G.A Gurjew: Bürgerliche Phantastereien

Um die sozialistische Gesellschaftsord­nung aufbauen zu können, ist eine klare Perspektive erforderlich. Man muß in die Zukunft sehen können, da man dabei unmöglich aufs Geratewohl vorwärtsgehen kann. Man darf sich nicht nur auf den heutigen Tag be­schränken, man muß auch an morgen, an die Zukunft denken. Um die Führung übernehmen zu können, muß man vorausschauen, das heißt den Sinn der sich ent­wickelnden Ereignisse, den Sinn der neuen Prozesse rechtzeitig erkennen und diese dann in Übereinstim­mung mit den allgemeinen Entwicklungstendenzen kühn lenken. Die Religion lehrt die Gläubigen, daß „der Mensch denkt, und Gott lenkt“, daß über allem Gottes Wille stehe, der unergründlich sei. Darüber schreibt Gregori Gurjew in seinem Buch „Wissenschaftliche Voraussicht – religiöses Vorurteil“ (1958).

Wozu brauchen wir eine kommunistische Partei?

Die kommunistischen und Arbeiterparteien führen die Werktätigen sicher auf dem Weg zum So­zialismus, da sie den Ablauf der historischen Ereignisse voraussehen. Sie verfügen über einen ausgezeichneten Kompaß, über die marxistisch-leninistische Lehre von der Entwicklung der Gesellschaft, die es ihnen ermög­licht, sich in den Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens sicher zurechtzufinden. Eine der Aufgaben der Erziehung der Werktätigen zum sozialistischen Be­wußtsein besteht darin, ihnen die Unwahrheit und Haltlosigkeit der religiösen Weltanschauung vor Augen zuführen und die Richtigkeit und Größe des Marxismus­-Leninismus als einer echten Wissenschaft aufzuzeigen,

Gesellschaftliche Entwicklung und Persönlichkeit

Die Wissenschaft selbst ist jedoch in ständiger Ent­wicklung und Veränderung begriffen und war zum Bei­spiel lange Zeit nicht imstande, die natürlichen Ursachen der historischen Erscheinungen aufzudecken, da sie die Entwicklungsgesetze der menschlichen Gesellschaft noch nicht kannte. Vor Marx und Engels, den Begründern des wissenschaftlichen Sozialismus und großen Lehrern der Ar­beiterklasse, denen wir den historischen Materialismus verdanken, waren die Wissenschaftler der Ansicht, daß die menschliche Geschichte eine völlig willkürliche Ver­kettung von Ereignissen darstelle, in der einzelne „Hel­den“, außergewöhnlich „gute“ oder „schlechte“, immer­hin aber bedeutende Persönlichkeiten die Hauptrolle spielten, oder sie begnügten sich mit unwissenschaft­lichen, idealistischen Behauptungen, die im Grunde ge­nommen darauf hinausliefen, daß „Ideen die Welt regieren“, daß das Bewußtsein der Menschen die Quelle der historischen Ereignisse sei.

Wie entstehen Zukunftsvisionen?

Es läßt sich natürlich nicht bestreiten, daß die Ideen einen großen Einfluß auf das Verhalten der Menschen und somit auch auf die histo­rischen Ereignisse ausüben. Aber die wirkliche Wissen­schaft, der Marxismus-Leninismus, beschränkt sich nicht auf diese Tatsachen, sie geht weiter und stellt die natürlichen Ursachen fest, die in jeder bestimmten historischen Periode die Vorherrschaft dieser oder jener Ideen bedingen. Vor Marx und Engels konnten die Wis­senschaftler diese Aufgabe jedoch nicht meistern. Für sie blieb die Frage offen, warum bestimmte Ideen ent­standen sind und wodurch das menschliche Bewußtsein selbst überhaupt bestimmt wird. Aus diesem Grunde nahmen die meisten von ihnen in irgendeiner getarnten Form Zuflucht zum Glauben an Gott.

Die Beschränktheit bürgerlicher Historiker

Die modernen bürgerlichen Theoretiker und Philoso­phen können auch die Wissenschaft der Geschichte nicht anerkennen. Sie trachten danach, daß die Gesellschafts­wissenschaft eine Zufluchtsstätte für alle möglichen reli­giösen und idealistischen Phantastereien bleibt. Deshalb behaupten sie beharrlich, daß es völlig unmöglich sei, irgend etwas auf dem Gebiet der gesellschaftlichen Be­ziehungen vorauszusehen.

So schrieb nach dem ersten Weltkrieg der reaktionäre deutsche Philosoph Speng­ler, als er gegen die Lehre des Marxismus von den histo­rischen Erscheinungen zu Felde zog, daß man in der Ge­schichte „nicht nur keine Gesetze, sondern auch keiner­lei Kausalreihen suchen kann“ und daß die Geschichte „ein freies Spiel reiner Zufälle“ sei.

Aldous Huxley – ein Verteidiger des Kapitalismus

Indem die bürgerlichen Ideologen die Gesetzmäßig­keiten der gesellschaftlichen Erscheinungen bestreiten, leugnen sie gleichzeitig die Tatsache der gesellschaft­lichen Entwicklung überhaupt und behaupten, daß im gesellschaftlichen Leben völlig chaotische Verhältnisse herrschten, von einem „sozialen Fortschritt“ gar keine Rede sein könne und die kapitalistische Ordnung somit unerschütterlich sei. So bekämpft Aldous Huxley, der moderne Vertreter der idealistischen Philosophie und Verteidiger des Kapitalismus, mit allen Mitteln die Ideen des historischen Fortschritts, indem er den Glau­ben an eine bessere Zukunft der Menschheit als „My­thos“, als „Dogma“ usw. verunglimpft.

Wem nützen die bürgerlichen Wissenschaftler?

Mit der Ablehnung der Ideen des sozialen Fortschritts wollen die bürgerlichen Ideologen die Werktätigen vom Kampf um eine bessere Zukunft, vom Kampf um die Errichtung der sozialistischen Gesellschaftsordnung ab­lenken. Die Bourgeoisie ist natürlich brennend daran interessiert, die in der kapitalistischen Ordnung selbst wurzelnden wahren Ursachen der Klassenungleichheit, des Elends und der sozialen Ungerechtigkeit vor den Volksmassen zu verbergen. Aus diesem Grunde sind ihre Theoretiker, die bürgerlichen Wissenschaftler nicht gewillt und auch nicht imstande, die wirklichen Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung aufzudecken. Ihre Ansichten von der menschlichen Gesellschaft unterscheiden sich deshalb auch nur wenig von den ge­wöhnlichen religiösen Anschauungen.

Unwissenschaftliche und verlogene „Theorien“

Das kann auch gar nicht anders sein; die modernen bürgerlichen Wissenschaftler sind Vertreter einer Klasse, deren Untergang unvermeidlich ist. Um den Kampf der Volksmassen gegen den Kapitalismus zu er­sticken, behaupten einige dieser Wissenschaftler sogar, daß bald die ganze Welt untergehen werde. Sie schaffen unwissenschaftliche, verlogene „Theorien“ von der Ex­plosion der Sonne, von der Erschöpfung der Fruchtbar­keit des Bodens, von der Übervölkerung des Erdballs usw. Dadurch werden sie zu Verrätern an der Wissen­schaft. Mehr kann man von ihnen auch nicht erwarten: Als Verteidiger einer Gesellschaftsordnung, die zum Untergang verurteilt ist, für die sie keine Perspektiven mehr entdecken können, setzen sie deren unvermeid­lichen Untergang mit dem der Welt gleich.

Quelle: G.A Gurjew „Wissenschaftliche Voraussicht – religiöses Vorurteil“, Dietz Verlag, Berlin 1958, S. 3 und 48-52. (Zwischenüberschriften eingefügt – N.G.)

Grigorij Abramowitsch Gurjew (1891-1978) – Sowj. Philosoph, aktiver Propagandist des Atheismus, Autor einer Reihe von Büchern über die Geschichte der Religion und des Atheismus. Grundlegende Werke: „Der große Konflikt“ (1965), „Die Geschichte eines Irrtums“ (1970), „Charles Darwin und der Atheismus“ (1975).

Grigori Gurjew – Bürgerliche Phantastereien

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8 Antworten zu G.A Gurjew: Bürgerliche Phantastereien

  1. Thomas Artesa schreibt:

    Da kann ich nur wärmstens das Buch von Michael Kubi erwähnen, das unter offen-siv.de erschienen ist mit der Hilfe von Frank Flegel und der KPD:
    Zur Geschichte der Sowjetunion
    2. Die Sowjetunion und Stalin im Paradigma der Totalitarismus-Doktrin
    ———————————————————————————————————
    2.1. Totalitarismus-Doktrin: Faschismus = Kommunismus
    2.2. Die Unwissenschaftlichkeit der Totalitarismus-Doktrin
    2.2.1. Unwissenschaftliche Totalitarismus-Doktrin Teil 1:
    Schwarzbuch des Kommunismus
    2.2.2. Unwissenschaftliche Totalitarismus-Doktrin Teil 2:
    Nolte & Baberowski
    2.2.3. Unwissenschaftliche Totalitarismus-Doktrin Teil 3:
    Conquest & Solschenitzyn
    2.2.4. Unwissenschaftliche Totalitarismus-Doktrin Teil 4:
    Chruschtschow und Trotzki
    2.2.5. Unwissenschaftliche Totalitarismus-Doktrin Teil 5:
    Das Elend des Popperismus
    ———————————————————————————————————–
    Gerade Jörg Baberowski, Professor an der Humboldt-Universität in Berlin, ist einer der übelsten Zeitgenossen hinsichtlich moderner Politologie und Soziologie. Im Westen hatte man sich ja immer schon gerne mit der bürgerlich-schöngeistigen Soziologie-Vernebelung geschmückt, ehe dann all diese bourgeoisen Kleingeister im Bhagwan-Nirwana angekommen waren und nach Indiens Goa entrückten. Marxismus-Leninismus und die Politökonomie war ihnen da doch zu sehr ein freigeistiger harter Brocken im McDonald übersäuerten Magen. Nebenbei huldigte man als Pseudolinker und später geläuterter Grüner (Nato-Grüner) vielleicht noch dem alten „edlen“ Bolschewiken, also unserem Trotzki und interpretierte dann den Marxismus-Leninismus genüsslich neu als Eurokommunismus, der doch nichts am Kapitalismus verändern wollte. (Konnte schon – aber eben nicht mehr wollte mit dem feinen Haus am Gardasee). Die Goebbels-Propaganda hatte ja in den Schulen schon die richtige „Aufklärung“ geleistet und Stalin bis in unsere Tage auf den Richtplatz der Guillotine gebracht. Der Urvater aller Hypokrisie bleibt aber immer noch Robert Conquest. Abgesehen davon, warum und wofür bekam Solschenitzyn den Nobel-Preis? Wegen seiner literarischen „Meisterleistung“ oder wohl doch eher wegen seines billigen Opportunismus und der faschistoiden Anti-Stalin-Biographie! Fragen über Fragen … ja, ja – eben alles wie bereits erkannt.

    • sascha313 schreibt:

      Danke für den Hinweis. Dazu eine Anmerkung: Dieser rechtsradikale Professor Baberowski mußte aufgrund eines Gerichtsurteils vor einigen Jahren einmal akzeptieren, als „Geschichtsfälscher“ (!) bezeichnet zu werden. Und dennoch auch dies: Der Kirchenlehrer Flegel hat (bei allen seinen Verdiensten) in seiner Zeitschrift „Offen-siv“ einmal behauptet, es sei „gefährlich“, die Praxis als Kriterium der Theorie zu bezeichnen. Was für ein Unsinn! Dazu schreibt G.A. Gurjew:

      „Auch heute gibt es in den kapitalistischen Ländern noch solche Vertreter der Naturwissenschaft, die aus Klassenrücksichten diesen unsinnigen Standpunkt vertreten. So erklärt beispielsweise der englische Astronom Eddington, daß die Naturgesetze von dem Menschen nicht aus der Erfahrung hergeleitet werden könnten. Diese pseudowissenschaftliche These weiterspinnend, behauptet er denn auch, daß die Praxis kein Kriterium für die Wahrheit sein könne und daß ein solches Kriterium nicht für die Wissenschaft, sondern nur für die Laien, den ,Mann auf der Straße‘ tauglich sei.“ (G.A. Gurjew „Wissenschafltiche Voraussicht…“, Bln. 1958, S.15)

      • Thomas Artesa schreibt:

        Ich geh mal davon aus, dass Frank Flegel die Theorie des dialektischen Materialismus im marxistisch-leninistisch-stalinistischen Sinne nicht nur studiert, sondern auch verstanden hat. Somit wird er auch begreifen, dass Theorie und Praxis immer zusammengehören. Auch wenn er ein Kirchenmann sein sollte (hab ich bisher nicht gewusst – das ehrt ihn umso mehr), so wird er auch sicher verstehen, dass die Praxis oftmals die Theorie überholt und das sich gerade der wissenschaftliche Sozialismus aus den praktischen Erfahrungen, Fehlern und entsprechenden Analysen entwickelt. Vielleicht hast Du da auch etwas recht in Deinem kurzen Referat. Jedenfalls möchte ich Frank Flegel und seine interessante Arbeit nicht nur auf ein Zitat oder Artikel hin festlegen oder gar ungewollt kritisieren. Wichtig ist hierbei doch, dass die trotzkistisch-kleinbürgerliche Verräterideologie vieler Pseudolinker richtig zur Sprache kommt auf Offen-siv und die KPD einen wichtigen Ideologen in ihren Reihen hat! Vor allem Stalin wird aus der Versenkung geholt und verdient endlich die gebührende Aufmerksamkeit! Beiträge und Bücher geben hier einen guten Gesamteindruck. Da bist Du doch sicher mit mir einer Meinung lieber Sascha und Freund im politischen Geiste? Einige Beispiele: Michael Kubi, wie auch Kurt Gossweiler, Grover Furr, Ludo Martens, Ricardo Rodriguez Sifres, Domenico Losurdo, Alejandro Cao de Benós etc….!

      • sascha313 schreibt:

        согласен! einverstanden.

  2. Erfurt schreibt:

    Aktuell rast mal wieder ein Komet auf unser Sonnensystem zu. Saugefährlich 😉

    Und die Behauptung, daß ein Meteoriteneinschlag die Dinosaurier ausgerottet hat, verspottet die Darwinsche Evolutionstheorie genauso wie die Behauptung von plötzlich auftretenden Virenmutationen. Dabei ist gerade das Aussterben der Dinosaurier der beste Beweis für die Richtigkeit Darwins! Weil es eben nicht so ist, daß derjenige überlebt der die Anderen am besten fressen kann. Denn wenn das so wäre, würde es den Spezie Mensch gar nicht geben und die Erde wäre ein Horrorzoo mit gepanzerten Riesenechsen.

    Und nein es ist nicht der Mensch der alles kaputtmacht, sondern die Profitgier!

    • sascha313 schreibt:

      Danke! 😉 Wie es scheint, hat die Verbreitung aller möglicher apokalyptischer Theorien wieder Zulauf bekommen. Siehe hier:

      und hier:
      Die Apokalypse: Doku | ARTE

      • Erfurt schreibt:

        Danke!!! Einfach herrlich 😉

        Was den Mayakalender betrifft, der hat überhaupt nichts Mystisches. Der Tzolkin-Zyklus symbolisiert mit 260 Tagen die erste Phase des menschlichen Lebens, nämlich die 9 Monate Schwangerschaft und nicht etwa ein irdisches Jahr. Ansonsten ist der Mayakalender ganz einfach aufgebaut und auch einfach zu programmieren. Das apokalyptische Datum 12.12.2012 ergibt sich rein zufällig über eine willkürlich festgelegte Korrelation zur Christlichen Zeitrechnung.

        Maya: https://rolfrost.de/maya.html

        Literatur: Maya Hieroglyphic Writing, J. Eric. S. Thompson, Oklahoma Press, second edition 1960

        Ein erstklasiges Fachbuch!

      • Thomas Artesa schreibt:

        Da fallen mir als weitere Lachnummer noch die Zeugen Jehovas ein. Bei denen geht ja bekanntlich auch jedes Jahr die Welt unter und nur sie werden als auserwähltes Volk von der Apokalypse verschont.

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