinsame Ausschüsse. Sie entschieden zusammen mit den Belegschaften, welche Betriebe enteignet werden sollten. Menschen aus allen Bevölkerungsschichten unterstützten das Ziel der Volksabstimmung. Auch Vertreter der Kirchen befürworteten die Bestrafung der Hauptschuldigen an Faschismus und Krieg. Vor allem aber trug das verantwortungsbewußte, entschlossene Auftreten der Industriearbeiter dazu bei, die Mehrheit der Bevölkerung Sachsens für die Enteignung der Kriegsverbrecher zu gewinnen.

DresdnerDie Monopolherren und ihre Wortführer in den bürgerlichen Parteien der sowjetischen Besatzungszone versuchten, den Volksentscheid zu verhindern, Angesichts der öffentlichen Meinung wagten sie jedoch nicht, offen für die Kriegsverbrecher einzutreten. Deshalb bedienten sie sich anderer Mittel. Reaktionäre Politiker wie Jakob Kaiser, Ernst Lemmer und Hugo Hickmann stellten die Endgültigkeit der Ergebnisse des Volksentscheides in Frage. Damit wollten sie eine spätere Wiederherstellung der alten Besitzverhältnisse möglich machen. Alle Manöver der reaktionären Kräfte konnten den Volksentscheid aber nicht verhindern.

Die Entscheidung der sächsischen Bevölkerung erhielt sofort Gesetzeskraft. Den Forderungen der Bevölkerung folgend, erließen auch die Verwaltungen der anderen Länder und Provinzen der sowjetischen Besatzungszone gleichartige Gesetze. Am 13. Februar 1947 nahm auch die Berliner Stadtver­ordnetenversammlung mit großer Mehrheit ein Gesetz zur Überführung von Konzernen in Gemeineigentum und im März 1947 eine Verordnung zur Enteignung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher, Kriegsgewinnler, Kriegsinteressenten und Naziaktivisten an. Den Berliner Konzernen in den Westsektoren der Stadt gelang es jedoch mit Hilfe der imperialistischen Besatzungsmächte, ihrer Enteignung zu entgehen.

Ergebnisse

In diesem Prozeß begriffen immer mehr Menschen in der sowjetischen Besatzungszone, daß eine demokratische Entwicklung in Deutschland und ein dauerhafter Frieden in Europa nur möglich waren, wenn die Monopolbourgeoisie ihre wirtschaftliche Machtgrundlage verlor. Geführt von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, konnten die Arbeiterklasse und ihre Verbündeten diese Aufgabe, das Kernstück der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung, in Angriff nehmen. Bis zum Frühjahr 1948 wurden in der sowjetischen Besatzungszone 9.281 Unternehmungen, darunter 3.843 Industriebetriebe, enteignet und in Volkseigentum überführt. Dazu gehörten die Werke der Kriegsverbrecher Flick und Krupp, der IG Farben und der AEG. Ihrem Wesen nach entsaprach diese Überführung in Volkseigentum der Nationalisierung der Großindustrie in den volksdemokratischen Ländern.

Quelle: Geschichte, Klasse 10, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1980, S.68-70.

Anhang: (Danke an Prof. Dr. Schneider!)

images Prof. Dr. Horst Schneider: Der Volksentscheid 1946 in Sachsen

Einen interessanten Beitrag haben wir hier angehängt. Darin bezieht der Dresdner Historiker Prof. Dr. Horst Schneider ganz eindeutig Stellung zur Geschichtsfälschung durch westliche und pseudolinke „Historiker“, und wendet sich gegen das Verschweigen der historischen Tatsachen zur antifaschistisch-demokratischen Umwälzung in der SBZ. Seltsamerweise wurde dieser Artikel von Prof. Schneider im gleichen Blatt abgedruckt, in dem auch die stalinfeindlichen Beiträge einiger DDR-Figuren veröffentlicht wurden. Siehe dazu auch: Wenn Renegaten die Linkspartei beraten… Der Beitrag des Genossen Prof. Schneider paßt also ganz und gar nicht in das Konzept dieses verleumderischen Schmutzblattes der Linkspartei.

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3 Antworten zu Demokratie in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)

  1. Johanna schreibt:

    Hallo Sascha,
    ich bin auf deinen Blog gestoßen, da ich für ein Filmprojekt über das Thema recherchiere. Könntest du mir vielleicht sagen, woher du die Bilder der zwei Gesetzestexte hast bzw wer der Rechteinhaber ist?
    Danke im Voraus und viele Grüße,
    Johanna

    • sascha313 schreibt:

      Hallo Johanna, danke für dein Interesse. Die Bilder bzw. Texte sind alle aus den angegebenen DDR-Schulbüchern. Manchmal findet man im russischen Internet auch interesante Bilder, zu denen keine Quellenangabe mehr nachweisbar ist. Mit Zitaten konnte man in der DDR kein Geld verdienen, da sowieso alles Volkseigentum war. (Das „stimmt mit Ja“ ist z.B. auf S.69 – ADN-ZB)

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