KANN MAN GRENZEN IGNORIEREN?

So ist das alsoAnfang September 1976 wurde vom DKP-Bezirksvorstand Bremen/Niedersachsen-Nordwest ein kleines Heftchen gedruckt, das zahlreiche Fakten und Argumente zu den Grenzprovokationen der westdeutschen BRD gegenüber der souveränen Deutschen Demokratischen Republik enthielt.

Was tut ein normaler Mensch, soweit er nichts auf dem Kerb­holz hat, wenn ihn ein Polizist oder ein Grenzschutzbeamter auffordert stehenzubleiben? Er bleibt natürlich stehen. Denn er weiß ja, daß ihm ein Nichtbefolgen dieser Aufforderung un­ter Umständen übel bekommen kann. Das ist so üblich. Überall. In jeder Stadt, in jedem Dorf, erst recht an jeder Grenze. Deshalb gibt es Gesetze und Bestimmungen. Das, ist klar. Je­dem einzelnen, jeder Zeitung oder Rundfunkstation wenn es sich um die Grenze zu Belgien handelt, oder zur Schweiz, oder Frankreich. Oder um die Grenze zwischen den USA und Mexiko.

Aber alles wird plötzlich anders, wenn es um die Grenze zur DDR geht. Dann versagt alle Logik. Dann wird in Entrüstung gemacht. Da wird die Grenze zur DDR als etwas „Unnatürliches“, im negativen Sinne „Einmaliges“ dargestellt. Man erfindet für Grenzsicherungsanlagen besonders abstoßende Bezeichnun­gen wie „Todesmaschinen“, „Mordapparate“, „Todesstreifen“ und ähnliches, So etwas gibt es – angeblich – nirgendwo sonst auf der Welt. Schon gar nicht im „freiheitlichen Westen“. Wirklich nicht?

Die USA-Grenze zu Mexiko

Nehmen wir einmal das „freiheitlichste“ aller „freiheitlichen“ Länder und sehen wir uns dessen Grenze an:

„Elektronischer Sperrgürtel an Grenze USA-Mexiko wächst. Die USA haben im zu Ende gehenden Jahr ihren elektronischen Sperrgürtel entlang der rund 3.200 km langen Grenze zu Mexiko weiter ausgebaut. Für die Arbeiten, die 1970 begannen, stan­den nach einem AFP-Bericht im vergangenen Haushaltsjahr 1,5 Millionen Dollar zur Verfügung. Die Grenzsicherung besteht aus Stacheldrahtverhauen, Stolper­drähten, Landminen, druckempfindlichen Kabeln und weitreichen­den, auf Körperwärme reagierenden Infrarotgeräten. Sie sind in der Lage, Bewegungen am Boden sowie deren Art und Stärke zu signalisieren. Die Beobachtungen werden drahtlos übermittelt. Ober die Wirksamkeit der Anlage berichtet die ,New York Times‘, daß allein im Jahre 1972 nach offiziellen Angaben 128.889 Personen festgenommen worden seien. USA-Posten haben mehrfach das Feuer auf Grenzverletzer eröffnet.Die Errichtung des Sperrgürtels war von Washington offiziell mit der Notwendigkeit begründet worden, den i11egalen Grenzübertritt vor allem aus Mexiko in die USA zu unterbinden.“
(ALLGEMEINER DEUTSCHER NACHRICHTENDIENST , 29.12.1974)

Der Schießbefehl – oder: Ist Meyers ein Mörder?

Am 22.Mai 1966 hatte Sebastian Haffner im „Stern“ die provozierende Frage aufgeworfen: „Ist Meyers ein Mörder?“ Er erinnerte an die Verschärfung der Schießbestimmungen für Poli­zeistreifen auf den Autobahnen durch den damaligen Innenmini­ster von Nordrhein-Westfalen, Meyers. Haffner schrieb:

„In jedem Staat wird auf Leute, die dabei gefaßt werden, daß sie illegal über die Grenze gehen wollen und die auf Anruf nicht stehenbleiben, scharf geschossen. Ein ,Schießbefehl‘ in diesem Sinne ist eine Selbstverständlichkeit in jedem Lande, auch in der Bundesrepublik.“
(DER STERN , 22.5.1966)

Hier nur einige Beweise, die die Richtigkeit der Feststellung von Haffner bestätigen.

„Italienische Grenzpatrouillen eröffneten am Wochenende zwei­mal das Feuer auf Unbekannte, die in der Nähe des Reschenpasses illegal von Österreich nach Südtirol zu gelangen suchten.“
(SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, 18.7.1966)
„Das Opfer eines tödlichen Irrtums italienischer Soldaten ist der 18-jährige Bauer Peter Wieland aus Olang in Südtirol gewor­den. Eine Grenzstreife hatte … in der Nähe einer Militäreinrich­tung … eine verdächtige Gestalt gesehen, und ein Soldat hatte, als der Verdächtige auf Anruf nicht stehengeblieben war, das Feuer eröffnet.“
(WESER-KURIER ,27.9.1966)
„Ein … in Ritterhude gestohlenes Auto wurde an der deutsch-fran­zösischen Grenze beschossen, als Fahrer und Beifahrer mit dem Wagen vor einer deutschen Zollstreife flüchteten.“
(WESER-KURIER , 14.11.1966)
„An der deutsch-österreichischen Grenze am Obergang Scheffau bei Lindau am Bodensee hat sich … der Fahrer eines Personen­wagens mit Waffengewalt der Kontrolle entzogen und ist in Richtung Allgäu davongerast … Als ein bayrischer Zollbeamter auf den Wagen zuging, wurde er plötzlich beschossen. Während sich der Beamte zu Boden warf und zurückschoß, gab der Fahrer Vollgas.“
(BREMER NACHRICHTEN , 8.12.1975)

Erschossen vom Zoll in der BRD…

Im Juni 1964 wurde ein Zollbeamter freigesprochen, der am 22. Februar 1964 bei Aachen einen Kleinschmuggler erschossen hat­te, der Waren im Wert von 5,60 Mark zu schmuggeln versucht hatte. Er hatte 20 Eier, 100 Gramm Tee und anderthalb Pfund Kaffee bei sich gehabt. Die Behauptung des Zollbeamten, er habe geglaubt,

„keinen Kleinschmuggler vor sich zu haben, sondern einen Mann, der etwas Schweres auf dem Kerbholz hat, ist nicht mit Sicherheit zu widerlegen“
(BREMER NACHRICHTEN, 5.6.1964),

hieß es in der Begründung des Freispruchs. Eine Rolle spielten dabei die Zollschießbestimmungen aus dem Jahre 1961, in denen es heißt:

„Die Beamten können von der Schußwaffe Gebrauch machen gegen Personen, die sich der Weisung, zu halten oder der Oberprü­fung etwa mitgeführter Gegenstände durch die Flucht zu entziehen suchen.“
(BREMER NACHRICHTEN , 27.2.1964)

Verhältnisse an Grenzen hängen also eindeutig vom Sicherheits­bedürfnis der betreffenden Staaten, von den politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Staaten ab. Deshalb im folgenden ein paar Erinnerungen.


WARUM KAM ES ZU DIESER GRENZE?
BONNER OSTPOLITIK IM SPIEGEL VON ZITATEN

„Es geht nicht nur um die Ostzone, es geht darum, ganz Europa östlich des eisernen Vorhangs neu zu ordnen.“
(ADENAUER, CDU-Parteitag in Heidelberg, 1.3.1952)
„Unser Ziel ist die Befreiung unserer 18 Millionen Brüder und Schwestern in den Ostgebieten. Bis jetzt hat man immer von der Wiedervereinigung gesprochen, wir sollten aber lieber sagen: Befreiung.“
(ADENAUER, DIE NEUE ZEITUNG, 8.9.1953)
„Wir sind auf dem Wege, die Sowjetzone zurückzuholen, wenn die westliche Welt eine entsprechende Stärke erreicht haben wird.“
(ADENAUER, dpa , 16.11.1954)

Aufruf zur Sabotage

Nötig sei „…politische, psychologische, propagandistische und nicht zuletzt auch organisatorische und subversive Vorbe­reitung seitens des Westens“, um „von der Sabotage der Produk­tion und des Verkehrs“ über eine Streikwelle bis zum vollständi­gen passiven Widerstand, von der Massendesertation und von den Straßendemonstrationen bis zur völligen Auflösung der ,Volksar­mee‘ und bis zum regelrechten Volksaufstand gegen die Sowjet­truppen gehen“ zu können.
(ALFONS DALMA, MÜNCHENER MERKUR, 24.6.1961)
„Dort“ (in der DDR) „muß, so man den kalten Krieg gewinnen will, die Unterwühlungsarbeit mit generalstabsmäßiger Genau­igkeit und reichen Mitteln geleitet werden. Ohne sorgfältige Uriterwühlung ist eine ,Volkserhebung‘ undenkbar, weil sie eine Führungsschicht braucht.“
(ROBERT INGRIM, KÖLNISCHE RUNDSCHAU)

Deutscher Revanchismus des Bundeskanzlers Adenauer

„Die Politik der Bundesregierung bleibt unverändert. … Die Oder-Neiße-Linie ist nicht die Ostgrenze Deutschlands.“
(ADENAUER, WESER-KURIER, 28.3.1962)
„Bundeskanzler Adenauer hat sich … in einem Interview ent­schieden gegen die Herstellung diplomatischer Beziehungen zu Polen ausgesprochen.“
(WESER-KURIER, 20.9.1962)
„Wir leben in einer höchst gefährlichen Periode, und Ruß­land ist dabei am gefährlichsten.“
(ADENAUER, WESER-KURIER, 6.1.1964)

Der II. Weltkrieg ist „noch nicht zu Ende“…

„1945 hat lediglich die deutsche Wehrmacht, nicht aber das deutsche Volk kapituliert.“
(Bundesminister SEEBOHM, DER TAGESSPIEGEL, 1.12.1950)
„Der zweite Weltkrieg ist noch nicht zu Ende.“
(F.J.STRAUSS, BULLETIN der BUNDESREGIERUNG, 26.7.1961)
„Wir leben in einem technischen Zeitalter, in dem die ver­einigte Stärke unserer Bundesgenossen ausreicht, um das Reich der Sowjetunion von der Landkarte streichen zu können.“
(F.J. STRAUSS, NÜRNBERGER NACHRICHTEN, 13.11.1956)

„FORSCHUNG“ GEGEN DEN FRIEDEN

Wer kennt heute noch den „Forschungsbeirat für Fragen der Wie­dervereinigung“? Es handelte sich dabei um ein angeblich unab­hängiges Gremium, in Wirklichkeit jedoch unterstand dieser Bei­rat dem Ministerium „für gesamtdeutsche Fragen“, war also ein Regierungsorgan. Sein Präsident, der CDU-Politiker Gradl, war unter Hitler stellvertretender Leiter der „Fachgruppe Ban­ken“. Und Professor Thalheim, der durch hanebüchene Einschätzungen der DDR-Wirtschaft von sich reden machte, hat während des Hitler-Krieges eifrig für die „Neuordnung Europas“ gewirkt.

DDR-Zusammenbruchs-Phantasien

Dieser Beirat befaßte sich jahrelang damit, den „totalen Zusam­menbruch“ der DDR-Wirtschaft vorauszusagen. Als dieser ausblieb, verkündete der Beirat im Sommer 1964, das Wirtschaftssystem in der DDR habe „seine völlige Unbrauchbarkeit“ bewiesen, es blei­be „ohne Chance“ und ähnlichen Schwachsinn. Wofür der „Forschungsbeirat“ aber in der Hauptsache Steuergelder vergeudete, wurde spätestens in seinem „Tätigkeitsbericht“ im Jahre 1961 deutlich. Er sollte das vorbereiten, was sich die Leu­te um Adenauer unter „wirtschaftlicher Wiedervereinigung“ vor­stellten:

„Der … dritte Tätigkeitsbericht dieses 1951 gegründeten Gremiums enthält eine Fülle konkreter Vorschläge und Empfehlungen, mit deren Hilfe es möglich sein wird, die mitteldeutsche Wirtschaft nach dem ,Tag X‘ auf freiheitliche, marktwirtschaftliche Verhältnisse umzustellen und sie mit der westdeutschen Wirtschaftsform zu einer Einheit zusammenzuführen … Um zu verhindern, daß es während dieser Phase ein ,Zwischen-Chaos‘ in der heutigen Zone gibt, sollen sowohl die volkseigenen Betriebe als auch die landwirtschaftlichen Produktions-genossenschaften nur allmählich in die freie Marktwirtschaft übergeführt werden.“
(BREMER NACHRICHTEN , 7.7.1961)

Die Arbeit des „Forschungsbeirates“ bestand also darin, sich Kopfschmerzen um ungelegte Eier zu machen, ja, um Eier, die auch in Zukunft nie gelegt werden.

Gescheiterte Hoffnungen der alten und neuen Nazis…

Der Bau der „Mauer“, der auch die Tätigkeit des „Forschungs­beirates“ in die Mottenkiste verwies, konnte jedoch noch längere Zeit den Beirat nicht daran hindern, auch weiter­hin seine wahnwitzigen „Einschätzungen“ und „Empfehlungen“ von sich zu geben. Dabei gab es durchaus eine Menge nüchterner Beurteilungen der Politik, die zur „Mauer“ geführt hatte. Hier nur einige Bei­spiele:

„…eine Welt, eine Propagandawelt der Regierung Adenauer ist zusammengebrochen.“ ·
(FRANKFURTER RUNDSCHAU, 19.8.1961)
„Seit dem Paukenschlag vom 13. August ist die Politik der Stärke total zusammengebrochen und manifestiert sich heute als eine Politik der Versäumnisse.“
(HAMBURGER ECHO , 9.9.1961)
„Ebensowenig aber darf jetzt noch verschwiegen werden, daß Springers Tageszeitungen (täglich fünf Millionen Exemplare) und Sonntagszeitungen (wöchentlich zwei Millionen Exemplare) entscheidend mitgeholfen haben, in Berlin das Tor zuzumachen. Es war neben wichtigeren Dingen die Ideologie des Hauses Springer, die in den Morgenstunden des 13.August zusammen­brach, nachdem sie genug Unheil angerichtet hatte … Konnte man glauben, die Welt wurde zweimal in einem Vierteljahrhun­dert für das Selbstbestimmungsrecht der Ostdeutschen in den Krieg ziehen? Unter denen, die das deutsche Selbstbestim­mungsrecht als Keule zu schwingen gedachten, waren etliche, jeder kennt sie, die nicht im mindesten an jene Ziele glaub­ten, die zu verfolgen sie vorgaben.“
(MORITZ PFEIL , DER SPIEGEL , 6.9.1961)
„Eine Wiedervereinigung mit Girlanden und wehenden Fahnen und siegreichem Einzug der Bundeswehr durchs Brandenburger Tor unter klingendem Spiel – eine solche Wiedervereinigung wird es auf absehbare Zeit_ nicht geben.“
(INDUSTRIEKURIER, 2.9.1961)

EINE BESONDERE GRENZE ?

Im Zusammenhang mit den Grenzzwischenfällen im Sommer 1976 behauptete das Bundesinnenministerium, daß – angeblich laut Grundgesetz – jeder Bundesbürger diem Grenze überschreiten könne, wo er wolle.

Brandt zollt Kriminellen seinen „Respekt“

In jenen Jahren, als das offiziell geförderte „Fluchthelfer“-Geschäft blühte, wurden an de Grenze Westberlins zur DDR mehrmals unterirdische Tunnel auf das Gebiet der DDR vorgetrieben, ohne Rücksicht auf die gefährdung der Bevölkerung. So wurde im Februar 1962 ein solcher Tunnel unter einem S-Bahnhof geraben, woraufhin ein Bahnsteig einsackte, also das Leben von hunderten Berliner bedroht wurde. Der Senat von WEestberlin unter Führung von Willy Brandt ging nicht gegen die kriminellen Tunnelbauer vor, im Gegenteil, er war de Lobes voll. In einer Erklärung hieß es:

„Die Berliner haben mit viel Respekt zur Kenntnis genommen, daß Bürger ihrer Stadt unter schwierigsten Umständen Versuche unternehmen, ihren Mitbürgern in Ostberlin und in der Sowjetzone zu helfen, sich den Weg in die Freiheit zu bahnen.“ Und weiter: „Bei solchen Versuchen sind bestehende Gesetze nicht verletzt worden. Die von den Kommunisten errichtete Mauer stellt keine Staatsgrenze dar.“
(BREMER NACHRICHTEN, 2.2.1962)

Und der damalige Innensenator Albertz bekräftigte einen Monat später:

„Ich kann nur wiederholen, daß wir allen denjenigen gegenüber, die sich diesen Menschen unter Gefahr für Leib und Leben zur Verfügung stellen, unseren Respekt bezeugen.“
(BREMER NACHRICHTEN., 29.3.1962)

Auch anderthalb Jahre später, im Herbst 1963, war Willy Brandts Senat nicht etwa anderer Meinung In einer Erklärung verkündete er:

„Eine Tätigkeit, durch die bedrängten Mitbürgern im Ostteil unserer Stadt Hilfe geleistet wird, ist ehrenwert und verdienst unsere Achtung.“
(BREMER NACHRICHTEN, 21.8.1963)

SPRENGSTOFFANSCHLÄGE – EIN KAVALIERSDELIKT ?

Eine Grenze, die „keine Grenze“ ist, die man nicht zu respektieren braucht, eine solche Grenze darf man natürlich auch attackieren, auch mit Sprengstoffanschlägen. Allenfalls kann das doch nur ein Kavaliers-Delikt sein.

„Ein Sprengstoffanschlag gegen die Mauer … der bisher schwerste, hat zwar Ulbrichts Sperrwall geringfügig beschädigt, gleichzei­tig aber in den umliegenden Westberliner Häusern 1.500 Fenster­scheiben zertrümmert.“
(WESER-KURIER, 29.12.1962)
„Im Ostsektor von Berlin sind 24 Stunden vor Jahresschluß mehrere Sprengstoffanschläge verübt worden.“
(WESER-KURIER, 2.1.1963)
„Ein schwerer Sprengstoffanschlag zerstörte … das sowjetische Reisebüro ,Intourist‘ … in unmittelbarer Nähe des Kurfürsten­damms … In dem sechsstöckigen Mietshaus zersprangen die mei­sten Fensterscheiben bis zum dritten Stock hinauf. Nach Mit­teilung der Westberliner Polizei sind bei dem Anschlag etwa fünf Kilogramm Sprengstoff zur Detonation gebracht worden.“
(WESER-KURIER , 7.3.1963)
„Der … Westberliner Jurastudent Bischoff, der vermutlich an Attentaten auf die kommunistische Mauer beteiligt war, hat sich … beim Hantieren mit Explosivstoffen selbst in die Luft gesprengt. Drei weitere Personen, Bewohner der darüber­liegenden Wohnung und eine Straßenpassantin, erlitten zum Teil erhebliche Verletzungen.“
(BREMER NACHRICHTEN , 12.3.1963)
„Wegen Spielereien mit Sprengstoff an der Berliner Mauer wurde ein 22-jähriger Westberliner … zu drei Wochen Dauer­arrest verurteilt. Das Gericht stellte fest, daß der Buch­druckereiarbeiter Dieter Beilig im Frühjahr 1962 Spreng­pulver hergestellt und damit siebenmal Detonationen an der Mauer ausgelöst hatte.“
(BREMER NACHRICHTEN , 10.4.1964)

„ZURÜCKSCHIESSEN“ – WIE UNTER HITLER ?

Wenn heute CDU-Politiker und auch andere fordern, man solle, wie sie es nennen, „zurückschießen“, dann sind sie in der gleichen demagogischen Position, wie seinerzeit ein gewisser Hitler, der am 1. September 1939 seinen Überfall auf Polen damit „rechtfertigte“, daß „seit 5 Uhr 45 zurückgeschossen“ würde. Sie verlangen damit etwas, was sie und ihresgleichen auch schon vor Jahren verlangt haben und was auch praktiziert wurde!

„Westberliner schießen zurück – Ein Volkspolizist getötet – In einem Feuergefecht mit Volkspolizisten haben Westberliner Polizeibeamte … einen Grenzpolizisten der Sowjetzone getötet und einen weiteren schwer verletzt, als sie Feuerschutz für einen 15-jährigen Schüler gaben.“
(BREMER NACHRICHTEN , 24.5.1962)
„Die bisherigen einschränkenden Waffengebrauchsbestimmungen haben sich nach Ansicht der Polizeireferenten des Innensenators an der Sektorengrenze nicht bewährt … Die Polizei sei … dazu da, so argumentieren die Westberliner Polizeireferenten, Verbrechen zu verhindern, selbst wenn diese sich jenseits der Grenze abspielten … Die Westberliner Polizei habe infolgedessen das Recht, auch jenseits der Sektorengrenze zu intervenieren, nämlich zu scnießen.“
(WESER-KURIER, 26.6.1967)

Am 18. Juni 1962 wurde der DDR-Grenzsoldat Reinhold Huhn ermordet. Als „Held“ gefeiert wurde im Westen der „Fluchthel­fer“ Rudolf Müller. Die amtliche Version: Die Volkspolizei habe ihren eigenen Mann erschossen. Den wirklichen Vorgang schilderte der SPIEGEL so:

„Nachdem Müller mit seiner Familie der Röhre entwichen, im sicheren Port des Springer-Hauses gelandet und von ,Bild‘-­Burnitz mit einigen Glas Whisky willkommen geheißen worden war, antwortete er auf die Fangfrage einiger Westberliner Journalisten, wie oft er habe abdrücken müssen, bis Huhn am Boden lag: ,Einmal. Der Mann fiel sofort um.‘ In der dem Bur­nitz-Raum benachbarten ,Bild‘-Feuilletonredaktion wurde Mül­ler wenig später polizeilich einvernommen. Dennoch meldete ,Bild‘ anderntags in Acht-Cicero-Lettern: ,Vopo von Vopos erschossen‘.“
(DER SPIEGEL , Nr. 27, 1962)
Ein halbes Jahr später segnete auch der Generalstaatsanwalt diese Version ab und stellte das Ermittlungsverfahren gegen Müller ein.
(BREMER NACHRI()HTEN, 28.12.1962 )

Und auch das gab es schon:

„Fliehender Zonen-Grenzpolizist erschoß seinen Kameraden“ –
„Der 18-jährige … benutzte die Gelegenheit, seinem ahnungslosen Begleiter von hinten eine Geschoßgarbe aus der Maschinenpistole in den Rücken zu feuern. Als Motiv für seine Flucht gab er an, daß ihm der Dienst bei seiner Einheit zu langweilig und das Essen zu schlecht gewesen sei.“
(WESER-KURIER, 25.5.1962 )

Dieser Mörder aus dem Jahre 1962 ist ebensowenig ausgelie­fert worden wie der Doppelmörder Weinhold aus dem Jahre 1975.

Ein halbes Jahr später segnete auch der Generalstaatsanwalt diese Version ab und stellte das Ermittlungsverfahren gegen Müller ein.
(BREMER NACHRICHTEN, 28.12.1962 )

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AUS DEN 10 PRINZIPIEN VON HELSINKI

Als entscheidende Voraussetzung für Sicherheit und Zusammen­arbeit in Europa betrachteten die Teilnehmer der Konferenz von Helsinki verbindliche Prinzipien, die die Beziehungen zwischen den Staaten regeln. Dazu gehören:

„Die Teilnehmerstaaten werden gegenseitig ihre souveräne Gleichheit und Individualität achten und das Recht jeden Staates auf rechtliche Gleichheit, auf territoriale Integri­tät sowie auf Freiheit ·und politische Unabhängigkeit respektieren.“

„Die Teilnehmerstaaten betrachten gegenseitig alle ihre Gren­zen sowie die Grenzen aller Staaten in Europa als unver­letzlich und werden deshalb jetzt und in der Zukunft keinen Anschlag auf diese Grenzen verüben.“

Quelle:
DKP-Bezirksvorstand Bremen/Niedersachsen-Nordwest (Hrsg.): Grenzprovokationen. So  ist das. Tatsachen und Argumente. September 1976. (Auszugsweise zitiert, Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)


Siehe auch:
Berlin: Der 13. August 1961
„Ich habe den Vopo erschossen…“
Walter Ulbricht: Niemand hat die Absicht eine Mauer zu bauen…
Der Feind ist zynisch und schlau


Die DDR-Staatsgrenze. Ein Dokumentarfilm aus dem Filmstudio der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR:

Dieser Beitrag wurde unter Geschichte, Meine Heimat DDR, Verbrechen des Kapitalismus, Wider den Antikommunismus! veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

11 Antworten zu KANN MAN GRENZEN IGNORIEREN?

  1. grfinx schreibt:

    Danke, lieber Sascha, für die Zusammenstellung dieser Fakten. Das kann man klarer und unmissverständlicher nicht argumentieren.

  2. Eleonore Kraus schreibt:

    Wir haben eine zumindest teilweise gute, politische Arbeit in der DKP zustande gebracht, trotz der ständigen Störfeuer von Innen und Außen.
    So schließe ich mich dem Dank sehr gerne an und bin letztendlich mit der DKP ausgesöhnt, jedoch bleibt die Kritik, dass sie die Revisionisten bis zum heutigen Tage nicht rausgeschmissen hat und dadurch ihren unbestrittenen Verdienst für die Gesellschaft bis 1989 mit dem zick zack Kurs bestehen, was ich sehr bedauere.

    Der „Krefelder Appell“ und die kraftvolle gesellschaftliche Bewegung gegen Aufrüstung und Krieg wäre ohne die DKP niemals in dieser Qualität zustande gekommen und viele alte Kommunisten hatten dort teilweise eine politische Heimat gefunden, andere nicht, weil sie erkannt haben, dass es eine „Mogelpackung,“ ist, denn keiner von denen, an die ich denke wären von der „Diktatur des Proletariats,“ nicht einen Zentimeter abgewichen. Von Heinemann und Co mal ganz zu schweigen, die letztendlich gesagt haben, was drin ist und was nicht.

    Viele Genossen haben mit den, aus meiner Sicht verräterischem Zugeständnissen leben können und haben so mit dafür gesorgt, dass sich eine Art Pudding Politik entwickeln konnte, die mit dem, wofür die Frauen und Männer in den Lagern, Zuchthäusern, Gefängnissen und in der Illegalität gekämpft haben es wahrlich nur eine Konsequenz hätte geben müssen, den fortwährenden, politischen Kampf, dass das Verbot der KPD von 1956 aufgehoben werden muss, ansonsten wird man dem Erbe all derer nicht gerecht, die im Strudel der Geschichte vergessen werden sollen und es bleibt eine nicht heilende Wunde in unserer Geschichte.

    Nichts desto trotz stimme ich dem, was hier geschrieben steht in vollem Maße zu, mit der Hoffnung, dass sich die Partei unabhängig von diesen kleinbürgerlichen Geistern macht und endlich erwachsen wird, in der Erkenntnis: „Ohne revolutionäre Theorie, keine revolutionäre Bewegung.“

  3. Hoffmann schreibt:

    Im Andenken an die ermordeten DDR-Grenzer

    Den Volkspolizei-Wachtmeistern und Grenzsoldaten wurde vom Westen aus, meist feige in den Rücken geschossen. Bei den getöteten Grenzern war der Tatort 16 mal die Grenze zur BRD und 8 mal die Grenze zu Westberlin.

    • sascha313 schreibt:

      Danke für Video und Ergänzungen!

    • prkreuznach schreibt:

      Schade, nun ist das Video gelöscht. Auch die Schulungsfilme für die Grenztruppen, die man früher auf You Tube sehen konnte, sind nun gelöscht. Wegen diesem dämlichen Urheberrecht. Wer ist denn nun der Erbe, welcher das Urheberrecht inne hat? https://dietrommlerarchiv.wordpress.com/2015/12/01/schulungsfilme-fur-die-grenztruppen-der-ddr/
      Ich habe im TROMMLER einige Schulungsfilme zusammengestellt. Alle weg. Hier noch ein Gastbeitrag von einem Freund, der an der Grenze diente.https://dietrommlerarchiv.wordpress.com/2015/12/29/zu-den-schulungsfilmengrenze/

      • sascha313 schreibt:

        Man kann davon ausgehen, daß die Löschung politischer Videos bei youtube fast immer aus den Gründen einer internen Medien-Zensur erfolgt, die sich nach den geschichtsfälschenden Prinzipien einer USA-diktierten Mediendoktrin richtet. (Man sollte sich solche wertvollen Zeitdokumente sofort herunterladen!)

        Urheberrechtsgründe und Löschung des Nutzeraccounts sind meist nur vorgeschobene Erklärungen. Das Urheberrechtsgesetz wurde eigens dazu erfunden, um eine „rechtliche Handhabe“ vorweisen zu können. Möglicherweise werden bei youtube bestimmte Nutzer, die „gefährliche“ Wahrheiten verbreiten, sowieso gelöscht. Und wer ist der „Erbe“? WIR, die DDR-Bürger. Die Archive und das gesamte Volkseigentum der DDR wurde enteignet – deutlicher gesagt: Das Volkseigentum der DDR wurde geraubt und gestohlen!

        Eine große Lüge der USA-Medien ist ja die Lüge von der „heldenhaften Befreiung“ Europas durch die USA 1945. Wohl wissend, daß der Sieg über den Faschismus fast ausschließlich durch die Sowjetunion errungen wurde, die die größten Opfer im 2. WK brachte, wobei die USA mehrere Jahre (!) eine zweite Front verhindert haben.

  4. Weber Johann schreibt:

    Sascha, vielen Dank, dass Du dieses Thema aufgegriffen hast. Ich will diese Liste mit den Morden, die an der BRD-Grenze zu Holland und Belgien in den 1950-jahren vorkamen, ergänzen. Im sogenannten „Aachener Kaffeekrieg“ wurden 50 bis 200 Menschen, darunter Kinder und Frauen von Grenzpolizisten umgebracht. Über 800 Schwerverletzte waren zu beklagen.
    Spiegel 13.07.1950:
    „Schießen die Zöllner, dann beklagt CDU-Landtagsabgeordneter Leo Schwering, der den Grenzkreis Schleiden-Monschau vertritt, in Aachens „Volkszeitung“ die 28 tödlichen Schüsse, die an der Westgrenze Deutschlands seit der Wiedereinsetzung des Zollgrenzdienstes im Kampf zwischen Zöllnern und Schmugglern abgegeben wurden:
    „… Trotzdem sind die Schießbestimmungen absolut reformbedürftig. In Ziffer 7a heißt es, die Schußwaffe dürfe nur gebraucht werden, um kampfunfähig zu machen, aber nicht um zu töten, und der körperliche Schaden solle so gering wie möglich sein. Auf Kinder und Jugendliche darf überhaupt nicht geschossen werden. Und dennoch auch unter ihnen vier Todesfälle!
    „Hier ist eine Humanisierung dringend erforderlich. Der Gebrauch der Waffe muß einer Revision unterzogen werden … Wenn das Bonner Grundgesetz die Todesstrafe abgeschafft hat, ist es unsinnig, eine Waffengebrauchsbestimmung weiter beizubehalten, die die Gefahr zum Töten so gefährlich nahebringt …““

    Berliner Zeitung, Di. 14. März 1950
    „Schmuggel unter Panzerschutz
     Aachen (AP/Eig. Ber.). Ein Schaden von über 2 Milliarden Mark ist Westdeutschland bisher durch den Schmuggel an der deutsch- belgischen und hollandischen Grenze entstanden, schätzt die Polizei in Aachen. In schweren Feuergefechten zwischen deutschem Grenzschutz und Schmugglern wurden an der Westgrenze seit 1947 rund 120 Personen getötet oder schwer verletzt. […]“

    Die Adenauerregierung verteidigte diese Morde in mehreren Bundestagssitzungen. Hier ein Beispiel:
    Deutscher Bundestag — 271. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Juni 1953:
    „Dr. Mende (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir scheint, daß man mit Zurufen wie „Kopfjäger“ oder mit einem Satz, den der sehr verehrte Kollege Jacobs gebraucht hat, von der „Mißachtung des zivilen Wesens durch die Uniform“, die er bereits wieder beobachten könne, das Problem bei weitem überspitzt. (Sehr gut! in der Mitte.) Was auch ich beklage, Herr Kollege Jacobs, ist jener geschilderte Fall. Aber ich kann mir nach den beiden Darstellungen noch kein abschließendes Urteil bilden. […] Ich habe das Gefühl, daß diese Vorkommnisse, wie so oft, auf den Schultern des kleinen Mannes ausgetragen werden. (Erneute Zustimmung in der Mitte und bei der SPD.) Wir machen Gesetze und Verordnungen und wollen die Unversehrtheit des Bundesgebietes und seiner Wirtschaft sicherstellen. Wenn dann in Verfolg und in Ausführung jener Gesetze und Verordnungen derartige Zwischenfälle passieren, ist es allerdings richtig, nach den Ursachen zu forschen. Es ist aber falsch, immer nur den Grenz- und den Zollbeamten als den Schuldigen hinstellen zu wollen, nach dem alten Motto: Nur der kleine Mann ist schuld und den Letzten beißen die Hunde. (Zustimmung.) Vielleicht sind die Richtlinien für den Waffengebrauch und für die Abwehr lückenhaft, wie das ja aus der Ausschußdrucksache Nr. 3914 hervorgeht. Ich möchte jedoch nicht, daß man die Schuld auf jene Tausende von Zollbeamten abwälzt, die für uns alle in mühseliger Tag- und Nachtarbeit auf sehr gefährlichem Posten stehen. Ich meine, wenn man sich der Gefahr entziehen will, dann soll man nicht schmuggeln. […] Ich wiederhole, wer Zwischenfällen entgehen will, soll den Schmuggel gefälligst meiden. (Sehr richtig in der Mitte.) […] Wir wissen außerdem, daß die Agenten und Infiltranten nicht so dumm sind, ausgerechnet über die Zonengrenze zu uns zu kommen. Sie wählen den viel bequemeren Weg über Frankreich, über Holland oder über Belgien und gehen hier durch die offene Tür im Aachener Raum. (Abg. Niebergall: Sie benutzen amerikanische Flugzeuge!) […] Sie(Anmerkung: Grenzpolizisten) sollen nicht Prügelknaben, vielleicht sogar des Parlaments, sein. […]“
    Zum Nachlesen eine Original-Quelle. Protokoll Bundestagssitzung vom12.61953 ab Seite 13421:

    Klicke, um auf 01271.pdf zuzugreifen

    Als letztes hier noch ein unabscheuerlicher Vorfall, beachte, aus dem Jahre 1983 aus Bayern. Hier fand eine regelrechte „Hinrichtung“ eines Kindes statt. Diesen Mord finde ich in dem Jahresbericht 1983 von amnesty international für die BRD nicht.

    „Der 14-jährige Jürgen Bergbauer treibt sich des Nachts vom 19. auf den 20. März beim Gautinger Jugendzentrum herum. Drei Polizeibeamte hören gegen 0.45 Uhr das Klirren einer Scheibe. Sie trennen sich auf der Suche nach dem vermuteten Einbrecher. Um 0.49 Uhr fallen drei Schüsse; Jürgen ist tot. Zunächst demonstrieren Jugendliche am 23. März gegen die Todesschüsse in Gauting.(Süddeutsche Zeitung 69/1983). Am 25. März titelt der Münchner Merkur: „Droht München ein Frühling voller Gewalt?“ Am 26. März demonstrieren vor allem Jugendliche am Sendlinger Tor unter dem Motto „Wer ist der nächste? Stoppt die Todesschüsse der Polizei“. Unter dem Deckmantel der so genannten „Putativnotwehr“ werde der Polizei ein Freibrief für die Vollstreckung der Todesstrafe an Ort und Stelle erteilt und nachträglich von der Justiz legitimiert. Schließlich demonstrieren 1.300 Jugendliche am 6. Juli gegen das milde Urteil gegen den Gautinger „Todesschützen“.“
    http://protest-muenchen.sub-bavaria.de/artikel/756

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