In der ersten offizielle Information über den Tod J.W. Stalins heißt es: „Am 5. März 9 Uhr 50 abends verstarb der Vorsitzende des Ministerrates der Sowjetunion und Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion Iosif Wissarionowitsch Stalin. Der unsterbliche Name Stalins wird für immer in den Herzen des Sowjetvolkes und der ganzen fortschrittlichen Menschheit leben.“ 1 Danach und nach der gemeinsamen Erklärung des ZK der KPdSU, des Ministerrates der UdSSR und des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR an alle Mitglieder der Partei und alle werktätigen der Sowjetunion vom 5. März 1953 gab es damals wohl kaum jemanden2, der sich vorstellen konnte, daß es hier um etwas anderes als um einen ,normalen‘ Todesfall gegangen sein könnte. Und folgerichtig wurde damals und in den folgenden Jahren nicht einmal andeutungsweise erwähnt, daß es dabei nicht ,nur‘ um einen Mord, sondern sogar noch um einen Staatsstreich mit weitreichenden Folgen gegangen sein könnte.
Nicht nur Mord – sondern ein Staatsstreich!
Nach meinem Kenntnisstand wurde erst 30 Jahre später erstmals eine solche Verbindung ausgesprochen. Das einstige leitende Mitglied der KPdSU(B), später aktiver Kollaborateur mit den faschistischen Okkupanten, Mitglied einer ,antibolschewistischen Organisation in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands, Professor der US-amerikanischen Militärakademie und Autor einer ganzen Reihe antisowjetischer Hetzschriften, der Tschetschene Abdurachman Genazowitsch Awtorchanow3 veröffentlichte in seinem Buch ,Rätsel um den Tod Stalins‘ die folgende Behauptung „die gegen Stalin gerichtete Palastrevolte in der Nacht zwischen dem 28. Februar und dem 1. März 1953 erinnert in vielerlei Hinsicht an den Umsturz gegen Pawel I. und seine Ermordung in der Nacht vom 11 auf den 12. März 1801.“ Awtorchanows Buch stand unter der Maxime, daß sich die Kunst der Politik im Regime eines Tyrannen auf die Kunst von einander ablösenden Intrigen reduzieren lasse. Und Stalin habe sich mit Leuten umgeben, deren Ergebenheit nicht auf gesellschaftlichen Idealen, sondern auf Karriereerwägungen stützte. Daraus leitet er ab, daß es Bérija gewesen sein müsse, der Stalin als Organisator der Verschwörung als Koryphäe in der Kunst der Organisation politischer Morde noch übertraf.4
Awtorchanows Emigrantenmärchen
Aber schon die Lebensgeschichte dieses Autors war und ist kaum angetan, seine Behauptungen sonderlich ernst zu nehmen. Dies und die journalistisch beschleunigte Konjunktur aller möglichen und unmöglichen Verschwörungstheorien bekräftigen derlei Zweifel. Ein im März 2004 in der ,Komsomolskaja Prawda‘ veröffentlichter Artikel Walerij Kadshajas war allein schon durch die Veröffentlichung in dieser sensationsschwangeren Zeitung dazu angetan, solche massiven Bedenken zu bekräftigen.5 Ähnliche ,Enthüllungen‘ tauchten danach in Serie auf. Aber Awtorchanow ist längst nicht mehr der einzige, der davon ausgeht, daß Stalin keines natürlichen Todes starb. Und nicht weniger bemerkenswert sind die in diesem Zusammenhang von Publizisten, Journalisten, Wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen und Publizisten vorgebrachten Hinweise auf Zusammenhänge zwischen diesem Tod und einem Staatsstreich.
Vielfältige Theorien über Stalins Tod
Mittlerweile wurde zu diesem Thema eine kaum noch überschaubare Serie verschiedener Publikationen herausgebracht: 2003 veröffentlichte der zu vielen verschiedenen Themen publizierende Leonid Mletschin sein Buch ,Der Tod Stalins – Der Führer und seine Kampfgefährten‘ 6 in einer Auflage von 9.000 Exemplaren. Von dem aus der Ukraine stammenden Metallurgen und sowohl publizistisch als auch als Manager, Unternehmer und Politiker aktiven Juri Muchin gibt es gleich drei Bände zu diesem Thema: 2002 erschien ,Die Ermordung Stalins und Bérija‘ mit einem Umfang von 731 Seiten, 2004 folgte die 2005 noch einmal herausgegebene Schrift ,Warum wurde Stalin ermordet‘ und 2007 erschien sein Buch ,Die Mörder Stalins – das wichtigste Geheimnis des XX. Jahrhunderts“ 7 in einer Auflage von 4.000 Exemplaren. Im Unterschied dazu ist Muchin überzeugt, „Chruschtschow war der Mörder Stalins, der diese Tat auch selbst beging.“ 8 Doch seine Ausführungen zu diesem Thema sind nicht nur äußerst zwiespältig. In einer nicht anders als widerwärtig zu bezeichnenden Sprache greift er die Vielzahl von Ungereimtheiten und Widersprüchen auf, die in der Darstellung dieser Ereignisse zu finden sind. Zunächst liegt die Versuchung nahe, diese Arbeit überhaupt zu ignorieren. Denn angesichts des dabei aufgedeckten Minenfeldes von Unterstellungen Vermutungen, Behauptungen und höchst unterschiedlich verwendeten und gefälschten Beweisen, angesichts der massiven Zweifel an der Echtheit dabei verwendeter und mehrfach unterschiedliche selektiv zitierter Quellen wird deutlich, auf was man sich da einläßt. Aber weder die Art der Wortwahl noch die Tatsache, daß Muchin mehrfach einander ausschließende Behauptungen aufstellt, reichen aus, die daraus abgeleiteten Schlußfolgerungen zu entkräften.
Muchins Massenproduktion
Man mag zur Art und Weise, in der Muchin in Großserie umfangreiche Bücher produziert9, stehen, wie man will – es geht nicht nur um die Wortwahl und das Fehlen einer elementaren Sprachkultur. In den Schriften dieses Mannes wiederholen sich außer reichlich willkürlichen Mutmaßungen und Konstruktionen auch falsche Behauptungen, die in ihrer Summe den Eindruck bekräftigen, daß bei der Herausgabe dieser Bücher nicht nur konjunkturelle sondern auch kommerzielle Erwägungen ausschlaggebend waren, die mit einer ernsthaften Auseinandersetzung mit diesem Gegenstand nichts zu tun haben.
…widerwärtig
Aber was von all dem zu halten ist, läßt sich nicht nach der Form der schriftlichen Darstellung beurteilen, diese Fragen sind anhand beleg- und beweisbarer Tatsachen zu untersuchen. Wer dieses Buch liest, kommt viel eher zu dem Schluß, daß die Widerwärtigkeit des Ausdrucks seinem Inhalt angemessen ist. Folgt man Muchins Darstellung, zeichnet sich eine breit ausufernde Serie schwerster Verbrechen ab, deren Höhepunkte die Ermordung Shdanows, Stalins und Bérijas, deren Motive im Kampf um die Macht und deren handelnde Personen in der Spitze des Parteiapparates und des KGB zu suchen sind.
Prudnikowa hat recherchiert
Jelena Prudnikowa hat sich nach einem Studium der Festkörperphysik am Leningrader Polytechnischen Institut mit einer Reihe von Publikationen zu historischen Themen in das journalistische Metier eingearbeitet. Ihre biographischen Arbeiten zu Stalin und Bérija fanden breites Interesse. Mittlerweile hat die Gesamtauflage ihrer Schriften die Zahl von 100.000 Exemplaren überschritten.10 2005 veröffentliche sie ihre 2010 noch einmal herausgebrachte Schrift ,Stalin – die zweite Ermordung‘ 11 in einer Auflage von 3.000 Exemplaren. Darin gibt es eine kritische Auseinandersetzung mit der – mittlerweile wiederholt kolportierten Darstellung dieses Ereignisses durch Awtorchanow. Auf Grund ihrer Recherchen kommt sie zu dem Ergebnis, daß „nicht den geringsten Zweifel geben kann, daß vor allen Kampfgefährten, vor Chruschtschow und Bulganin, Malenkow und Bérija, Ingnatjew im Hause war. Und das war nicht nur einfach ein Arzt – wir werden im weiteren sehen, wie schwierig die Frage zu beantworten war, wer von den Ärzten in die Datsche zu bestellen sei...“ 12
Kremljows ausführlicher Bericht
Sergej Kremljow, Spezialist für Raketenantriebe, in Arzamas-16 an der Herstellung von Kernwaffen und an der Entwicklung, Projektierung und Erprobung thermonuklearer Waffen beteiligt, seit 2003 Professor an der Akademie für Militärwissenschaften, hat sich auch als Autor einer ganzen Reihe von Publikationen zu gesellschafts- und militärpolitischen Themen profiliert.13 Aus seiner Feder stammt ein 2008 veröffentlichtes Buch, in dem der Titel eine andere Fragestellung versprach: ,Warum Stalin ermordet wurde. Das Verbrechen des Jahrhunderts‘ 14. Bei der Suche nach einer überzeugenden Antwort auf die Frage nach den Ursachen dieses Verbrechens analysiert Kremljow zunächst den Ablauf der Ereignisse vor und nach dem XIX Parteitag.
Sorge um die Zukunft
Dabei wird offensichtlich, daß Chruschtschow nicht nur bei der Vorbereitung des neuen Programms der Partei in der kritischen Analyse der ideologischen Arbeit keiner von denen war, die für eine erfolgreiche Verbesserung einzustehen in der Lage gewesen wären. Es war unübersehbar, daß das, was er im Auftrag des ZK in dem Bericht zur Überarbeitung des Statuts vorzutragen hatte, auch und nicht in letzter Linie an ihn selbst adressiert war. So wurde aus dem, der bis dahin und auch in den Folgejahren von seinen Mitstreitern als ein der Parteiführung ergebener Organisator angesehen wurde, ein Mann, der sehr wohl begriff, daß er sich auf die Mitarbeiter des Parteiapparates verlassen konnte, die sich aus gleichem Anlaß Sorge um ihre Zukunft machten.
Die Zerschlagung des Sozialismus in der UdSSR
Aber Kremljow bleibt nicht an der Oberfläche der Sorgen um die Karriere des einen oder eines anderen Funktionärs. Im Nachwort seiner Arbeit vergleicht er die Lage der belorussischen Bauern in den 1939 von der Roten Armee befreiten Gebieten mit der Lage in der Sowjetunion. „In gerade mal zehn Jahren – zwischen 1930 und 1940 hat die Epoche Stalins Rußland umgewälzt. … In gerade mal zehn Jahren – zwischen 1946 und 1956 ging das Land den Weg aus den hungrigen Jahren und den Ruinen der Städte und Dörfer zu einem, wenn schon bescheidenen, so doch mit Freude und Sinn erfüllten Leben und der Überzeugung von weiterer Verbesserungen. Im ersten Nachkriegsjahrzehnt entstanden herausragende wissenschaftliche und Ingenieurkollektive, die Flugzeuge mit modernem Düsenantrieb, die Raketentechnik, Kern- und thermonukleare Waffen, Tragflächenschiffe und die künstlichen Sputniks schufen. Und in eben solchen zehn Jahren, zwischen 1991 und 2001 wurden Hunderte und Tausende hervorragende Kollektive in wissenschaftlichen Instituten, Konstruktionsbüros, in Betrieben und landwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen zerschlagen.“15
Eine soziale Frechheit
In diesem Kontext qualifiziert er einen Bericht in der Zeitung ,Moskauer Kosomolez in Nishnij Nowgorod‘ über einen ,Herrenball auf dem Herrensitz der Priklonskich-Rukawischnikow‘ als Ausdruck einer „geradezu verwunderlichen sozialen Frechheit“. Für diesen Mann ist die Ermordung Stalins nicht einfach nur als Resultat der Intrigen einer karrieregeilen Funktionärskaste zu verstehen.
Stalin wurde ermordet!
Kremljow schließt seine Arbeit mit den Worten: ,,Stalin wurde ermordet, damit man das Beste in den Menschen, in der Menschheit ermorden konnte. Und wenn das so ist – und es ist so! – dann ist die folgerichtige Frage: Kann man davon sprechen, daß der sowjetische Sozialismus verfaulte, daß er verfaulen mußte, weil er faul und von Anbeginn perspektivlos war. Oder war er von Anbeginn gesund, aktiv und lebensfähig und wurde vergiftet – wie Stalin? Aber ohne den Mord an Stalin und ohne die Ermordung seines talentiertesten Mitstreiters und Nachfolgers Bérija wäre es nicht möglich gewesen, den Sozialismus langsam aber sicher zu vergiften. Und ohne den Sozialismus zu vergiften, wäre es nicht möglich gewesen, Rußland zu ermorden. Und ohne Rußland zu erschlagen, ist es unmöglich im Menschen das Menschliche zu vernichten. Also warum wurde Stalin ermordet?“
Klassenstandpunkt
Wer derlei Überlegungen wegen dieses pathetischen Tons zur Seite legt, sollte zunächst gründlicher nachdenken. Denn das, was sich hier artikuliert, ist durchaus nicht nur eine an sich schon ernst zu nehmende Betroffenheit. In diesen Worten kommt die Empörung über den Verrat an den zutiefst humanistischen Zielen jener sozialen Gerechtigkeit zum Ausdruck, deren Entwicklung nur durch eine sozialistische Gesellschaft eingeleitet werden kann. Auch hier läßt sich über die Form des Ausdrucks streiten. Aber im Hintergrund dieser Worte steht eine Wertung, deren nüchterne Formulierung es verdient hätte, den Klassenstandpunkt derer deutlicher zu formulieren, die in den dreißiger Jahren, in den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges und nicht nur in den Nachkriegsjahren mit allen ihren Kräften und Fähigkeiten ehrlich und selbstlos für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft eintraten.
STAATSSTREICH NR. 1 – DER MORD AN STALIN
In dem 2009 von Lew Balajan16 herausgebrachten Buch ,Stalin und Chruschtschow‘ L17 wird dieses Ereignis als Auftakt zu einem viel weiter greifenden historischen Drama geschrieben: Hier geht es um zwei Morde und vier Staatsstreiche: Der erste Staatsstreich war der vom März 1953, der mit der Ermordung Stalins ausgelöst wurde, der zweite der vom Juli 1953 (,wie das Vertrauen in den Genossen Bérija verloren ging‘), der dritte von 1956 (,als die ,alte Garde‘ zerschlagen wurde – die Absage an die Diktatur des Proletariats) und der vierte von 1986 bis 1991 (das Fiasko der letzten Schlacht um die Macht). Um den ersten geht es hier. Der zweite steht damit in unmittelbarem Zusammenhang. Das trifft auch für die beiden letzten zu. Aber die letzten drei sind Gegenstand der im Rahmen dieser Untersuchung erst noch auszuarbeitenden weiterführenden Bände II bis IV ,Zur Geschichte der UdSSR und der KPdSU‘.
Berija als politisches „Schreckgespenst“
Balajan verweist auf Awtorchanows Version eines gewaltsamen Todes Stalins. Aber er teilt dessen „recht überzeugend begründete“ Behauptung nicht, daß Bérija an der Spitze dieser Verschwörung gestanden habe. Der sei nach Balajan „nur ein ,politisches Schreckgespenst‘, ein prinzipienloser Vollstrecker des bösen Willens solcher ,Nachfolger‘ I.W. Stalins, wie Malenkow, Chruschtschow (der es nach vierjähriger Arbeit in Moskau nach der Ukraine noch nicht geschafft hatte, sich eine ausreichende Autorität zu ,erarbeiten‘) und teilweise Bulganin. Aber die erste Geige spielte in dieser Etappe zweifelsohne Georgij Malenkow, und die Rolle des unmittelbar Ausführenden fiel dem damaligen Minister für Staatssicherheit Semjon Ignatjew zu, der (nach Ablösung General N. Wlasiks) auch der neue Leiter der Verwaltung der Wache war.“ 18
Ins Vertrauen eingeschlichen…
Balajan sieht in der Beauftragung Malenkows und Chruschtschows mit den Reden zum Rechenschaftsbericht und zu den Änderungen im Statut einen Beweis dafür, daß diese vier sich in Stalins Vertrauen eingeschlichen hatten. Zugleich merkt er an, daß der nur als Statist beteiligte Bulganin beleidigt gewesen sei, weil er 1949 vom Posten des Verteidigungsministers abgelöst wurde. Und Chruschtschow wäre im Schatten geblieben. Aktiv habe die „antistalinistische Gruppe Malenkow-Bérija plus Ignatjew“ gehandelt. Das seien die Initiatoren der Isolation Stalins in der letzten Periode seines Lebens gewesen. Im Zusammenhang mit der Ablösung der Personen, denen Stalin besonderes Vertrauen entgegenbrachte, werden außer Wlasik und Poskrebyschew auch die Ärzte der medizinischen Verwaltung des Kreml genannt. In allen diesen Fällen ist von gezielter Desinformation die Rede. Die unmittelbare Ausführung habe in den Händen des Ministers für Staatssicherheit Ignatjew gelegen. Zunächst ein Freund Malenkows habe der sich schon bald an Chruschtschow orientiert. Der hatte Ignatjew vor der unmittelbar bevorstehenden Verhaftung gerettet, indem er Bérija im letzten Augenblick aus dem Weg räumte.
Der Mörder – Chruschtschow
Balajan verweist auf mehrfach behauptete Versionen, nach denen Stalin vergiftet wurde. Aber nach seiner Meinung war ausschlaggebend, daß die vier Verschwörer dafür sorgten, daß Stalin medizinische Hilfe gerade in dem Moment verweigert wurde, in dem er darauf angewiesen war. Zugleich stellt er fest, daß auch das nicht mit Sicherheit behauptet werden könne, denn man könne schon deshalb nicht auf die Version setzen, daß Stalin eines natürlichen Todes starb, weil „es viel zu viele widersprüchliche Zeugenaussagen zur Beschreibung des Todes von Stalin gibt, die eine gründliche Untersuchung erfordern.“ Dem fügt er hinzu: „oder eine spezielle Untersuchung. Denn so wie das bei erfolgreich realisierten Verschwörungen üblicherweise der Fall ist – ist das Ende dieser Verbrechen nicht zu finden.“ In diesem Sinne interpretiert er auch die Worte Chruschtschows, die der am Ende seiner Karriere an János Kádár gerichtet hatte: „Stalin hat auf die eigenen Leute geschossen, auf die Veteranen der Revolution. Wegen dieser Willkür haben wir ihn verurteilt. In der Geschichte der Menschheit gab es nicht wenige grausame Tyrannen. Aber alle kamen durch die selben Mittel um, mit denen sie sich an der Macht gehalten hatten.“19
Verschwörung
Doch zur Chronologie der Ereignisse gibt es andere Darstellungen: Jerunow geht davon aus, daß die Mitglieder des alten Politbüros am 1. März bis morgens 4 Uhr bei Stalin gewesen seien. In dieser Beratung sei es um die Vorbereitung einer Sitzung des Präsidiums am 2.3. gegangen, auf der das Ministerium des Inneren und das für Staatssicherheit zusammengelegt und Bérija als Minister eingesetzt werden sollte. Im Laufe des Tages habe es keine Bewegung im Hause gegeben. Erst 10 Uhr abends fand die Wache Stalin am Boden liegend, nachdem die Post gebracht wurde. Stalin habe die Lippen bewegt, als ob er etwas sagen wollte, habe aber das Bewußtsein verloren. Er wurde auf ein Sofa gelegt. Daraufhin wurde der für die Bewachung zuständige Minister Ignatjew angerufen, der seinerseits Malenkow anrief und dieser habe Chruschtschow angerufen. Gegen 23 Uhr waren nach Chruschtschows Worten Malenkow und Chruschtschow als erste bei Stalin. Daraus geht nicht hervor, ob Bérija und Bulganin dabei waren. Und Jerunow merkt auch an: „Ignatjew und Stalins Arzt hätten dabei sein müssen“ läßt aber offen, ob sie denn dabei waren. Nach seiner Darstellung hätten Chruschtschow und Malenkow die Wache beruhigt und erklärt, Stalin habe zu viel getrunken. Chruschtschow wird wie folgt zitiert: „Wir hatten gedacht, daß es unangenehm sei, bei ihm zu erscheinen und ihn in einer derart unangenehmen Situation zu treffen und fuhren nach Hause.“
Stalins Tod
Am 2.3. habe Malenkow Chruschtschow erneut zwischen 1 und 2 Uhr nachts angerufen: Die Wache sei beunruhigt: Das sei kein normaler Schlaf. Daraufhin habe Malenkow alle anderen Mitglieder des Büros des Präsidiums, eingeschlossen auch Woroschilow und Kaganowitsch, angerufen, die beim ersten Mal nicht mit auf der Datsche waren. Zugleich sei vereinbart worden, die Ärzte hinzuzurufen. „Das war das zweite Erscheinen Chruschtschows und Malenkows bei dem kranken Stalin.“ Erst am Morgen des 2. März 9 Uhr gibt es die nächste Notiz: Kaganowitsch, Woroschilow und die Ärzte seien eingetroffen. Genannt wurde der Kardiologe Professor Lukomskij. Aber da seien auch andere Ärzte gewesen. Erst jetzt wird der Name Bérijas erwähnt. Als Quelle verweist Jerunow auf Muchin und andere Quellen…20
Professor Mironin stellt fest…
Zeitgleich mit dem 2011 erschienen Buch ,Die Ermordung Stalins – das größte Verbrechen des 20. Jahrhunderts‘ S.S. Mironins21 wurde vom selben Autor im Internet eine ausführliche Untersuchung unter einem etwas ungewöhnlichen Titel veröffentlicht: ,Wer hat wie Stalin ermordet? Varianten. Wer hat Stalin ermordet. Wer hat Stalin vergiftet? Die Mörder im weißen Kittel oder: Ärzte haben Stalin zu Tode gebracht. Geheimnisse des Todes Stalins. Geheimnisse der Ermordung Stalins. Wie Ärzte geholfen haben, Stalin zu ermorden. Die Verschwörung gegen Stalin.‘22
Quelle: Klaus Hesse: Stalins Tod. In: Zur Geschichte der UdSSR und der KPdSU. Über erste praktische Erfahrungen mit dem Sozialismus. (bisher 4 Bände erschienen), Teil 1.3 – Nach dem Sieg bis zum Tode Stalins. S.352-359. Eigenverlag Leipzig 2012.(Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)
1 От Центрального Комитета Коммунистической Партии Советского Союза, Совета министров СССР и Президиума верховного совета СССР ко всем членам партии. Ко всем трудящимся Советского Союза (Vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, dem Ministerrat der UdSSR und dem Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR. An alle Parteimitglieder, an alle Werktätigen der Sowjetunion), unter: http://www.oldgazette.ru/vm/06031953/text1.html
2 Stalins Sohn Wasilij, der nach den Worten seiner Schwester im betrunkenen Zustand an das Krankenbett seines Vater gerufen wurde, hatte unmittelbar nach dessen Tod geschrien, daß ,der Vater ermordet wurde‘. Aber das wurde damals als Folge seiner Trinkerei angesehen. Die Wiederholung dieser Behauptung führte schließlich dazu, daß dem Generalmajor Wasilij Stalin befohlen wurde, ein Kommando eines Militärbezirks im Lande zu übernehmen. Die Verweigerung dieses Befehls führte zu seiner Entlassung aus der Armee, zu noch ausgiebigeren Trinkgelagen, an denen Ausländer teilnahmen, schließlich zur Verhaftung. Б.В. Соколов: Василий Сталин — сын ,отца народов‘ (B.W. Sokolow: Wasilij Stalin – der Sohn des ,Vaters der Völker‘), Москва 2003, S.213, 216ff.
3 Абдурахман Геназович Авторханов (Abdurachman Genazowitsch Awtorchanow) (1908-1997) Historiker, Schriftsteller und Publizist, Doktor der politischen Wissenschaften wurde 1937 als leitender Mitarbeiter der KPdSU(B) in der autonomen tschetschenischen Republik verhaftet, aber freigesprochen. Er schloß sich tschetschenischen Separatisten an und nahm in deren Auftrag Kontakte zur Wehrmacht auf. Awtorchanow arbeitete für die Wehrmacht und operierte nach 1945 in antisowjetischen Organisationen in Westdeutschland. 1948 wurde er von der US-Army übernommen, wo er Karriere machte und als Professor einer Militärakademie und Mitglied ihres wissenschaftlichen Rates mehrere Bücher publizierte.
4 А.Г. Авторханов: Загадка смерти Сталина (A.G. Awtorchanow: Das Rätsel um den Tod Stalins), unter: http://lib.rus.ec/b/159778/read#t1
5 В. Каджая: Смерть вождя народов. Диагноз: убийство? (W. Kadshaja: Der Tod des Führers – Diagnose: Mord?), unter: http://www.centrasia.ru/news.php?st=1078731360
6 Л. Мледчин: Смерть Сталина – Вождь и его соратники (L. Mletschin: Der Tod Stalins – der Führer und seine Kampfgefährten), Москва 2003
7 Ю. Мухин: Убийцы Сталина. Главная тайна ХХ. Века. (J. Muchin: Die Mörder Stalins. Das wichtigste Geheimnis des 20. Jahrhunderts), Москва 2007
8 ebd., S. 348
9 Juri Muchin hat von 1992 bis 1999 insgesamt 5 Bände mit einem Gesamtumfang von 955 Seiten herausgebracht. Zwischen 2001 und 2010 waren das 36 Bände mit einem Gesamtumfang von 12.431 Seiten. Der Zuwachs an Produktivität auf 1.243 % läßt sich am ehesten mit dem Übergang von der handwerklichen zur Fabrikproduktion vergleichen. Wenn darüber hinaus berücksichtigt wird, daß Muchin nicht nur als Autor zahlreicher Artikel in verschiedenen Journalen und Zeitungen in Erscheinung getreten ist, sondern auch noch Generaldirektor der nichtkommerziellen Partnerschaft ,Zentrum unabhängiger Journalistik‘ und zwischen 1996 und 2009 Chefredakteur der mittlerweile verbotenen Wochenzeitung ,Duell‘ sowie Gründer und Leiter der ,Armee des Volkswillens‘ (АВН) und Gründer des Fonds ,DemokratieЪ ist, wird verständlich, daß…
10 Прудникова, Елена Анатольевна (Prudnikowa, Jelena Antoljewna), unter: http://ru.wikipedia.org/wiki/Прудникова_Елена_Анатольевна
11 Е.А. Прудникова: Сталин второе убийство (J.A. Prudnikowa: Stalin – die zweite Ermordung), Санкт Петербург 2005
12 еbd. S. 353
13 Сергей Крмелёв (Sergej Kremljow), unter: http://publ.lib.ru/ARCHIVES/K/KREMLEV_Sergey/_Kremlev_S..html
14 С. Кремлёв: Зачем убили Сталина. Преступление века? (S. Kremljow: Warum wurde Stalin ermordet? Das Verbrechen des Jahrhunderts). Москва 2007
15 С. Кремлёв: Зачем убили Сталина. Преступление века. (S. Kremljow: Warum wurde Stalin ermordet? Des Verbrechen des Jahrhunderts), unter: http://lib.rus.ec/b/203073/read
16 Лев Ашотович Балаян (Lew Aschotowitsch Balajan) (1940-2003) parteiloser Lehrer und Journalist, schloß sich 1991 als Teilnehmer des Gründungskongresses der kommunistischen Allunionspartei der Bolschewiki (Всесоюзная Коммунистическая партия большевиков (БКПБ) an und war Mitglied der Leitung des Regionalbüros für Kasachstan und Mittelasien.
17 Лев Балаян: Сталин и Хрущёв (Lew Balajan: Stalin und Chruschtschow), unter: https://www.libfox.ru/104937-lev-balayan-stalin-i-hrushchev.html
18 ebd.
19 ebd.
20 В.М. Ерунов: «Следствие» по делу о смерти Сталина (W.M. Jerunow: ,Untersuchungen‘ im Verfahren zum Tod Stalins), unter: http://www.otchizna.info/archiv2006/Otchizna23/O_cmerti_Stalina.htm
21 Сигисмунд Сигисмундович Миронин (Sigismund Sigismundowitsch Mironin) (1950) Autor einer Reihe dokumentarisch-publizistischer Bücher und Artikel. Noch während seines Medizinstudiums trat Mironin in die KPdSU ein. Mironin hat sich promoviert und habilitiert und wurde Professor der Medizin
22 С. Миронин: Кто и как убил Сталина? Варианты. Кто убил Сталина? (S.S. Mironin: Wer hat wie Stalin ermordet? Varianten. Wer ermordete Stalin?…, unter: http://www.rusproject.org/sites/default/files/files/books/m/mironin_ubijstvo_stalina20062011.pdf (russ.)
Klaus Hesse: Der Staatsstreich (1953)
Siehe auch:
Klaus Hesse: Zur Geschichte der UdSSR
Sieben Gründe, Stalin zu hassen
Übersetzung des o.g. „Zitates“ von Stalin:
Воры, тунеядцы и взяточники – это внутренние враги трудового народа и наша с вами задача выявлять их и передовать народному суду.
Diebe, Nichtstuer und bestechliche Menschen sind innere Feinde des werktätigen Volkes und es ist unsere Aufgabe, sie zu entlarven und dem Volksgericht zu übergeben.
Das Datum 5.3. 1953 spricht bereits für sich, denn die Verdopplung der Kombination 53 deutet auf eine bewusste Wahl eines einst historisch bedeutsamen Datums hin. Am 5.3. wurde im römischen Reich das Fest der Schöpfungsgöttin Isis gefeiert, die an diesem Tag ausfuhr, ihren in 14 Teile zerteilen Gemahl Osiris zu finden. Auch heute noch genießt im Ritual der Freimaurer die Göttin Isis eine hohe Wertschätzung, denn die Zauberreiche besitzt de Kraft der Veränderung. Werden aber alle Zahlen des Datums zur Quersumme addiert, so konnten die Mörder sicher sein, in göttlichem Auftrag gehandelt zu haben, So entspricht doch die Zahl 26 im Hebräischen dem Lautwert für Jahwe.
Tut mir leid, gunst01, ich kann mich mit Ihrer Kabbalistik nicht anfreunden, auch wenn Goethe sie im „Faust“ spaßeshalber verwendet hat. Das ist Mystizismus – unwissenschaftlich.
SÜß!
Am 5.3. wurde im römischen Reich das Fest der Schöpfungsgöttin Isis gefeiert und die Quersumme von 5 3 1 9 5 3 = 26.
Yo^^ und 3.12 und 12.3, der 4.11. und 11.4, der 5.10. und 10.5., 6.9. und 9.6, der 7.8. und 8.7. mit dem Jahr 2018 ergeben alle die Quersumme 26. Warum ist also Stalin nicht dieses Jahr im Alter von 150 Jahre gestorben? 😉
Außerdem ist Stalin ja am 22. Februar 1953 des Julianischen Kalenders ermordet worden, was die Quersumme 24 ergibt.
Was die Esoteriker doch alles für einen Unsinn verbreiteten.
Isis wurde als “Schutzgöttin“ [Ploiaphesia (altgriechisch πλοιαφέσια „Ausfahrt des Schiffes“, auf Lateinisch navigium Isidis „Ausfahrt der Isis“) war ein der Isis gewidmetes Kultfest hellenistisch-römischer Zeit, das zu Beginn der Schifffahrtssaison im Frühling begangen wurde] der Seefahrer und der Seefahrt verehrt – aber weder als “Schöpfungsgöttin“ bei den Griechen noch bei den Römern.
Und noch eines gunst01,
Alle Präsidenten der USA können ihren Stammbaum auf Jesus und Maria Magdala zurückführen, wie uns Dan Brown in seinem ROMAN von 2003 unter dem Titel “The Da Vinci Code“ offenbart. 😉
Einbildung ist eben auch eine Art der Bildung, eben die Verbildung.
Richtig. Nur, Bildung und Wissen sind wichtiger, wenn man das Leben meistern will 🙂
Ach, mein liebster gunst01 !
Du musst weder andere noch mich für dumm oder bescheuert halten.
Wer den Tag der Ermordung Stalins „den Juden“ in die Schuhe schiebt, ist für mich ein ausgesprochener National-Faschist.
Es mag schon sein, dass viele Menschen “euer“ doppelzüngiges Spiel nicht verstehen und mit der von Ihnen rudimentär vorgetragenen “Kabbala“ ausgesprochene Dummköpfe hinters Licht führen können … aber doch bitte nicht auf einem Blog, der von einem echten Wissenschaftler des Dialektischen Materialismus zur Aufklärung betrieben wird!
Da sind Sie und Ihresgleichen doch besser auf den hunderttausenden von Sites der Faschisten im allgemeinen (AfD & Co.) und NAZIS (Kirche & Co.) im besonderen aufgehoben.
Und Tschüß!
Gutenmorgen Freunden. Danke fur diese wichtige information.Gestern habe iech eine wortstreid mit eine feind von Stalin und der Communistische partij. er reagierte nicht lange nach meine reaction auf eine youtube video uber Fre Meis eine nicht mehr lebende Hollandische Communist. Lebe Stalin
Dag Henk, .. .manchmal u hoeft te doen sommige idiot: Ik heb geluisterd naar slechts de oppervlakkige bespreking van een Duitse psycho-therapeut en studeerde de bakken recepten van een dame uit het Zwarte Woud. Ik kan me voorstellen dat er veel mensen niet alleen in Duitsland, hebben geen grotere problemen, te beslissen wat voor soort taart eet u vandaag en wat ze wil seminar deelnemers ochtend verduidelijken hun. De zorgen van werkende mensen zijn vreemd aan hen. Maar ze geven advies over hoe beter „kan krijgen zijn leven onder controle“ over de hele wereld. Het is een ander soort domheid dan een fascist. Praten -, dit is hetzelfde als wanneer men probeert uit te leggen de kleuren een blinde man.
Danke fur die beantwortung Saha
Hat dies auf Muss MANN wissen rebloggt.
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