Geschichte: Die Wahrheit über das Verhalten der Westmächte und die Gründung der BRD

MitteleuropaIn deutschen Schulbüchern nach 1990 steht sinngemäß, ein Treffen aller deutscher Länderchefs  (6.-8. Juni 1947) sei an der Abhängigkeit deutscher Politiker  von den Besatzungsmächten gescheitert. Deshalb habe der bayrische Ministerpräsident Erhard versucht, der festgefahrenen deutschen Frage neuen Antrieb zu geben. Durch die Blockade Berlins habe die sowjetische Führung versucht, die drei Westmächte aus der Vier-Sektoren-Stadt zu drängen. Und die Sowjetunion habe am 20. März 1948 den Alliierten Kontrollrat „verlassen“. Das sind gleich mehrere Lügen auf einmal. Nichts davon stimmt. Was geschah wirklich?

Ganz kurz: 1947 erreichte der Kampf des deutschen Volkes um die Herstellung eines einheitlichen, demokratischen Staates  gegen die imperialistische Spaltungspoltik einen neuen Höhepunkt. Anfang 1947 machte eine Aktion des bayrischen Ministerpräsidenten Erhard von sich Reden: er lud zu einer Konferenz deutscher Ministerpräsidenten nach München ein. Als jedoch nach Abstimmung mit der SMAD die ostdeutschen Ministerpräsidenten am Vorabend der Konferenz in Bayern eintrafen, mußten sie feststellen, daß die Tagesordnung der Konferenz bereits feststand und man es ihnen verwehrte, in irgendeiner Form eine Erklärung zur wirtschaftlichen und politischen Einheit Deutschlands abzugeben. Gleichzeitig fehlte es nicht an unverfrorenen Aufforderungen, die Länder der Ostzone der Bi-Zone anzuschließen. Insgeheim fürchtete man das aber auch, denn – so Carlo Schmid (SPD) – „auch in den ostdeutschen Kompromißvorschlägen hätte der kommunistische Pferdefuß gesteckt“. [1] Bei dieser verständigungs- und kompromißfeindlichen Grundhaltung der westzonalen Seite blieb den Ministerpräsidenten der Ostzone nichts anderes übrig, als nach der ergebnislosen Vorbesprechung München zu verlassen.

Im Sommer 1948 hatte sich in und um Berlin eine Situation entwickelt, die zu einschneidenden Entscheidungen drängte bzw. diese erforderlich machte. Gegenüber den Botschaftern der drei Westmächte hatte Stalin am 2. August 1948 in Moskau [2] darauf hingewiesen,  daß die von den Westmächten kritisierten Verkehrs-beschränkungen ein Akt der Notwehr gegenüber den Londoner Beschlüssen, der separaten Währungsreform und der eingeleiteten Bildung eines separaten Westzonenstaates sei. Das Recht der Westmächte auf Stationierung von Truppen in Berlin verlöre seine Basis, wenn Deutschland nicht mehr von ihnen als ein einheitliches Ganzes und Berlin nicht mehr als die deutsche Hauptstadt betrachtet und behandelt würde. Die drei Westmächte waren jedoch auf keinen Fall zu Kompromissen bereit.

[1] Zit. nach Theodor Eschenburg „Erinnerungen an die Münchner Ministerpräsidentenkonferenz 1947“. In: VfZ, 1972, 4.H., Oktober, S.416; siehe auch Ferdinand Friedensburg „Es ging um Deutschlands Einheit“, Berlin (West), 1971, S.160ff.
[2] Siehe die Argumentation Stalins gegenüber den Botschaftern bzw. Beauftragten der Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs in einer Unterredung am 2. August 1948 in Moskau. Sowjetische Aufzeichnungen dieser Unterredung abgedr. in: ND, 20. Mai 1988, S.3: USA-Version: FRUS, 1948, Vol.II, Washington 1973, S.999f.; siehe auch V.N.Vysocki „Die Angelegenheiten  auf den internationalen Beratungen der Jahre 1948 und 1949“. In: ZfG, 1975, H.4, S.389.
(nach Beiträgen von S.Kuntsche/R.Badstübner. In: Deutsche Geschichte, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin, 1989, Bd.9, S.286 und S.378.)

Fakt ist:

Die imperialistischen Siegermächte brachen vorsätzlich das Potsdamer Abkommen. Sie gaben den deutschen Imperia­listen die Möglichkeit, ihre Kräfte neu zu formieren und die Monopolverbindungen und Unternehmerverbände wieder­herzustellen, und bauten schrittweise einen kapitalistischen Staatsapparat auf. Demgegenüber lähmten und behinderten die imperialistischen Besatzungsorgane die Organisierung und Tätigkeit der demokratischen Kräfte, vor allem der Ar­beiterklasse und ihrer revolutionären Partei, der KPD, sowie der Gewerkschaften und der Betriebsräte. Sie mischten sich offen in die inneren Angelegenheiten der Arbeiterbewegung ein, indem sie die Vereinigung von KPD und SPD nicht zu­ließen.

Wie verhielten sich die westlichen Besatzer?

Die Militärregierungen der Westmächte mißachteten den Willen des Volkes in ihren Besatzungszonen. Unter dem Druck der demokratischen Bewegung wurden zum Beispiel in verschiedenen Ländern der Westzonen Gesetze verabschie­det und Bestimmungen in die Länderverfassungen aufgenom­men, die vorsahen, eine Bodenreform durchzuführen oder die Großbetriebe der Grundstoffindustrie und des Verkehrs­wesens sowie die großen Banken und Versicherungsgesell­schaften in das Eigentum der Länder zu überführen. Dafür sprachen sich zum Beispiel Ende 1946 in Hessen 72 Prozent der Wähler in einem Volksentscheid aus. Die Besatzungsorgane verboten oder sabotierten jedoch die Verwirklichung dieser und anderer antiimperialistischer Vorhaben. Dabei wirkten sie mit den deutschen Monopol- und Bankherren und deren politischen Parteien, besonders der CDU und der CSU, eng zusammen.

Wer hatte in Westdeutschland die Macht?

Die Besatzungspolitik der imperialistischen Mächte war nichts anderes als eine militärisch-politische Intervention, die den völkerrechtlichen Vereinbarungen der Antihitlerkoalition zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit wider­sprach und sich gegen die Interessen des deutschen Volkes und aller Völker richtete. Mit Hilfe der Bajonette ausländischer imperialistischer Besatzer, auf sie gestützt und durch sie ge­schützt, restaurierten die Monopolherren und Militaristen in Westdeutschland – und ähnlich in Westberlin – gegen die Interessen des arbeitenden Volkes ihre Macht. Ihre Profitgier und ihr Machtstreben zertraten das Sehnen des Volkes nach Fortschritt und einer Entwicklung ohne die Verderber und Blutsauger der Werktätigen. Das war ihre „Demokratie“ und ,,Selbstbestimmung“ – deren wahres Wesen die imperialisti­schen Kräfte zu verschleiern suchen.

Warum wurde Deutschland gespalten?

Die Imperialisten spalteten Deutschland. Die Wiederherstellung der Macht des Monopolkapitals in den Westzonen ging mit der Spaltung Deutschlands einher. Die revolutionäre Umwälzung im Osten Deutschlands durch­kreuzte die Absicht der imperialistischen Siegermächte und der deutschen Monopolherren, ganz Deutschland erneut in eine reaktionäre, aggressive Speerspitze gegen Demokratie und Sozialismus zu verwandeln. Deshalb spalteten sie Deutschland. Die von ihnen besetzten Westzonen sollten vor dem Einfluß der fortschrittlichen Entwicklung im Osten Deutschlands abgeschirmt werden. Schließlich hoben sie einen Staat aus der Taufe, den sie „Bundesrepublik Deutschland“ (BRD) nannten.

Wie erfolgte die Spaltung Deutschlands?

Die Machthaber der BRD behaupten immer wieder, daß ihr Staat auf „demokratische Weise“ entstanden und deshalb „allein berechtigt“ sei, im Namen des deutschen Volkes zu sprechen. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Den Weg zur Bildung dieses Staates bestimmten Befehle der imperia­listischen Besatzungsmächte, die von ihren deutschen Hand­langern ausgeführt wurden, ohne den Willen des Volkes zu beachten.

  • Gründung der Bi-Zone. Am Anfang dieses Weges standen der Zusammen­schluß der amerikanischen und der britischen Besatzungszone zur Bizone (Dezember 1946) und die Einsetzung des Zwei-Zonen-Wirtschaftsrates (Juni 1947).
  • Londoner Konferenz. Mit der Sprengung der Außenministerkonferenz von London (Dezember 1947) und des Alliierten Kontrollrates (März 1948) schufen sich die imperialistischen Mächte freie Hand für die beschleunigte Weiterführung ihrer Spaltungspolitik. In den „Londoner Empfehlungen“ vom Juni 1948 legten sie die nächsten Schritte zur Konstituierung eines neuen Staatsgebildes fest.
  • Westliche Währungsreform. Die separate Währungsreform in den Westzonen (Juni 1948), die auch auf die Westsektoren Berlins ausgedehnt wurde, zer­störte die wirtschaftliche Einheit Deutschlands und seiner Hauptstadt.
  • Marshallplan. Ihr folgten die Einbeziehung der Westzonen in den Marshallplan des USA-Imperialismus und die Angliede­rung der französischen Besatzungszone an die Bizone.
  • Das sogenannte „Grundgesetz“. Am 1. September 1948 trat in Bonn ein „Parlamentarischer Rat“ zusammen, der unter Vorsitz Adenauers nach den Wei­sungen der Besatzungsmächte das Grundgesetz für die Bun­desrepublik ausarbeitete.
  • Die NATO. Unmittelbar nach der Schaffung des aggressiven Nordatlantikpaktes (NATO) im April 1949 wurde dieser Staat, der zum wichtigsten europäischen Stütz­punkt der NATO auserkoren war, endgültig konstituiert: Ende Mai 1949 setzten die westlichen Militärgouverneure das „Grundgesetz“ in Kraft.
  • Das Besatzungsstatut. Gleichzeitig erließen sie ein Be­satzungsstatut, in dem sich die Westmächte die Oberhoheit über die BRD vorbehielten – einschließlich des „Rechtes“, jederzeit nach ihrem Gutdünken die offene Militärdiktatur zu errichten.

Die Konfrontationspolitik der Westmächte

Die BRD war ein Produkt des kalten Krieges, geschaffen zu dem Zweck, zum drittenmal in diesem Jahrhundert von deutschem Boden aus einen heißen Krieg vorbereiten und durchführen zu können. Das Monopolkapital prägte ihr Wesen von Anfang an. Ihre Politik war darauf gerichtet, die Entwicklung und Festigung der Deutschen Demokratischen Republik als sozia­listischen Staat zu stören. Als Brückenkopf des kalten Krieges mitten in der DDR wurde Westberlin ausgebaut. Es sollte als erstes Annexionsziel zum Bestandteil der BRD gemacht werden.

Die Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR

Durch die Sicherungsmaßnahmen, die von der DDR in Übereinstimmung mit der Sowjetunion und den anderen Staa­ten des Warschauer Vertrages am 13. August 1961 getroffen wurden, konnte dieser gefährliche Herd ständiger internatio­naler Spannungen und permanenter Kriegsgefahr zunächst entschärft und unter verläßliche Kontrolle genommen wer­den.

Die antikommunistischen Lügen der SPD

Die rechten Führer der Sozialdemokratie unterstützten durch ihre Politik das Wiedererstehen des deutschen Imperialismus. Warum gelang es in Westdeutschland nicht, die Einheitsfront der Arbeiterklasse und einen Block aller antifaschistisch­demokratischen Kräfte herzustellen? Dem wirkten nicht nur die imperialistischen Besatzungsmächte und das deutsche Monopolkapital entgegen. Große historische Verantwortung dafür tragen die rechten Führer der Sozialdemokratie, an deren Spitze sich Kurt Schumacher stellte. Sie setzten die ver­hängnisvolle Politik der Spaltung der Arbeiterbewegung, des Paktierens mit der imperialistischen Bourgeoisie und der Unterordnung der Arbeiterklasse unter das Monopolkapital fort.

Der Lügner und Arbeiterverräter Kurt Schumacher

In Worten erklärte Schumacher zwar, daß der Neuauf­bau Deutschlands „nur ohne und gegen“ den Großbesitz und die Militaristen erfolgen könne und die „arbeitenden Massen zum Zuge kommen“ müßten. Auf der Tagesordnung stehe ,,als der entscheidende Punkt die Abschaffung der kapitalisti­schen Ausbeutung und die Überführung der Produktionsmit­tel aus der Hand der großen Besitzenden in gesellschaftliches Eigentum“. Er proklamierte sogar den „Sozialismus als Tagesaufgabe“. Was aber taten die rechten sozialdemokratischen Führer in Wirklichkeit? Wie vor 1933 traten sie die Interessen der Arbeiterklasse mit Füßen.

Zügellose Hetze der westdeutschen SPD gegen die DDR

Anstatt gegen das Monopolkapital zu kämpfen, richteten sie den Hauptstoß gegen die KPD und lehnten jede Zusammenarbeit mit ihr ab. Schumacher ver­leumdete die KPD als „Werkzeug einer fremden Macht“; er behauptete, ihre Politik habe „historisch versagt“ und deshalb gäbe es für die KPD „keine Existenzberechtigung“ mehr. Er und seine Anhänger nahmen die staatliche Spaltung Deutsch­lands vorweg, indem sie die Sozialdemokratie nach Besat­zungszonen aufsplitterten und schließlich die SPD spalteten. Sie verleumdeten den antifaschistischen Neuaufbau im Osten Deutschlands und entfalteten eine zügellose Hetze gegen die Sowjetunion, gegen das Potsdamer Abkommen – vor allem gegen die Oder-Neiße-Grenze. Auf diese Weise nutzten sie die Unzufriedenheit breiter Kreise des Volkes über die Kriegsniederlage und ihre Folgen, um daraus für sich poli­tisches Kapital zu schlagen und Anhänger für die Sozialdemo­kratie zu gewinnen. Die Praxis bewies, daß ihr Antikommu­nismus und Nationalismus, eine der Arbeiterklasse feindliche Ideologie und Politik, dem Monopolkapital und seiner füh­renden Partei, der CDU/CSU, zugute kamen.

Rechten SPD-Führer unterstützten die Alt-Nazis in der BRD

Untrennbar verbunden mit ihrem Antikommunismus war, daß die Politik der rechten Führer der Sozialdemokratie sich nicht darauf richtete, den Staatsapparat und die Wirtschaft von den reaktionären Kräften zu säubern. Im Gegenteil. Von Unglauben an die Kraft der Arbeiterklasse erfüllt, ent­schieden sie sich erneut für die Koalitionspolitik mit der Bourgeoisie (eine Politik der Unterordnung unter die Aus­beuterklasse) und orientierten sich auf die imperialistischen Besatzungsmächte. Sie unterstützten offen die Politik der aus­ländischen und deutschen Monopolherren zur Restauration der Macht des Monopolkapitals und damit zur Herausbildung des imperialistischen Staates, der BRD.

Die Lüge von „dritten Weg“ zum Sozialismus

Die rechten sozialdemokratischen Führer gaben ihre Politik als „dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus aus. Aber in der Klassenauseinandersetzung zwischen dem Monopolkapital und der Arbeiterklasse und ihren Verbünde­ten gibt es keinen dritten Weg. Der Fortschritt kann nur ge­währleistet, der Krieg mit seinen Wurzeln nur ausgerottet und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen nur beseitigt werden, wenn die Macht der Großbourgeoisie zer­brochen und ihr Eigentum an den Produktionsmitteln in die Hände des Volkes übergeführt wird. Das haben auch die Er­fahrungen der Geschichte eindeutig gelehrt.

Eine demokratische Fassade…

Die Beseitigung der Weimarer Republik und die Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland bedeuteten den historischen Bank­rott der Politik des „dritten Weges“, die von den rechten Füh­rern der Sozialdemokratie nach der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution proklamiert worden war. Die Fortsetzung dieser Politik durch die rechten sozialdemokratischen Führer lieferte nach 1945 erneut große Teile der Arbeiterklasse und des werktätigen Volkes dem politisch-ideologischen Einfluß der Großbourgeoisie aus. Sie diente der imperialistischen Reaktion als willkommene demokratische Fassade, hinter der sie die Wiedererrichtung ihrer Macht und damit die Spaltung Deutschlands betrieb.

Der Zusammenhang von Opportunismus und Imperialismus

Erneut erwiesen sich die Politik der rechten sozialdemokratischen Führer, ihr Antikommunismus und die von ihnen in der Arbeiterbewegung verbreiteten bür­gerlichen Auffassungen über das Wesen des Staates und der Demokratie als das schwerste Hindernis für den Kampf der Arbeiterklasse und aller Werktätigen gegen ihre Feinde. In der Politik der rechten sozialdemokratischen Führer wider­spiegelte sich der von W. I. Lenin aufgedeckte gesetzmäßige Zusammenhang zwischen Imperialismus und Opportunismus.

Quelle:
Dr. Ilse Krasemann/Prof. Dr. Fred Matho (Ltr. des Autorenkollektivs): Politisches Grundwissen, Dietz Verlag Berlin, 1972, S.420-424. (Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)

Siehe auch:
Die Eroberungspläne der NATO und der geplante Einsatz von Giftgas zur „Stunde X“
Der antikommunistische Putsch in der DDR 1953
Chemie des Todes – die Giftgasfabriken der imperialistischen Staaten
MDR: Die Atomkriegspläne der USA in Europa
MDR: Atomschlachtfeld Europa

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6 Antworten zu Geschichte: Die Wahrheit über das Verhalten der Westmächte und die Gründung der BRD

  1. Johann Weber schreibt:

    Die antikommunistischen Lügen der SPD
    Mit welchem Hass sich SPD-Bundestagsabgeordnete gegen die KPD-Bundestagsabgeordneten artikulierten, soll eine kleine Auswahl aus Bundestagsprotokollen von 1949-1953 verdeutlichen. Es sind nur wenige von Dutzenden solcher menschenverachtenden Hasstiraden gegenüber die KPD-Bundestagsabgeordneten.

    14. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. November 1949:
    Abgeordnete Neumann. Neumann (SPD)
    „Sie (Anmerk: Neumann sprach die KPD-Bundestagsabgeordnete an) haben aber am 15. Mai 1949 wieder Wahlen durchgeführt. Diese Wahlen fanden doch in einer Form statt, daß man sie nur mit den Hitlerwahlen vergleichen kann. Der Wähler hatte nicht die Möglichkeit einer Wahl unter Listen. Der Wähler konnte nur Ja oder Nein sagen. Sie wissen selbst, daß es eine sehr kleine Minderheit war, die damals mit Ja stimmte. Und Sie wissen, daß die Regierung in der Nacht zum 16. Mai jene berühmte Änderung der Wahlvorschriften brachte: Wer sein Kreuz in das Nein-Feld gesetzt und dabei auch nur um einen Millimeter diesen Kreis überstrich, der hatte eben so gestimmt, daß das Nein-Kreuz ungültig sein sollte, also wiederum mit Ja gestimmt. Und trotzdem haben Sie unter diesen frisierten Verhältnissen nur 60 Prozent aller Stimmen für Ihr System aufbringen können. Jetzt kommen Sie und erklären, daß die Wahlen am 15. Oktober des nächsten Jahres die Möglichkeit geben, endlich zu einer Einheitlichkeit aller Auffassungen zu kommen. Warum scheuen Sie denn in der Ostzone die Wahlen? Warum scheuen Sie sich denn in dem Gebiet davor, in dem Sie seit vier Jahren angeblich die Herrschaft des Volkes haben? Warum haben Sie nicht den Mut, das Volk zu fragen? — Weil Sie genau wissen, daß, wenn einmal freie und allgemeine Wahlen in der Ostzone durchgeführt werden, Sie selbst Ihre Kandidaten in die Ostzone mitbringen müßten, weil Sie einfach als Partei ausgelöscht würden. (Zuruf von der KPD: Das ist nicht wahr!) Darum haben Sie Ihr Terrorsystem, Ihr System, das eine Schande für die ganze Zivilisation ist. Deswegen haben Sie die gleichen Verhältnisse, die wir von 1933 bis 1945 verurteilt haben. Deswegen tragen die Konzentrationslager, die einmal als Symbol das Hakenkreuz trugen, heute Hammer und Sichel. (Sehr richtig! bei der SPD.) Sie haben erklärt, daß wir die Spaltung überwinden wollen, daß wir nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten wollen. Wir lehnen jede Gemeinsamkeit mit Leuten, die heute noch KZ-Lager aufrechterhalten, ab. (Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.) Ein Konzentrationslager im Jahre 1949 ist eine größere Anklage gegen die Menschlichkeit als alle Konzentrationslager von 1933 bis 1945 zusammen. (Lebhafter Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts.) Die Verhältnisse, die sich in den Konzentrationslagern abspielen, sind noch schandbarer als die in der Zeit unter Hitler. Damals hatten wir die Möglichkeit, aus den Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslagern von Zeit zu Zeit Nachrichten zu senden und dort zu empfangen. Heute gibt es dies nicht. Heute gibt es kein Verfahren wie in irgendeinem Rechtsstaat. Heute verschwinden die Menschen, und niemals erfährt jemand etwas von dem Schicksal dieser Armen, die in die Hände der GPU und der Kommunisten geraten. Das ist die Tatsache, und Sie selbst wissen ja, daß Sie (Anmerkung: es waren die KPD-Bundestagsabgeordneten gemeint) an diesen Verhältnissen schuld sind und daß Sie sich dadurch selbst aus der Gemeinschaft aller anständigen Menschen ausgeschlossen haben. (Beifall bei der SPD, in der Mitte und rechts. — Zurufe von der KPD.)“

    22. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Dezember 1949:
    Neumann (SPD)
    „Herr Kollege Renner! 1945, als die Patentdemokratie in Berlin eingeführt werden sollte, haben wir Berliner, immer mit einem Bein im KZ stehend, unsern Standpunkt durchgesetzt, der letztlich jetzt der Standpunkt ganz Berlins geworden ist. Wir haben verhütet, daß ganz Berlin ein einziges KZ geworden ist, und wir Berliner gehen durch diese Zahlung die Verpflichtung ein, in unserer demokratischen Entwicklung fortzufahren und durch unsere Tätigkeit zu verhüten, daß ganz Deutschland ein einziges kommunistisches KZ wird! (Lebhafte Bravorufe und Händeklatschen bei der SPD, in der Mitte und rechts)“

    47. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. März 1950:
    Abgeordneter Neumann(SPD)
    „Wissen Sie, Herr Renner (KPD), wir sind nicht so bescheiden. Wir fordern Freiheit für alle Männer und Frauen, (Abg. Rische: Auch für die Kriegshetzer!) die die Freiheit in der Ostzone erkämpfen wollen. Wir fordern Freiheit für die, die heute in Kellern und in Bunkern, in Gefängnissen, Zuchthäusern und KZ’s für ihre Überzeugung schmachten demokratische Organisationen wieder auf – nach der Zerschlagung der Hitler-Diktatur glaubten demokratische Organisationen wieder aufrichten zu können; sie schmachten heute, ohne die Vorteile Reimanns zu genießen, sie hatten nicht die Möglichkeit, irgendeinen Familienangehörigen zu empfangen, sie hatten nicht die Möglichkeit — seit viereinhalb Jahren nicht die Möglichkeit —, Nachrichten zu senden oder zu empfangen.“

    117. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. Februar 1951:
    Dr. Mommer (SPD)
    „Ja, Herr Renner, wie kann es denn anders sein, wenn man nur über ein paar Prozent der Bevölkerung verfügt und seine politische Herrschaft begründen und aufrechterhalten will? Dann kann man nur mit Terror, mit KZ regieren, dann braucht man 25 Jahre Strafe für ein Flugblatt. Sonst ist doch die politische Herrschaft dieser kleinen Minderheit nicht möglich. (Lebhafter Beifall.)[..]
    Die Sozialdemokratische Partei hat die Absicht, demnächst hier einen Antrag auf Einsetzung eines Enqueteausschusses einzubringen.[..] Herr Renner, da werden wir uns bemühen, mit den besten Mitteln, die es für solche Untersuchungsausschüsse geben kann, die Wahrheit zu finden, die Wahrheit hier in der Bundesrepublik und die Wahrheit drüben, da, wo Sie (Anmerkung: es waren die KPD-Bundestagsabgeordneten gemeint) an der Macht sind. Und ich hoffe, daß Sie uns dabei helfen werden, die Wahrheit zu finden. Vielleicht, Herr Renner, können wir dann einmal einen Lokaltermin in Bautzen oder in Halle machen, wo es diese Wasserzelle gibt. Meine Damen und Herren, um ein Beispiel zu zitieren: in der Wasserzelle sitzt ein Häftling, der nicht geständig ist. Da wird kaltes Wasser eingelassen, und dieses kalte Wasser steigt binnen 24 Stunden bis zum Munde. Alle sechs Stunden wird er einmal herausgeholt und gefragt, ob er jetzt aussagen will. (Lachen bei der KPD.) Machen wir Lokaltermin! Wir werden das untersuchen, und wir werden Ihnen beweisen, daß der Terror, der drüben bei Ihnen herrscht, den noch bei weitem übertrifft, den wir im Dritten Reich gekannt haben. (Hört! Hört!) Da wird Ihnen Hören und Sehen vergehen, wenn wir da einmal hineinleuchten. (Zuruf des Abg. Renner.)“

  2. sascha313 schreibt:

    Wer waren denn diese verkappten Nazis Neumann und Dr.Mommer? Solche lügenhaften Behauptungen und Unterstellungen haben auch bereits die berüchtigten Nazi-Verteidiger wie v.Knieriem und Jeschek 1946 beim Nürnberger Prozeß benutzt.

  3. Dr. Kevin de Silva schreibt:

    …und nicht zu vergessen, das „Waterboarding“ der „us-amerikanischen Freunde“ in den dortigen Geheimdienstkreisen oder den kz-ähnlichen Einrichtungen überall dort, wo sie ihren militärischen Einfluß geltend machen können.

  4. Osti schreibt:

    Die Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen wurde ja schon auf der Konferenz von Jalta beschlossen. Hierzu ein Dokument https://www.thueringen.de/mam/th1/staatsarchive/sk/folge_3.pdf

    Somit gab es in Thüringen im Juli 1945 einen Wechsel der Besatzungsmächte. Was o.g. Dokument nicht erzählt, erzählen Zeitzeugen aus Weimar und Umgebung: Die Amerikaner taten alles, den Nazistaat zu erhalten. Nazi-Bürgermeister blieben im Amt und auch in allen anderen Staatsorganen (Polizeipräsidium) gab es keine Machtenthebungen, von einigen personellen Veränderungen abgesehen. Eine Entnazifizierung fand nicht statt solange die Amerikaner Thüringen besetzten (bis Juli 1945).

    • sascha313 schreibt:

      …hmm…“Dokument“ – mag sein, daß da auch Richtiges drinsteht. Aber generell traue ich solchen Veröffentlichungen nicht.

      • Osti schreibt:

        Daß der Fakt über Jalta drinsteht hat mich auch gewundert. Habs nur deswegen verlinkt. Viele Thüringer wissen gar nicht, warum die Amis aus Thüringen abgezogen sind. Und das was vom Geschichtsunterricht hängengeblieben ist, ging im Donnerhall von HR/NDR/BR und RIAS unter.

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