Abschaffung des Kommunismus? Der Kölner Kommunisten-Prozeß und das Wiedererstarken der Konterrevolution

manifestEnde Februar 1848 erschien erstmals das Manifest der Kommunistischen Partei. Darin hatten Karl Marx und Friedrich Engels in unmißverständlicher Weise erklärt, daß nur dann eine gerechte Gesellschaftsordnung entstehen kann, wenn der herrschenden Kapitalistenklasse die Macht genommen wird, sich gesellschaftliche Produkte durch die Unterjochung fremder Arbeit anzueignen. Sie erklärten: „In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt…“ – Doch damit nicht genug. Noch hatten die Kapitalisten ihr Ziel nicht erreicht. Erst nachdem 1953 die weltweit bedeutendste Persönlichkeit des Kampfes gegen den Imperialismus, der Generalissimus Stalin, ermordet worden war, und mit Chruschtschow ein Antikommunist an die Spitze der KPdSU gelangte, war die Tür zum Untergang des Sozialismus geöffnet.

Immer stand der Profit im Mittelpunkt der kapitalistischen Gesellschaft. Es ging nun darum, die Kommunistischen Parteien abzuschaffen und die Staaten der sozialistischen Gemeinschaft aus dem Weg zu räumen. So verschaffte sich der Kapitalismus mit der Konterrevolution 1990 weitere Expansionsmöglichkeiten. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts spitzte sich die Lage weiter zu. Selbst die Kriege in Afghanistan, im Irak, in Libyen, im Kosovo und in der Ukraine brachten keine Lösung für den „überhitzten Markt“. Flüchtlingsströme zogen nach Mitteleuropa.

Ein teuflischer Plan: „Plandemie“

Erst nachdem Ende des Jahres 2019 der Plan einer weltweiten Epidemie auf dem Tisch lag, wähnten sich die Kapitalisten sicher, auf diese Weise sich gleich mehrerer Probleme entledigen zu können: Die „aufgeschobene“ Weltwirtschaftskrise, die drohende Massenarbeitslosigkeit, die wachsenden sozialen Probleme, den sich aufs Äußerste zuspitzenden Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit, die lästigen ökologischen Probleme, die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung, die ständig drohende Gefahr von Massenaufständen gegen die herrschende Bourgeoisie usw.

Die „Lösung“ war gefunden…

…ein „Virus“ mußte her – eine „Pandemie“, die man zu einer tödlichen Bedrohung erklären konnte. Damit ließen sich die Volksmassen in allen Ländern perfekt einschüchtern, disziplinieren, bestrafen und in die Irre führen. Einen Virus kann man nicht verurteilen. Er ist einfach da – oder auch nicht. Und die Tests? Ja, die kann man manipulieren. Die Anzahl der Toten auch. Hauptsache die Angst bleibt! Und so hoffte man auch gleich den Kommunismus „ausrotten“ zu können – das wurde zu einer Fortsetzung der Ziele der Nazis Goebbels, Göring, Hitler und ihrer Hintermänner in der internationalen Monopolbourgeoisie… doch um dieses Ziel zu „erreichen“, muß die Bourgeoisie schon die ganze Menschheit abschaffen.

Es war für die herrschende Klasse der Kapitalisten schon immer deren größte Sorge, daß sich die Arbeiterklasse eines Tages organisieren und das Joch der Lohnsklaverei abwerfen würde. Die Revolution 1848/49 in Deutschland war gescheitert. Und nun versuchte die preußische Polizei mit allen Mitteln, den Kommunisten die Schuld an dieser Revolution in die Schuhe zu schieben.


Das Wiedererstarken der Reaktion nach 1849

Die Revolution von 1848/49 hatte die ge­sellschaftlichen und politischen Zustände in Deutschland nicht zu ändern vermocht. Die hi­storisch überlebten feudalen Kräfte – Könige, Fürsten und Junker – behielten weiter die po­litische Macht. Die Zersplitterung Deutschlands in über 30 Einzelstaaten blieb erhalten (siehe farbige Karte „Mitteleuropa in den Jahren 1848/49“).

Die Wiederbelebung des Deutschen Bundes

Die reaktionären Kräfte versuchten, die Niederlage der Revolution zur Festigung ihrer Herrschaft zu benutzen. So wurde der Deutsche Bund wieder­belebt. Er sollte dazu beitragen, daß die reaktionä­ren Zustände in Deutschland erhalten blieben. Zwar gerieten Österreich und Preußen im Kampf um die Vorherrschaft im Deutschen Bund in zunehmenden Gegensatz zueinander, aber bei der Unterdrückung der Volksmassen wirkten sie ein­trächtig zusammen.

Die juristischen Machtmittel der herrschenden Klasse

Durch Gesetze und Verordnungen, Polizeiterror und Justizwillkür versuchten die Einzelstaaten und der Deutsche Bund, jede demokratische Regung und erst recht die Arbeiterbewegung zu ersticken. Die demokratischen Volksvereine und die Ar­beiterorganisationen wurden unterdrückt, Presse und Versammlungen einer strengen Aufsicht unterworfen. Die Geheimpolizei wurde ver­größert.

Die Kommunisten werden verfolgt

Im Jahre 1851 gelang es der Polizei, führende Mitglieder des Bundes der Kommunisten zu ver­haften. Nach achtzehnmonatiger Untersuchungs­haft fand 1852 gegen zwölf Angeklagte der be­rüchtigte Kölner Kommunistenprozeß statt. Trotz der Haltlosigkeit der Anklage, die auf Fälschungen und Meineiden beruhte, wurden 7 Angeklagte zu insgesamt 36 Jahren Festungshaft verurteilt.

Unterdrückung der Arbeiterbewegung

Mit der Verurteilung der ersten internationalen und deutschen Arbeiterpartei sollte die Arbeiter­bewegung als gesellschaftliche Kraft ausgeschaltet und die gesamte demokratische Bewegung ent­scheidend getroffen werden.


Karte von Mitteleuropa in den Jahren 1848/49

Karte1848

(rot umrandet: Grenze des Deutschen Bundes)


Friedrich Engels: Der Kommunisten-Prozeß zu Köln

Aus dem Englischen.

[„New-York Daily Tribune“ Nr. 3645 vom 22. Dezember 1852]
<398> London, Mittwoch, 1. Dezember 1852: Sie werden bereits durch die europäischen Zeitungen zahlreiche Berichte über den Monsterprozeß gegen die Kommunisten zu Köln in Preußen und über sein Ergebnis erhalten haben. Da jedoch keiner dieser Berichte eine auch nur einigermaßen wahrheitsgetreue Darstellung der Tatsachen enthält und da diese Tatsachen ein grelles Licht werfen auf die politischen Methoden, durch die der europäische Kontinent in Knechtschaft gehalten wird, halte ich es für notwendig, auf diesen Prozeß zurückzukommen.

Der Arbeiterklasse fehlt eine Organisation

Die kommunistische oder proletarische Partei hatte gleich anderen Parteien durch die Aufhebung des Vereins- und Versammlungsrechts die Möglichkeit verloren, sich auf dem Kontinent eine legale Organisation zu schaffen. Ihre Führer befanden sich überdies im Exil. Aber keine politische Partei kann bestehen ohne Organisation; und wenn die liberale Bourgeoisie und das demokratische Kleinbürgertum in der Läge waren, durch ihre gesellschaftliche Stellung, ihre günstige wirtschaftliche Läge und den hergebrachten tagtäglichen persönlichen Verkehr ihrer Mitglieder untereinander für eine solche Organisation mehr oder weniger Ersatz zu finden, so blieb dem Proletariat, dem eine solche gesellschaftliche Stellung und solche Geldmittel fehlten, nichts anderes übrig, als zur geheimen Verbindung seine Zuflucht zu nehmen.

Es muß eine Partei geschaffen werden

Daher entstanden sowohl in Frankreich wie in Deutschland jene zahlreichen Geheimgesellschaften, die seit dem Jahre 1849 eine nach der anderen von der Polizei aufgedeckt und wegen Geheimbündelei verfolgt wurden; aber wenn auch viele von ihnen wirklich konspirativen Charakter hatten und tatsächlich zu dem Zweck gebildet waren, die bestehende Regierung zu stürzen – und nur ein Feigling griffe unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu konspirativen Methoden, gerade so wie nur ein Narr <399> sich unter anderen Voraussetzungen auf ihre Anwendung versteifte –, so gab es doch auch andere, für einen umfassenderen, höheren Zweck geschaffene Gesellschaften, die wußten, daß der Sturz einer bestehenden Regierung nur eine Episode in dem großen bevorstehenden Kampf ist, und sich die Aufgabe stellten, sich zusammenzuschließen und die Partei, deren Kern sie bildeten, für den letzten, entscheidenden Kampf vorzubereiten, in dem eines Tages in Europa die Herrschaft nicht bloß von „Tyrannen“, „Despoten“ und „Usurpatoren“, sondern einer weit gewaltigeren, weit furchtbareren Macht für immer zertrümmert werden soll: die des Kapitals über die Arbeit.

Die Partei der Kommunisten

Die Organisation der in vorderster Front stehenden kommunistischen Partei in Deutschland war solcher Art. In Übereinstimmung mit den Grundsätzen ihres „Manifests“ (veröffentlicht 1848) und mit den in der Artikelserie „Revolution und Konterrevolution in Deutschland“ in der „New-York Daily Tribune“ dargelegten Grundsätzen bildete diese Partei sich niemals ein, sie sei imstande, jene Revolution, die ihre Ideen verwirklichen soll, zu jedem beliebigen Zeitpunkt nach Willkür hervorzurufen. Sie erforschte die Ursachen, die die revolutionären Bewegungen von 1848 hervorgerufen, und die Ursachen, die ihrem Mißerfolg zugrunde lagen. Da sie alle politischen Kampfe auf soziale Klassengegensätze zurückführt, befaßte sie sich mit der Untersuchung der Bedingungen, unter denen eine Gesellschaftsklasse berufen sein kann und muß, die Gesamtinteressen einer Nation zu vertreten und sie damit politisch zu beherrschen.

Lehren aus der Geschichte

Die Geschichte hat die kommunistische Partei gelehrt, wie nach der Landaristokratie des Mittelalters die Geldmacht der ersten Kapitalisten emporstieg und die Staatsgewalt an sich riß, wie der gesellschaftliche Einfluß und die politische Herrschaft dieses Teils der Kapitalisten, der Finanzaristokratie, seit der Einführung der Dampfkraft durch die wachsende Macht der industriellen Kapitalisten verdrängt wurde und wie im gegenwärtigen Augenblick zwei weitere Klassen ihre Ansprüche auf die politische Macht anmelden: die Klasse der Kleinbürger und die Klasse der Industriearbeiter.

Keine falschen Erwartungen

Die praktische revolutionäre Erfahrung von 1848/49 bestätigte die theoretischen Überlegungen, die zu dem Schlusse führten, daß erst die kleinbürgerliche Demokratie an die Reihe kommen muß, ehe die kommunistische Arbeiterklasse erwarten darf, sich für dauernd in den Besitz der Macht zu setzen und jenes System der Lohnsklaverei zu vernichten, das sie unter dem Joch der Bourgeoisie hält. Somit konnte die Geheimorganisation der Kommunisten gar nicht das unmittelbare Ziel verfolgen, die gegenwärtigen Regierungen in Deutschland zu stürzen. Sie wurde <400> geschaffen, nicht um deren Sturz herbeizuführen, sondern den Sturz jener Regierung, die, aus einem Aufstand hervorgehend, früher oder später an ihre Stelle treten wird. Ihre Mitglieder mochten – und würden auch sicher – zu gegebener Zeit einer gegen den Status quo gerichteten Bewegung persönlich aktiven Beistand leisten.

Revoluzzer müssen hinausgeworfen werden

Aber die Vorbereitung einer solchen Bewegung auf einem anderen Weg als dem der geheimen Verbreitung der kommunistischen Ideen unter den Massen konnte nicht Aufgabe des Bundes der Kommunisten sein. Diese grundlegende Aufgabe wurde von der Mehrzahl seiner Mitglieder so gut verstanden, daß einige ehrgeizige Streber (Fraktion Willich-Schapper), als sie versuchten, den Bund in eine Verschwörergesellschaft zu verwandeln, um eine Revolution ex tempore (aus dem Stegreif) zu machen, schleunigst hinausgeworfen wurden.

Vom Gericht unschuldig verurteilt

Nun konnte nach keinem Gesetz in der Welt eine solche Verbindung ein Komplott, ein Geheimbund zu hochverräterischen Zwecken benannt werden. Wenn sie ein Geheimbund war, so nicht gegen die derzeitige Regierung, sondern gegen ihre mutmaßliche Nachfolgerin. Die preußische Regierung war sich darüber auch im klaren. Das war der Grund, weshalb man die elf Angeklagten achtzehn Monate lang in Einzelhaft hielt, eine Zeit, die von den Behörden zu den unerhörtesten juristischen Kniffen ausgenutzt wurde. Man stelle sich vor: Nach achtmonatiger Untersuchungshaft wurden die Beschuldigten noch monatelang im Gefängnis behalten, „weil ihnen keine strafbare Handlung nachgewiesen werden konnte“! Und als sie endlich vor das Geschworenengericht gestellt wurden, konnte ihnen nicht eine einzige Handlung offenkundig hochverräterischen Charakters nachgewiesen werden. Und doch wurden sie verurteilt, man wird gleich sehen, wie.

…gestohlene Papiere

Einer der Emissäre des Bundes (Nothjung) wurde im Mai 1851 verhaftet, und auf Grund von Schriftstücken, die bei ihm gefunden wurden, folgten weitere Verhaftungen. Ein preußischer Polizeibeamter, ein gewisser Stieber, wurde sofort nach London beordert, um dort die Verzweigungen der angeblichen Verschwörung aufzuspüren. Es gelang ihm, einige Papiere in die Hand zu bekommen, die sich auf die an der erwähnten Abspaltung vom Bunde beteiligten Personen bezogen, welche nach ihrem Ausschluß in Paris und London einen wirklichen Geheimbund gebildet hatten. Diese Papiere verschaffte er sich durch ein doppeltes Verbrechen. Ein Mann namens Reuter wurde gedungen, um das Schreibpult des Sekretärs der Gesellschaft aufzubrechen und die darin verwahrten Papiere zu stehlen.

…der geplatzte französisch-deutsche Komplott

Aber das war noch gar nichts. Dieser Diebstahl führte zur Aufdeckung und Aburteilung des sogenannten französisch-deutschen Komplotts in Paris, lieferte aber keinen Anhalts- <401> punkt in bezug auf den großen Bund der Kommunisten. Das Pariser Komplott stand, nebenbei bemerkt, unter der Leitung einiger ehrgeiziger Dummköpfe und politischer chevaliers d’industrie (Glücksritter) in London und eines wegen Urkundenfälschung vorbestraften Subjekts (Cherval), das sich damals als Polizeispitzel in Paris betätigte; die von ihnen eingefangenen Gimpel entschädigten sich durch rabiates Gerede und blutrünstigen Schwulst für die völlige Bedeutungslosigkeit ihres politischen Daseins.

…Bespitzelung kommunistischer Emigranten

Die preußische Polizei mußte also nach neuen Entdeckungen Umschau halten. Sie richtete ein regelrechtes Büro der Geheimpolizei bei der preußischen Gesandtschaft in London ein. Ein Polizeiagent namens Greif betrieb sein anrüchiges Gewerbe unter dem Titel eines Gesandtschaftsattachés – ein Vorgehen, das genügen wurde, um alle preußischen Gesandtschaften außerhalb des Völkerrechts zu stellen, und bis zu dem sich bisher nicht einmal die Österreicher zu versteigen wagten. Unter ihm arbeitete ein gewisser Fleury, ein Kaufmann aus der Londoner City, ein Mann von einigem Vermögen und mit ganz respektablen Verbindungen, eine jener erbärmlichen Kreaturen, die aus angeborenem Hang zur Niedertracht die gemeinsten Handlungen begehen.

…die gefälschten „Berichte“ aus Kensington

Ein anderer Agent war ein kaufmännischer Angestellter namens Hirsch, der jedoch schon bei seiner Ankunft als Spitzel angekündigt war. Er hatte sich in die Gesellschaft einiger deutscher kommunistischer Emigranten in London Eingang verschafft, die ihn, um Beweise für seinen wahren Charakter zu erhalten, kurze Zeit bei sich duldeten. Der Beweis für seine Verbindung mit der Polizei war bald erbracht, und von diesem Zeitpunkt an ließ sich Herr Hirsch nicht mehr blicken. Aber wenn er dadurch auch auf jede Gelegenheit verzichtete, die Informationen zu erlangen, für deren Beschaffung er bezahlt wurde, so blieb er doch nicht untätig.

…absurde Ungeschicklichkeiten des Fälschers

In seinem Schlupfwinkel in Kensington, wo er niemals einem der in Frage stehenden Kommunisten begegnete, fabrizierte er jede Woche angebliche Berichte über angebliche Sitzungen einer angeblichen Zentralbehörde eben jenes Bundes von Verschwörern, den zu fassen der preußischen Polizei nicht gelingen wollte. Der Inhalt dieser Berichte war im höchsten Maße absurd; kein einziger Vorname stimmte, kein einziger Name war richtig geschrieben, keine einzige Person ließ Hirsch so sprechen, wie sie wirklich gesprochen hätte. Sein Herr und Meister Fleury half ihm bei diesen Fälschungen, und es steht bisher noch nicht fest, ob der „Attaché“ Greif bei diesem schändlichen Vorgehen seine Hände in Unschuld waschen kann.

Preußische Regierung vermutet:
eine „fürchterliche Verschwörung“

So unglaublich es auch klingt, die preußische Regierung nahm diese albernen Machwerke für bare Münze, und man kann sich vorstellen, <402> welche Verwirrung derartige Schriftstücke in dem Beweismaterial anrichteten, das dem Geschworenengericht vorgelegt werden sollte. Als es zur Verhandlung kam, trat Herr Stieber, der bereits erwähnte Polizeibeamte, als Zeuge auf, nahm den ganzen Unsinn auf seinen Eid und blieb mit nicht geringer Selbstgefälligkeit dabei, einer seiner Geheimagenten stehe in allerengster Verbindung mit jenen Leuten in London, die als die Drahtzieher dieser fürchterlichen Verschwörung anzusehen seien. Dieser Geheimagent war in der Tat ganz geheim, denn er hatte sich acht Monate lang in Kensington verborgen gehalten, aus lauter Angst, er könne wirklich eine der Personen zu Gesicht bekommen, über deren geheimste Gedanken, Worte und Taten er angeblich Woche für Woche Bericht erstattete.

Die Agenten fabrizieren ein gefälschtes „Protokollbuch“

Die Herren Hirsch und Fleury hatten indes noch eine andere Erfindung auf Lager. Sie verarbeiteten die sämtlichen von ihnen fabrizierten Berichte zu einem „Originalprotokollbuch“ der Sitzungen der geheimen Zentralbehörde, deren Existenz von der preußischen Polizei behauptet wurde; und da Herr Stieber fand, daß dieses Buch erstaunlich übereinstimme mit den Berichten, die er bereits aus der gleichen Quelle erhalten hatte, legte er es sogleich dem Geschworenengericht vor und erklärte unter Eid, nach gründlicher Prüfung sei er zu der festen Überzeugung gelangt, daß das Buch echt sei. Daraufhin wurde der größte Teil des von Hirsch berichteten Blödsinns veröffentlicht.

Sämtliche Fälschungen werden entlarvt

Man kann sich die Überraschung der angeblichen Mitglieder jener geheimen Behörde vorstellen, als sie Dinge über sich behauptet fanden, von denen sie bislang keine Ahnung hatten. Männer, die Wilhelm hießen, waren hier mit dem Vornamen Ludwig oder Karl bezeichnet; andere sollten zu einer Zeit, als sie sich am anderen Ende Englands aufhielten, in London Reden gehalten haben; wieder andere hatten nach den Berichten Briefe verlesen, die sie nie erhalten hatten; man ließ sie regelmäßig am Donnerstag zusammenkommen, während sie die Gepflogenheit hatten, ihren allwöchentlichen Gesellschaftsabend am Mittwoch abzuhalten; ein Arbeiter, der kaum schreiben konnte, figurierte als einer der Protokollführer und zeichnete als solcher; und alle ließ man in einer Sprache reden, die in preußischen Polizeistuben zu Hause sein mag, aber bestimmt nicht bei einer Zusammenkunft von Leuten, deren Mehrheit aus Schriftstellern bestand, die in ihrer Heimat einen geachteten Namen haben. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hatte man eine Quittung über einen Geldbetrag gefälscht, den die Fälscher dem angeblichen Sekretär der erfundenen Zentralbehörde für das Protokollbuch bezahlt haben wollten; aber dieser angebliche Sekretär verdankte sein Dasein nur einem Streich, den sich ein maliziöser Kommunist mit dem unglückseligen Hirsch geleistet.

Der ganze dubiose Handel fliegt auf…

<403> Die plumpe Fälschung war zu skandalös, um nicht das Gegenteil der damit beabsichtigten Wirkung zu erzielen. Obgleich den Londoner Freunden der Angeklagten jede Möglichkeit genommen war, die Geschworenen mit dem wirklichen Sachverhalt bekanntzumachen, obwohl die Briefe, die sie an die Verteidigung schickten, von der Post unterschlagen wurden, obwohl die Urkunden und eidesstattlichen Versicherungen, die sie diesen Männern des Gesetzes dennoch in die Hände zu spielen wußten, nicht als Beweismittel zugelassen wurden, war doch die allgemeine Entrüstung derart, daß selbst die Staatsanwaltschaft, ja sogar Herr Stieber – der mit seinem Eid für die Echtheit des Protokollbuchs gebürgt hatte – gezwungen waren, es als Fälschung anzuerkennen.

Die imfamen Machenschaften der Polizei

Diese Fälschung war jedoch nicht die einzige ihrer Art, deren die Polizei sich schuldig gemacht. Noch zwei oder drei ähnliche Fälle kamen im Verlauf des Prozesses ans Licht. Die durch Reuter gestohlenen Schriftstücke waren von der Polizei durch sinnentstellende Einschiebungen verfälscht worden. Ein Zettel voll tollen Unsinns war in einer Handschrift geschrieben, die der von Dr. Marx nachgeahmt war, und eine Zeitlang wurde behauptet, er stamme wirklich von ihm, bis sich die Staatsanwaltschaft schließlich gezwungen sah, die Fälschung zuzugeben. Aber für jede polizeiliche Infamie, die entlarvt wurde, wurden fünf oder sechs neue aufgetischt, die nicht sofort klargestellt werden konnten, denn die Verteidigung wurde damit überrumpelt, die Beweismittel mußten aus London beschafft werden, und jede Korrespondenz der Anwälte mit den kommunistischen Emigranten in London wurde in öffentlicher Gerichtssitzung als strafbare Teilnahme an dem angeblichen Komplott behandelt!

Daß die hier von Greif und Fleury gegebene Charakteristik zutrifft, wurde von Herrn Stieber in seiner Zeugenaussage selbst bestätigt; was Hirsch anbelangt, so hat er vor einem Polizeirichter in London eingestanden, er habe das „Protokollbuch“ im Auftrag und unter Beihilfe Fleurys gefälscht und sei dann aus England geflüchtet, um sich strafrechtlicher Verfolgung zu entziehen.

Die „heiligsten Güter“ (der Bourgeoisie)

Die Regierung kann sich derart vernichtende Enthüllungen, wie sie während des Prozesses zutage traten, nicht oft leisten. Wohl hatte sie eine Jury, wie sie in den Annalen der Rheinprovinz unerhört war – sechs Adlige, Reaktionäre vom reinsten Wasser, vier Angehörige der Finanzaristokratie und zwei Staatsbeamte. Das waren nicht die Männer, die verworrene Masse des Beweismaterials gewissenhaft zu prüfen, das im Lauf von sechs Wochen vor ihnen aufgetürmt worden war, während derer ihnen unaufhörlich in die Ohren geschrieen wurde, die Angeklagten seien die Häupter einer furchtbaren <404> kommunistischen Verschwörung, die angezettelt worden sei, um den Umsturz der heiligsten Güter: Eigentum, Familie, Religion, Ordnung, Regierung und Gesetz, herbeizuführen!

Die Machthaber sicherten sich ihre Macht

Und doch, hätte die Regierung nicht zu gleicher Zeit den privilegierten Klassen zu verstehen gegeben, daß ein Freispruch in diesem Prozeß das Signal für die Abschaffung der Geschworenengerichte bilden und als direkte politische Demonstration aufgefaßt würde, als Beweis dafür, daß die bürgerlich-liberale Opposition bereit sei, sogar mit den extremsten Revolutionären gemeinsame Sache zu machen, dann wäre das Urteil ein Freispruch gewesen. So aber gelang es der Regierung, dank der rückwirkenden Kraft des neuen preußischen Strafgesetzbuchs, die Verurteilung von sieben Angeklagten durchzusetzen, während nur vier freigesprochen wurden; gegen die Verurteilten wurde auf Festungshaft von drei bis sechs Jahren erkannt, was Sie zweifellos schon der seinerzeitigen Meldung entnommen haben.

Quelle: Friedrich Engels: „Der Kommunisten-Prozeß zu Köln“ (1852). In: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, Dietz Verlag Berlin, 1960, Bd.9, S.95-102 (Zwischenüberschriften eingefügt; in spitzen Klammern die Seitenzahlen – N.G.)

Der Kölner Kommunistenprozeß (1852)

Marx_KommunistenprozessProzeß gegen führende Mitglieder des Bundes der Kommunisten, der vom 4. Okt. bis 12. Nov. 1852 in Köln stattfand. Die elf Angeklag­ten, von denen die meisten der Kölner Zentralbehörde des Bundes der Kommuni­sten angehörten, waren: Hermann Becker, Heinrich Bürgers, Roland Daniels, Johann Ehrhardt, Abraham Jacobi, Johann Klein, Friedrich Leßner, Peter Nothjung, Carl Otto, Wilhelm Joseph Reift, Peter Gerhard Röser; anfänglich war auch gegen Ferdinand Freilig­rath Anklage erhoben, den jedoch die Poli­zei nicht verhaften konnte, da er sich seit Mai 1851 in England aufhielt. Sieben der Angeklagten, Becker, Bürgers, Leßner, Nothjung, Otto, Reift und Roser, wurden zu hohen Festungsstrafen – bis zu sechs Jahren – verurteilt; Daniels, der sich unter den Freigesprochenen befand, starb bald an den Folgen der langen Untersuchungshaft.

Der Polizei fallen wichtige Dokumente in die Hand

Durch einen Zufall war der Polizei am 10. Mai 1851 in Leipzig die Verhaftung des Beauf­tragten des Bundes der Kommunisten Nothjung gelungen, der wichtige Dokumente bei sich trug. Der daraufhin einsetzenden Ver­haftungswelle fiel der größte Teil der führenden Bundesmitglieder in Deutschland zum Opfer. Die Unterlagen der Polizei- und Justizbe­hörden reichten zunächst jedoch nicht zur Durchführung eines Prozesses aus.

Die preußische Polizei beauftragt eine Fälscherbande

Die preu­ßische Polizei unter Wilhelm Stieber be­sorgte daraufhin durch die Fabrikation eines „Protokollbuches“ und durch die Fälschung anderer Dokumente sowie durch die Tätig­keit von Lockspitzeln im Sonderbund der Fraktion Willich-Schapper ein Material, auf Grund dessen das Gericht, nachdem die An­geklagten anderthalb Jahre in Untersu­chungshaft gesessen hatten, das Urteil aus­sprach. Während des Prozesses war Karl Marx unermüdlich tätig, allen Polizeiintrigen entgegenzuwirken. Sofort nach Beendigung des Prozesses verfaßte er die „Enthüllungen üher den Kommunisten-Prozeß zu Köln“ (1853), in denen er die politischen Hinter­gründe des Prozesses aufdeckte und die preußische Polizeiwirtschaft entlarvte.

Der erste großangelegte Versuch der Vernichtung der revolutionären Partei der Kommunisten durch die Bourgeoisie

Der Kölner Kommunistenprozeß bildete den Höhepunkt einer Kette von Unterdrückungsmaßnahmen, die die dt. und auch die ausländischen Regie­rungen nach der Niederlage der Revolution von 1848/1849 gegen die Arbeiterbewegung richteten; er war der erste großangelegte Versuch der herrschenden Klassen, die Ar­beiterklasse ihrer revolutionären Partei zu berauben.

Quelle: Sachwörterbuch der Geschichte (2 Bde.), Dietz Verlag Berlin, 1969, Bd.I, S.941.

Stalin Reaktion

Hier noch einmal das „Manifest der Kommunistischen Partei“:

„Man hat eingewendet, mit der Aufhebung des Privateigentums werde alle Tätigkeit aufhören und eine allgemeine Faulheit einsetzen. Hiernach müßte die bürgerliche Gesellschaft längst an der Trägheit zugrunde gegangen sein; denn die in ihr arbeiten, erwerben nicht, und die in ihr erwerben, arbeiten nicht. Das ganze Bedenken läuft auf die Tautologie hinaus, daß es keine Lohnarbeit mehr gibt, sobald es kein Kapital mehr gibt.“

Quelle: Karl Marx/Friedrich Engels, „Manifest der Kommunistischen Partei“. In: MEW, Bd. 4, S. 459-493.
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5 Antworten zu Abschaffung des Kommunismus? Der Kölner Kommunisten-Prozeß und das Wiedererstarken der Konterrevolution

  1. Hanna Fleiss schreibt:

    Stalin war ein kluger Mann, er sah voraus, was geschehen würde, sobald es die Sowjetunion vielleicht nicht mehr geben würde. Er hat diese Zeit, die unsere Zeit ist, nicht mehr erlebt, er war Kommunist, weitblickend, weil er auf der Grundlage der Erkenntnisse des Marxismus-Leninismus urteilte. Und Marx amüsierte sich über den Kurzschluss, der in so manchen Köpfen zu Hause ist, dass die Menschheit faul werden und nur nach den gebratenen Tauben das Maul aufsperren würde, wenn es kein Kapital mehr geben sollte und folglich auch keine Lohnarbeit.

    Lohnarbeit wird es wahrscheinlich immer geben, egal, worin die Entlohnung von Arbeit besteht, ob nun in klingender Münze oder in einer Gesellschaft, die das Privateigentum an Produktionsmitteln abgeschafft hat und deren Lohn darin besteht, eine menschenwürdige Gesellschaft geschaffen zu haben, in der der Mensch auch Mensch sein darf und nicht Sklave sein muss. Es sei auf Engels hingewiesen, seine Gedanken zur Menschwerdung des Affen durch die Arbeit.
    Und sie hat es in jeder bisherigen Gesellschaftsordnung gegeben, darin besteht ja die Entwicklung der Menschheit. Und es ist egal, ob wir auf die Zeit der Stammesgesellschaften zurückgehen, die Sklavenhalterwirtschaft oder den Feudalismus oder den heutigen Kapitalismus – die Menschheit entwickelte sich durch die Arbeit. Immer wurde die Menschheit von den Besitzenden ausgebeutet, immer herrschte über ihr die kleine Klasse von Besitzenden, nachdem sich die Stammesgesellschaften aufgelöst hatten, also der frühe Kommunismus. Natürlich will der moderne Kommunismus (muss ich vielleicht sagen) nicht zurück zur Stammesgesellschaft, ihm geht es
    vorrangig um das Gemeineigentum an Produktionsmitteln, und das heißt Abschaffung auch des Kapitals. Das ist eine einfache Überlegung, die aber erst nach schweren Kämpfen der Ausgebeuteten gegen die Kapitalbesitzenden Wirklichkeit werden kann. Und diese Überlegung allein ruft die Büttel des Kapitals auf den Plan. Das Schlimme: Nie war die Arbeiterklasse so schwach, so unorganisiert wie heute – heute, wo es auf sie ankommt zu verhindern, dass die Menschheit in Barbarei versinkt.

    • sascha313 schreibt:

      Eine Tautologie ist eine Bezeichnung, durch mehrere Ausdrücke, die das gleiche besagen (z.B. ein alter Greis). Siehe: Karl Marx: „Lohnarbeit und Kapital“ MEW 6, 397ff.

      • Hanna Fleiss schreibt:

        Lieber S. Erfurt, natürlich wird im Kommunismus die Lohnarbeit auf Basis der geleisteten Arbeit abgeschafft sein, dann geht es nach den Bedürfnissen der Menschen, unabhängig vom Anteil der Menschen am geschaffenen gesellschaftlichen Produkt. Ich bezweifle aber, dass es da wirklich schon sehr klare Vorstellungen gibt, wie das auf welcher Grundlage geschehen soll. Ich bin aber der Ansicht, vor dem Kommunismus wird der Sozialismus eine lange Epoche sein, in der die Grundlagen des Kommunismus erst geschaffen werden. Und auf den Sozialismus habe ich abgehoben, da kenn ich mich ein ganz klein wenig aus eigenem Erleben aus. Und der Sozialismus als Übergangsepoche zum Kommunismus benötigt immer noch die Lohnarbeit, auf jeden Fall.

        In der DDR wurden Anfänge unternommen, den ausgezahlten Lohn durch staatliche Subventionen für Konsumausgaben für alle Bürger zu erhöhen. Das war noch nicht der Kommunismus, der ja auf vollendetem Sozialismus aufbaut. Insofern bin ich schon der Ansicht, dass es noch sehr lange Lohnarbeit geben wird, selbst dann, wenn der Kapitalismus zum Teufel gejagt wurde.

        Einverstanden, S. Erfurt?

      • Also, Hanna Fleiss, ich bin überhaupt nicht mit deinen Aussagen über die „Lohnarbeit“ einverstanden.

        Auch wenn ich nicht in der DDR aufgewachsen bin, weiß ich, daß es dort keine „Lohnarbeit“ mehr gegeben hat. Es hat in den sozialistischen Staaten „Lohn FÜR erbrachte Arbeit“ gegeben.
        Das darf doch aber bitte schön nicht mit der „Lohnarbeit“ gleichgesetzt werden, denn „Lohnarbeit“ bedeutet, daß ein Mensch seine Arbeitskraft verkauft und ein anderer sie kauft. Das ist jedoch in keinem „untergegangenen“ sozialistischen Staat der Fall gewesen.

    • Hanna Fleiss: „wenn es kein Kapital mehr geben sollte und folglich auch keine Lohnarbeit.
      Lohnarbeit wird es wahrscheinlich immer geben“

      Kapital wird es immer geben, denn darauf baut jede Gesellschaft auf. Marx hat das Kapital nicht bekämpft, sondern darüber aufgeklärt, „was Kapital ist“ und wie es mißbraucht wird, um die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen aufrechtzuerhalten.

      Lohnarbeit hingegen wird es nicht ewig geben, denn Lohnarbeit ist der legale – jedoch widerrechtliche – Verkauf der menschlichen Arbeitskraft an einen anderen Menschen, der sich aus dem Kauf der menschlichen Arbeitskraft den Mehrwert, den der Arbeiter erwirtschaftet, legal – aber widerrechtlich aneignet.

      Es handelt sich bei der Lohnarbeit um ein „höhere“ Form der Sklaverei, die zwar durch die gesamte Menschheitsgeschichte legalisiert wurde und immer noch ist, aber in allen Philosophien und Religionen stets widerrechtlich war.

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