Kampf für Sozialismus – Struggle for Socialism – La Lucha por el Socialismo

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Am Memorial Day 2020 wurde George Floyd von vier Polizisten aus Minneapolis brutal ermordet. Das Video des Mordes verbreitete sich schnell über die ganze Welt. Am 26. Mai marschierten rund 20.000 Menschen in Minneapolis, wo sie mit einer gewalttätigen Polizeireaktion, einschließlich Gummigeschossen und Tränengas, konfrontiert wurden. Am folgenden Tag brach in der Stadt eine umfassende Rebellion gegen die rassistische Polizei aus. Unterdessen hat der Gouverneur von Minnesota die Nationalgarde aufgefordert, bei der Unterdrückung des anhaltenden Aufstands zu helfen.
Der folgende Beitrag wurde in Los Angeles im Mai 1992 während des Aufstands gegen den Rassismus von Sam Marcy geschrieben, nachdem die Polizisten, die den schwarzen Autofahrer Rodney King ermordet hatten, freigesprochen worden waren. Sam Marcy ist einer führenden marxistischen Denker und Kämpfer der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Er erklärt die revolutionäre Bedeutung und den Klassencharakter dieser Volksaufstände gegen rassistische Staatsgewalt, die die Unternehmensmedien und Politiker zu vertuschen suchen.

Marxismus und Klassenkampf

Wenn das Volk gegen Rassismus rebelliert

Die brutale Niederschlagung des Aufstands von Los Angeles bietet ein klassisches Beispiel für das Verhältnis der bürgerlichen Demokratie zum kapitalistischen Staat. Die Statistiken belegen diesen Zusammenhang am eindrucksvollsten. Allein im Bezirk von Los Angeles waren am 5. Mai 1992 12.111 Menschen verhaftet worden und ihre Zahl stieg weiter an. Die Zahl der Verletzten hat die schwindelerregende Zahl von 2.383 erreicht. Mehrere hundert wurden schwer verwundet. Somit mußte die Zahl der Toten zweifellos weiter steigen.

Brutale Gewalt des Staates gegen Demonstranten

All dies muß vor dem Hintergrund der gewalttätigen Kräfte gesehen werden, die von der Stadt-, Landes- und Bundesregierung mobilisiert worden waren:

8.000 Polizisten,
9.800 Angehörige der Nationalgarde,
1.400 Marineinfanteristen,
1.800 Soldaten der Armee und
1.000 Bundesgrenzschutzbeamte.

(Assoziierte Presse, 5. Mai 1992)

Der Marxismus entlarvt den räuberischen Klassencharakter der kapitalistischen Gesellschaft

Im Grunde genommen unterscheidet sich der Marxismus von allen Formen der bürgerlichen Soziologie in dieser grundlegendsten Weise: Alle bürgerlichen Sozialwissenschaften sind darauf ausgerichtet, den räuberischen Klassencharakter der heutigen kapitalistischen Gesellschaft – manchmal auf die schändlichste Weise – zu vertuschen und zu verbergen. Der Marxismus hingegen enthüllt auf klarste und schärfste Weise nicht nur die Antagonismen, die die heutige bürgerliche Gesellschaft ständig zerreißen, sondern auch deren Grundlage – den Besitz der Produktionsmittel durch eine Handvoll Millionäre und Milliardäre.

Was verschweigt die bürgerliche Soziologie?

Die bürgerliche Soziologie muß die Tatsache außer acht lassen, daß die Gesellschaft in Ausbeuter und Ausgebeutete, Unterdrücker der Nationalitäten und Unterdrückte gespalten ist. Die Grundlage der Ausbeutung und Unterdrückung ist der Besitz der Produktionsmittel durch eine immer kleiner werdende Gruppe der Bevölkerung, die die Lebensadern der heutigen Gesellschaft kontrolliert. Das ist die Bourgeoisie. Sie ist die herrschende Klasse. Am anderen Ende der Achse befindet sich das Proletariat aller Nationalitäten. Es sind die Produzenten all des sagenhaften Reichtums. Der materielle Wohlstand hat mit der Arbeitsproduktivität der Massen enorm zugenommen. Aber nur ein Prozent der Bevölkerung häuft den Löwenanteil dessen an, was die Arbeiter produzieren, während eine immer größere Masse verarmt.

Sie schmierem dem Volk Honig ums Maul…

Besonders in Zeiten von Parlamentswahlen wie gegenwärtig in den USA sind bürgerliche Soziologen voll überschwenglichen Lobes für „das Volk“. Jeder einzelne kapitalistische Politiker umarmt „das Volk“ mit oft ekelhaften Schmeicheleien. Das Volk wird hochgeschätzt in Zeiten, in denen es von der Bourgeoisie am meisten gebraucht wird, wie in ihren vielen Raubkriegen. In der Tat ist die Bourgeoisie zu keinem Zeitpunkt so sehr vom Volk abhängig wie in Zeiten ihrer tiefsten Krise. Aber die Menschen – die unbewaffneten Massen – bedeuten ihnen nichts, nicht einmal als Menschen, sobald sie gegen die monströse Polizei- und Militärmaschinerie der Bourgeoisie rebellieren. Ist nicht der Aufstand von Los Angeles der Beweis für all das?

Wer bestimmt den Gang der Geschichte?

Kein Lob und keine Schmeicheleien können eine klare Abgrenzung der Klassenunterschiede ersetzen, die die Gesellschaft fortwährend spalten. Für die bürgerlichen Sozialwissenschaftler sind die Massen das Objekt der Geschichte. Die marxistische Theorie hingegen zeigt, daß die Volksmassen das Subjekt der Geschichte sind. Wo sie Objekte der Geschichte sind, werden sie als Rohmaterial manipuliert, um den Zielen der Ausbeutung durch die herrschende Klasse zu dienen. Sie werden erst dann zum Subjekt der Geschichte, wenn sie in einer revolutionären Massenaktion an die Oberfläche kommen.

Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte

Der Aufstand der Volksmassen, wie in Los Angeles, ist das, was Karl Marx die Lokomotiven der Geschichte nannte. Ihr revolutionärer Kampf beschleunigt die Geschichte und rückt den wahren Charakter der Massenbewegung in den Vordergrund. Wenn man nur von den Menschen im allgemeinen spricht, ohne sich von der Propaganda zu trennen, ohne die Beziehungen vom Ausbeuter zu den Ausgebeuteten, vom Unterdrücker zu den Unterdrücktem zu enthüllen, dann bedeutet das, an der Vertuschung der Realität mitzuwirken.

Die Unterdrückung eines ganzen Volkes

Am unentbehrlichsten für ein Verständnis der heutigen Gesellschaft ist die Beziehung zwischen Unterdrückern und den unterdrückten Nationalitäten. Man kann den Marxismus nicht sinnvoll anwenden, ohne zuvor die Existenz der nationalen Unterdrückung, die Unterdrückung eines ganzen Volkes durch den kapitalistischen Imperialismus, anzuerkennen. Dies ist eines der charakteristischsten Merkmale der gegenwärtigen Realität in der Welt.

Wie Engels und Lenin bereits erklärten…

Dieser Grundgedanke muß vor allem beachtet werden, wenn wir verstehen wollen, was in Los Angeles und in anderen Großstädten dieses Landes geschieht. Der Aufstand und die Art und Weise, wie er unterdrückt wird, folgen genau der Darstellung von Friedrich Engels in seinem Buch „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“, die später von Lenin in „Staat und Revolution“Staat und Revolution“ auf den neuesten Stand gebracht wurde.

Was ist der Staat? Und was ist Demokratie?

Bourgeoise Soziologen und Gelehrte und vor allem kapitalistische Politiker verwechseln immer das Verhältnis zwischen Staat und Demokratie. Sie behandeln sie oft als ein einziges Phänomen. In Wirklichkeit beruht die Beziehung zwischen Demokratie und Staat auf einem inneren Kampf – zwischen Form und Wesen.

  • Formen des Staates: Der Staat kann viele verschiedene Formen annehmen. Ein Staat kann die Form einer bürgerlichen Demokratie haben; er kann eine Monarchie sein; er kann von einer Militärjunta regiert werden. Und in der modernen Gesellschaft, ganz am Rande des 21. Jahrhunderts, kann er eine totalitäre oder faschistische Form haben.
  • Wesen des Staates: Unabhängig von ihrer Form wird ihr Wesen davon bestimmt, welche Klasse wirtschaftlich und folglich auch politisch dominiert. In der heutigen Gesellschaft bedeutet dies die Herrschaft der imperialistischen Bourgeoisie über das Proletariat und die unterdrückten Nationalitäten.

Die Bourgeoisie nutzt verschiedene Herrschaftsformen

Die Bourgeoisie kann ihre Klassenherrschaft nicht aufrechterhalten, wenn sie sich allein auf eine bestimmte Staatsform verläßt. Sie kann sich nicht nur auf die regierenden Funktionäre verlassen – auch nicht auf diejenigen, die an der Spitze des Staates stehen, selbst wenn sie nur Millionäre und Milliardäre sind. Sollte es unter solchen Umständen zu einem imperialistischen Krieg oder einer tiefen kapitalistischen Krise kommen, die unter den Massen gärt, wäre der bürgerliche Staat anfällig für einen revolutionären Umsturz.

Der Staat als Machtinstrument der herrschenden Klasse

Aber der Staat ist nicht nur die Beamtenschaft – die sich anmaßt, im Interesse des ganzen Volkes zu regieren. Der Staat in seinen wesentlichen Merkmalen ist, um Engels zu zitieren, die Organisation einer „besonderen öffentlichen Kraft“, die nicht nur aus bewaffneten Männern und Frauen besteht, sondern aus materiellen Anhängseln, Gefängnissen und repressiven Institutionen aller Art.

Die Waffen des Staates

Das entscheidende Grundelement des Staates sind die bewaffneten Kräfte mit all ihren materiellen Anhängseln und allen, die ihnen dienen. Am bemerkenswertesten sind die Gefängnisse – und es gibt immer mehr davon -, die darauf ausgerichtet sind, den Geist von Millionen der am meisten Unterdrückten zu brechen, während sie gleichzeitig vorgeben, irgendeine Form der Rehabilitation zu simulieren. Alle modernsten Mittel – geistige und körperliche – werden eingesetzt, um die Inhaftierten zu demoralisieren und ihren Charakter zu verderben.

Sind alle gleich vor dem Gesetz? – Nein.

Diese repressiven Institutionen, diese öffentliche Kraft, erscheint so allmächtig gegenüber der unbewaffneten Masse der Unterdrückten und Ausgebeuteten. Aber sie glänzen geradezu als Inbegriff von Gentilität und Menschlichkeit, wenn es darum geht, privilegierte Personen, insbesondere die sehr Reichen, einzusperren, die die Normen des kapitalistischen Rechts übertreten haben.

Was zeigt der Aufstand von Los Angeles?

Allgemein gesagt, zeigt der Aufstand von Los Angeles also, daß die Demokratie ein Schleier ist, der den repressiven Charakter des kapitalistischen Staates verbirgt. Der Staat ist zu allen Zeiten ein Staat der herrschenden Klasse. Und das Ziel der Sondereinheiten bewaffneter Männer und Frauen ist es, die Herrschaft der Bourgeoisie zu sichern, zu schützen und aufrechtzuerhalten.

Die Verschärfung der antagonistischen Gegensätze

Engels erklärte, daß im Zuge der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft, wenn die Klassengegensätze schärfer werden, der Staat – d.h. die öffentliche Macht – stärker wird. Engels sagte:

„…man sehe nur unser heutiges Europa an, wo Klassenkampf und Eroberungskonkurrenz die öffentliche Macht auf eine Höhe emporgeschraubt haben, auf der sie die ganze Gesellschaft und selbst den Staat zu verschlingen droht.“

Quelle: Friedrich Engels „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“. Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Dietz Verlag Berlin, 1962, S.166.)

Geschrieben vor mehr als 100 Jahren, bezieht sich dies auf das Wachstum des Militarismus. Die Verschärfung der antagonistischen Gegensätze zwischen den Klassen und den Nationen hatte schon damals zu immer größeren Mitteln für ziviles und militärisches Personal geführt, das ausschließlich zu dem Zweck eingesetzt wurde, die Zivilbevölkerung im eignen Lande zu unterdrücken und abenteuerliche imperialistische Kriege im Ausland zu führen.

Die Macht des Staates nimmt proportional zu…

Der Staat wächst proportional mit der Entwicklung der antagonistischen Gegensätze zwischen den Klassen und den Nationen. Die Demokratie ist lediglich eine Form, die den räuberischen Klassencharakter des bürgerlichen Staates verdeckt. Nichts beweist dies so sehr wie das stetige und beständige Wachstum des Militarismus und der Polizeikräfte sowohl in Friedens- wie auch in Kriegszeiten.

Der Rassismus und die Spaltung der Arbeiterklasse

Die herrschende Klasse kultiviert fortwährend Rassismus, um die Arbeiterklasse gespalten zu halten, um ihre Vorherrschaft aufrechtzuerhalten. Dies gilt im eigenen Land genauso wie im Ausland. Die Kräfte des Rassismus und der nationalen Unterdrückung wurden durch die Politik des Pentagons und des Außenministeriums auf der ganzen Welt absichtlich angeregt.


Der Marxismus und die Gewalt

Nach jeder Etappe des Kampfes der Arbeiter und Unterdrückten gibt es eine ideologische Auseinandersetzung darüber, welche Methoden die Massen anwenden sollten, um ihre Befreiung vom imperialistischen Monopolkapital zu erreichen. Es gibt immer diejenigen, die der Gewalt abschwören und gleichzeitig die anfängliche Gewaltanwendung durch die herrschende Klasse verharmlosen. Sie prangern sie mit Worten an, während sie sie in Wirklichkeit vertuschen. Das ist genau das, was jetzt geschieht.

…die Arbeiterverräter!

Ja, in der Tat, sie geben bereitwillig zu, daß das Urteil in der Rodney-King-Schlägerei falsch und ungerecht war. Aber – und hier werden ihre Stimmen lauter: „Die Massen hätten nicht auf die Straße gehen und die Sache selbst in die Hand nehmen dürfen“. Ihre Anprangerung der Gewalt der herrschenden Klasse ist verhalten und gedämpft – vor allem aber ist sie heuchlerisch: eine reine Formalität. Es ist eine charakterlose Art und Weise, scheinbar beide Seiten des Arguments zu vertreten, wobei das, was daraus folgt, in Wirklichkeit eine Verurteilung der Massen ist.

Die Täuschungsmanöver der Bourgeoisie

In Zeiten, in denen die Bourgeoisie an der Wand steht, und die Massen ganz plötzlich und unerwartet aufgestanden sind, wird die Bourgeoisie ganz lyrisch beim Rufen nach Gewaltverzicht. Sie erfindet alle möglichen Lügen und Täuschungen über die Widerspenstigkeit einiger weniger gegenüber den vielen geordneten und gesetzestreuen Massen.

Die Lüge von der bürgerlichen Gewaltlosigkeit

Der Marxismus macht auch hier einen ganz klaren Schnitt. Die marxistische Auffassung von Gewalt folgt einem anderen Konzept. Sie unterscheidet vor allem zwischen der Gewalt der Unterdrücker und der Gegengewalt der Massen. Es so formulieren zu können, ist schon ein Riesenschritt nach vorn, weg von dem ekelhaften bürgerlichen Gerede über Gewaltlosigkeit. Keinem von ihnen kommt es in den Sinn zu zeigen, daß die Massen mit der Theorie der Gewaltlosigkeit nie einen wirklichen Entwicklungssprung gemacht haben. Mit Zaghaftigkeit hat man in der Geschichte nie etwas erreicht.

Die Entwicklung des Klassenkampfes

In der Tat bevorzugen Marxisten gewaltfreie Methoden, wenn die von den Massen angestrebten Ziele – Freiheit von Unterdrückung und Ausbeutung – auf diese Weise erreicht werden können. Aber der Marxismus erklärt die historische Entwicklung des Klassenkampfes ebenso wie den Kampf der unterdrückten Nationen gegen die Unterdrücker.


Revolutionen, Macht und Gewalt

Wie Marx es ausdrückte: „Gewalt ist der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht.“ (Quelle: Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. MEW, Bd.23, S.779.)  Das ist es, was Marx aus seinem Studium des Klassenkampfes im Allgemeinen und der kapitalistischen Gesellschaft im Besonderen ableitet. Keine der großen Revolutionen hat jemals stattgefunden, ohne von Gewalt und Gewalttätigkeit begleitet zu werden. Und es ist immer der Unterdrücker (d.h. die herrschende Klasse bzw. die unterdrückende Nationalität), der von Natur aus am meisten dazu neigt, Gewalt anzuwenden, sobald die Massen ihre Köpfe erheben.

Die Bourgeoisie und ihre Gewalt

Bei allen bürgerlichen Revolutionen in Europa benutzte diese neue Möchtegern-Herrscherklasse die Massen, um ihre Kämpfe gegen die Feudalherren zu führen. Und als die Massen dann ihre Köpfe erhoben, um für ihre eigene Befreiung gegen die Bourgeoisie zu kämpfen, wurden sie mit der furchtbarsten und hemmungslosesten Gewalt konfrontiert. Die gesamte europäische Geschichte ist voll von solchen Beispielen, von den Revolutionen 1789 und 1848 bis zur Pariser Kommune 1871. Oder wendet etwa die Bourgeoisie, nachdem sie das Proletariat zu Hause gezähmt hat, keine Gewalt an? Nutzt sie etwa nicht die Macht ihrer riesigen Militärarmada, um die vielen unterentwickelten Nationen in der ganzen Welt noch effizienter auszubeuten und zu unterdrücken?

Der Irak beschwert sich beim UN-Sicherheitsrat

Es ist sehr aufschlußsreich, daß gerade der Irak – die Nation, die dem gewalttätigsten, wahrhaft völkermörderischen Militärangriff der letzten Zeit ausgesetzt war – es auf sich genommen hat, im Namen der umkämpften Massen in Los Angeles und anderen Städten eine formelle Beschwerde im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einzureichen. Der Irak forderte dieses Gremium auf, die Art der Entwicklungen hier zu verurteilen und zu untersuchen, und die Ironie liegt darin, daß der Chef des Sicherheitsrates sich verpflichtet fühlte, die Beschwerde anzunehmen. Nicht einmal der US-Delegierte, der offensichtlich überrascht war, erhob Einspruch dagegen.

Die Pariser Kommune und der Aufstand von Los Angeles

Wie groß ist der reale Unterschied zwischen der Unterdrückung der Pariser Kommune 1871 und dem revolutionären Aufstand der Massen in Los Angeles 1992? Die brutale Unterdrückung unterscheidet sich nur im Ausmaß und nicht im Wesen. Es mag den Anschein haben, daß es in Los Angeles allein um nationale Unterdrückung ging, in Wirklichkeit aber beruht sie auf der Klassenausbeutung der afroamerikanischen Massen, die bis in die Tage der Sklaverei zurückreicht.

Der Watts-Aufstand und die Sozialgesetzgebung

Nach dem Aufstand im Stadtteil Watts von Los Angeles 1965 gab die Bourgeoisie das hohe Versprechen ab, die Situation zu verbessern. Die Aufstände von Watts, Detroit, Newark und andere erreichten bedeutende Zugeständnisse, die schließlich gesetzlich verankert wurden. Sie wurden die Grundlage für eine vorübergehende Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der unterdrückten Menschen.

Die Früchte des Kampfes sind verdorrt…

Ohne die Aufstände in den 1960er- und 1970er Jahren wäre keine der progressiven Gesetzgebungen bis hin zu affirmativen Maßnahmen in Kraft getreten. Doch jetzt, fast drei Jahrzehnte nach dem Watts-Aufstand, sind die Massen in größerer Armut, und die Repression ist stärker als jemals zuvor. Die Früchte dessen, was gewonnen wurde, sind am Weinstock verkümmert, da Rassismus und die Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen wieder Fuß gefaßt haben.

Leere Versprechungen und ein Proteststurm

Einmal mehr versuchten die bürgerlichen Politiker, die Massen mit endlosen Versprechungen von Verbesserungen, die nie das Licht der Welt erblicken sollten, zu besänftigen. Dies rief bei den Massen einen tiefen Abscheu hervor. Es bedurfte nur eines Vorfalls wie des unglaublichen Urteils der manipulierten Jury, die die vier Polizeibeamten in der Rodney-King-Prügelei freiließ, um einen Sturm revolutionärer Proteste zu entfachen. Wenn revolutionäre Maßnahmen jemals Bestand haben sollen, rechtfertigt dann nicht ein Fall wie dieser, daß das Volk sein Schicksal selbst in die Hand nimmt?

Weniger Arbeiter, mehr Polizisten, größeres Elend der Massen

Wie interessant ist es doch, daß die moderne Technologie überall Arbeitskräfte verdrängt und damit die Zahl der Mitarbeiter reduziert. Es gab eine Zeit, in der man hoffte, daß die bloße Entwicklung des technischen und industriellen Fortschritts, die Zunahme der Mechanisierung und Automatisierung, zum Wohlergehen der Massen beitragen würde. Dies hat sich wieder einmal als leeres Gerede entpuppt. Die Wahrheit ist, daß die Entwicklung höherer und ausgefeilterer Technologien im Kapitalismus nicht zum Wohlergehen der Massen beiträgt, sondern sie im Gegenteil in noch größeres Elend stürzt. Was war der allgemeine Trend?

  • Das Wachstum der Technologie, insbesondere der hochentwickelten Hochtechnologie, hat die Zahl der in der Industrie wie auch im Dienstleistungssektor beschäftigten Arbeiter verringert. Die Einführung von arbeitssparenden Geräten und Methoden hat die Zahl der Beschäftigten in allen Bereichen drastisch reduziert.
  • Doch bei den Polizeikräften herrscht der entgegengesetzte Trend. Dies ist eine absolut unbestreitbare Tatsache. Früher patrouillierte die Polizei zu Fuß durch die Straßen. Vielleicht benutzten sie zur Kommunikation mit dem Hauptquartier ein öffentliches Telefon. Heute sind sie mit ausgeklügelter Ausrüstung ausgestattet. Sie fahren entweder auf Motorrädern oder in Polizeiautos oder fliegen mit Hubschraubern. Und sie kommunizieren über Funk.

Ein gegenläufiger Trend

All dies sollte die Zahl der Polizisten reduzieren. Aber der Trend ist genau das Gegenteil: die Verstärkung der Repressionskräfte. Er ist nicht wie in der Industrie auf Produktivität ausgerichtet. Sein Wachstum ist auf das Anwachsen der nationalen Antagonismen, das Anwachsen des Rassismus und die allgemeine arbeiterfeindliche Offensive der Bourgeoisie ausgerichtet.

Massive Miliärgewalt gegen die Aufständischen

In Los Angeles war die Bourgeoisie gezwungen, Militäreinheiten des Bundes zur Unterstützung der städtischen und staatlichen Behörden einzusetzen. Die soziale Zusammensetzung der U.S. Army ist nicht nur ein Querschnitt der kapitalistischen Gesellschaft. Die Armee und die Marineeinheiten, insbesondere die Infanterie, bestehen überwiegend aus schwarzen und Latino-Soldaten. Was bedeutet das?

Kriegführung der Soldaten gegen die eigene Klasse…

Die USA-Imperialisten mußten einen technologischen Krieg gegen den Irak führen, aus Angst, daß die Vorherrschaft der schwarzen und Latino-Soldaten in einer verheerenden Rebellion enden könnte; daß sie sich weigern könnten, im Interesse des Klassenfeindes einen Krieg gegen ihre Schwestern und Brüder zu führen. Deshalb sind die Streitkräfte nie wirklich in den Bodenkrieg eingetreten, der sich zunächst abzuzeichnen schien. In Los Angeles waren die örtlichen Polizei- und Staatskräfte unzureichend. Nur weil die Massen unbewaffnet waren, war die Bourgeoisie in der Lage, das zu unterdrücken, was in Wahrheit ein Aufstand war – ein revolutionärer Aufstand.

Spontaneität und Bewußtsein

Wie Marx es ausdrücken würde, ist ein solcher Aufstand ein Fest für die Massen. Der damit verbundene Schaden wird bei weitem dadurch aufgewogen, daß er das Niveau des Kampfes auf eine Ebene bringt. Die von der Gendarmerie zugefügten Wunden werden heilen. Man wird die Lehren daraus ziehen, daß ein spontaner Aufstand mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützt werden muß, und dass zwischen den Führern und den Massen eine große Kluft besteht.

Keine lebensfähige Klasse oder Nation in der modernen kapitalistischen Gesellschaft kann hoffen, das Schicksal allein durch spontane Kämpfe in die eigenen Hände zu nehmen. Spontaneität als ein Element des sozialen Kampfes muß ihr eigenes Gegenteil hervorbringen: Führung und Organisation. Das Bewußtsein dafür wird unweigerlich wachsen.

Quelle:
Marxism and insurrection: When the people rebel against racism

(Übersetzung und Zwischenüberschriften: Florian Geißler – Kommunisten-Online)

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6 Antworten zu Kampf für Sozialismus – Struggle for Socialism – La Lucha por el Socialismo

  1. Weber Johann schreibt:

    Ich will vom Thema nicht abweichen. Jedoch brauchen wir West-ler nicht nach Amerika schauen. Auch bei uns waren Kinder und Jugendliche Opfer von Gewalt-Aktionen der Polizei.

    Die Ost-CDU-Zeitung „Neue Zeit“ berichtete am 29. April 1983 über verschiedene Tötungen:

    „Sozialdemokratische Wochenzeitung „Vorwärts“:
    „Die Polizei, die uns schützen ‚soll, erschießt unsere Kinder“
    Bonn (ADN). Die sozialdemokratische Wochenzeitung „Vorwärts“ schildert unter der Schlagzeile „Die blutigen Früchte der geistigen Wende‘“ folgende Todesschüsse:

    Ein 30jähriger Polizist feuert durch ein geschlossenes Fenster in das Jugendzentrum des bayrischen Städtchens Gauting und tötete durch; einen Schuß in den Kopf den 14jährigen Hauptschüler Jürgen Bergbauer. Nach Aussagen seiner Freunde hatte der Junge in einem Jugendhaus einen Schlafplatz gesucht, weil er sich zu vorgerückter nächtlicher Stunde aus Angst vor einem Anschnauzer seiner Mutter nicht mehr nach Hause traute.

    Am 5. März 1983 tötete ein Kopfschuß aus nächster Nähe den 18jährigen Hamburger Alf Heins.
    Der Polizeibeamte glaubte fälschlich einen Autodieb vor sich zu haben.

    Im Februar 1983 durchsiebte die Polizei in Augsburg den Wagen und Körper des 19jährigen Banklehrlings Joachim Kaiser mit insgesamt 16 Schüssen. Der junge Mann war mit dem Auto seines Vaters zu einer überschnellen Spritztour aufgebrochen und hatte sich ‚nicht der Polizei stellen wollen.

    „Beim Durchblättern des einschlägigen Archivmaterials findet sich alle paar Wochen ein, ähnlicher Fall: Polizisten schießen drauflos, ohne daß sie selbst oder Dritte an Leib oder Leben bedroht sind. Willkürliche Mißhandlungen Festgenommener und Fälle von Selbstjustiz häufen sich ebenfalls.
    ‚Kein Zweifel: Einigen Polizisten sitzt die Waffe wieder sehr locker im Halfter, und sie ziehen lieber einmal mehr als einmal weniger. Die geistige Wende in unserem Lande trägt da nach meinem Empfinden ihre blutigen Früchte. Nicht umsonst: haben Unionspolitiker jahrelang für den gezielten Todesschuß plädiert.“

    Wer mehr zu der Tötung des 14-jährigen Jürgen Bergbauer in Gauting wissen will, hier der link zu einem ausführlichen Bericht. Seite 93-103

    Klicke, um auf CILIP_018.pdf zuzugreifen

    • sascha313 schreibt:

      Danke für den interessanten Hinweis! – Nein, das ist richtig. Es ist keine Abweichung vom Thema, sondern eine Anregung, darüber nachzudenken, was hier in diesem Land geschieht. Natürlich gibt es Polizeigewalt und gewalttätige Provokationen durch Polizisten (auch in Zivilkleidung) auch in der BRD. Und zwar nicht wenige!

      Bemerkenswert ist aber, daß inzwischen schon in vielen Städten weltweit diese betrügerische Korona-Inszenierung durchschaut wurde. Und bemerkenswert ist auch, daß immer mehr die Erkenntnis reift, daß der einzige Weg zur Überwindung der kapitalistischen Krisen der revolutionäre Weg zum Sozialismus ist.

  2. Johann Weber schreibt:

    Jetzt wieder in die USA
    Bei Polizeieinsätzen gab es:

    1.099 Tötungsfälle im Jahr 2018
    987 Tötungsfälle im Jahr 2017
    963 Tötungsfälle im Jahr 2016
    995 Tötungsfälle im Jahr 2015

    • sascha313 schreibt:

      Danke! Soviel ich weiß, befinden sich in den USA auch weltweit die meisten Menschen in Gefängnissen…

      • Das ist halt ein lohnendes Multi-Milliarden Geschäft.

        Hinzu kommt, daß die meisten Gefangenen nie verurteilt wurden/werden, da die Angeklagten auf Anraten ihrer Anwälte einen ‚Vergleich‘ schließen, weil sie sonst länger weggesperrt würden.
        Das nennen die dort „Schuld-Einsichtigkeit“, wenn man einen ‚Vergleich‘ eingeht, was den Richtern und Richterinnen langwierige Prozesse und einen Urteilsspruch erspart.

        Noch am Rande.
        Schon mal etwas von dem „Medikament“ Ritalin und anderer Psychopharmaka gegen ADHS gehört? Wird Kindern und Jugendlichen verschrieben, die an der angeblichen „Krankheit“ ADHS leiden würden.
        Mit den Medikamenten gegen ADHS werden Milliarden verdient. Wegen der Nebenwirkungen und Schäden werden Prozesse in den USA geführt: Sie enden immer mit „Vergleich“ — das lässt sich Big-Pharma 10 Milliarden US$ jedes Jahr kosten …
        Wer in den USA klagt und die Klage gewinnt, bekommt halt einen Schadensersatz in unglaublichen Höhen zugesprochen und damit das nicht passiert:
        Vergleich mit den Klägern – mit der Folge: Kein Urteil und damit kein VERBOT dieser „Medikamente“!
        Die Psychopharmaka gegen ADHS wirken auf den Dopamin-Haushalt der Neuronen des Gehirns und „betäuben“ die Amygdalae (Zirbeldrüse) im Gehirn, was bei regelmäßiger Anwendung schon mittelfristig zu einer VERBLÖDUNG führt!

      • sascha313 schreibt:

        Es ist schon eine Unverfrorenheit so mancher Psychologen und Psychiater, mit der sie – ohne die Ursachen zu berücksichtigen – irgendeine „Diagnose“ stellen, um dem Kind ein „Medikament“ zu verordnen. It’s business! Viele dieser Verhaltensstörungen bei Kindern wären unnötig, wenn das Umfeld (Elternhaus, Schule Gesellschaft) kinderfreundlich wäre… ich vermute auch, die Selbstmordrate wäre wesentlich niedriger.

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