Lenin!

Maxim Gorki: »Lenin …schlicht wie die Wahrheit«

Sein Bild wiederzugeben ist schwer. Lenin ist äußerlich ganz in Worten, wie der Fisch in Schuppen. Er war schlicht und gerade, wie alles, was er sagte.

Lenin1…Mich entzückte der in ihm so ausge­sprochen verkörperte Wille zum Leben und sein tätiger Haß gegen die Abscheulichkeiten des Daseins. Ich freute mich am jugendlichen Wagemut, mit dem er alles erfüllte, was er tat, und ich bewunderte seine übermenschliche Arbeitskraft. Seine Bewegungen waren leicht, gewandt, und die sparsamen, aber starken Gesten harmonierten durchaus mit seiner Rede­weise, die gleichfalls mit Worten kargte, aber überreich war an Gedanken. Und in seinem etwas mongolisch geschnittenen Gesicht glüh­ten und funkelten die scharfen Augen eines unermüdlichen Kämpfers gegen Lüge und Elend des Daseins, zugekniffen, zwinkernd, ironisch lächelnd oder zornig blitzend. Der Glanz dieser Augen machte seine Rede noch zündender und klarer. Manchmal schien es, als sprühe die un­bändige Energie seines Geistes wie Funken aus diesen Augen, als leuchteten seine Worte in der Luft, geladen mit dieser Energie. Seine Worte erzeugten stets das physische Empfinden unumstößlicher Wahrheit.

klare Worte

Ungewöhnlich und seltsam war es, Lenin im Park von Gorki spazierengehen zu sehen – so fest war mit seiner Gestalt die Vorstellung verbunden, daß er am Ende eines langen Tisches sitzt und lächelnd, mit den scharfen, blitzenden Augen eines Steuermannes, ge­schickt die Debatten der Genossen leitet, oder von hohem Podium mit zurückgeworfenem Kopf treffende, klare Worte in die lautlos aufhor­chende Menge wirft, in die gierigen Augen wahrheitshungriger Menschen. Seine Worte erinnerten mich immer an den kalten Glanz von Eisenspänen, auf wunderbar einfache Weise erstand aus diesen Worten die kunstvoll geformte Gestalt der Wahrheit.

Hingebung

Wagemut war seiner Natur eigen, aber das war nicht die eigennützige Waghalsigkeit eines Glücksspielers. Lenins Wagemut bekundete die außergewöhnliche Geistesfrische, die nur ein Mensch besitzt, der unerschütterlich an seine Berufung glaubt, der sich allseitig und tief mit der Zeit verbunden fühlt und seine im Chaos der Welt ihm zugefallene Rolle – die Rolle eines Bekämpfers eben dieses Chaos – ­voll und ganz begriffen hat. Er konnte mit glei­cher Hingebung Schach spielen, eine »Ge­schichte der Kostüme« betrachten, stundenlang mit einem Genossen disputieren, angeln, auf den von der südlichen Sonne erhitzten Stein­pfaden Capris wandern, sich über goldgelben Ginster und schmierige Fischerkinder freu­en …

das Komische

Er liebte das Komische und konnte mit dem ganzen Körper lachen, er verging förmlich vor Lachen, lachte manchmal bis zu Tränen. Seinen kurzen, charakteristischen »Hm, hm« verstand er eine unendliche Skala von Klangfarben zu verleihen – von beißender Ironie bis zu vor­sichtigem Zweifel –, und oft lag in diesem »Hm, hm« eine scharfer Humor, wie er nur einem sehr scharfblickenden Menschen eigen sein kann, der die teuflischen Absurditäten des Lebens gut kennt.

ein prächtiger Mensch

Untersetzt, stämmig, mit einem Sokrates­schädel und allsehenden Augen, nahm er manchmal eine seltsame, ein wenig komische Körperhaltung an: er warf den Kopf zurück, neigte ihn zur Schulter und schob die Finger in die Achselhöhlen, unter die Weste. In dieser Pose lag etwas wunderbar Liebes und Komi­sches, etwas von einem, siegesstolzen Hahn, und in solchen Augenblicken strahlte der ganze Mensch vor Freude, ein großes Kind dieser verfluchten Welt, ein prächtiger Mensch, der sich der Feindschaft und dem Haß zum Opfer bringen mußte, um das Werk der Liebe zu verwirklichen!

der Mechanismus

…Einmal schlug ich ihm vor, in die Haupt­verwaltung der Artillerie zu fahren, um einen von einem Bolschewisten, einem früheren Artilleristen, erfundenen Apparat zur Flieger­abwehr anzusehen:
»Was verstehe ich davon?« fragte er, kam aber doch mit. In einem düsteren Zimmer hat­ten sich um den Tisch, auf dem der Apparat stand, etwa sieben bärbeißige Generale ver­sammelt, lauter grauhaarige, schnauzbärtige, gelehrte alte Herren. Unter ihnen verlor sich beinah der bescheidene Zivilist Lenin und wurde kaum bemerkt. Der Erfinder erläuterte die Kon­struktion seines Apparates. Lenin hörte ein paar Minuten zu, dann sagte er beifällig:
»Hm, hm!« und begann, dem Erfinder so ungezwungen Fragen zu stellen, als examinierte er ihn über Politik.
»Wie haben Sie es eigentlich erreicht, daß der Mechanismus gleichzeitig zweierlei Arbeit verrichtet, die den Zielpunkt feststellt? Kann man nicht die Einstellung der Geschützläufe automatisch mit den Angaben des Mechanis­mus verbinden?«

wer war das?

Er fragte nach dem Umfang der Streuungs­fläche und stellte noch andere Fragen; der Erfinder und die Generale gaben ihm lebhaft Auskunft, und am nächsten Tage erzählte mir der Erfinder:
»Ich hatte meinen Generalen gesagt, Sie würden mit einem Genossen kommen, hatte aber verschwiegen, wer der Genosse sein würde. Sie haben lljitsch nicht erkannt, hätten sich wahrscheinlich auch nicht vorstellen kön­nen, daß er ohne Lärm, Pomp und Leibwache erscheinen würde. Sie fragten mich: >War das ein Techniker? Ein Professor? – Lenin?‹ Sie waren aufs höchste verwundert. >Was? Kaum möglich! Und, erlauben Sie, woher kennt der denn unsere Weisheiten? Er hat Fragen gestellt wie einer, der technische Kenntnisse besitzt. Das ist eine Täuschung!‹ Ich denke mir, sie haben schließlich doch nicht geglaubt, daß es Lenin gewesen ist, der bei ihnen war.«

die Erfinder

Aber auf dem Heimwege von der Hauptver­waltung lachte Lenin erregt und sagte vom Erfinder:
»Wie man sich doch bei der Beurteilung eines Menschen irren kann! Ich wußte, daß er ein alter, ehrlicher Genosse ist, hielt ihn aber für einen von denen, die keine Sterne vom Himmel holen. Nun zeigt es sich, daß er gerade dazu taugt! Tüchtiger Kerl! Nein, wie die Generale mich anfauchten, als ich Zweifel am praktischen Wert des Apparates äußerte! Das habe ich absichtlich getan, – ich wollte wissen, was sie von dieser geistreichen Er­findung halten.«
Er lachte laut, dann fragte er:
»Sagen Sie, hat er noch eine andere Er­findung gemacht? Was ist das? – Er darf sich mit nichts anderem beschäftigen. Ach, wenn wir doch allen unseren Technikern ideale Arbeitsbedingungen schaffen könnten! In fünf­undzwanzig Jahren wäre Rußland führend in der Welt!«

Lenin ist tot…

… Wladimir Lenin, ein großer, echter Mensch dieser Welt, ist tot! Sein Tod hat die Herzen aller derer schmerzlich getroffen, die ihn gekannt haben – sehr schmerzlich!
Aber der schwarze Strich des Todes wird in den Augen der ganzen Welt Lenins Bedeu­tung nur noch schärfer unterstreichen – seine Bedeutung als Führer des arbeitenden Volkes der Welt. Und wenn die Wolke von Haß, die Wolke von Lüge und Verleumdung, die seinen Namen umgibt, noch dichter wäre – gleichviel: keine Gewalt der Erde kann die Fackel verdunkeln, die Lenin inmitten der dumpfen Finsternis einer irrsinnig – gewordenen Welt erhoben hat.

Und es hat noch keinen Menschen gegeben, der so wie dieser in der Welt ein ewiges Ge­denken verdient hätte.
Wladimir Lenin ist tot. Die Erben seines Geistes und seines Willens leben. Sie leben und arbeiten mit einem solchen Erfolg, wie noch niemand in der ganzen Welt jemals ge­arbeitet hat.

Aus: Urania-Universum, Bd.26, 1980, S.84-97.

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7 Antworten zu Lenin!

  1. Jonas schreibt:

    hallo

  2. Eleonore Kraus schreibt:

    Moin und vielen Dank für die tollen Artikel !

  3. Pingback: Zu Ehren des großen Wladimir Iljitsch LENIN. 150. Geburtstag! В честь великому Ленину! …наша Даря. | Sascha's Welt

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