Bereits im Januar 2017 hatten sich Vertreter der DKP Gießen gegen die von der Parteiführung ihrer Partei vertretene Linie der „antimonopolistischen Strategie“ [1] gewandt. Diese einst von dem Revisionisten Steigerwald vertretene Auffassung ist nicht nur weltfremd, sondern schädlich. Sie ist, um es einmal klar auszudrücken: antikommunistisch. Dagegen wenden sich nun erneut die Genossen der Gießener DKP:
Die DKP Gießen erklärt:
Noch nie in der Geschichte der BRD war die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung so schwach wie heute. Auch die DKP ist schwach wie nie. Interne Auseinandersetzungen, fehlende Klarheit und dadurch mangelnde Einigkeit sowie eine unzureichende gemeinsame Praxis lähmen zusätzlich.
Aufruf zur Geschlossenheit
In dieser Situation sollte es unsere Hauptaufgabe sein, die Partei zur Geschlossenheit zurückzuführen. Doch nur, wenn wir inhaltlich klar sind und ein eindeutiges Programm haben, können wir überhaupt eine schlagkräftige Einheit schaffen. „Einheit durch Klarheit!“ sollte unser Motto sein.
Wie kommt man zur Klarheit?
Klarheit erlangt man durch gemeinsame Kämpfe, durch die Analyse der aktuellen Situation, durch das Studium der Geschichte der Arbeiterklasse und die Anwendung auf die heutige Zeit sowie durch den Austausch mit Schwesterorganisationen.
- Wir müssen alle Kräfte darauf richten, in der Arbeiterklasse Bewußtsein zu schaffen und zu entwickeln, d.h. die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus vermitteln und – anknüpfend an das „Teewasser“ – die Ursachen der sich zuspitzenden Probleme und Widersprüche und den Klassencharakter der Gesellschaft verdeutlichen.
- Dabei muß klar werden, daß der Kapitalismus grundsätzlich nicht reformierbar ist. So richtig unsere Forderungen im Sofortprogramm sind, für die es sich zu kämpfen lohnt, so notwendig ist gleichzeitig die Vermeidung von Illusionen, wobei der Doppelcharakter von Reformen nicht außer Acht gelassen werden darf.
- Dazu zählt auch die Tatsache, daß wir nicht in einer „Demokratie“ leben, sondern in der Diktatur der Bourgeoisie, die es sich aufgrund der bestehenden Kräfteverhältnisse leisten kann, unter dem Mantel einer bürgerlichen Demokratie zu herrschen.
Die Kurzsichtigkeit der antimonopolistischen Strategen
Ein „Politikwechsel“ im Kapitalismus setzt einen „Machtwechsel“ voraus, beinhaltet also den Bruch der Macht des Kapitals. Es ist weder die „Unfähigkeit“ noch die „Skrupellosigkeit“ der Kapitalisten an den Krisen schuld, sondern die innere zwangsläufige Logik des Kapitalismus.
- Selbstverständlich sind in diesem Kampf die Vertreter des Monopolkapitals der Hauptfeind. Daraus jedoch eine „antimonopolistische Strategie“ unter Einbeziehung „nichtmonopolistischer Kapitalvertreter“ abzuleiten, ist in der heutigen Zeit vollkommen illusionär und jeglichem erfolgreichen Klassenkampf abträglich.
- Diese aus den 70er Jahren stammende Vorstellung hatte als Grundlage drei Bedingungen: ein gefestigtes sozialistisches Weltsystem, der Befreiungskampf der ehemaligen Kolonien und starke kommunistische Bewegungen in den kapitalistischen Ländern (vgl. Gerns/Steigerwald: Probleme der Strategie des antimonopolistischen Kampfes, VMB, 1973).
- Keine dieser drei Voraussetzungen ist mehr gegeben! Im Gegenteil: Die Machtfülle der Kapitalseite, die ihre Position mit „Sicherheitsgesetzen“ gefestigt und ein Instrumentarium der Unterdrückung geschaffen hat, scheint unangreifbar.
Kann es ein Bündnis mit den „Nichtmonopolisten“ geben?
Eine Diskussion über die generelle Bündnisfähigkeit der Mittelschichten und nichtmonopolistischer Kapitalvertreter (die vereinzelt in Form einer taktischen Zusammenarbeit möglich sein können) steht dem unter den bestehenden Kräfteverhältnissen diametral gegenüber, verbreitet Illusionen und schadet letztlich dem notwendigen Klassenkampf. Die in der antimonopolistischen Strategie vorgesehene Schwerpunktsetzung auf Bündnisse von Oben, Stimmenfang bei nichtmonopolistischen Kapitalisten, nicht erreichbaren Übergangsforderungen, Verschweigen des notwendig revolutionären Bruchs usw. ist irreführend und nicht zuträglich, die Arbeiterklasse zu organisieren.
Wer sind die Bündnispartner der Kommunisten?
Natürliche Bündnispartner im Kampf gegen das Kapital sind die Gewerkschaften; sie müssen gestärkt und von sozialpartnerschaftlicher Ideologie befreit werden. Das ist nicht möglich, wenn z. B. in Tarifauseinandersetzungen die Werktätigen gegen ihre „nichtmonopolistischen Bündnispartner“ in den Streik geführt werden sollen.
Es geht um die Interessen der Arbeiterklasse
Einzelne Vertreter der „nichtmonopolistischen Bourgeoisie“ können in antifaschistischen oder antimilitaristischen Bündnissen partiell mitwirken, sie können – in Einzelfällen – ihre objektive Lage erkennen und sogar für eine sozialistische Gesellschaft eintreten. Im Klassenkampf jedoch, wenn es um die Interessen der Arbeiterklasse geht, mehr Lohn, mehr demokratische und soziale Rechte, mehr Arbeitsplätze, ist und bleibt auch die „nichtmonopolistische Bourgeoisie“ der natürliche Feind aller Werktätigen. Über deren mögliche Verhaltensweise in einer revolutionären Situation zu spekulieren, ist absurd. [2]
Keine Träumereien!
Ebenso falsch ist das krampfhafte Suchen nach irgendwelchen „demokratischen Übergängen“ in einer Zeit, in der eine schleichende Faschisierung vonstattengeht und analog zum KPD-Verbot nach wie vor diesen Träumereien ein schnelles Ende beschert werden kann.
Nur der Sozialismus bringt Frieden und soziale Sicherheit!
Heute gilt es, mit allen antikapitalistischen Kräften zusammen den Kampf aufzunehmen, dabei die Produktionsverhältnisse und die Eigentumsfrage in den Mittelpunkt zu stellen und das Bewußtsein dafür zu entwickeln und zu schärfen, daß nur in einer sozialistischen Gesellschaft Frieden und soziale Sicherheit möglich sind – Sozialismus oder Barbarei.
Quelle: Stellungnahme der DKP Gießen zur laufenden Diskussion (Untergliederung und Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)
Anmerkungen
[1] Ohne sich hier in die oft fruchtlosen und ins Nebensächliche führenden Diskussionen innerhalb dieser Partei einmischen zu wollen, hat man doch stellenweise den Eindruck, daß sich einige Vertreter dieser Partei immer noch weit unter dem Niveau eines Dr. Karl Held bewegen, der bereits vor über 20 Jahren feststellte: „Wie alle spätkapitalistischen Idiotien hat sich auch dieser Saubermannsgedanke (der antimonopolistischen Demokratie, N.G.) pluralistisch breitdiskutiert, so daß seine Charakterisierung sicher als zu einfach zurückgewiesen wird. Deshalb sei noch einmal wiederholt, daß die Verschiedenheit dieser theoretischen Ansätze der Gemeinsamkeit ihres Interesses entspricht. Und dieses Interesse gilt nicht der Ausbeutung und ihrer staatlichen Verwaltung, sondern ihrer mangelhaften Organisation.“ (Quelle: Dr.Karl Held: Der bürgerliche Staat. In: Resultate Nr.3, Theoretisches Organ der MARXISTISCHEN GRUPPE, o.D., S.37.) Also, mal verständlich ausgedrückt: Die Theorie einer „antimopolistischen Demokratie“ ist idiotisch, weil sie am Wesen des Kapitalismus vorbeigeht und nur organisatorische „Verbesserungen“ anstrebt.
[2] Eine wichtige Besonderheit in Rußland 1917 bestand darin, daß eine Doppelherrschaft existierte, die Diktatur der Bourgeoisie und die Sowjets der Soldaten- und Arbeiterdeputierten. Darüber schrieb Lenin: „Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß sich eine derartige ‚Verflechtung‘ auf die Dauer nicht halten kann. … Die Doppelherrschaft bringt nur jenen Übergangsmoment in der Entwicklung der Revolution zum Ausdruck, an dem diese zwar über die gewöhnliche bürgerlich-demokratische Revolution hinausgegangen, aber noch nicht an die ‚reine‘ Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft herangekommen ist.“ (Quelle: W.I. Lenin: Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution. In: Lenin/Stalin: Das Jahr 1917, Dietz Verlag 1949, S.48.) Soviel zum Thema „Übergänge“. Das schrieb Lenin im April 1917, also nach der Februarrevolution!
Siehe auch:
Erika Beltz: Gegen die antimonopolistische Strategie
Grigorenko: Über Lenins „Was tun?“
Raus mit dem Revisionistenpack
…wie zu Lenins Zeiten
Die DKP, der Herr Steigerwald und der ntikommunismus
Hat dies auf Muss MANN wissen rebloggt.
Hallo Georg. Ich vermisse Deine Analyse zum G20 Gipfel.
1) Da gehen mehrheitlich unpolitische Menschen zu einer eher unpolitischen Demo.
2) Diese Demo ist im Gegensatz zu einer Demo gegen Krieg, Hartz4, Mainstream Medien, Polizei Brutalität, Zwangs-Psychiatrie, Zwang zu Unterhaltszahlungen oder Altersarmut eine eher unpolitische Demo. Ich weiß nicht, warum unpolitische Leute gerade gegen G7, G8 oder G20 demonstrieren. Selbst eine Demo für Legalisierung von „weichen Drogen“ oder für Väter-Rechte ist politischer.
3) Da rufen antikommunistische – vom Staat bezahlte, unterstützte – Verbände, Sozialarbeiter zu einer Demo auf, wo schon vorher durch Springer, Bertelsmann, Spiegel … mit Misshandlungsorgien der Polizei gedroht wird. Trotzdem gehen da Leute hin. Komisch? Ich habe keine Universal-Antwort, aber Fragen.
4) Wieso bringen die kapitalistischen Mainstream-Medien Fotos von Polizei-Terror, obwohl, diese Fotos aus Übungen stammen. Und nicht von der jeweils angeblichen Demo? Gibt es die Hunderte von Polizei Krankenhaus reif geschlagenen wirklich? Seit Jahrzehnten und immer wieder tauchen solche Zahlen immer wieder auf. Wir hatten in Frankfurt am Main mal nach einer Demo nachgeforscht. Die Krankenhäuser konnten jeden alkoholisierten Patienten nennen, der auf einer Bananenschale ausgerutscht ist. Aber ein Demo-Opfer war denen unbekannt!
5) Wieso werden zum Teil jedenfalls, unpolitische Menschen misshandelt?
6) Weiss der Kapitalismus noch, was er tut? Ist er so verzweifelt, es sich noch mit seiner akademischen MASSEN-BASIS zu verscherzen?
Für mich gibt es bei solchen Nebensächlichkeiten nichts zu analysieren.
Hallo Rheinlaender,
Dein Kommentar ist sicherlich beim falschen Thema gelandet – gehört eigentlich zu „Eskalierende Gewalt“. Ich denke aber, wir sind uns einig, daß die Zuspitzungen bei den Demonstrationen gewollt sind – einerseits, weil klar ist, daß solche G20-Treffen nichts als Scheingefechte sind und an der Sache (dem Kapitalismus) nichts ändern, andererseits, weil die Proteste sehr wohl auf das Wesen der Gegensätze (den Widerspruch zw. Kapital und Arbeit) zielen, was den Staatsgewaltigen auch bewußt ist.
Und deshalb kann man die Diskussionen innerhalb der DKP tatsächlich als etwas bezeichnen, was längst erledigt sein müßte. Nicht ohne Grund hat Genosse Ackermann die DKP als eine von Revisionisten angeführte Partei bezeichnet. Und deshalb müssen die in ihrer Partei überhaupt erst einmal klären, was sie wollen. Und wenn diese Trennung von den Antikommunisten nicht auf harte, klare Weise geschieht, dann werden die in den nächsten 20 Jahren noch genauso diskutieren…
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Ja, die Diskussionen bei der DKP sind furchtbar. Was wäre denn gewesen, wenn Karl gesagt hätte: ”Friedrich, mit Dir, der Du ja ein Kapitalist bist, rede ich gar nicht.” Uns wäre viel verborgen geblieben. Bei Bündnissen geht es doch immer darum, in welchen Fragen man gemeinsame Positionen hat.
Wie hieß es in der DDR? Die Arbeiterklasse im Bündnis mit den Bauern und den anderen werktätigen Schichten. Dazu gehörte auch die sozialistische Intelligenz.(oder so ähnlich) Auch zum Teil privat geführte kleine und mittlere Betriebe gehörten dazu.
Wenn es heute gegen die immer größer werdende Kriegsgefahr geht, kann jeder auf die eine oder andere Weise unser Verbündeter sein, der nicht an der Rüstung, an Waffenexporten,der Führung von Kolonialkriegen, der Vorbereitung neuer Großer Kriege und der Ausplünderung anderer Völker profitiert. Alles andere fällt in den Bereich des Radikalismus und Spinnerei.
Völlig richtig fürchtenix. Bündnisse wird es geben und muß es geben. Auch das Kleinbürgertum wird sich dem anschließen, wenn es die Richtigkeit dieser Politik der proletarischen Partei erkannt hat. Um Klarheit innerhalb der Partei aber muß man kämpfen!
Die DKP ist ein Produkt der alten BRD und der sozialdemokratischen „Entspannungspolitik“. Weitere Ausführungen siehe Link:
https://kalterkriegundentspannungspolitik.wordpress.com/2016/01/22/die-dkp-ein-produkt-der-sozialdemokratischen-entspannungspolitik/
Ich persönlich habe sehr schlechte Erfahrungen mit der DKP gemacht. Sei es vor 1990 oder sei es heute. Es würde in diesem Kommentar zu weit führen zu erklären, worauf die schlechten Erfahrungen beruhen. Bei Bedarf kann ich das gerne nachholen und näher drauf eingehen.
Wie alle Parteien ist auch die DKP je nach Ort und Bundesland unterschiedlich. Ich kenne da nur die „Reformer“, die sich in diesem System eingerichtet haben. Mit der DDR u.a. sozialistischen Ländern in Osteuropa haben sie, seit der vollständigen Beseitigung der DDR und des sozialistischen Systems in den osteuropäischen Ländern, abgeschlossen. Es gilt nur noch das Hier und Heute.
Danke, Petra! Das Dilemma ist alt. Wenn man die Antikommunisten (der verblichene Steigerwald, die noch nicht verblichenen „Genossen“ Meyer, Thomalla, u.Co. und der Bachus Köbele – nicht zu vergessen: Brenner und Hager – dazurechnet, dann ist diese Partei eine revisionistische, ja von Antikommunisten geführte Organisation, die sich mit dem Kapitalismus abgefunden hat und nur gelegentlich stichelt oder sich lokal in Bürgerschaftsfragen engagiert. Immer wieder lösen sich DKP-Gruppen auf, weil es schier aussichtslos ist, bestimmte Leute auszuschließen. Fazit: das müssen die schon erstmal selber klären!