Workuta – Geschichten und Geschichte

46805551Eine Stadt am Polarkreis, im hohen Norden der Sowjetunion. Das Wort allein läßt einigen der naiv-gläubigen Leser schon jetzt die Gruselschauer über den Rücken laufen. Man denkt sofort an Gulag und an „Stalins Arbeitslager“. Verbunden damit sind endlose Lügen, Halbwahrheiten und Horrorgeschichten, für die es kaum noch Beweise gibt, die jedoch nur den einzigen Zweck verfolgen: Sie verbreiten das Märchen vom Leuteschinder und Blutsäufer Stalin – was nichts anderes bedeutet, als eine groß aufgebauschte Verleumdung der Sowjetunion, ein Nachbeten der Goebbelsschen Lügen, ein Abklatsch der haltlosen Erfindungen eines Conquest, Hearst oder Solzhenizyn. Derartige Stories werden auch heute noch sehr gut bezahlt! Doch es gibt auch ganz andere Geschichten, von denen wir eine hier vorstellen wollen…

Der Nachtwächter von Workuta

Die Wandlungen des Generals a.D. Lasch / Erinnerung eines Entlassenen

Der ehemalige Schiffsbauer Werner Heise ist wieder zu Hause. Als er aus dem Oranienburger Omnibus aussteigt, war er noch ganz von jenen Eindrücken gefangen, die ein Heimkehrender empfängt. In den Jahren, da er sein schweres Vergehen durch ehrliche Arbeit wiedergutmachte, hatte er sich geändert. Er hatte nachgedacht und Schlußfolgerungen gezogen. Nun liegt ein neuer Lebensabschnitt vor ihm.

Ein erster Gruß auf deutschem Boden

Momentaufnahme aus den letzten Tagen: Während die Eisenbahnwagen in der Abenddämmerung des 11. Dezember nach Frankfurt (Oder) hineinrollen, klingen Rufe aus einem Zug sowjetischer Soldaten. „Seid gegrüßt in eurer Heimat“, schallt es herüber. Überrascht und beschämt vernehmen die Entlassenen diese russischen Worte, den ersten Gru8 auf deutschem Boden.

Erinnerung an einen General der Schande

Es gibt viele Bilder, die den Zurückgekehrten begleiten. Vor allem eine Erinnerung läßt Heise nicht los. Es ist die Erinnerung an einen Menschen, der einmal die Schulterstücke eines deutschen Generals in Schande trug und in der Gefangenschaft neue Schande auf seinen Namen häufte. Wir meinen den General der Infanterie Otto Lasch, Kommandanten der Festung Königsberg. Es ist derselbe Mann, der eine in Blut und Trümmern versunkene Stadt erst in dem Augenblick aufgab, als sowjetische Panzer vor seinem Gefechtsstand auffuhren. Es ist derselbe Lasch, der bei seiner Rückkehr im westdeutschen Lager Friedland als Märtyrer willkommen geheißen wurde.

Der General als Nachtwächter

Der General a.D. Lasch lebte in dem gleichen Lager in Workuta, in dem sich auch Werner Heise befand. Nur die wenigsten wußten, daß Lasch der wegen Kriegsverbrechen verurteilte General und Festungskommandant von Königsberg gewesen war. In einer Wohnbaracke, die die deutschen mit sowjetischen Strafgefangenen teilten, versah Lasch eine eigenartige Tätigkeit: Er war Nachtwächter. Scheinbar aus Zeitvertreib hatte er sich dazu herbeigelassen, denn Internationalen Abmachungen entsprechend war er von der Arbeit freigestellt. Doch das Geld lockte. Als Nachtwächter erhielt man immerhin 100 bis 120 Rubel pro Monat gezahlt. Außerdem boten sich Möglichkeiten, an die die arbeitenden Gefangenen nicht im Traume dachten: Die Dämmerung ist die Zelt, wo Raubtiere Ihre Opfer anspringen, und die Stille der Nacht das Revier für die Schakale. Und Lasch sattelte um.

Kumpanei mit einem Mörder

In einer Ecke der langen Wohnbaracke hatte Iwan Sergejewitsch Kotelenko sein Nachtlager aufgeschlagen; er war wegen achtfacben Mordes und Totschlages in vier Fällen zur Höchststrafe verurteilt. Kotelenko fand bald Kumpane von gleicher Qualität. Er hockte mit ihnen zusammen, besprach sich, schmiedete Pläne. Eines Tages sahen sich die Lagerinsassen einer Clique gegenüber, die innerhalb des Lagers Diebstähle verübte und die Mitgefangenen durch Drohungen in Schach hielt.

Nächtliche Raubzüge

Otto Lasch, Nachtwächter und General a.D. wurde Adjutant des Räuberhauptmanns. Er putzte dem achtfachen Mörder die Stiefel, schleppte in einem überdimensionalen Kochgeschirr Essen heran, fertigte aus gestohlenen Lebensmitteln leckere Mahlzeiten an, scharwenzelte um seinen Herrn wie ein ausgedienter Gutslakai, spionierte in seinem Auftrag, entwarf dle Pläne für neue Raubtouren und stahl wie ein perfekter Straßendieb aus Gottes eigenem Land. Längst schon stand sein Bett in der Sonderkoje, wo Kotelenko residierte.

Kameradendiebstahl unter Strafgefangenen

Der General a.D. war nicht wählerisch. Er entwickelte besondere Fähigkeiten beim Kameraden-Diebstahl – er wurde Kofferspezialist. Sein Nachtwächteramt begünstigte die Raubzüge außerordentlich. Waren irgendwelche Neuankömmlinge vor dem Lagertor zu erblicken, so verfolgte Lasch ihren Einzug ins Quartier mit Luchsaugen und erstattete seinem Räuberhauptmann Lagebericht. Ein Koffer, in dem Werner Heise 1200 Zigaretten aufbewahrte, die er sich von seinem im Schacht verdienten Geld gekauft hatte, verschwand um die Jahreswende 1952/53 spurlos. Nur der Koffergriff fand sich noch vor der Ofentür in der Baracke wieder. Bald wurde es ein offenes Geheimnis, daß der Nachtwächter Lasch skrupelloser räuberte als der Mörder Kotelenko. „Kotelenko nimmt nur die Hälfte, Lasch aber nimmt alles“, sagten die Gefangenen.

Eine gewisse Zeit lang blieb das verbrecherische Treiben unbekannt. Eingeschüchtert durch Drohungen und Intrigen schwiegen die Barackeninsassen. Als die sowjetische Verwaltung Kenntnis erhielt, wurde rasch und hart zugegriffen. Lasch gelang es, sich aus der Affäre zu ziehen.

Frechheiten eines entlassenen Räubers

Während die Amnestierten im Ruhelager bei Gorki in verständlicher Spannung das Eintreffen der ersten Transporte ehemaliger Kriegsverurteilter in den deutschen Zeitungen verfolgten, begegnete ihnen der Name des Generals Lasch abermals. Von einem zum anderen wanderten die Zeitungsblätter. Heise fiel es wie Schuppen von den Augen, als er die Nachrichten überflog. Das also war Lasch, der nächtliche Räuber von Workuta! Unglaublich, aber wahr. Empörung brach los. Hatten diese Lasch und Niehoff etwa den letzten Funken Verstand und Schamgefühl eingebüßt, daß sie jetzt vor westdeutschen Journalisten markige Frechheiten zum besten gaben, und zwar in einem Tonfall, als hätten sie nur eine kleine Panne beim Durchhalten bis zum Endsieg zu verzeichnen gehabt? War es möglich, daß ein entlassener General auf die Frage nach neuen Transporten erwiderte: „Jawohl, unsere Mannschaften kommen hinterher, wir haben sie überholt. Vorzügliches Material, sage ich Ihnen. Haben prachtvoll durchgehalten.“

Ein neues Leben für Werner Heise

„Schreiben Sie ruhig auf, daß ich jederzeit bereit bin, als Zeuge in einem Gerichtsverfahren gegen Lasch auszusagen“, bittet Werner Heise, als er seinen Bericht beendet. Aus seinen Worten klingt heller Zorn. Unwillkürlich hat er die Faust auf der Tischplatte geballt. – Dann sprechen wir von anderen Erlebnissen und von der Zukunft. Der Heimgekehrte ist voller Vertrauen. Er wird Arbeit erhalten und eingedenk der Lehren der Verrgangenheit die ersten Schritte in ein neues Leben tun.
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Quelle: Berliner Zeitung, Nr.303, 29. Dezember 1955, S.2.

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Zur Geschichte von Workuta

Bereits zu Anfang des 19. Jahrhunderts hatten Geologen während ihrer Exkursionen in dieser Region hoch im Norden des Ural, mitten in der Tundra, „brennende Steine“ (Steinkohle) entdeckt. Voller Bitterkeit schrieb der russische revolutionäre Schriftsteller, Pädagoge und Philosoph Alexander Herzen:  «Die westlichen Abhänge des polaren Ural – nach rechts ein flaches Land, nach links, bis nach Archangelsk ist es unendlich weit. Gefangen im ewigen unterirdischen Eis, eine tote Schneewüste, die sich bis zu den Küsten des Nordpolarmeers hinzieht. Die Tundra. Das ewige Schweigen … und doch, auch das ist Rußland!»

1867 schlug der russische Industrielle, Kaufmann und Forscher M.K. Sidorow der zaristischen Regierung vor, die reichen Naturschätze auszubeuten, doch der hohe Aufwand für die Erschließung dieser Ressourcen führte zu keinem Erfolg. Es gab weder Straßen noch Wege, keine Verbindung. Nichts. Erst 1924 gelang es dem sowjetischen Geologen Alexander Tschernow tatsächlich die Existenz eines riesigen Lagers mit Steinkohle von hoher Qualität zu bestätigen.

Und so wurde 1937 zunächst eine kleine Gruppe von Strafgefangenen, zu der auch 26 Zimmerleute gehörten, am linken Ufer des Flusses Workuta angesiedelt, um das erste Lager zu errichten. Unter unvorstellbar schwierigen Bedingungen mußte eine Schmalspurbahn gebaut werden, um die notwendigen Lebensmittel, Werkzeuge,  Baumaterial und schließlich auch Kohle transportieren zu können. Und 1937 faßte die Sowjetregierung den Beschluß die Nörliche Petschora-Magistrale zu bauen. Am 28. Dezember 1941 rollte schließlich der erste Zug über mehr als tausend Kilometer durch die unwegsame Tundra nach Workuta. Dieser Bau war ein Musterbeispiel an Mut und Einsatzbereitschaft der sowjetischen Menschen, woran auch die Strafgefangenen großen Anteil hatten. Er forderte allerdings auch zahlreiche Todesopfer.

In 1944-45 Workuta überstieg die Kohleförderung die Zweimillion-Tonnen-Grenze. Es gab 13 Bergwerke, 11 Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, 2 Bergbauverwaltungen, Transport-, Straßen- und Bergbaubetriebe, zahlreiche kleinere Produktions- und Dienstleistungsbetriebe, ein eigenes Lagertheater, eine Agitationsbrigade usw. Im Lager lebten nunmehr etwa  50.000 Strafgefangene. Es gab 59 Küchen, 34 Gaststätten, 45 Saunen, Wäschereien, 47 Desinfektionskammern, 36 Läden, 48 Frisiersalons und 48 Gepäckaufbewahrungen für die persönlichen Sachen der Häftlinge.

Man darf auch eines nicht vergessen: 1941-45 war der Große Vaterländische Krieg. Das faschistische Deutschland hatte die Sowjetunion heimtückisch überfallen. Es ging um die Existenz der Sowjetunion! Das sowjetische Hinterland hatte eine kriegsentscheidende Bedeutung: Nieder mit dem Faschismus! Alle Kraft für den Sieg des Sozialismus!

Workuta Lager

Lager Workuta des NKWD und Innenminsteriums der UdSSR (Workutlag 1938-1953)
WORKUTLAG -Workutsker Lager des NKWD und des Innenministerims der UdSSR wurde am 10. Mai 1938 am Polarkreis errichtet im Gebiet des Workutsker Nenzischen Nationalbezirk des Gebietes Archangelsk, später als Stadt der Autonomen Sowjetrepublik der Komi. Schwerpunkte: Kohleförderung, geologischer Erkundung, Forstwirtschaft, Bauwesen, Landwirtschaft.
Zahl der Strafgefangenen:
1938 – 15.141 Pers.
1941 – 19.000 Pers.
1945 – 62.691 Pers.
1946 – 59.116 Pers.
1951 – 40.432 Pers.

Quelle: Komi Zyrians Traditional Culture

Zur Geschichte – siehe hier: http://vorkuta-ice.ru/?page_id=357 (russ.)

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Heute hat Workuta ca. 58.000 Einwohner, 5 Bergwerke, eine Molkerei , eine Großbäckerei, eine Hochschule, eine Musikschule und weitere Grund- und Mittelschulen, Kindergärten, ein Krankenhaus, mehrere Polikliniken, Kinos und ein Theater.


GULag – Arbeitslager für Strafgefangene

Der schwedische Historiker Mario Sousa schreibt:

Eine kurze Diskussion betreffs der Forschungsberichte.

Die von den russischen Historikern geführte Forschung zeigt eine Wirklichkeit, die dazu völlig verschieden ist von dem, was in den Schulen und Universitäten der kapitalistischen Welt im Laufe der letzten 50 Jahre unterrichtet wurde. Während dieser 50 Jahre des kalten Kriegs haben mehrere Generationen nur Lügen über die Sowjetunion erfahren, die einen tiefen Eindruck viele Menschen verlassen haben. Diese Tatsache wird auch in den von der französischen und amerikanischen Forschung gemachten Berichten begründet. In diesen Berichten sind Daten, Fakten und Tabellen aufgeführt, die aufzählen, wie viele Verurteilte es gab, und die Anzahl der Verstorbenen, was Thema intensiver Diskussionen ist. Aber das Wichtigste ist festzustellen, daß die Verbrechen, die von Leuten begangen wurden, die verurteilt wurden, niemanden interessiert.
Die kapitalistische politische Propaganda hat immer die sowjetischen Gefangenen als unschuldige Opfer präsentiert, und die Forscher haben diese Annahme aufgenommen, ohne sie infrage zu stellen. Wenn die Forscher von ihren statistischen Zahlenkolonnen zu Kommentaren zu den Ereignissen übergehen, kommt ihre bürgerliche Ideologie manchmal zu makabren Ergebnissen. Diejenigen, die unter dem sowjetischen Strafsystem verurteilt wurden, werden als unschuldige Opfer behandelt, doch Tatsache ist, daß die meisten von ihnen Diebe, Mörder, Vergewaltiger usw. waren. Verbrecher dieser Art würden durch die Presse niemals als unschuldige Opfer behandelt, wenn ihre Verbrechen in Europa oder den Vereinigten Staaten begangen worden wären. Aber da die Verbrechen in der Sowjetunion begangen wurden, ist es etwas anderes.
Einen Mörder oder einen Gewalttäter hat ein unschuldiges Opfer zu bezeichnen, ist ein sehr schmutziges Spiel. Man muß schon einen gesunden Menschenverstand haben, wenn man sich über die sowjetische Justiz äußern will, wenigstens in Bezug auf die wegen Gewaltverbrechen verurteilten Täter, wenn schon nicht in Bezug auf die Art der Strafe, so doch mindestens hinsichtlich der Verpflichtung zur Verurteilung der Personen, welche Verbrechen dieser Art begangen haben.

tabelle1

1950 gab es, nach Conquest 12 Millionen politische Gefangene! Bewaffnet mit den wahren Tatsachen können wir sogleich sehen, was für ein Fälscher Conquest wirklich ist. Nicht eine seiner Zahlen entspricht auch nur im entferntesten der Wahrheit. 1939 gab es insgesamt in allen Lagern, Kolonien und Gefängnissen ungefähr 2 Millionen Gefangene. Diese 454.000, und nicht 9 Millionen, wie Conquest behauptet, hatten politische Verbrechen begangen.
Die Anzahl derjenigen, die zwischen 1937 und 1939 in Arbeitslagern starben, betrug ungefähr 160.000, und nicht 3 Millionen, wie Conquest behauptet. 1950 gab es 578.000 politische Gefangene in Arbeitslagern, und nicht 12 Millionen. Der Leser darf auch nicht vergessen, daß Robert Conquest bis jetzt eine der Hauptquellen für die rechtslastige Propaganda gegen den Kommunismus ist.

Mario Sousa: Lies concerning the history of the Soviet Union

pdfimage Mario Sousa Lies about the USSR (engl.)

pdfimage Mario Sousa Klamstwa o historii ZSRR (poln.)


Siehe auch:

Geschichtslügen – Fundamente des Antistalinismus

Solzhenizyns Lügen vom Archipel Gulag

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4 Antworten zu Workuta – Geschichten und Geschichte

  1. Rolf Becker schreibt:

    wir sind Freunde der SU u. können Fakten u Propaganda meist unterscheiden. Der BZ Artikel ist reine Propaganda. – – Zusätzlich zu dem was der Staat Staat vorgibt, kommen die Persönlichkeiten der Wächter usw…..siehe „Asylantenunterkünfte“ jetzt in D. Ich weiss persönlich von einen Soldaten , der mit 18 eingezogen wurde u sich mit Meissel den eignen Finger abhackte um wenigstens paar Tage in Krankenstation zu kommen. Siehe aber auch Westgruselstorys „Der Arzt von Stalingrad“….

    • sascha313 schreibt:

      Das ist schon richtig. Propaganda an sich ist ja nichts Schlechtes. Aber es geht ja um die Wahrheit. Heute drängen sich natürlich andere Personen in den Vordergrund – aus der sog. Opferszene. Es gibt aber auch Berichte von Außenstehenden, wie diesen hier:
      Der Neue Mahnruf“ – 4. Jahrgang Nr. 10, Oktober 1951.

  2. Johann Weber schreibt:

    Es gibt so einen Akteur der DDR-Aufarbeitungsindustrie, die „Lagergemeinschaft Workuta/GULag/Sowjetunion“. Für diesen Akteur mussten die Steuerzahler von 2002 bis 2018 ca. 150.000 Euro bezahlen. Man muss wissen, die bisher 4 Milliarden Euro gezahlten Steuergelder ist das „Blut“ der DDR-Aufarbeitungsindustrie. Nur ein Beispiel. Im Jahre 2014 wurde die Veranstaltung „Tagung: Die Frauen im GuLag“ mit 9.000 Euro Steuergelder gefördert.
    Es gibt auch andere Geschichten über diese Arbeitslager wie Workuta:

    Das Morden von Deutschen an sowjetische Menschen machte auch in der Gefangenschaft der deutschen Kriegsgefangenen nicht Halt. Darüber berichten diese Akteure der DDR-Aufarbeitungsindustrie nicht.

  3. Johann Weber schreibt:

    Rolf Becker schreibt: „wir sind Freunde der SU u. können Fakten u Propaganda meist unterscheiden. Der BZ Artikel ist reine Propaganda.“
    Jetzt könnte ich schreiben, „uns im Westen wurde eingetrichtert, jeder Buchstabe aus der „Ostzone“ bzw. „Sowjetzone“ ist pure Propaganda“. Ich verzichte darauf, ich zitiert aus dem Buch „Giftmischer“ von Basil Spiru, Kongreß-Verlag Berlin 1960:

    „Aus den Schlußkapiteln der vorliegenden Arbeit geht unseres Erachtens eins klar hervor: Es gibt zwei Arten Zeitungen. Die eine Art, die kapita­listische, hat, wie sich der französische Schriftsteller Andre Wurmser aus­drückt, den „Vorzug“, vollkommen unverantwortlich zu sein. Die andere Art, die sozialistische, die kommunistische, ist ihren Lesern, den Werk­tätigen, Rechenschaft schuldig.“

    Weiter schreibt Rolf Becker: „Ich weiss persönlich von einen Soldaten, der mit 18 eingezogen wurde u sich mit Meissel den eignen Finger abhackte um wenigstens paar Tage in Krankenstation zu kommen“.

    Auch hier eine Schilderung, was so alles versucht wurde, damit man als Kranker aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft entlassen wurde.
    Auszug aus dem sehr lesenswerten Buch „Ein Heimkehrer erzählt“ von Rudolf Vieweg,Verlag Kultur und Fortschritt Berlin 1952:

    „beim besten Willen nichts mehr entdecken. Fußboden und Pritschen sind mit Papier und allem möglichen Kleinkram übersät. Etwa hundert Leute rennen wie aufgescheuchte Ameisen durcheinander. Sie lachen, pfeifen, singen, weiß der Teufel, warum sie so gut aufgelegt sind.
    Überrascht bleiben wir an der Tür stehen und sehen kopf­schüttelnd in diesen Wirrwarr.
    „Was ist denn hier los? Habt ihr alle einen kleinen Stich weg?“
    „Na, Mensch, so ’ne Frage! Das sieht doch ’n Blinder! Nach Hause geht’s, zu Muttern!“
    .Also, nun hör mal zu. Vielleicht sehe ich ein bißchen däm­lich aus, veräppeln lasse ich mich deshalb aber noch lange nicht!“ rufe ich ärgerlich.
    „Wieso veräppeln, weißt du wirklich nicht, daß wir nach Deutschland fahren? Ach, nun kiekst du wie die Kuh vorm neuen Scheunentor! Richtig, ihr seid ja vom Kolchos ge­kommen! Da kannst du es ja nicht wissen. Alles stramme Einser geworden, wie? Idioten seid ihr! Glaubt ihr, daß ihr so noch mal nach Hause kommt?“
    „Ihr fahrt also tatsächlich nach Hause?“ fragen Horst und ich verwundert.
    „Wie ihr seht, ja! Einhundertzwanzig Mann vom Stadt- und vom Waldlager! Aber alles nur Kranke, Schwache und In­valide!“
    Die glücklichen Heimkehrer weiden sich an unserer Verblüf­fung und ergötzen sich an unseren bestimmt wenig intelli­gent erscheinenden Gesichtern.
    „Ist das möglich? In die Heimat! Habt ihr ein Schwein! Wenn man da dabei sein könnte!“ Das Heimweh packt mich.
    „Schwein? Ja, mein Lieber, das Glück fällt einem nicht in den Schoß! Verstehst du! Hier noch weniger als anderswo im Leben! Das kostet Nerven, Beherrschung und – Verzicht! Aber – es lohnt sich schon, das seht ihr ja. Anders kommt ihr nicht nach Hause, laßt euch das gesagt sein. Vielleicht – nie!“
    Der Mann wird uns immer unverständlicher. Ich frage ihn zögernd: ,,Wie meinst du das eigentlich?“
    Die Stimme dämpfend, sagt er nun geheimnisvoll: „Ich will dir einen Tip geben, einen goldrichtigen, verstehst du! Wenn du jemals nach Hause kommen willst, dann friß dir nicht den Wanst voll! Gute Arbeiter werden nie nach Hause geschickt werden. Erst wenn du so weit heruntergewirtschaf­tet bist, daß du nicht mehr kannst, dann schieben sie dich ab, weil du dann nur eine Last bedeutest! Aber von selbst kommt das nicht, das weißt du ja! Was wir hier zu essen bekommen, ist viel zu viel! Das haben sie jetzt daheim nicht auf dem Tisch. So muß man halt etwas nachhelfen, wenn man schnell nach Hause will! Ist nicht leicht, aber, wie gesagt, es lohnt sich, verstehst du! Ich sage nochmals: Friß dir nicht den Wanst voll, iß so wenig wie möglich, tausche das Brot in Tabak ein, rauche dafür anständig, das betäubt das Hunger­gefühl! Von der Suppe ein paar Löffel, dafür um so mehr Salz, das zehrt, keinen Zucker, der nährt! Und dann man ran an die Arbeit für einige Zeit, möglichst schwere! Im übrigen nicht zu viel pennen, Schlaf setzt an! Na, was sagst du? Goldrichtiger Tip! Die einzige Möglichkeit, nach Hause zu kommen!“
    ,,Und – du hast das so gemacht?“ erkundige ich mich. „Selbstverständlich! Ich war erst gut bei Kräften, kann ich dir sagen; dann kam mir diese Idee, als ich sah, daß in mei­nem ersten Lager die Schwachen nach Hause fuhren. Du kannst mir glauben, daß es verflucht schwer ist, das duftende Brot in der Hand zu halten und zu verzichten und nach zwei Löffeln Suppe die Schüssel wegzuschieben. Aber dann hab ich jedes­mal an zu Hause gedacht und die Gier überwunden. Ich wurde ziemlich rasch .Dreier‘, dann ,OK‘, Distrophie, und gestern bin ich aus dem Lazarett gekommen! Da, schau her, Ober­schenkel wie ein Schuljunge! Aber – da kommt rasch wieder Mumm hinein! Meine Frau hat ein Lebensmittelgeschäft, ver­stehst du, da fällt auch jetzt was ab!“
    „Und du?“ frage ich jetzt den anderen Kameraden, ,,hast du es ebenso gemacht?“
    „Na klar! Der Fritz hat mir doch erst den Tip gegeben! Ich bin zwar ein bißchen magenkrank und habe ständig Diätkost bekommen, aber die hat sich ein anderer einverleibt! Um so schneller ging es mit mir bergab, auch ohne schwere Arbeit. Ich habe bis jetzt noch nicht einmal draußen gearbeitet!“ ,,Hundertzwanzig Mann fahren nach Hause, sagst du? Haben die sich etwa alle nach deinem Tip selbst heruntergewirtschafft“.
    Alle wohl nicht, aber doch eine ganze Reihe. Na, das wer­den gute Propagandisten für die Russen! [..]
    „Mensch, du mußt aber doch zugeben, daß die Sowjetunion nach all den Verwüstungen durch die Wehrmacht ein Recht auf unsere Hilfe hat! Schließlich ist das Land doch durch deutsche Schuld zerstört worden!“
    „Rede doch nicht so geschwollen! Wer baut denn bei uns auf? Hm?“
    ,,Na, wenn es alle so machen wollten wie ihr, dann wird nirgends aufgebaut, weder hier noch bei uns in Deutschland.[…]

    Hinweis: Wer unter der Adenauerregierungszeit ein solches Buch hatte oder aber auch im Besitz einer „Berliner Zeitung“ war, wurde nach einer Denunziation bis zu zwei Jahre eingesperrt. Wäre es Propagande gewesen, für Adenauer eine Steilvorlage, eine Proganda zu zerlegen. Da keine Propaganda, deshalb Gefängnis.

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