Man lernt ja immer wieder aus der Geschichte. Die Novemberrevolution in Deutschland 1918 war zwar gescheitert, doch vielerorts hatten die revolutionären Arbeiter und Soldaten bereits wichtige Machtpositionen erobert und die zahlreichen Streiks und Massendemonstrationen hatten dazu geführt, daß die Bourgeoisie einige Zugeständnisse machen mußte.
Die Nationalversammlung zögerte indes nicht, Gesetze zur Sicherung der Macht der herrschenden Kreise zu verabschieden. Damit offenbarte sie eindeutig ihren bürgerlichen Klassencharakter. Sie beschloß mit großer Mehrheit zur Deckung des Finanzbedarfs des imperialistischen Staates eine bedeutende Erhöhung der Massensteuern. Die gewaltigen Kriegsprofite des deutschen Finanzkapitals dagegen ließ sie unangetastet.
Der bürgerliche Staat muß bewaffnet sein
Um die konterrevolutionären Truppen in einer Hand zu konzentrieren und reguläre bewaffnete Organe der bürgerlichen Staatsmacht zu schaffen, beschloß die Nationalversammlung am 27. Februar 1919 mit Zustimmung der Fraktion der SPD das Gesetz über die Bildung einer vorläufigen Reichswehr [13] aus Teilen der Freikorps und durch Werbung weiterer Söldner. Diese Reichswehr, zusammengesetzt aus konterrevolutionärer Soldateska, geführt von eingefleischten Militaristen, den ehemaligen kaiserlichen Generalen und Offizieren, sollte, wie es im Gesetz hieß, „den Anordnungen der Reichsregierung Geltung“ verschaffen und die „Ruhe und Ordnung im Innern“ [14] aufrechterhalten.
Betrugsmöver der herrschenden Klasse
Im Kampf gegen die Massenbewegungen des Frühjahrs 1919 zeigte es sich, daß die herrschende Klasse ihren Willen allein mit militärischer Gewalt nicht durchsetzen konnte. Sie mußte gleichzeitig zu Betrugsmanövern greifen. [18] Obgleich sich die Regierung noch Ende Februar gegen jegliche Form der Anerkennung der Räte ausgesprochen hatte und die rechten Gewerkschaftsführer sich noch Anfang April gegen die Rechte der Räte in den Betrieben wandten, sah sich die Regierung, die sich bereits am 5. März für eine Verankerung der Räte in der Verfassung hatte aussprechen müssen, am 6. April gezwungen, einen Gesetzentwurf über die Verankerung des Rätesystems in der Reichsverfassung zu veröffentlichen.
Arbeiter- und Soldatenräte werden entmachtet
Der Gesetzentwurf sah vor, die Räte zu Berufsvertretungen mit eng begrenzten ökonomischen und sozialen Aufgaben herabzuwürdigen und die Rätebewegung so ihres revolutionären Charakters zu berauben. Die Räte sollten nicht Kampforgane der Arbeiterklasse gegen die Unternehmer, sondern Organe der Arbeitsgemeinschaft zwischen Kapital und Arbeit werden.
Sozialisierung – was ist das eigentlich?
Unter dem Druck der Massenbewegungen im Ruhrgebiet und in Mitteldeutschland hatte die Regierung am 3. März Gesetzentwürfe für die Sozialisierung veröffentlicht. Zur gleichen Zeit, da die konterrevolutionären Truppen in vielen Städten Deutschlands Arbeiter ermordeten, klebten allerorts Plakate mit der amtlichen Verlautbarung „Die Sozialisierung ist da!“ [19] Am 13. März beschloß die Nationalversammlung das sogenannte Sozialisierungsgesetz, das am 23. März in Kraft trat. Es enthielt allgemein gehaltene Festlegungen über das Recht, dafür „geeignete wirtschaftliche Unternehmungen“ gegen Entschädigung in „Gemeinwirtschaft“, in die Hände des Reiches, der Gliedstaaten, Gemeinden und Gemeindeverbände oder „wirtschaftlicher Selbstverwaltungskörper“ [20] zu überführen.
Der verlogene Begriff des „Gemeinwesens“
Was unter „Gemeinwirtschaft“ wirklich zu verstehen war, wurde durch das gleichzeitig in Kraft getretene Kohlenwirtschaftsgesetz und durch das etwas später erlassene Gesetz über die Kaliwirtschaft offenbar. Der bürgerliche Weimarer Staat verfügte mit deren Hilfe die Zwangssyndizierung der Kohle- und der Kaliindustrie, was den Konzentrations- und Zentralisierungsprozeß des Kapitals beschleunigte. Die Leitung dieser Wirtschaftszweige wurde einem Reichskohlen- beziehungsweise Reichskalirat übertragen. Ihnen gehörten Vertreter der Gewerkschaften und der Monopolherren, Vertreter der Länder, des Handels und der Verbraucher an. Den bestimmenden Einfluß in diesen Organen besaßen die Unternehmer.
„Selbstverwaltungen“ als Instrument der Bourgeoisie
Die neugeschaffenen wirtschaftlichen Selbstverwaltungskörper waren Werkzeuge der großen Monopole mit staatlichen Befugnissen innerhalb der betreffenden Wirtschaftszweige. Die Mitarbeit reformistischer Gewerkschaftsführer in diesen Organen sollte deren monopolkapitalistischen Charakter verschleiern, den Arbeitern die Vergesellschaftung der Produktionsmittel vorspiegeln und die Massenbewegung eindämmen. Das Eigentum der Kohle- und Kaliherren an . den Produktionsmitteln aber blieb unangetastet.
Neuorganisation des staatsmonopolistischen Kapitalismus
Diese Gesetze stärkten die wirtschaftliche und politische Macht der Monopolisten dieser Industriezweige und dienten zur Neuorganisation des staatsmonopolistischen Kapitalismus unter den Bedingungen der Nachkriegsentwicklung sowie zur Überwindung der Folgen der Kriegsniederlage. Ungeachtet dieser Tatsachen wurden diese Gesetze von der Führung der SPD als Wende im Leben der deutschen Arbeiterklasse, als Anfang vom Ende der Ausbeutung, als „Grundstein zum Aufbau des sozialistischen Staates“ [21] gepriesen.
Während die deutsche Konterrevolution im Innern den Feldzug gegen das revolutionäre Proletariat führte, nahm sie gleichzeitig am Interventionskrieg des internationalen Imperialismus gegen die Sowjetmacht teil.
Das Eigentum der Kohle- und Kaliherren an den Produktionsmitteln aber blieb unangetastet.
Und: Der Staat wurde Miteigentümer! DAS! steckt auch hinter dem heutigen Geschrei nach Verstaatlichungen von wegen als Lösung sozialer Probleme.
Ob das heutige „revolutionäre“ Bürgertum begreift was seine Aufgabe ist? Denn es ist ja auch eine Klasse die in großen Teilen unterdrückt wird. Wir dürfen gespannt sein wie deren Kampf gegen Unterdrückung aussehen wird.
Freundschaft!
https://linkezeitung.de/2021/07/20/wie-das-projekt-anti-russland-begann/
Lieber Sascha, der Beitrag ist ein guter, sachlicher und trotzdem emotionaler Beitrag, über den es sich zu diskutieren lohnt. Ich habe nicht eine einzige Silbe gefunden, der ich widersprechen müsste. Es ist ein kurzer Abriss über die deutsche Geschichte seit dem Nazireich bis heute und warum sich die Herren Kriegstreiber heute wieder zum Krieg rüsten, diesmal gegen Russland.
In den Quellenangaben ein Fundus an Originaldokumenten.
Danke Hanna! Gen. Schacht schreibt hier noch einmal ausführlich das, was ohnehin in unseren Geschichtsbüchern (DDR) stand. Siehe:
https://dietrommlerarchiv.wordpress.com/category/ii-weltkrieg/ende-ii-weltkrieg/bedingungslose-kapitulation-hitlerdeutschlands/
Ach, und den Schacht-Beitrag hast du schon gepostet? Habe ich nicht gesehen, muss aber an mir liegen, ist wohl schon längere Zeit her? Und trotzdem, ich denke er schreibt nicht für uns hier, sondern für die, die es nicht wissen, oder für die, die es „vergessen“ haben. Und noch etwas:
Für diese Herrschaften, die Dr. Schacht anprangert, ist es immer noch ein heißes Eisen.