Die Liste der Historiker, die sich mit dem 20.Jahrhundert befaßt haben, ist schier endlos lang, doch nur einen Bruchteil davon kann man als Wissenschaftler überhaupt ernst nehmen. Das will nicht heißen, daß nicht auch bürgerliche Autoren ab und zu die Wahrheit schreiben. Doch die meisten von denen sind Auftragsschreiber des Kapitals. Sie betreiben nichts anderes als eine Apologetik der bestehenden privatkapitalistischen Verhältnisse. Ihre Werke gehören daher eher zur Abentheuerliteratur oder in die Sparte der Phantasygeschichten. Überdies haben Hobbyhistoriker und Schulbuchautoren jahrzehntelang versucht, uns eine Sicht einzureden, die alles andere ist als wissenschaftlich. Da werden unzählige Fakten aufgeboten, bestehende Zusammenhänge nicht erkannt oder verwischt und die tatsächlichen Ursachen und Gesetzmäßigkeiten werden gar nicht erst erwähnt. Ganz zu schweigen von den Fälschungen der Geschichte, mit denen wir heute geradezu überschwemmt werden.
Da gibt es unzählige Meinungen und Ansichten (wozu auch Zeitzeugen gehören, deren subjektives Urteil durchaus nicht immer mit der Wirklichkeit übereinstimmt), Kommentare und Berichte, Filme und Bücher voller Lügen und Verleumdungen. Doch man muß sagen: Es gibt nur eine einzige geschichtliche Wahrheit. Und natürlich wissen wir, daß sich auch das Bild der Geschichte immer mehr vervollständigt, daß Fehler und Irrtümer aufgedeckt werden. Die Lügen und Fälschungen hingegen vermögen der Erkenntnis der Wahrheit zwar im Wege stehen, doch eines Tages werden auch sie entlarvt.
1.Was ist Geschichte?
Geschichte im engeren Sinn ist der objektive, einheitliche, in seiner Vielfalt gesetzmäßige, unendliche Entwicklungsprozeß der menschlichen Gesellschaft vom Niederen zum Höheren, ihre Entwicklung vom Tierreich bis zur Gegenwart. Die Geschichte vollzieht sich auf Grund gesellschaftlicher Entwicklungsgesetze, die unabhängig vom menschlichen Bewußtsein und außerhalb des Bewußtseins, d.h. objektiv, real existieren.
Die Geschichte ist kein unabwendbares Schicksal
Im Gegensatz zu den Naturgesetzen, die sich durch Naturvorgänge durchsetzen, welche unabhängig vom Menschen und seiner Tätigkeit vor sich gehen, wirken die gesellschaftlichen Gesetze jedoch nicht unabhängig vom Menschen, sondern nur durch seine materielle gesellschaftliche Tätigkeit. Demzufolge ist die Geschichte das Ergebnis der produktiven Tätigkeit der Volksmassen und ihrer auf dieser primären Tätigkeit beruhenden politischen, kulturellen und geistigen Tätigkeit. Friedrich Engels schreibt:
„Die Menschen machen ihre Geschichte, wie diese auch immer ausfalle, indem jeder seine eignen, bewußt gewollten Zwecke verfolgt, und die Resultante dieser vielen in verschiedenen Richtungen agierenden Willen und ihrer mannigfachen Einwirkung auf die Außenwelt ist eben die Geschichte.“ [1]
Die Geschichte ist ein kontinuierlicher Entwicklungsprozeß
Die Kontinuität der Geschichte ergibt sich daraus, daß die Menschen nicht aus freien Stücken, unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen, überlieferten Umständen wirken müssen, d.h. insbesondere, daß jede neue Generation die von der alten Generation übernommenen Produktivkräfte als Rohmaterial für neue Produktion benutzen muß.
Was treibt die Geschichte voran?
In sozialökonomischen Gesellschaftsformationen, in denen die Produzenten der materiellen Güter nicht Besitzer der Produktionsmittel sind, d.h. unter Produktionsverhältnissen der Ausbcutung des Menschen durch den Menschen, machen die Volksmassen nicht nur durch ihre Produktionstätigkeit, sondern auch durch ihren ständigen Kampf um den Fortschritt der Gesellschaft Geschichte. Der Klassenkampf ist unter diesen Bedingungen die Triebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung (gesellschaftliche Triebkräfte); durch ihn wird der Widerstand der reaktionären Klassen gegen den gesellschaftlichen Fortschritt überwunden und den gesellschaftlichen Enrwicklungsgesetzen zum Durchbruch verholfen. Die höchste Form des Klassenkampfes sind die Revolutionen.
Quelle:
Sachwörterbuch der Geschichte (2 Bde.), Dietz Verlag Berlin,1969, Bd.I, S.673.
2.Was ist Geschichtswissenschaft?
Die Geschichtswissenschaft ist eine gesellschaftswissenschaftliche Disziplin, welche die vergangene Entwicklung der menschlichen Gesellschaft und die dieser Entwicklung zugrunde liegenden objektiven Gesetzmäßigkeiten in ihrer konkret-historischen Vielfalt erforscht und mittels der Geschichtsschreibung darstellt. … Die Geschichtswissenschaft ist außerordentlich eng mit dem politischen und ideologischen Klassenkampf verknüpft. Mit der Verallgemeinerung geschichtlicher Erfahrungen und Lehren wirkt sie unmittelbar auf die Politik der Klassen ein; durch die Vermittlung bestimmter Geschichtsauffassungen und eines entsprechenden Geschichtsbildes nimmt sie wesentlichen Einfluß auf die weltanschauliche und politische Bewußtseinsbildung (Geschichtsbewußtsein) der Menschen.
Wie wurde die Geschichtsschreibung zur Wissenschaft?
Die theoretische und methodologische Grundlage der marxistischen Geschichtswissenschaft bildet der dialektische und historische Materialismus, mit dessen Herausbildung die Geschichtswissenschaft erst zu einer exakten Wissenschaft werden konnte. Bis dahin durchliefen Geschichtsdenken und Geschichtsschreibung, in denen der philosophische Idealismus vorherrschte, eine lange Entwicklung, die bis in die griechische Antike zurückreicht. Unmittelbare politisch-ideologische Bedeutung gewannen Geschichtsdenken und Geschichtsschreibung mit dem Heranreifen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Im Kampf gegen die überlebten feudalen Verhältnisse entwickelten sich Elemente eines bürgerlich-progressiven Geschichtsdenkens. Als wertvollstes Gedankengut jener Zeit entstand die Idee des Fortschritts als gesellschaftliche Notwendigkeit.
Die Auftragsschreiber des Kapitals verfälschen die Geschichte
Die bürgerliche Geschichtsschreibung insbesondere in Deutschland wurde mit dem Übergang zum Imperialismus immer mehr zur reinen Apologetik [2] der bestehenden Zustände. … Das schließt nicht aus, daß bürgerliche Historiker in Teilbereichen der konkret-historischen Erkenntnis zu richtigen Resultaten gelangen können. Die Herausbildung des historischen Materialismus und die damit gegebene allseitige wissenschaftliche Begründung der materialistischen Geschichtsauffassung durch Karl Marx und Friedrich Engels bedeutete eine revolutionäre Umwälzung in der Gesellschaftslehre im allgemeinen und in der Gesellschaftswissenschaft insbesondere. …
Grundprinzipien einer wissenschaftlichen Geschichtsbetrachtung
Erst die exakte Analyse der materiellen Produktionsverhältnisse ermöglicht es, die dem gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß zugrundeliegenden Gesetzmäßigkeiten wissenschaftlich zu erfassen und zeitlich sowie räumlich unterschiedliche Zustände in ihrer konkret-historischen Vielfalt in dem Grundbegriff der sozialökonomischen Gesellschaftsformation verallgemeinernd zusammenzufassen. Darin offenbart sich nicht zuletzt die Einheit des Logischen und Historischen als ein Grundprinzip der marxistischen Geschichtswissenschaft.
Die Menschen machen ihre eigene Geschichte. (Marx)
Es ist eine beliebte Methode bürgerlicher Geschichtsideologen, die marxistische Geschichtswissenschaft des primitiven Ökonomismus zu bezichtigen und ihr zu unterstellen, daß sie die aktive geschichtsbildende Rolle des Menschen ignoriere. In Wirklichkeit ist der marxistisch-leninistischen Geschichtsauffassung jede Art von Fatalismus [3] fremd. Die aktive Rolle der Volksmassen … steht seit jeher im Mittelpunkt marxistischer Geschichtsforschung und -darstellung. Es ist das Hauptanliegen der marxistischen Geschichtswissenschaft, die Menschen durch Erkenntnis der objektiven gesellschaftlichen Etnwicklungstendenzen in die Lage zu versetzen, den historischen Entwicklungsprozeß bewußt zu beeinflussen und den objektiv wirkenden historischen Gesetzmäßigkeiten zur vollen Wirksamkeit zu verhelfen.
Die Wahrheit setzt sich durch…
Nach der siegreichen Großen Sozialistischen Oktoberrevolution in Rußland konnte sich die Geschichtswissenschaft auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus zum ersten Male völlig frei entwickeln und staatlich gefördert institutionalisieren. Immer wirksamer greift die marxistisch-leninistische Geschichtswissenschaft in die Auseinandersetzung mit der Politik und Ideologie des staatsmonopolistischen Herrschaftssystems ein, namentlich in die Auseinandersetzung mit seiner die Wirklichkeit im Sinne der imperialistischen Klasseninteressen entstellenden Geschichtsschreibung sowie der entsprechenden Manipulierung der deutschen Bevölkerung.
Quelle:
Sachwörterbuch der Geschichte (2 Bde.), Dietz Verlag Berlin,1969, Bd.I, S.677-680. (Auszüge)
[1] Friedrich Engels: Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klasssischen deutschen Philosphie. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke. Dietz Verlag, Berlin, 1975,. Bd. 21, S.297..
[2] Apologetik: Verteidigung, Rechtfertigungslehre.
[3] Fatalismus: Schicksalsglaube.
Zitat:
Die Menschen machen ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, nicht unter selbstgewählten, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen. Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden. Und wenn sie eben damit beschäftigt scheinen, sich und die Dinge umzuwälzen, noch nicht Dagewesenes zu schaffen, gerade in solchen Epochen revolutionärer Krise beschwören sie ängstlich die Geister der Vergangenheit zu ihrem Dienste herauf, entlehnen ihnen Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neuen Weltgeschichtsszene aufzuführen. So maskierte sich Luther als Apostel Paulus, die Revolution von 1789-1814 drapierte sich abwechselnd als römische Republik und als römisches Kaisertum, und die Revolution von 1848 wußte nichts besseres zu tun, als hier 1789, dort die revolutionäre Überlieferung von 1793-1795 zu parodieren. So übersetzt der Anfänger, der eine neue Sprache erlernt hat, sie immer zurück in seine Muttersprache, aber den Geist der neuen Sprache hat er sich nur angeeignet, und frei in ihr zu produzieren vermag er nur, sobald er sich ohne Rückerinnerung in ihr bewegt und die ihm angestammte Sprache in ihr vergißt. (Karl Marx: „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“. In: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Dietz Verlag, Berlin/DDR, 1972, Bd.8, S.115.)
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