Spanien 1939: Eine wahre Begebenheit…

spain_71Der Wahlerfolg der spanischen Volksfront im Feburar 1936 war ein schwerer Schlag gegen die Pläne der spanischen Reaktion gewesen, auf legale Weise die Macht zu erobern. Deshalb hatten die spanischen Reaktionäre einen faschistischen Militärputsch gegen das spanische Volk organisiert. Er begann am 18. Juli 1936 und wurde von Francisco Franco geleitet. Geführt von der Kommunistischen Partei Spaniens und anderen Parteien der Volksfront, erhoben sich die Volksmassen unter der Losung „No pasaran“ („Sie werden nicht durchkommen“) zur Verteidigung der Demokratie und schlugen die ersten Angriffe der Faschisten zurück. Überall in der Welt entwickelte sich die solidarische Hilfe für das revolutionäre Spanien. Etwa 30.00 Antifaschisten aller Parteien und Richtungen, ihnen voran die Kommunisten, kamen der spanische Republik aus 53 Ländern zu Hilfe. Trotz des heldenhaften Kampfes erlage jedoch das republikabnische Spanien schließlich der faschistischen Übermacht. In seinem Buch „Die Verschwörer“ beschreibt der sowjetische Autor Nikolai Schpanow eine wahre Begebenheit, die sich ereignete, als der sowjetische Frachter „Maxim Gorki“ einige der tapferen Interbrigadisten an Bord nahm und sie dadurch vor dem sicheren Tode rettete…

„Das Bündnis mit dem Kommunismus bedeutet Leben,
der Kampf gegen ihn – Tod.“ MAO TSE-TUNG

Im Hafen von Genua bestieg gleichzeitig mit General Fang Yü-tang und seinen Begleitern auch August Hauß [1] das sowjetische Motorschiff „Maxim Gorki“. Er beobachtete die Verladung einiger kleiner Kisten mit Filmen. Dem dritten Offizier des Schiffes, einem jungen hübschen Mann südlichen Typs, sagte August einschmeichelnd: „Ich wäre Ihnen sehr verbunden, Signore, wenn meine Kisten ganz tief in den Laderaum kämen. Ihr Inhalt ist gegen Feuchtigkeit empfindlich…“

Ein rätselhafter Funkspruch…

Zwei Monate später erinnerten sich Steal und Joice [2] an die Ereignisse auf dem „Gorki“ wie an einen Film. Im Piräus war die ganze Messe des „Gorki“ sehr betrübt gewesen, daß der lustige Pater die Abfahrt versäumt hatte. Der Kapitän verzögerte sie noch um eine halbe Stunde, in der Hoffnung, Pater August würde herankommen, aber dieser ließ sich nicht sehen. Erst auf hoher See erhielt die Funkkabine den Spruch: „Ausladet meine Fracht in Stambul stop Möge Gott Euch auf der langen Fahrt geleiten stop Pater August.“

…und ein versteckter Brandsatz

Der Funkspruch hatte alle gerührt. Sogar der junge Schiffsoffizier mit dem orientalischen Gesicht lächelte zufrieden, als er diese Depesche hörte. Zwar glaubte er weder an Gott noch an seine Diener, aber er schätzte ein freundliches Wort, auch wenn es vom Satan selbst gekommen wäre. Die Passagiere belustigte ein wenig die liebenswürdige Einfalt des Geistlichen, der die lächerliche Strecke Piräus-Odessa als lange Fahrt bezeichnete. Niemand ahnte den geheimen Sinn, den Pater August in diese keineswegs zufälligen Worte gelegt hatte. Die Reise, auf die er Fang Yü-tang und seine Gefährten zu schicken die Absicht hatte, versprach wirklich lang zu werden, denn im Ägäischen Meer sollte die in den Büchsen mit den Filmen zur Propaganda der Lehre Christi versteckte Zündvorrichtung in Tätigkeit treten. Der Brand, der im Laderaum des Schiffes ausbrechen mußte, ließ den Untergang des Motorschiffes erwarten. Gewiß, auf hoher See bedeutete das zugleich den Tod sämtlicher Passagiere, aber solche Kleinigkeiten bereiteten Pater August kein Kopfzerbrechen.

Die geheimnisvollen Kisten

Das konnte der junge Seeoffizier natürlich nicht wissen. Aber er fuhr nicht umsonst schon mehrere Jahre auf Auslandslinien der sowjetischen Handelsflotte und war schließlich nicht irgendein, sondern ein sowjetischer Seeoffizier auf einem sowjetischen Motorschiff. Daher lief alles keineswegs so ab, wie es Pater August sich vorgestellt hatte. Der Seeoffizier hatte sich schon in Genua bei der Beladung des „Gorki“ überlegt, daß ein Pater, der auf einem sowjetischen Motorschiff fährt, nicht ohne Grund bittet, sein Gepäck möglichst tief im Laderaum zu verstecken; es müsse etwas enthalten, was den Blick von Sowjetmenschen scheute. Damals hatte er Pater August höflich salutiert und dann befohlen: „In den Laderaum zwei, ganz tief nach unten. Los!“ Die Winde ratterte. Die Kisten mit der Aufschrift „Bestimmungshafen Stambul“ hoben sich rasch am Ausleger, um dann ebenso rasch wieder in die Luke hinabzusinken. Pater August ging zufriedengestellt in seine Kajüte.

Brand an Bord des sowjetischen Frachters

Doch die Kisten wurden nicht unter das andere Frachtgut gelegt, man ließ sie nicht aus dem Auge. Und als dann die unerwartete Funkdepesche des Paters kam, murmelte der Offizier: „Diese Raben kennen wir doch. Da stimmt etwas nicht.“ Er befahl, die Kisten auf Deck zu bringen, wo sie unter Aufsicht des Wachhabenden blieben. Es war tiefe Nacht. Das Motorschiff „Gorki“ durchschnitt ruhig die Gewässer der Ägäis auf dem Weg zu den Dardanellen, als, auf Deck plötzlich eine dicke Rauchwolke emporstieg und kurz darauf die Schachteln mit den Filmbildern der heiligen Kongregation der Glaubenspropaganda hell aufflammten und die Kisten in Brand setzten. Wenige Minuten später war der Brand schon gelöscht.

Gerettet…

Das einzige Opfer von Pater Augusts Attentat war Tonio Spinelli [3]. Der Italiener wollte handgreifliche Beweisstücke für das Verbrechen haben und versuchte eine der Kisten zu löschen. Er bekam die Beweisstücke nicht, aber er erlitt so schwere Brandwunden, daß in einem Odessaer Krankenhaus zurückgelassen werden mußte. Steal und Joice fuhren ohne ihren Freund nach China weiter. Seither waren mehr als sechs Wochen vergangen. Der kleine Sekretär Fang Yü-tangs brachte Steal und Joice auf Anordnung zes Generals mit dem Kommandeur einer Abteilung der chinesischen Volksarmee namens Fu Bi-tscheng in Verbindung. Nun trugen sie bereits seit vierzehn Tagen die Abzeichen der Soldaten der Achten Armee. [4]

Quelle:
Nikolai Schpanow, Die Verschwörer. Verlag Volk und Welt, Berlin, 1953, S.193-195. (Auszug; Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)

[1] August Hauß, ein als Mönch verkleideter Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Frankreich.
[2] Steal und Joice, zwei US-amerikanische Interbrigadisten. Eine Rückkehr in die USA war den Interbrigadisten aufgrund des Verrats des Generalsekretärs der KP der USA, Browder,  unmöglich geworden.
(Siehe: Kurt Gossweiler, Wie konnte der revisionistische Umsturz gelingen?
)
[3] Spinelli, ein italienischer Interbrigadist.
[4] Zu dieser Zeit war die Chinesische Volksrepublik unter der Führung Mao Tse-tungs ein enger Verbündeter der Sowjetunion unter Stalin. Nach dem verräterischen XX.Parteitag der KPdSU reagierte die Chinesische KP mit scharfen Worten auf die verbrecherische Rede Chruschtschows.

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3 Antworten zu Spanien 1939: Eine wahre Begebenheit…

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