Der Krieg in der Ukraine und das Völkerrecht. Interview mit dem Präsidenten der Weltunion der Freidenker Klaus Hartmann

VölkerrechtDer Krieg in der Ukraine hat erneut die Diskussionen um das Völkerrecht angefacht. Bekanntlich hat kein Staat der Welt so oft das Völkerrecht mißachtet und gebrochen wie die USA. Nun beschuldigen ausgerechnet die USA und mit ihr der „kollektive Westen“ Rußland, das Völkerrecht gebrochen zu haben. Immer wieder verbreiten westliche Massenmedien die Lüge vom „völkerrechtswidrigen Überfall“ Rußlands auf die Ukraine. Der Präsident der Weltunion der Freidenker Klaus Hartmann erklärt im RT-Interview die Position der deutschen Friedensbewegung zum Ukrainekrieg. Warum haben sich so viele Aktivisten dem Narrativ eines „völkerrechtswidrigen“ russischen Angriffskriegs angeschlossen? Gibt es Übernahmetendenzen der Klimaaktivisten und anderer Bewegungen? Das Interview mit Klaus Hartmann führte Felicitas Rabe. Dieser Beitrag wurde am 18. Dezember 2022 veröffentlicht

Herr Hartmann, am vergangenen Wochenende fand in Kassel der 29. Friedensratschlag statt. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Ergebnisse?

Das wichtigste Ergebnis war aus meiner Sicht, daß die in den letzten Monaten arg auseinanderstrebenden Teile der Friedenskräfte mehrheitlich wieder zu gemeinsamen Positionen finden. Der größte Teil der in Kassel versammelten über 350 Aktiven wollte keine Schuldzuweisungen an Rußland oder China, sondern das teilweise lähmende Gegeneinander überwinden, das an dieser Frage entstanden war. Und das ist freilich eine zentrale Voraussetzung dafür, überhaupt wieder öffentlich wahrgenommen zu werden und für Friedensaktionen mobilisieren zu können.

Die „Kasseler Erklärung“

In der einmütig angenommenen „Kasseler Erklärung“ wurde die Bundesregierung aufgefordert, „nicht weiter der herrschenden Militärlogik zu folgen, die Waffenlieferungen in die Ukraine und in alle anderen Kriegs- und Krisengebiete zu stoppen“ sowie „einen ernsthaften Dialog mit allen europäischen Nachbarländern für eine gleichberechtigte Friedensstruktur“ zu beginnen. Es soll in den nächsten Tagen auch wieder eine „Weihnachtsanzeige aus der Friedensbewegung“ erscheinen, in der es heißt:
„Wir wenden uns entschieden gegen die von der Großen Koalition aus SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU vorangetriebene Konfrontationspolitik und militärische Hochrüstung zur Führungsmacht in Europa. Die deutsche Regierung darf nicht länger mit Waffenlieferungen zur Kriegseskalation beitragen, sondern muß sich Macrons Vorstoß für Verhandlungen anschließen, die die berechtigten Sicherheitsinteressen aller, d. h. auch Rußlands berücksichtigen.“

Viele Friedensaktivisten schließen sich dem Vorwurf eines „völkerrechtswidrigen Angriffskriegs“ an, den Rußland gegen die Ukraine begonnen habe. Wie bewerten Sie das Meinungsspektrum in der deutschen Friedensbewegung in Bezug auf Analyse und Hintergrund des Krieges in der Ukraine?

Seitdem die Russische Föderation in den Krieg in der Ukraine eingegriffen hat, stand die Verurteilung des vermeintlich „völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieges“ an erster Stelle der allermeisten offiziellen Verlautbarungen aus der Friedensbewegung. Das geschah bei manchen aus Überzeugung oder weil die Mainstream-Medien und die NATO-Propaganda-Zentralen es so erfolgreich in die Köpfe gehämmert hatten, und bei manchen auch aus „taktischem Kalkül“, man könnte es auch Opportunismus nennen: Man schätzte ein, um überhaupt Kritik an der Rolle des „Westens“ in diesem Konflikt üben zu können, an die Vorgeschichte des russischen Eingreifens erinnern und die Forderung nach Stopp der Waffenlieferungen in die Ukraine vorbringen zu können, müsse man sich zunächst von „Rußland“ und „Putin“ distanzieren, um in der Öffentlichkeit Gehör zu finden und nicht gleich medial in der Luft zerrissen zu werden.

Das Mantra vom „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“

Doch spätestens seit dem Herbst dämmerte es immer mehr Aktiven, daß dies eine Fehlkalkulation war. Indem man das Mantra vom „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ vor sich hertrug, reihte man sich letztlich folgsam hinter den NATO-Lautsprechern ein bzw. grüßte vor deren „Geßlerhut“. Damit wurde eine eigenständige, authentische Friedensposition unkenntlich, und eine Reihe von Demonstrationen, zu denen teilweise gemeinsam mit Gewerkschaften aufgerufen wurde, endete mangels Beteiligung als Misserfolg. Die Mehrheit der Bevölkerung, die den Konfrontationskurs gegen Rußland weiterhin ablehnt, wie auch konsequente Friedensbefürworter stehen Stimmen ablehnend gegenüber, die ähnlich argumentieren wie die kriegsbefürwortenden Regierungen selbst. Diese Erkenntnis hat sich glücklicherweise inzwischen überwiegend durchgesetzt.

Gab es Positionen oder Kontroversen, die Ihrer Meinung nach zu wenig ausdiskutiert wurden? Welche Diskussionen haben Ihnen in Bezug auf den Krieg in der Ukraine gefehlt? Wie sehen Sie das militärische Eingreifen Rußlands durch das Völkerrecht gedeckt?

Die wichtige Frage, wie es bei diesem Krieg um das Völkerrecht bestellt sei, wurde tatsächlich nicht ausdiskutiert. Selbst bei dem Plenum, das vielversprechend „Kontroversen zum Ukrainekrieg“ diskutieren sollte, war die „andere Position“, daß es sich nämlich um eine vom Völkerrecht gedeckte Selbstverteidigung handelt, im Podium nicht vertreten.

Der Krieg in der Ukraine begann schon im April 2014

Der Krieg in der Ukraine hat entgegen der NATO-Erzählung, die vielfach kolportiert wird, nicht am 24. Februar 2022 begonnen, sondern spätestens im April 2014, als das Putschregime, das in Kiew die Macht ergriffen hatte, eine sogenannte „Antiterroroperation“ gestartet hatte, mit der es Truppen und Nazi-Bataillone gegen die Bevölkerung im Donbass losgeschickt hatte. Der Putsch war von den USA mit fünf Milliarden Dollar vorbereitet und angeleitet sowie von der deutschen Regierung und der EU unterstützt worden.
In den Bezirken Donezk und Lugansk, aber auch z. B. in Charkow oder Odessa, lehnten die Menschen ab, daß die Putschisten auch in diesen Territorien ihre verfassungswidrige Macht errichten. Diese hatten allem Russischem den Kampf angesagt und die russischsprachigen Ukrainer diskriminiert. Acht lange Jahre ständiger Aggression des Kiewer Militärs forderten 14.000 Todesopfer, die im Westen kaum der Erwähnung wert waren und um die jedenfalls nicht getrauert wurde.

Poroschenko, Merkel, Hollande sabotierten das Minsker Abkommen

Die zwecks friedlicher Konfliktbeilegung vereinbarten Minsker Abkommen wurden von Kiew aktiv sabotiert, ohne daß die westlichen Garantiemächte des Abkommens dies beanstandet hätten. Der damalige ukrainische Unterzeichner Petro Poroschenko hat wie auch jüngst Altkanzlerin Angela Merkel bestätigt, daß es nur um Zeitgewinn ging, um die Ukraine für einen Krieg gegen Rußland hochzurüsten. Oder mit den Worten von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Juli 2022: „Die Realität ist, daß wir uns seit 2014 darauf vorbereitet haben.“ 35.000 Ukrainer wurden von NATO-Ländern im Rahmen einer „Operation Unifier“ ausgebildet. Das Ziel der NATO: die Ukraine endgültig zum offiziellen NATO-Stützpunkt auszubauen und Atomwaffen unmittelbar an Rußlands Grenzen zu stationieren.
Im März 2021 hatte der ukrainische Präsident Wladimir Selenski ein Dekret zur militärischen Rückeroberung des Donbass und der Krim unterschrieben, womit auch das Territorium der Russischen Föderation direkt bedroht wurde. Das Streben nach Mitgliedschaft in der NATO wurde in Verfassungsrang erhoben. Vorschläge der Russischen Föderation im Dezember 2021 zu Verträgen über gleiche Sicherheit wurden von den USA und der NATO brüsk zurückgewiesen.

Über 120.000 ukrainische Soldaten an der Grenze zum Donbass

Im Januar 2022 konzentrierte Kiew über 120.000 Soldaten an den Grenzen zum Donbass, intensivierte die Angriffe auf die Bevölkerung und bereitete die Eroberung für Anfang März vor. In dieser Situation hat die Russische Föderation die nach Referenden in den Donbass-Regionen Donezk und Lugansk ausgerufenen Volksrepubliken anerkannt und mit ihnen Freundschafts- und Beistandspakte geschlossen. Wer dies kritisiert, der sei daran erinnert, daß es die NATO war, die bei ihren Erweiterungswellen Richtung russische Grenze wie auch im Fall der Ukraine immer wieder betont hat, daß es das unveräußerliche Recht und Ausdruck der Souveränität jedes Staates sei, seine Bündnisbeziehungen frei zu wählen.
Am 24. Februar 2022 griff Rußland in den seit acht Jahren dauernden Krieg ein, um seine Verbündeten vor der drohenden ethnischen Säuberung zu schützen und der wachsenden existenziellen Bedrohung der Russischen Föderation durch die USA und der NATO entgegenzutreten. Daß in der UN-Charta Art 2 das allgemeine Gewaltverbot festgelegt ist, bestreitet niemand, aber die in Art. 51 formulierte Ausnahme wird gerne ignoriert: „das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung“.

Das Recht Rußlands auf Selbstverteidigung

Auf diesen Artikel der UN-Charta hat sich die russische Regierung bei der Intervention berufen und ihre Maßnahmen entsprechend der Verpflichtung nach diesem Artikel gegenüber der UNO angezeigt. Abschließend sei noch auf den Beschluß 3314 der UN-Generalversammlung zur „Definition der Aggression“ verwiesen, deren Artikel 7 lautet:

„Diese Definition (…) kann in keiner Weise das sich aus der Charta herleitende Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit von Völkern beeinträchtigen, die dieses Rechtes gewaltsam beraubt wurden, (…) insbesondere nicht von Völkern unter kolonialen oder rassistischen Regimen oder anderen Formen der Fremdherrschaft; noch das Recht dieser Völker, im Einklang mit den Grundsätzen der Charta und in Übereinstimmung mit der genannten Erklärung, für dieses Ziel zu kämpfen und Unterstützung zu suchen und zu erhalten.“

Es wäre wünschenswert, wenn sich viele Friedensaktivisten diese Erkenntnisse erarbeiten würden.

Welche Ziele könnte der Westen mit diesem Krieg verfolgen, und welche Chancen sehen Sie für Verhandlungen?

Zu den westlichen Zielen kennen wir eigentlich alle die klassische Aussage, einen echten Baerbock: „Rußland ruinieren“. Aber wir müssen uns keineswegs auf dieses Geplapper eines unbegabten Kindes verlassen, das gibt es auch aus berufenerem Munde. Der frühere US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzeziński beschrieb 1997 in seinem Buch „The Grand Chessboard“ die geopolitische Bedeutung der Ukraine: „Ohne die Ukraine hört Rußland auf, ein eurasisches Imperium zu sein.“ STRATFOR-Chef George Friedman 2015:
„Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik während des letzten Jahrhunderts, im Ersten und Zweiten Weltkrieg und im Kalten Krieg waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland. Vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann. Unser Hauptinteresse war sicherzustellen, daß dieser Fall nicht eintritt.“
Der Pentagon-nahe Thinktank RAND Corporation verfaßte 2019 die Denkschrift „Rußland überdehnen und aus dem Gleichgewicht bringen“. Darin wird als wirksamstes Mittel bezeichnet, die Ukraine zu bewaffnen und damit die „größte externe Verwundbarkeit Rußlands“ auszunutzen. Mittelfristig kann man aber davon ausgehen, daß die USA Rußland als Störfaktor bei ihrem Marsch in die entscheidende Schlacht gegen China aus dem Weg räumen wollen.

Die Ukraine wird vom Westen mit Waffen vollgepumpt

Sicherlich werden alle Kriege früher oder später am Verhandlungstisch beendet. Doch solange deutsche und andere westlichen Politiker einer „Entscheidung auf dem Schlachtfeld“ das Wort reden, stehen die Chancen dafür schlecht. Die Ukraine wird mit Waffen vollgepumpt, damit sie den NATO-Stellvertreterkrieg gegen Rußland „bis zum letzten Ukrainer“ führt. Sie wird gedrängt, für Verhandlungen mit Rußland Bedingungen zu stellen, die völlig illusorisch sind oder bestenfalls zum Teil am Ende von Verhandlungen stehen könnten. Darin ist der fehlende Verhandlungswille der Sponsoren der Kiewer Junta zu erkennen.
Nachdem Rußland vom Westen jahrzehntelang getäuscht und hinters Licht geführt wurde, angefangen von dem Versprechen der NATO 1990, „keinen Zentimeter Richtung Osten vorzurücken“ bis zum falschen Spiel mit den Minsker Abkommen seit 2014, ist naheliegenderweise das Vertrauen auf russischer Seite in die westlichen „Partner“ tief erschüttert. Neues Vertrauen muß erst wieder aufgebaut werden, und das müssen jene tun, die es so gründlich ruiniert haben.

Wie könnte die deutsche Friedensbewegung in der Öffentlichkeit wieder stärker wahrgenommen werden? Welche Aktionen erwarten Sie, welche Forderungen sind den Freidenkern wichtig?

Die Friedensbewegung muß ihre eigenen Positionen und Forderungen authentisch formulieren, ohne Zugeständnisse an Kriegstreiber bei SPD, Grünen oder auch in den Gewerkschaften. Sie muß autonom sein und darf sich nicht bei anderen Bewegungen „dranhängen“, ob zum „Klima“ oder was auch immer. Sie muß auf die Ausstrahlungskraft ihrer Inhalte für eine Welt ohne Krieg setzen. Menschen aus anderen Bewegungen können das gerne unterstützen, aber nicht die Friedensbewegung „übernehmen“.

Pazifisten und „Antideutsche“ schaden der Friedensbewegung

Die Friedensbewegung tut gut daran, den schädlichen Tendenzen zur Spaltung und zu Ausgrenzung zu widerstehen. Wir haben solche Bestrebungen 2014 beim Entstehen der sogenannten „Neuen Friedensbewegung“ erlebt und heute wieder gegenüber Kritikern der irren Politiker-Aussagen und „Maßnahmen“ zu Corona. Alle, die sich den Regierungsnarrativen verweigern, werden als „rechts“ diffamiert, vom Mainstream, von sogenannten „Antideutschen“ und einer vermeintlichen „Antifa“.
Wir sagen, wirklich „rechts“ sind die Kriegstreiber, die NATO-Politiker und alle, die demokratische Rechte demontieren. Wer aus Überzeugung gegen den Krieg ist – damit sind Nazis per se ausgeschlossen –, soll und darf in der Friedensbewegung mitmachen. Wir heißen sie alle willkommen, ob sie aus der sozialen, der Demokratie- oder Umweltbewegung kommen, aus Parteien, Gewerkschaften, kirchlich Engagierte oder Freidenker.

Die deutsche Regierung schadet dem deutschen Volk

Die Friedensbewegung kann neue Kräfte gewinnen, wenn sie die drängenden Probleme der Menschen aufgreift. Das sind aktuell die Folgen des von der Bundesregierung im US-Auftrag geführten Wirtschaftskrieges gegen Rußland, die Rekordinflation besonders bei Lebensmitteln und Energiepreisen, aber auch bei Baumaterialien, die zunehmende Pleitewelle und Vernichtung mittelständiger Existenzen, die Vertreibung der Industrie aus Deutschland. Die gefährliche, gescheiterte grün-ideologische Energiepolitik muß beendet, die Sanktionen gegen Rußland müssen aufgehoben werden. Wir fordern deshalb: Macht endlich Nord Stream 2 auf!

Klaus Hartmann ist Präsident der Weltunion der Freidenker und stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Freidenkerverbandes. https://www.freidenker.org/

Quelle: https://de.rt.com/meinung/157450-reflexionen-ueber-positionen-und-strategien-der-deutschen-friedensbewegung/ (Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln. Zwischenüberschriften eingefügt – N.G.)

18. Dez. 2022 – 21:59 Uhr

Siehe auch:
Alexander Moumbaris: Ein patriotischer, antifaschistischer Krieg ist kein imperialistischer Krieg


Das Völkerrecht aus marxistischer Sicht

Völkerrecht: Gesamtheit der rechtlichen Normen, die die Beziehungen zwischen den Staaten regeln. Der Hauptteil des Völkerrechts be­steht aus seinen allgemein anerkannten Prinzipien und Normen. Diese von allen Staaten anerkannten völkerrechtlichen Prin­zipien sind für alle Staaten verbindlich. Daneben gibt es eine große Anzahl von Normen (bes. vertragliche), die nur für einige Staaten gelten und nur lokale Be­deutung haben (die Normen aus mehrsei­tigen Verträgen, die nur vor einer begrenz­ten Anzahl von Staaten unterzeichnet wur­den, sowie die Normen zweiseitiger Ver­träge). Diese lokalen völkerrechtlichen Normen dürfen den allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrecht nicht wider­sprechen. Häufig wird der Ausdruck „all­gemeines Völkerrecht“ gebraucht, worunter im Unterschied von den Normen lokaler Bcdeu­tung die allgemein anerkannten Prinzipien und Normen verstanden werden.

Für wen gilt das Völkerrecht?

Die Subjekte des Völkerrecht sind hauptsächlich Staaten. Entsprechend dem Völkerrecht gewinnen Staaten bereits im Prozeß ihrer Entstehung (Nationen, die um ihre Unabhängigkeit kämpfen) völkerrechtliche Rechtssubjek­tivität. Von den Staaten geschaffene inter­nationale Organisationen sind nur in be­grenztem Umfang Subjekte des Völkerrechts. Die Staaten als Subjekte des Völkerrecht sind unabhän­gige Gebilde. Das Völkerrecht kennt keine Gesetz­gebungsorgane, die Rechtsnormen setzen. Der einzig mögliche Weg der Schaffung von Völkerrechtsnormen sind Vereinbarun­gen zwischen den Staaten, die entweder offen (Vertrag) oder stillschweigend (Ge­wohnheitsnorm des Völkerrecht) zum Ausdruck ge­bracht werden. Obwohl die Staaten als souveräne und gleichberechtigte Subjekte auftreten, ist ihr Einfluß auf die Heraus­bildung von Normen des Völkerrecht unterschiedlich. Er hängt von der Rolle ab, die der einzelne Staat in den internationalen Beziehungen spielt, und vom Charakter, den die von ihm entwickelten Prinzipien besitzen.

Wie hat sich das Völkerrecht nach 1917 verändert?

Der UdSSR kommt bei der Entwicklung des Völkerrecht eine große Bedeutung zu, da sie vom ersten Tage an für fortschrittliche Prinzipien, die dem Rechtsbewußtsein der Völker entsprechen, kämpft. Im Ergebnis dieses Kampfes ent­wickelten sich im Völkerrecht neue wichtige, allgemein anerkannte Prinzipien, wie das Selbstbestim­mungsrecht der Völker und Nationen (Selbstbestimmungsrecht der Nationen), das Prinzip des Verbots der Anwendung von Ge­walt in den internationalen Beziehungen, des Verbots der Aggressionskriege, das Prinzip der friedlichen Koexistenz zwischen Staa­ten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung usw. Zugleich erfolgte eine weitere Et­wicklung nnd Festigung der alten demokra­tischen Prinzipien und Normen des Völkerrechts – des Prinzips der Achtung der staatlichen Souve­ränität, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, der Rechtsgleichheit usw.

Wie hat sich das Völkerrecht nach dem 2. Weltkrieg verändert?

Nach der Herausbildung des sozialisti­schen Weltsystems hat sich der Einfluß der sozialistischen Staaten auf das Völkerrecht bedeutend verstärkt. Der Zerfall des Kolonial­systems des Imperialismus, das Entstehen neuer Nationalstaaten, das Anwachsen der Friedenskräfte sind Faktoren, die einen wach­senden positiven Einfluß auf die Entwick­lung des Völkerrecht ausüben. Der Kampf dieser fort­schrittlichen Kräfte, insbesomdere der sozialisti­schen Staaten, trug zu einer Festigung der Prinzipien des Selbstbestimmungsrechts, der friedlichen Koexistenz, des Gewaltverbots, des Verbots des Aggressionskrieges u.a. Prinzipien des Völkerrecht bei.

Welche Rolle spielt die Organisation der Vereinten Nationen?

Eine große Rolle bei der Herausbildung neuer Prinzi­pien und der Entwicklung und Festigung der alten demokratischen Prinzipien und Nor­men des Völkerrecht spielte die Charta der Or­ganisation der Vereinten Nationen, das wichtigste Dokument des gegenwärtigen Völkerrecht. Sie wurde während der Zeit des Befrei­ungskrieges gegen den Faschismus aus­gearbeitet, als Millionen Menschen gegen die faschistische Aggression kämpften und von ihren Regierungen for­derten, neue Aggressionen zu verhindern. Am 24. Okt. 1945 trat sie in Kraft. Der Ausarbeitung internationaler Normen auf dem Gebiet der Einschränkung der Rü­stungen und des Verbots von Kernwaffen, dem Verbot der Versuche mit diesen Waf­fen, dem Kampf um eine allgemein aner­kannte Definition der Aggression, der allgemeinen Anerkennung der Normen über das Verbot der Kriegspropaganda usw. kommt eine große Bedeutung zu.

Was sind die Hauptrprinzipien des gegenwärtigen Völkerrechts?

Die Hauptprinzipien und Normen des gegen­wärtigen Völkerrecht bringen die wichtigsten Bedin­gungen der friedlichen Koexistenz zum Aus­druck und sind auf deren Gewährleistung gerichtet. Die Einhaltung der Normen des Völkerrecht wird, wie auch die des innerstaatlichen Rechts, durch Zwang gewährleistet. Der Zwang im Völkerrecht hat andere Formen, da es in den internationalen Beziehungen keinen über den Staaten stehenden Machtapparat gibt, der die Rechtssubjekte zur Erfüllung der Rechtsnormen zwingt. Infolgedessen wird der Zwang im Völkerrecht durch die Subjekte – die Staaten – selbst individuell oder kollek­tiv verwirklicht.

Welche Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung des Völkerrechts gibt es?

Das gegenwärtige Völkerrecht unter­scheidet streng zwischen individuellen oder kollektiven und den von der UNO angewandten Zwangsmaßnahmen, die kollektive Maßnahmen besonderer Art sind. Eine Verletzung völkerrechtlicher Normen wird im ersten Fall kraft der Besonderheiten des Völkerrechts von den interessierten oder einigen der interessierten Staaten selbst festgestellt. Der Staat kann, wenn eine seine Interessen beeinträchtigende Rechtsverletzung vorliegt, selbständig die im Völkerrecht vorgesehenen Maßnahmen gegen den Rechtsverletzer ergreifen.

Was galt vor dem 2. Weltkrieg und was gilt heute?

Bis zum ersten Weltkrieg und zur Großen Sozialistischen Oktoberrevolution ließ das Völkerrecht in diesem Fall die Anwendung militärischer Mittel neben anderen Maßnahmen gegen den verletzenden Staat zu (Haager Friedenskonferenz). Der geschädigte oder sich geschädigt fühlende Staat konnte zur Befriedigung seiner Ansprüche zum Krieg gegen den anderen Staat schreiten. Das gültige Völkerrecht verbietet den Krieg oder die Gewaltanwendung bzw. die Drohung mit Gewalt in den internationalen Beziehungen.

Die zugelassenen Maßnahmen bei Völkerrechtsverletzungen

Die durch das Völkerrecht zugelassenen Maßnahmen, die von einzelnen Staaten gegen den die Normen des Völkerrechts verletzenden Staat ergriffen werden können, sind vielseitig (Einschränkung Handels, Einreisebeschränkung der Bürger, Beschränkung für in Häfen einlaufende Schiffe, Abberufung der diplomatischen Vertreter, Abbruch der diplomatischen Be­ziehungen usw.). Sie können jedoch nicht die Anwendung von Gewalt oder Drohungen gegen die territoriale Unverletzlichkeit oder die politische Unabhängigkeit des anderen Staates beinhalten (Artikel 2, Punkt 4 der UNO-Charta). Das erstreckt sich nicht auf Fälle der Selbstverteidigung, wie sie Artikel 51 der UNO-Charta vorgesehen sind.

Welche Ausnahmen gibt es?

Diese Zwangsmaßnahmen können nicht in allen Fällen von Völkerrechtsverletzungen angewandt werden. Sie sind grundsätzlich zur Aufrechterhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit bei einer Bedrohung des Friedens oder im Fall eines Aggressionsaktes vorgesehen. Nur dann können, auf Beschluß des Sicherheitsrates entsprechend den in der UNO-Charta vorgesehenen Artikeln, kollektive Zwangsmaßnahmen ergriffen werden.

Was ist das Leitmotiv der Außenpolitik im Sozialismus?

Die Außenpolitik der sozialistischen und anderer friedliebender Staaten ist auf die Festigung des Friedens und die Zusammenarbeit zwischen allen Völkern und Staaten gerichtet. Das Leitmotiv dieser Politik ist das Prinzip der friedlichen Koexistenz. Deshalb ist die Außenpolitik dieser Staaten auf die strikte Einhaltung des Völkerrecht gerichtet. Mit der Entstehung weiterer sozialistischer Staaten neben der UdSSR nach dem zweiten Weltkrieg entstand eine qualitativ neue Erschei­nung in den internationalen Beziehungen – die Beziehungen zwischen den sozialistischen Ländern. Der Inhalt dieser Beziehungen wird durch den gemeinsamen politischen und sozialökonomischen Charakter dieser Staaten, durch die gemeinsame wissenschaft­liche Grundlage ihrer Politik, den ­Marxismus-Leninismus, und durch den so­zialistischen Internationalismus (prole­tarischer Internationalismus) bestimmt.

Die sozialistischen Grundprinzipien des Völkerrechts

Die sozialistischen Staaten eint das gemeinsame Ziel: der Aufbau des Sozialismus, die Notwendigkeit gegenseitiger Unterstützung und Hilfe, die Gemeinsamkeit ihrer Inter­essen bei der Verteidigung gegen die An­griffe des Imperialismus, der Kampf um den Frieden. Das Grundprinzip der Be­ziehungen zwischen den sozialistischen Län­dern ist der sozialistische Internationalismus. Er hat in den Beziehungen zwischen diesen Staaten den Charakter eines völkerrecht­lichen Prinzips. Die Außenpolitik der im­perialistischen Staaten führt dagegen zur Verschärfung der internationalen Spannun­gen und widerspricht den Grundprinzipien des Völkerrechts. Für die Diplomatie dieser Staaten sind die Mißachtung und die Verletzung des Völkerrechts charakteristisch.

Quelle: Sachwörterbuch der Geschichte Deutschland und der deutschen Arbeiterbewegung (2 Bde.),
Dietz Verlag Berlin, 1970, Bd. 2, S. 737-739.

Welche zwielichtige und hinterhältige Rolle die gegenwärtige BRD-Regierung spielt, zeigt die kürzlich vom Staatsoberhaupt der BRD verkündete Lieferung von Panzern an die Ukraine. Damit tritt nun auch die BRD als Kriegspartei in die militärischen Auseinandersetzungen Rußlands mit der Ukraine ein. Es dürfte interessant sein, diese Situation mit der von 1939 zu vergleichen. Und wie verhält sich heute der „kollektive Westen“ gegenüber Rußland?

Am 24. Juni 1941 veröffentlichte der faschistische deutsche „Völkische Beobachter“ die folgende Meldung:

Front gegen Moskau1

Unnötig zu sagen, wie der imperialistische Krieg des faschistischen Deutschland und seiner Vasallen endete. Immerhin hat dieser Krieg und die Befreiung Europas vom Faschismus die Sowjetunion 27 Millionen Tote gekostet…

GubenkoNikolai Gubenko, der sowjetische Schauspieler, Regisseur und Volkskünstler der RSFSR sagte dazu: „Ich bin in der Sowjetunion geboren, mein Vater ist in der UdSSR gestorben, meine Mutter ist in der UdSSR gestorben, sie waren der Idee der Kommunistischen Partei der gesamten Union treu. Ich habe diesen Glauben an menschliche Brüderlichkeit und gegenseitige Hilfe mit dem Blut aufgesogen. Der Staat, in dem 1945 19 Millionen Waisenkinder lebten, hat mich aufgerüttelt. Und er gab ihnen Wasser, Nahrung, eine Ausbildung, einen Beruf, machte mich zu einem Fachmann. Soll ich etwa auf das Grab meines Vaters und meiner Mutter spucken? Niemals für den Rest meines Lebens!“

pdfimage Krieg in der Ukraine und Völkerrecht


Diese Lüge:
brutal überfallen

Je öfter diese Lüge wiederholt wird, desto mehr wird sie geglaubt. Das wußte schon Goebbels…

Nicht Rußland hat die Ukraine überfallen, sondern das faschistische Regime in Kiew bombardiert schon seit acht Jahren d.h. seit 2014 Wohnsiedlungen, Schulen, Kindergärten und belebte Stadtzentren in der Region von Donezk und Lugansk. Sämtliche Beweisvideos wurden von youtube gelöscht. Während ukrainische Faschisten in Deutschland und im EU-Parlament hofiert werden und Interviews geben dürfen, morden die Banditen des „Rechten Sektors“ und die Asow-Faschisten weiter – in Slawjansk, Lugansk und Donezk. Sie ermorden friedliche, unbeteiligte Einwohner und terrorisieren Schulkinder. Faschismus, das ist die „offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Dimitroff).

Siehe:
Krieg im Donbass
Der „menschliche Abfall“ der faschistischen Kiewer Junta
36 Bilder aus dem Donbass
Разрушенный Донбасс – фото

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5 Antworten zu Der Krieg in der Ukraine und das Völkerrecht. Interview mit dem Präsidenten der Weltunion der Freidenker Klaus Hartmann

  1. dersaisonkoch schreibt:

    Hat dies auf Der Saisonkoch rebloggt und kommentierte:
    Bei Sascha geht es noch einmal um Völkerrecht und Russland. Die EU-Kasper sollten sich genau ansehen, wo deren Tun endet.

  2. Erfurt schreibt:

    Gestern flimmerte eine Meldung über den Schirm in der verkündet wurde daß sich deutsche „Investoren“ und Unternehmer aus Russland zurückgezogen haben. Mein Versuch einer Deutung: Russland hat die rausgeschmissen. Also ich vermute das und meine Frau denkt das auch.

    MFG und schönes Wochenende, vielleicht kann das ja jemand bestätigen.

  3. sischramme schreibt:

    Das der Westen am Wochenende der 4 Wache 2023 Syrien, Irak und den Iran bombardiert haben, zeigt eindeutig das es dem Westen niemals um die Einhaltung des Völkerrechts geht.

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