Vor 550 Jahren, vermutlich am 4. Oktober 1472, wurde in Kronach (Ofr.) der berühmte Maler und Grafiker Lucas Cranach der Ältere geboren. Anfangs in Wien tätig, war er seit 1505 in Wittenberg als Hofmaler Friedrichs des Weisen von Sachsen verpflichtet. Dort gründete Cranach eine umfangreiche Werkstatt, war mehrfach Ratsherr und Bürgermeister. Als Freund Luthers war er Anhänger der Reformation. Seine die Landschaft einbeziehenden Frühwerke sind von spannungsgeladener Dramatik und widerspiegeln sehr genau die gesellschaftlichen Verhältnisse jener Zeit. Aus diesem Grunde fand in der DDR im Jahre 1972 anläßlich seines 500. Geburtstages eine offizielle Ehrung seines national bedeutsamen Schaffens statt. Diese Ehrung, verbunden mit zahlreichen Ausstellungen, Neuerscheinungen und Symposien war ein hervorragender Beitrag zur Würdigung und Pflege der deutschen Nationalkultur, wie sie in der DDR seit ihrer Gründung zu einer Selbstverständlichkeit geworden war.
In einer gemeinsamen Erklärung der Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), des Staatsrats der DDR, des Ministerrats der DDR, des Nationalrats der Nationalen Front, des Bundesvorstandes des Freien Deutschen Gewerkschaftbundes der DDR (FDGB) und des Präsidialrates des Kulturbundes zum 500. Geburtstag Albrecht Dürers hieß es:
„Der revolutionäre Geist der Zeit um 1500 hatte in allen Gattungen des bildnerischen Schaffens und der Baukunst gewaltige Kräfte freigesetzt. Gleichzeitig und mit Dürer wirkten so bedeutende Künstler wie Lucas Cranach, Hans Holbein, Mathias Gothardt-Neithardt gen. Grünewald, Jörg Ratgeb, Tilmann Riemenschneider, Adam Krafft, Veit Stoß. Jeder von ihnen war eine starke, unverwechselbare Persönlichkeit, jeder von ihnen schuf in eigener, für ihn charakteristischen Gestaltungsweise mit an dem großen Werk der neuen realistischen Kunst. Sie alle ergriffen mit ihrer der Wirklichkeit untrennbar verbundenen Kunst Partei für die progressiven Kräfte ihrer Zeit … Sie alle haben eine neue Menschenauffassung, den tätigen selbstbewußten Menschen mit einer reichen Gefühls- und Gedankenwelt zur tragenden Gestalt der Kunst gemacht. Viele von ihnen waren sich dessen bewußt, daß sie mit ihrer Kunst dem Anbruch einer neuen Menschheitsepoche dienten. Sie standen mit ihrem Schaffen im Gegensatz zu den reaktionären Kräften des feudalen Mittelalters.“
Wir führen dies hier alles auf, um zu zeigen, daß es in der DDR ein gesamtgesellschaftliches Anliegen war, die Bürger unseres Landes mit den Werken berühmter Künstler, wie auch der Musiker, Schriftsteller und Gelehrten, vertraut zu machen. Es begann in der Schule bereits in den unteren Klassenstufen, wo Kinder der DDR sich in den Schulbüchern, bei Besuchen von Kunstgalerien, Museen und Konzerten mit dem nationalen Erbe bekannt machen konnten. Die Eintrittspreise in die Dresdner Gemäldegalerie waren bspw. mit 1,50 bis 3,- Mark so niedrig angesetzt, daß Schulklassen, aber auch Werktätige der DDR sich jederzeit einen Besuch leisten konnten. Der Minister für Kultur, Klaus Gysi (ein Kommunist – im Gegensatz zu seinem Sohn, dem Rechtsanwalt Gregor Gysi), sagte in einer Rede am 1. Februar 1971:
„Damals, um 1500, verschärften sich die gesellschaftlichen Widersprüche zu akuten Konflikten. Im Schoße der feudalen Ordnung waren Elemente einer frühkapitalistischen Produktionsweise entstanden. Der Feudalismus mit seiner territorialen Zersplitterung, seiner brutalen Ausbeutung der Leibeigenen, seinem klerikalen Obskurantismus stellte besonders in Deutschland ein Hemmnis der ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Entwicklung dar.“
„Das Bürgertum jener Zeit erwies sich jedoch schon damals als unfähig, seiner historischen Aufgabe gerecht zu werden. Es schloß kein Bündnis mit der Bauernklasse, die revolutionär für die Zerschlagung des Feudalsystems kämpfte. Das Bürgertum unterwarf sich den Fürsten. Alleingelassen wurden die Bauern geschlagen, und damit erlitt auch die frühbürgerliche Revolution eine Niederlage.“
Quelle:
Ministerium für Kultur und Bundesvorstand des FDGB (Hrsg.): Cranach-Ehrung der DDR 1972. Festbroschüre mit 45 Reproduktionen.
Beispiel: Geschichte, Lehrbuch für Klasse 6, Volk und Wissen, Volkeigener Verlag Berlin, 1976 – mit Bildern von Lucas Cranach d.Ä.:
Hat dies auf Der Saisonkoch rebloggt und kommentierte:
Genosse Sascha zeigt Ihnen heute Beispiele des Kulturlebens der DDR-Bürger. Unsere Museen waren leider auch gern besuchte Objekte Westdeutscher Kunstdiebe, die ihren Gewohnheiten nachgingen.
Pingback: Die Pflege und Bewahrung des deutschen Nationalerbes in der DDR – Lucas Cranach d.Ä. — Sascha’s Welt | Schramme Journal
Hat dies auf Muss MANN wissen rebloggt.