Immer wieder beißen sich bürgerliche Theoretiker und Marx-Interpreten an den Werken von Karl Marx die Zähne aus. Man kann mit Fug und Recht erklären: Sämtliche Neuinterpretationen über den „jungen“ und „alten“ Marx, über das Leben dieses bedeutendsten deutschen Gelehrten und über die Gültigkeit des Marxismus für die Gegenwart sind wertlos und zahnlos. Wer war Karl Marx? Wie arbeitete er? Warum ist seine Lehre heute immer noch von größter Bedeutung? Warum wird versucht, die Lehren von Marx zu verfälschen? Auf diese Fragen gibt der Historiker Heinrich Gemkow [1] eine klare und schlüssige Antwort.
Wenn der Mensch
von den Umständen gebildet wird,
so muß man die Umstände
menschlich bilden.
KARL MARX
Heinrich Gemkow
Karl Marx über die Schulter geschaut.
Keine der fünfzehn Fotografien von Karl Marx, die uns bekannt und überliefert sind, zeigt ihn bei der Arbeit. Das ist natürlich sowohl auf den technischen Entwicklungsstand der Fotografie Mitte des vorigen Jahrhunderts zurückzuführen als auch auf den Zeitgeschmack, der Porträtfotos bevorzugte. Bei uns Heutigen weckt dagegen der Name von Karl Marx sofort Assoziationen an die Kampf- und Arbeitsstätten des Begründers des wissenschaftlichen Kommunismus – seien es Kongresse des Bundes der Kommunisten oder der 1. Internationale, seien es Arbeiterversammlungen während der französischen oder der deutschen Revolution von 1848/49, seien es die Redaktionsstube der »Neuen Rheinischen Zeitung«, der Lesesaal des Britischen Museums oder das Studierzimmer in den verschiedenen Londoner Wohnungen der Familie Marx.
Von der Utopie zur Wissenschaft
Dem sowjetischen Künstler Nikolai Nikolajewitsch Shukow [2] verdanken wir eine Reihe gelungener Grafiken, die Marx »in Aktion« darstellen, darunter mehrere, die ihn bei der wissenschaftlichen Arbeit am Schreibtisch oder im angeregten Gedankenaustausch mit Friedrich Engels zeigen. Wir kennen, mehr oder weniger detailliert, die bahnbrechenden theoretischen Entdeckungen, die Marx gemeinsam mit seinem Freund und Kampfgefährten Engels bei der Entwicklung des Sozialismus aus einer Utopie zur Wissenschaft gemacht hat. Wir haben eine Reihe oder eine große Anzahl seiner Werke und Schriften gelesen. Wir wissen um das jahrzehntelange erfolgreiche Bemühen von Marx, die internationale Arbeiterklasse mit seiner Theorie auszurüsten. Und wir fühlen uns als Bürger der Deutschen Demokratischen Republik mit Recht als Vollstrecker seines Vermächtnisses, indem wir die entwickelte sozialistische Gesellschaft auf deutschem Boden gestalten und vervollkommnen.
Ein Leben lang ein Lernender
Doch was wissen wir über den Arbeitsalltag dieses genialen Wissenschaftlers, über die Methoden seines Schaffens, über die Art seines Forschens, Schreibens und Veröffentlichens? Hierüber haben uns einige seiner Familienangehörigen, Freunde und Mitstreiter wertvolle Erinnerungen hinterlassen. Aber mindestens ebenso aussagekräftig sind in dieser Hinsicht die uns von Marx überkommenen Zehntausende Seiten von Handschriften, Notizen, Gedankenskizzen, Entwürfen, druckreifen Manuskripten und immer wieder Briefe, Briefe, Briefe. Sie erzählen uns, wenn wir uns in sie vertiefen, ungemein Interessantes über die Arbeitsmethoden dieses Denkriesen, lassen uns einen Blick in seine geistige Werkstatt werfen. Karl Marx blieb sein Leben lang ein Lernender.
Berge von Literatur durchgearbeitet
Als der achtzehnjährige Student nach Berlin kam, war er von dem Streben erfüllt, sich eine gesicherte, eine wissenschaftliche Weltanschauung zu erarbeiten. Mit Leidenschaft stürzte er sich ins Studium und wertete in kurzer Zeit wahre Berge von Literatur aus, um sich das Wissen seiner Zeit anzueignen. Dabei entwickelte er schon als Student eine Methode, die er dann sein Leben lang befolgte. Aus allen von ihm gelesenen Büchern – oft auch aus jenen, die er selbst besaß – brachte er längere Auszüge zu Papier und versah sie mit seinen Überlegungen und Kommentaren. Dutzende solcher Notizbücher, engbeschrieben mit Exzerpten und eigenen Bemerkungen, sind erhalten geblieben. Sie werden in der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) gegenwärtig erstmals veröffentlicht. [3] Für Marx bildeten diese Notizbücher ein immer wieder zu Rate gezogenes Hilfsmittel bei seiner theoretischen Arbeit. Sie waren ihm eine Fundgrube an Schätzen der internationalen Wissenschaft, die er sich über Jahrzehnte hinweg angeeignet hatte.
Schon für die vom jungen Marx betriebenen Studien galt: Er übernahm das Gelesene keineswegs unbesehen. Stets war er bemüht, sich selbst einen Standpunkt zu erarbeiten. Auf diese Weise eignete er sich das vorgefundene Wissen gründlich, aber kritisch an.
Kompromißlose Suche nach der Wahrheit
Doch nicht nur zu den Autoren der von ihm studierten Werke verhielt er sich kritisch. Er war es auch sich selbst gegenüber. In einem bekenntnisartigen Brief an seinen Vater vom 10. November 1837 berichtete er, wie er auf der Suche nach einem System der Rechtswissenschaft sich bemühte, Ordnung in die verschiedenen Auffassungen früherer bürgerlicher Philosophen und Juristen zu bringen. Er fertigte eigene Ausarbeitungen darüber an. Als er jedoch bemerkte, daß er auf dem falschen Wege war, daß seine Überlegungen ihm keine befriedigende Antwort auf seine Fragen gaben, trennte er sich rigoros von ihnen und begann die Suche von neuem. Dieser kompromißlose Drang nach Wahrheit, nach einem unanfechtbaren Denkresultat blieb für Marx charakteristisch. Er gab sich weder mit Mittelmaß noch gar mit bequemen Lösungen zufrieden.
Meinungsaustausch und Streitgespräche
Schon der junge, in seinen politischen Ansichten noch radikaldemokratische Marx vergrub sich nicht in den Büchern. Er suchte neben dem Literaturstudium den Meinungsstreit. Als Student schloß er sich einer Gruppe Berliner Akademiker an, dem sogenannten Doktorklub, dessen Mitglieder ebenso wie er nach einer Antwort auf die Lebensfragen ihrer Zeit drängten. In diesem Klub von Junghegelianern wurde heiß gestritten, hier entstanden Aufsätze für die fortschrittliche Presse, hier suchte man gemeinsam nach einem Weg, wie die geistige Vorherrschaft des Feudalismus zu beseitigen war. Auch der reife Marx hielt an dem Grundsatz fest, immer wieder die eigenen Erkenntnisse und Überlegungen im Meinungsaustausch mit Gleichgesinnten oder im Streitgespräch mit Zweifelnden und Andersdenkenden zu erproben, zu überprüfen und zu festigen.
Als Redakteur der »Rheinischen Zeitung«
1842 wurde Marx zum leitenden Redakteur der »Rheinischen Zeitung« berufen, des führenden bürgerlichen Oppositionsblattes im damaligen Deutschland. Wie groß war da die. Versuchung, daß diese Ehre dem 24jährigen zu Kopf steigen könnte! Marx aber blieb bescheiden. Als er sich gegen den Angriff eines reaktionären Blattes, das der »Rheinischen Zeitung« utopisch-kommunistische Auffassungen vorwarf, zu verteidigen hatte, gestand er aufrichtig ein, daß sein Wissen hierüber noch ungenügend sei. Doch beließ er es nicht bei dieser Feststellung. Er zog sofort die Konsequenzen, indem er die einschlägige französische, englische und deutsche Literatur studierte.
Der wissenschaftliche Kommunismus
Wieder suchte er den Gedankenaustausch mit Gesinnungsgefährten in Köln. Erst dann bildete er sich ein sachverständiges Urteil und veröffentlichte es als Resultat seiner Überlegungen. Dieses unentwegte Bemühen um Selbstverständigung, um Klarheit und Wahrheit blieb für Marx‘ Lebensweg typisch – ganz besonders, nachdem er die historische Mission der Arbeiterklasse entdeckt und gemeinsam mit Friedrich Engels begonnen hatte, den wissenschaftlichen Kommunismus weiter auszuarbeiten.
Das »Manifest der Kommunistischen Partei«
Im Jahre 1849 wurde Marx – inzwischen Chefredakteur der während der Revolution berühmt gewordenen »Neuen Rheinischen Zeitung« und Autor mehrerer bedeutender Bücher, darunter (gemeinsam mit Friedrich Engels) des »Manifests der Kommunistischen Partei« – von der preußisch-deutschen Reaktion erneut ins Exil getrieben. Er mußte nach London emigrieren und zog dort Bilanz über die europäische Revolution von 1848/49. Und er kommt zu dem Schluß: Die Arbeiterklasse muß unbedingt organisiert werden. In einer künftigen Revolution braucht das Proletariat eine eigene starke Partei. Die Partei benötigt eine wissenschaftlich fundierte Strategie und Taktik. Voraussetzung dafür ist, die Theorie des proletarischen Befreiungskampfes noch gründlicher und allseitiger auszuarbeiten, als das im »Kommunistischen Manifest« geschehen konnte. Und der 32jährige Marx, der bereits auf wesentliche publizistische Erfolge verweisen kann, zieht ein weiteres Mal radikale Schlußfolgerungen aus seiner Erkenntnis: Er stürzt sich wieder ins Studium.

Die einzige erhalten gebliebene Manuskriptseite des „Manifests der Kommunistischen Partei“. Die beiden oberen Zeilen sind von Jenny Marx geschrieben, alles andere von Karl Marx.
Erneutes intensives Studium
Sein Kampfplatz wird der Lesesaal des Britischen Museums, das damals über die größte und beste Bibliothek der Welt verfügte. Hier sitzt er, wenn ihn nicht Krankheiten in der Familie oder politische Pflichten abhalten, Tag für Tag von 9.00 Uhr morgens bis 19.00 Uhr abends, über Bücher gebeugt. Hier studiert er einen Großteil der rund 1500 Bücher, Broschüren und Denkschriften für sein Hauptwerk, »Das Kapital«. Noch heute wird dem Besucher der British Library Marx‘ einstiger Arbeitsplatz gezeigt.
Marx‘ Beispiel zündet. Seine Schüler und Gesinnungsgenossen, meist auch aus Deutschland vertriebene revolutionäre Arbeiter und Intellektuelle, nutzen wie er jede freie Stunde, die ihnen der harte Broterwerb übrigläßt, zum Studium. Ihre Zahl ist klein, aber es sind Männer darunter wie Wilhelm Liebknecht, die der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung in der Folgezeit noch viel geben werden.
Die Qual des Emigrantenlebens
Karl Marx läßt sie an seinen fortschreitenden Erkenntnissen von den Entwicklungsgesetzen des modernen Kapitalismus teilhaben. Er führt in seiner winzigen Wohnung – trotz aller materiellen Not und aller Qual des Emigrantenlebens – Schulungen durch, in denen er seinen Mitkämpfern das ABC der politischen Ökonomie der Arbeiterklasse vermittelt, sie ausrüstet mit geistigen Waffen für den Klassenkampf. Noch Jahrzehnte später erinnerte sich Wilhelm Liebknecht an Marx‘ unerbittliches Drängen: »Lernen! Lernen! Das war der kategorische Imperativ, den er oft genug uns laut zurief, der aber auch schon in seinem Beispiel, ja in dem bloßen Anblick dieses stets mächtig arbeitenden Geistes lag« (veröffentlicht in: »Mohr und General«, Berlin 1982).
Der Wissenschaftler als Student der Technologie
Wie verantwortungsbewußt Marx bei seiner wissenschaftlichen Arbeit vorging, zeigt auch eine Episode aus der Entstehungszeit des »Kapitals«. Als er bei der Niederschrift zu dem Abschnitt über die Produktion des relativen Mehrwerts, über Maschinerie und Teilung der Arbeit gekommen war, stellte er fest, daß ihm der Zusammenhang zwischen den gesellschaftlichen Verhältnissen und der Entwicklung der materiellen Produktion noch nicht bis zum letzten klar war. Was tat er? Er belegte im Londoner Institut für Geologie einen Experimentalkurs über Technologie. Wochenlang vertiefte er unter fachmännischer Anleitung seine Kenntnisse auf technologischem Gebiet. Dann erst verfaßte er für sein Buch den Abschnitt über Maschinerie und Teilung der Arbeit.
Studium fremdsprachiger Literatur
Beim Zusammentragen des wissenschaftlichen Materials scheute Marx keine noch so zeitraubende Kleinarbeit. Jede Angabe in der Literatur überprüfte er genau. Nichts übernahm er aus zweiter Hand. Stets suchte er nach der Originalquelle. Um die Fachliteratur aus erster Hand studieren zu können, erlernte er nach dem auf dem Gymnasium gelehrten Französisch, Latein und Griechisch später die englische, italienische und spanische Sprache, schließlich als etwa Fünfzigjähriger noch die russische Sprache. Er wiederholte gern – wie Paul Lafargue sich erinnerte – den Ausspruch: »Eine fremde Sprache ist eine Waffe im Kampf des Lebens« (in: »Mohr und General«).
Konspekte, Tabellen, Notizen…
Für jedes seiner geplanten Bücher sammelte Marx umfangreiche Auszüge, Tabellen, Konspekte und Notizen. Dieses Material ordnete er zumeist, indem er darüber genaue Inhalts- und Übersichtsverzeichnisse anlegte. Oft faßte er seine Gedanken und Forschungsergebnisse in Form von größeren Studien zusammen, die zur Selbstverständigung, noch nicht für den Druck bestimmt waren. Erst dann begann er mit der eigentlichen Ausarbeitung. Nicht selten, so insbesondere beim »Kapital«, aber auch beispielsweise beim »Bürgerkrieg in Frankreich«, entstanden mehrere Entwürfe, ehe er sich an die Endfassung machte. So handelte er getreu seinem Prinzip: »Die Forschung hat den Stoff sich im Detail anzueignen, seine verschiednen Entwicklungsformen zu analysieren und deren innres Band aufzuspüren. Erst nachdem diese Arbeit vollbracht, kann die wirkliche Bewegung entsprechend dargestellt werden« (Nachwort zur zweiten Auflage des ersten Bandes des »Kapitals«).
Die Einheit von Theorie und Praxis
Obwohl sich schöpferische geistige Arbeit zum großen Teil »einsam«, das heißt am Schreibtisch oder in der Studierstube, vollzieht – und das war bei Marx auch so –, erprobte er zugleich über fast vier Jahrzehnte hinweg die unschätzbaren Vorzüge kollektiven Schaffens. Das war nur möglich dank seiner einzigartigen Freundschaft mit Friedrich Engels. Gleichgültig, ob sie in einer Stadt, wie in Brüssel, Köln und London, oder durch Hunderte Kilometer getrennt lebten – seit ihrem denkwürdigen Zusammentreffen im August 1844 in Paris verschmolz ihr wissenschaftliches wie ihr praktisch-politisches Wirken immer mehr zu einer Einheit.
Gemeinschaftarbeit mit Friedrich Engels
Keine wichtige theoretische Einschätzung wurde getroffen, kein politischer Entschluß gefaßt, ohne daß vorher das Urteil des Freundes eingeholt worden war. Wann immer es die Zeit zuließ, ging ein Manuskript erst dann zum Drucker, wenn es Engels zuvor kritisch beurteilt hatte. Zahlreiche ihrer wissenschaftlichen Werke wurden gemeinsam konzipiert und ausgearbeitet, so außer dem »Kommunistischen Manifest« auch »Die heilige Familie« und »Die deutsche Ideologie«. Aber selbst zu Arbeiten, die nur den Autorennamen des einen tragen, steuerte der andere wesentliche Passagen oder ganze Kapitel bei, etwa Marx zu Engels‘ Buch »Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft« oder Engels zu Marx‘ Schrift »Der Bürgerkrieg in Frankreich«. –
Unterschiedliche Handschriften…
Egoismus, Konkurrenzgeist oder gar Neid – diese Feinde schöpferischer Arbeit waren beiden fremd. Die Interessen der Arbeiterklasse und ihrer Befreiung standen über allem. Die Ideen und Erkenntnisse des einen gehörten auch dem anderen. So erprobten Karl Marx und Friedrich Engels in ihrer uneigennützigen Zusammenarbeit bereits das, was wir heute sozialistische Gemeinschaftsarbeit nennen. Dabei unterschieden sie sich in ihrem Arbeitsstil und manchen Äußerlichkeiten ihrer Arbeitsweise erheblich voneinander. Das begann schon bei der Handschrift: dort die klare, schwungvolle und steile, gut lesbare Handschrift des gelernten Kaufmanns Engels, hier die hastige, winzige, selten geradlinige, meist kritzlig wirkende Schrift von Marx.
…unterschiedliche Arbeitsweisen
Finden wir in Engels‘ Manuskripten nur vereinzelt Korrekturen, so wimmeln Marx‘ Handschriften in der Regel von Änderungen, Verbesserungen, Unterstreichungen und Ergänzungen. Marx rang in seiner unbedingten wissenschaftlichen Genauigkeit fast qualvoll um die treffendste Formulierung, um den präzisesten Ausdruck. Engels, ebenso gewissenhaft, ging das Schreiben flotter von der Hand. Marx »dachte auf dem Papier«, das heißt, das gedankliche Ringen um die beste Form spiegelte sich bei ihm im Manuskript getreulich wider. Heute bereiten diese Manuskripte den Herausgebern der MEGA nicht geringe Schwierigkeiten. Das beginnt beim Entziffern. Oft mußte Engels seinen Freund energisch drängen, ein Manuskript endlich für den Druck freizugeben – wir sind heute froh darüber. Und doch verdanken wir gerade Marx‘ peinlicher Gewissenhaftigkeit und wissenschaftlicher Akribie, daß seine »Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft« gegenüber allen Angriffen und Verfälschungsversuchen bürgerlicher Ideologen unanfechtbar blieb.
»vor allem ein Revolutionär…«
Zu allen Zeiten war das Studierzimmer von Marx durch Tausende Fäden mit dem pulsierenden Leben, mit der Weltpolitik, vor allem mit dem Kampf der Arbeiterklasse verbunden. Karl Marx war, wie Friedrich Engels an seinem Grabe rühmte, »vor allem Revolutionär. Mitzuwirken, in dieser oder jener Weise, am Sturz der kapitalistischen Gesellschaft und der durch sie geschaffenen Staatseinrichtungen, mitzuwirken an der Befreiung des modernen Proletariats, dem er zuerst das Bewußtsein seiner eigenen Lage und seiner Bedürfnisse, das Bewußtsein der Bedingungen seiner Emanzipation gegeben hatte – das war sein wirklicher Lebensberuf. Der Kampf war sein Element«.
In Marx verband sich – wie in gleicher Weise in Engels und Lenin – der Revolutionär der Wissenschaften mit dem Wissenschaftler der Revolution. Theorie und Praxis, Erkennen und Handeln, Wissen und Tat waren für ihn eins. Auch das macht ihn zum Leitbild jedes Sozialisten, jedes Kommunisten unserer Tage.
Begeisterung, Fleiß und Genie
Bis in seine letzten Lebensjahre bewahrte sich Karl Marx – inzwischen längst der geachtete und gesuchte Ratgeber der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung, der Repräsentant des klassenbewußten Proletariats aller Länder – seine jugendliche Begeisterung für die Wissenschaft, seine Leidenschaft, keine Mühe zu scheuen, um sich auf der Höhe der menschlichen Erkenntnis zu halten. Seine die Menschheitsgeschichte revolutionierenden theoretischen Entdeckungen waren nicht der Ausdruck »genialer Eingebungen«, sondern das Ergebnis angestrengter, oft jahre- und jahrzehntelanger wissenschaftlicher Arbeit. Marx bewies, daß Genie vor allem Fleiß ist, nie erlahmender, streng disziplinierter Fleiß.
Quelle:
Heinrich Gemkow: Karl Marx über die Schulter geschaut. In: Urania Universum 29, Urania-Verlag Leipzig-Jena-Berlin, 1983, S.18-26
mein bescheidener Beitrag: Marx war ja auch für ehemalige DDR-Bürger ein Buch mit sieben Siegeln. So tief zu denken will erstmal gelernt sein. Aber der eher naturwissenschaftlich eingestellte Engels wäre eine nicht ganz so *hust* …kommunistisch *hust* …schubladisierte Person, um in nachsozialistischen Zeiten die materialistische Werltanschauung unters Volk zu bringen. Und wer Engels einmal zustimmt, hat auch mit Marx weniger Berührungsängste. In der DDR nannte sich das „polytechnische Oberschule“ , die uns die Grundlagen des Verstehens der Welt beibrachte. Im nachsozialistischen Deutschland keine leichte Aufgabe, aber nicht grundsätzlich unmöglich. Ich musste auch erst 89/90 aus meiner wohlbehüteten Stube heraus den Kapitalismus kennenlernen, um zu begreifen, was uns damals zu vermitteln versucht wurde. Machen wir es das nächste mal besser !
Ach, wenn ich heute so das Lehrbuch M/L 12.Klasse durchlese, dann brauche ich ein Glas Wasser dazu – so staubtrocken ist das… 🙂 Doch wir hatten eben einen großartigen Lehrer!
Hat dies auf Muss MANN wissen rebloggt.
In Trier, Touristeninformation an der Porta Nigra, wussten die Auskünftlerinnen gar nicht wer Karl Marx ist. Das war im Jahr 2005 auf meine Frage nach dem Weg zum Geburtshaus des Sohnes dieser Stadt. Stattdessen wies man uns den Weg zum Dom. Und die dort verbreiteten Geschichten über den vor dem Dom befindlichen Granitblock sind nicht weniger hanebüchen wie die Geschichten welche die ARD über Marx verbreitet.
Um das Wesentliche mal zu nennen: Marx Verdienst ist, aus der Utopie vom Sozialismus eine Wissenschaft zu machen! Genau das ist nämlich ganz entscheidend zum Verständnis von Kapital und Manifest. Und wen wundert es, daß es in dem Märchenfilm den die ARD über Karl Marx Leben abgedreht hat, um ganz andere Dinge, um völlig belanglose Nebensächlichkeiten geht!?
Schöne Grüße, und weiterhin viel Spaß im real existierenden Kapitalismus!
Ist ja nicht zu fassen! Aber warum sollten die Einwohner von Trier mehr von Karl Marx „geerbt“ haben, als die restlichen Bundesbürger (die aus der DDR über 50 mal ausgenommen). Ich schätze, die Jugendlichen in Chemnitz wissen auch nicht, wer ihr „Nischel“ ist, der da vorm Finanzamt steht… naja, Spaß werden wir schon noch haben 🙂
Meine letzten Bekannten in Chemnitz sind entweder gestorben oder weggezogen. Wie es dort um die Jugend bestellt ist, vermute ich ähnlich wie Du, Sascha.
Selbst meine Verwandten in Kiew, die ich als noch jugendlich bezeichnen würde, wissen nicht, was in der Ukraine bzw. Donbass passiert und welche üble Rolle die EU und Deutschland dabei spielen. Grüße an Alle.
Man braucht sich nur die „Sozialkunde“-Lehrbücher 8.-10.Kl. anzusehen, da weiß man, welchen haarsträubenden Unsinn die da vorgesetzt bekommen…