Das Wort muß ein Schwert sein…

Börne2Ludwig Börne, ein Fanatiker des Rechts und mensch­licher Würde, unbestechlicher Hüter des deutschen Freiheitsgedankens und glühender Patriot, der beseelt war vom Willen zu einem einigen Vaterland und kompromißlos seinen Weg ging – dieser Börne, der zu­gleich ein ausgezeichneter Schriftsteller war, ist viel zu schnell in Vergessenheit geraten und zu lange vergessen geblieben. Im Gegensatz zu manchen anderen Vertetern des fortschrittlichen deutschen Bürgertums rief Börne zur revolutionären Tat auf. Wie weit es ihm gelang, den Willen zur befreienden Tat bei seinen Zeitgenossen und späteren Generationen zu wecken, beweist der Umstand, daß die Kräfte der Reaktion diesen mutigen Ideologen des „Jungen Deutschland“ nicht nur bekämpften und in die Emigration trieben, sondern daß die Bourgeoisie ihn als unbequem völlig abzutun trachtete…

„Als Pythagoras seinen bekannten Lehrsatz entdeckte, brachte er den Göttern eine Heka­tombe* dar. Seitdem zittern die Ochsen, sooft eine neue Wahrheit ans Licht kommt.“

Den oben zitierten Satz verdanken wir Ludwig Börne, der sich allerdings nicht damit begnügte, Wahr­heiten witzig und treffend zum Ausdruck zu bringen. Er kämpfte selbst sein ganzes Leben hindurch gegen die Dummheit, die sich einer neu erkannten Wahrheit widersetzt, und sehr bald hat er die Lehre gezogen, daß es unter den Rindern nicht nur Ochsen gibt, son­dern auch Stiere, die es nun bestimmt nicht beim Zittern bewenden lassen, es vielmehr ausgezeichnet verstehen, ihre Hörner zu gebrauchen. Börne packte sie bei den Hörnern. Unter den Kämpfern für die „neue Wahrheit“ seiner Epoche war er einer der mutigsten und aufrechtesten.

Börne3

„…die inländischen Tyrannen zwingen uns, die Hand zu küssen, die uns züchtigt. Die Ehre eines Volkes ist es, frei zu sein, ein Bedientenvolk hat keine Ansprüche auf Achtung zu machen. … In Spanien, dem Lande der Inquisition, besteht Pressefreiheit, und in Deutschland, dem Vaterlande Luthers, herrscht die Zensur!“

*Hekatombe: ursprünglich eine Opfergabe von 100 Stieren.

Zitate

Und so schrieb Börne weiter:

„Im deutschen Lande war der Baum der Erkenntnis eine ehrwürdige Eiche, die dem müden Menschen Schatten, aber der hungrigen Seele keine Speise gab…“

„Die Menschen haben Furcht, als wären sie Geschöpfe von nur augenblicklicher Dauer. Darum unterbleibt so vieles Gute in Worten wie in Taten.“

Börne war 32 Jahre alt, als er begann, auf seiner „Wage“ (eine Zeitschrift, deren Herausgeber er war) die Zeit abzuwiegen. Er wog exakt, nach Recht und bestem Gewissen. Er war noch jung; er wußte noch nicht, daß die Wiegeschale des Rechts sich durch Argumente allein nicht senken läßt. Aber er lernte es.

…er wußte, wie stark das Bürgertum am Kunstleben interessiert war, sich jedoch mit einer meist zweifelhaften Anregung begnügte und bei fortschrittlichen Ideen glaubte, mit ihrer Anerkennung und Bestätigung schon seine Pflicht getan zu haben. Dabei merkten viele sonst aufgeschlossene Menschen nicht einmal, daß sich viel häufiger und schneller als das Vorwärtstreibende das Zurückgebliebene, also der Rückschritt, breitmachte und durchsetzte.

„…ich trieb Privat-Patriotismus und gab eine Zeitschrift heraus: Die Wage. Ach Himmel! An Gewichten fehlte es mir nicht, aber ich hatte nichts zu wiegen. Das Volk auf dem Markte tat nichts und machte keine Geschäfte, und das Völkchen in den höheren Räumen handelte mit Luft und Wind und anderen imponderablen Stoffen. Ich war in sehr großer Verlegenheit.“

Quelle:
Leo Menter: „Ludwig Börne – Meister des Wortes und Kämpfer für Recht und Freiheit“. Kongreß-Verlag Berlin, 1954.

Interessant. Trifft das nicht heute auch zu?

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12 Antworten zu Das Wort muß ein Schwert sein…

  1. Erfurt schreibt:

    Eine kleine Anmerkunge: Nicht die Deutschen haben Fankreich erfolgreich bekämpft, sondern deutsche Soldaten haben gegen französische Soldaten gekämpft und umgekehrt. Dabei ging es nie um den Nationalen Stolz oder um das Vaterland, weder dem Einen noch dem Anderen, vielmehr haben die aufeinander geschossen nur weil das die Herren in Berlin (Preußen) und Paris so wollten.

    „…die inländischen Tyrannen zwingen uns, die Hand zu küssen…“ Genau! Auf dem Erfurter Fürstenkongreß (1808) küssten sich Napoleon und der Preußenkönig gegenseitig die Hände. Zar Nikolaus war ein Vetter des Deutschen Kaiser Wilhelm II. Von 1914 bis 1918 gab es Millionen Tote wegen dieser Vetternwirtschaft!

    MFG

    • sascha313 schreibt:

      Danke für den Hinweis! Das ist schon richtig, aber wir müssen bedenken: Ludwig Börne lebte vor über 200 Jahren. Heute sehen wir vieles genauer…

      • Erfurt schreibt:

        Wir müssen auch berücksichtigen, wann Leo Menter: „Ludwig Börne – Meister des Wortes und Kämpfer für Recht und Freiheit“ erschienen ist, das war im Jahr 1954. Da ging es, wie auch in weiteren Schriften und Büchern die in dieser Zeit erschienen sind darum, den Lesern verständlich zu machen daß es schönere Dinge gibt, als sein Leben im Krieg zu verlieren.

        Viele Grüße!

      • sascha313 schreibt:

        …und wenn man in diesem kleinen Büchlein weiterliest, kommen einem ganz bemerkenswert heutige Gedanken wieder zu Bewußtsein. Auch heute ist es wieder die (mittlere und kleine) Bourgeoisie (gemeint ist damit nicht die oberste „Elite“!), die ihren Widerstand gegen die Zwangsmaßnahmen der Machthaber in ihren Protesten zum Ausdruck bringt. Recht hatte Börne: „…das Volk auf dem Markte tat nichts“ – sagen wir mal so: die Arbeiterklasse ist abgelenkt vom Klassenkampf, sie wurde desinfomiert und unterliegt heute immer noch der Manipulation durch die Medien…

      • Ric schreibt:

        Wir sollten eigentlich wissen, dass sich im Verhalten der Menschen in den 200 Jahren nichts verändert hat. Er agiert immer noch wie ein wildes Tier und versucht mit aller List, Lüge und Gewalt andere zu beherrschen. Das hat sich nicht geändert.

      • sascha313 schreibt:

        So, so – ist das nun Ihre persönliche Ansicht, oder wie kommen Sie zu solch einem vernichtenden Urteil? – Nun, ich weiß nicht, in welchen Kreisen Sie verkehren, aber offensichtlich ist ihnen bei Ihrer Verallgemeinerung entgangen, daß nicht erst seit Börne ganze Generationen gegen dieses hartnäckige und bösartige Vorurteil der machthabenden Klasse der Besitzenden kämpften, die damit die ganze Menschheit zu inkriminieren suchte. Was ist Ihr Leben eigentlich noch wert, wenn Sie List, Lüge und Gewalt zu Ihren Waffen zählen? Gaunerei als Lebensprinzip? Ist es das, was Sie antreibt?

        Offensichtlich ist Ihnen auch entgangen, daß auch eine andere Lebensweise möglich ist. Und sie war möglich in 70 Jahren Sozialismus. Das habe ich selbst erlebt! Und wenn Ihnen heute nur Schlechtigkeiten über die DDR erzählt werden …was glauben Sie warum das so ist? Möge doch bitteschön niemand auf die Idee kommen, den Kapitalismus, der so viel Unheil über die Welt gebracht hat, als vergänglich und beseitigenswert anzusehen! Die Schlechtigkeit anderer als Ausrede für eigene Unmoral zu nehmen, ist ein billiger Trick, der niemanden adelt. Den Grund für alle Schlechtigkeit sollte man nirgendwo anders suchen, als im Wirkmechanismus des Kapitalismus selbst.

        Karl Marx zitierte einst T.J. Dunning:

        Quelle: Karl Marx „Das Kapital“, Erster Band, MEW Bd.23, S.788.

  2. Harry56 schreibt:

    Hm… interessant!

  3. „…und wenn man in diesem kleinen Büchlein weiterliest, kommen einem ganz bemerkenswert heutige Gedanken wieder zu Bewußtsein. Auch heute ist es wieder die (mittlere und kleine) Bourgeoisie (gemeint ist damit nicht die oberste „Elite“!), die ihren Widerstand gegen die Zwangsmaßnahmen der Machthaber in ihren Protesten zum Ausdruck bringt. Recht hatte Börne: „…das Volk auf dem Markte tat nichts“ – sagen wir mal so: die Arbeiterklasse ist abgelenkt vom Klassenkampf, sie wurde desinfomiert und unterliegt heute immer noch der Manipulation durch die Medien… — Sascha

    Besonders: „Auch heute ist es wieder die (mittlere und kleine) Bourgeoisie (gemeint ist damit nicht die oberste „Elite“!), die ihren Widerstand gegen die Zwangsmaßnahmen der Machthaber in ihren Protesten zum Ausdruck bringt.“

    Leider ist diese mittlere und kleine Bourgeoisie — 3,5 Millionen einzelne Menschen, die 25 Millionen Proletarierer „für sich arbeiten lassen“ — nur damit beschäftigt, ihre eigene Haut retten zu wollen, statt sich mit ihren „Arbeitnehmern“ = also dem Proletariat zu verbünden …

  4. Hanna Fleiss schreibt:

    Ja, Sascha, richtig ist, dass die gesamte Bevölkerung manipuliert wird, mehr oder weniger, nicht nur die Arbeiterklasse. Auch große Teile des mittleren Bürgertums sind manipuliert. Gegenwärtig sind beide mit dem Überleben beschäftigt, das nimmt ihre ganze Kraft in Anspruch, sie können und wollen nicht nachprüfen, was die Wahrheit ist. Sie schlucken, was ihnen vorgesetzt wird. Aber, da hast du recht, Teile des kleinen und mittleren Bürgertums, die im Grunde den in der BRD herrschenden Kapitalismus als die einzig mögliche Gesellschaftsform ansehen mit den sogenannten bürgerlichen Freiheiten, bestehen einfach darauf, dass die formalen Rechte, die ihnen durch Verfassung und Gesetze zugesichert sind, auch eingehalten werden. Und das ist das eigentliche Motiv der gegenwärtigen Proteste. Die Arbeiterklasse dagegen weiß, dass sie im Verhältnis zu kleinen Unternehmern oder Intellektuellen weniger Rechte hat, für sie lohnen sich Proteste nicht eigentlich, zumindest nicht, diese wenigen Rechte öffentlich und lautstark zu verteidigen, sie dürfen sie nicht gefährden. Das ist natürlich ein Desaster, ein Kurzschluss, für sie und die gesamte Bevölkerung, liegt aber daran, dass die Arbeiterklasse gegenwärtig vollkommen desorientiert und nicht wirklich organisiert ist. Und das war auch die Situation zu Börnes Zeiten. So gesehen, hat ihre kämpferische Entwicklung einen gewaltigen Rückschritt gemacht.

    • Erfurt schreibt:

      Alexander Abusch definierte was ein Volk ist: Menschen mit einer gemeinsamen geistigen und kulturellen Grundhaltung. Und mit dieser einfachen, kurzen und knappen Definition wird Jedem sofort klar, daß das genau das ist, was die Kapitalisten am Wenigsten gebrauchen können und von daher systematisch bekämpfen.

      MFG

  5. Erfurt schreibt:

    Hallo Ric! Wo sehen Sie sich denn in einer Gesellschaft, deren Entwicklung durch Menschen geprägt ist, die wilden Tieren gleichen!? Tiere die ständig mit aller List, Lüge und Gewalt bestrebt sind, andere zu beherrschen!? Im Grunde beschreiben Sie ja nichts weiter als den real existierenden Kapitalismus! Und ja, Sie haben völlig Recht, genau der hat sich in den letzten 200 Jahren in seinem Wesen nicht geändert. Nur haben Sie vielleicht noch nicht mitbekommen, daß es Menschen gibt, die sich weiterentwickeln, was sich u.a. darin zeigt, daß die sich auch mal fragen, warum das so ist. Und daß sich diese Menschen insbesondere dadurch von denen unterscheiden, die wilden Tieren gleichen. Und auch dadurch, daß sie ihr wichtigstes Kulturgut, nämlich die Sprache dazu benutzen, sich anderen mitzuteilen, nicht um sie beherrschen zu wollen, sondern um sie aufzuklären, daß eben nicht alle Menschen wilden Tieren gleichen.

    Er rührte an dem Schlaf der Welt mit Worten wie Schwerter!

    Danke Lenin!

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