Ljubow Pribytkowa: Was man sät, das wird man ernten

Am 7. Januar 2015 drangen in die Redaktion der satirischen Wochenschrift „Charlie Hebdo“ in Paris maskierte junge Männer ein, erschossen 12 Mitarbeiter und verwundeten 11 weitere. Die Zeitschrift hatte mehrfach höhnische und beleidigende Karikaturen auf Propheten Mohammed veröffentlicht. Mit Worten der Trauer trat der französische Präsident François Hollande vor das Volk und setzte damit den Anfang einer Hysterie, die nicht nur Frankreich erfaßte. Täglich zogen mit dem Fluch auf die andersgläubigen Terroristen trauernde Franzosen zu Tausenden durch das Land und forderten vom Staat eine Verschärfung der Immigrationspolitik.

Gibt es einen Krieg der Zivilisationen?

ernte2Einige Völkerrechtler bezeichnen diese Vorgänge, die es nicht erst seit heute gibt, als eine Erscheinungsform des Krieges der Zivilisationen. Da man aber weder in Rußland, noch in Europa von den bürgerlichen Massenmedien die Wahrheit über irgendwelche beliebigen Ereignisse in der Welt erwarten kann, werden wir selbst den Versuch unternehmen, das Geschehen zu erklären. Es gibt heute keinen Krieg der Zivilisationen in der Welt. Und es gab ihn auch gestern nicht. Über hundert Jahre dauerte auf der Erde der Kampf der Völker Asiens, Afrikas, Lateinamerikas gegen den Kolonialismus. Und heute können es die USA, England, Frankreich, Belgien und andere EU-Länder nicht vergessen, wie sie sich von Jahrhundert zu Jahrhundert auf Kosten der Kolonien und ihrer Versklavung durchgefressen haben. Sie können sich mit Entkolonialisierung der Welt nicht abfinden. Sie tun alles nur Mögliche für einen erneuten Kolonialismus.

Was geschieht wirklich in der Welt?

Um auch in Zukunft die natürlichen Reichtümer der unentwickelten Länder ausbeuten zu können, veranstalten sie überall dort „farbige Revolutionen“, erpressen die von ihnen unerwünschten Herrscher, drängen diesen Ländern ihre wirtschaftlichen Entwicklungsmodelle auf, unterdrücken sie durch finanzielle Zwangsmaßnahmen und übermäßige Steuern, durch Sanktionen und dei Einfuhr zollfreier Waren. Und sie scheuen sich nicht vor Ermordung unbequemer Staatsoberhäupter und militärischen Aggressionen, mal in diesem, mal in jenem Land der Welt. Sie geben Millionen Dollar dafür aus, um die Menschen zu desinformieren, um psychologische Kriege zu führen und die Weltbevölkerung in eine gedankenlose Herde von Spießern zu verwandeln, die nur für die Befriedigung ihrer biologischen Bedürfnisse lebt, und die blind an das Geschwätz über irgendwelche abstrakten westlichen Werte, an Demokratie und Menschenrechte glaubt.

… eine Herde selbstzufriedener Gestalten

f7Heute denke ich daran, wie wir, die Gesellschaftswissenschaftler, uns beeilt haben, eine Hymne auf die Menschheit zu singen, die sich hoch über das Tierreich erhoben, sich Vernunft gegeben und aus sich den homo sapiens gemacht hat. Ich sehe auf den Pariser Plätzen keine vernünftigen und gebildeten Menschen. Ich sehe nur eine Herde menschenähnlicher selbstzufriedener Wesen, die überhaupt nicht verstehen, was in der Welt und was in Frankreich geschieht. Sie wurden auf die Plätze gerufen, und sie sind gekommen. Sie haben gesagt, daß die Journalisten nur getötet wurden, weil sie für die „Meinungsfreiheit“ eintraten. Sie haben das geprüft. Und ihnen ist es überhaupt nicht in den Kopf gekommen, daß die „Meinungsfreiheit“ den Menschen nicht das Recht gibt, zu lügen, zu verzerren, zu verletzen und zu verhöhnen, was anderen Menschen heilig ist. Doch auch andere Menschen haben ein Recht auf Freiheit. Und sie haben das Recht, ihre Religion, ihre Werte und ihre Heiligtümer vor Lüge, Verleumdung, Verspottung und Beleidigung zu schützen.

Die Menschen konsumieren alles, was man ihnen vorsetzt

Das ist ihnen alles nicht eingefallen, weil es in der menschlichen Gesellschaft von Jahr zu Jahr immer weniger denkende, um so mehr aber wiederkäuende Menschen gibt. Es gibt immer weniger produzierende, dafür aber immer mehr konsumierende Menschen. Und sie konsumieren alles nacheinander – in den Magen kommen die Chips und die Coca Cola, und ins Gehirn der Informationsmüll aus den Internet. Und so hat die Masse der Franzosen, die mit dem Magen denkt, und die empört ist über die Schießerei der mohammedanischen „Terroristen“, die sich erdrückt fühlt von der „Übermacht“ der ausländischen Zuwanderer im Land, aufgehört mit den eigenen Augen zu sehen. Und sie haben aufgehört, ihre Stimme gegen die profaschistische, terroristische Politik der eigenen Regierung zu erheben.

Der Bauch ist voll – und der Kopf ist leer

Das ist natürlich für einen Menschen schwer zu begreifen, wenn er weder seine eigene Geschichte, noch die Geschichte des Weltgeschehens kennt. Der Spießer hält an seinem Prinzip fest: Je weniger ich weiß, desto besser kann ich schlafen. Der Rat des Weisen Kosma Prutkow – Schau nach der Wurzel! – ist nichts für ihn. Er ist satt, und wo der Magen voll, ist der Kopf meist leer. Und der Staat – gleich ob der französische, amerikanische oder russische – hätte am liebsten eine Gesellschaft von lauter Hohlköpfen. Wer aber die Geschichte kennt, selbst wenn er nur die Mittelschule besucht hat, der erinnert sich, daß es bis zu den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts auf der Karte von Afrika nur drei Farben gab, weil alle afrikanischen Ländere Kolonien waren – von Großbritannien, von Frankreich und von Belgien.

Frankreich – die größte Kolonialmacht der Welt

Frankreich hat sich über Jahrhunderte auf Kosten der natürlichen Reichtümer und der Versklavung der Menschen in den Kolonien bereichert. Dazu gehörten: Algerien, Tunesien, Marokko, Tschad, Senegal, Madagaskar, Nigeria, Obervolta, Elfenbeinküste, die Zentralafrikanischen Republik, die Republik Kongo, Mauretanien, Togo und Kamerun. Sodann streckte Frankreich die Hand aus, um Indien und Indochina, den Kongo und den Sudan, Syrien und Libanon zu berauben. Frankreich hatte Kolonien in allen Regionen der Welt, in mehr 10 % der Erde. Und noch heute befinden sich 500.000 Quadratkilometer des Inselterritoriums der Welt in kolonialer Abhängigkeit von Frankreich.

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Was verstehen wir unter einer Kolonie?

Daß sich ein Land in wirtschaftlicher Abhängigkeit von einem anderen befindet, sagt noch nicht viel. Eine Kolonie ist die Verwandlung der einheimischen Bevölkerung in untertänige Sklaven, in sprechende Werkzeuge. Es ist die unbarmherzige Ausbeutung aller Bewohner eines Landes, ihre absolute Unwissenheit, ihr Elend, und es ist die höchste Sterblichkeit durch Krankheiten, Hunger und Mangelerscheinungen. Und bis zum heutigen Tag hat die Ausplünderung und der Raub von Erdöl und Nickel, von Kautschuk und Perlen, von Zucker und Kokosöl, von Krabben und Rum, von Kaffee, Bananen und Ananas aus den Kolonien nicht aufgehört…

Die ausgebeuteten Völker werden das Unrecht niemals vergessen!

Dem Anschein nach war der Kolonialismus auf der Welt seit 50 Jahren überwunden. Dutzende Länder haben ihre Unabhängigkeit mit dem Leben von hunderttausenden Menschen bezahlt, die sich für die Befreiung ihrer Länder aufgeopfert haben. Aber können denn die Völker, die ihre Unabhängigkeit von den Mutterländern in schwersten Kämpfen errangen, ihre Geschichte jemals vergessen? Werden jemals die Leiden und Nöte ihrer Väter und Großväter unter der Barbarei der weißen Raubtiere aus dem Gedächtnis verschwionden? Nein, das werden sie nicht! Im französischen Neukaledonien, das reichste Vorräte an Nickel hat, hören die blutigen Zusammenstöße zwischen den Einheimischen und den französischen Besatzern bis heute nicht auf. Und – einer nach dem anderen – sterben die Politiker, die für die Unabhängigkeit der Länder eintreten…

Neokolonialismus ist heute typisch für den Imperialismus

NickelDie Analyse der Gegenwart beweist überzeugend, daß die westlichen Zivilisationen ohne Raubüberfälle und ohne Gewalt, ohne Kriege und Terror nicht existieren können. Es ist das Gesetz der imperialistischen Entwicklung. Gerade deshalb ist der Neokolonialismus eine typische Erscheinung unserer Zeit. War es denn nicht Frankreich, das mit den Waffengewalt zur libyschen Konterrevolution im Jahre 2011 beitrug, den fortschrittlichen Staat Muhammar Ghaddafis zu stürzen? Hat nicht Frankreich das führendste Land Afrikas, die Sozialistische Libysche Arabische Volksdjamahirija zerstört, und ihr Volk auf die langen Jahre ins Chaos gestürzt? Haben nicht die französischen Legionäre gemeinsam mit englischen Spezialeinheiten und den amerikanischen „Meerkatzen“ großes Leid, Tod und Verwüstung über das schöne und fleißige Volk Libyens gebracht?

Frankreich – ein äußerst aggressiver und raubgieriger Staat

Ist Frankreich etwa nicht das aktivste Mitglied des aggressiven Militärblocks der NATO, dessen Streitkräfte 1999 monatelang nicht nur militärisch Objekte Jugoslawiens, sondern auch Wohnviertel, Schulen und Krankenhäuser, Kraftwerke und Eisenbahnbrücken bombardiert hat? Hat Frankreich etwa nicht 200 Unternehmen zerstört, Tausende friedlicher Bürger umgebracht und verwundet, hat Frankreich den Menschen etwa nicht ihre Arbeit weggenommen und damit weitere tausend unschuldiger Menschen unglücklich gemacht? Oder hat Frankreich etwa nicht den Militärs der NATO sein Einverständnis gegeben, den syrischen Banden zu helfen, um noch einige Jahre den Kampf gegen das Volk Syriens fortzuführen, um dessen Staatsoberhaupt Bashar al Assad zu stürzen, der sich dem Hauptterroristen der Welt, den Vereinigten Staaten von Amerika, nicht beugen will, und der um die unabhängige Entwicklung des Landes kämpft?

fr-militaires-6d926Oder es gibt irgendwelche Gründe dafür, daß man dem Führer des syrischen Volkes nicht glauben kann, wenn er in einem Interview mit dem Korrespondenten der Zeitschrift „Paris Match“ sagt, daß ein großer Prozentsatz der Terroristen, die nach Syrien kamen und Blutvergießen über das Land brachten, Franzosen sind? Ich habe nichts darüber gehört, daß die anständigen Franzosen auf ihren Massenkundgebungen ein Ende der Aggression gegen das syrische Volk gefordert hätten. Oder ermöglicht es ihnen ihre politische Kurzsichtigkeit nicht, die profaschistische Politik der Fünften Republik und ihrer amerikanischen Partner zu erkennen? Hat nicht Frankreich im Januar 2013 in dem afrikanischen Staat Mali mit einer Militärintervention begonnen? Hat nicht gerade erst François Hollande das Kontingent der Militärkräfte von 600 bis auf 2500 Mann erhöht und Militärflugzeuge nach Mali geschickt? Und vor wenigen Tagen belog er dabei die Presse Frankreichs, das Volk und die ganze Welt, daß der Überfall der französischen Truppen in Mali zur Befreiung ihres Volkes beiträgt.

Es reicht!

Schluß mit den Verteidigern der jetzigen „Weltordnung“ in Rußland, in Europa und in Amerika! Die bürgerlichen Lakaien können die Wahrheit nicht gebrauchen. Für ein Bündelchen grüner Scheine wiederholen sie den Machthabern jeden beliebigen ideologischen Schwachsinn. Das furchtbare Antlitz der Realität interessiert sie nicht. Sie können und wollen der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen. Es juckt sie nicht, daß von den sieben Milliarden Menschen auf der Erde 2,5 Milliarden in ärmlichen Verhältnissen leben. Es stört sie nicht, wenn etwa 70 % der in Zentral- und Südafrika lebenden Menschen nicht mehr als einen Dollar pro Tag zur Verfügung haben, und wenn sie damit über ihren elenden Zustand nicht hinwegkommen. Laut Angaben der „Food and Agriculture Organization“ (FAO) der UNO hungern eine Milliarde Menschen in der Welt und jeden Tag sterben über 24.000 Kinder im Alter bis zu 5 Jahren an Hunger oder Krankheit.

Entsetzliches Leid, Hunger und Armut

7924Die französische Zeitung „Le Monde“ veröffentlichte furchtbare Beschreibungen über das Geschehen im Sudan: „Kinder, die nur noch von Haut überzogene Skelette sind, sitzen auf der von der Hitze berstenden Erde und starren regungslos auf einen Punkt. Frauen mit kraftlosen Gesichtern weinen stumm. Männer mit eingefallener Brust und flehenden Blicken bieten den Fremden für eine Handvoll Durra (einer Art Hirse) oder ein paar Liter Wasser ihre Dienste an. Man sieht endlose Reihen von Zelten aus zerrissener Leinwand. Überall liegen die Skelette von Ziegen, Kühen oder Kamelen herum, die vor Hunger umgefallen sind. Tausende Sudanesen fielen dem Hunger zum Opfer.” http://planeta.by/article/686 Millionen Menschen in Afrika sind unterernährt, sie spüren die Hoffnungslosigkeit des Daseins, sind vom Elend erdrückt, ertragen alle Nöte des Lebens, sie klagen nicht und sehen doch keinen Ausweg aus der jetzigen Lage.

Die Empörung über die Ungerechtigkeit in der Welt nimmt zu

Aber solange es eine Ungerechtigkeit und eine solche empörende Ungleichheit in der menschlichen Gesellschaft gibt, solange die „goldene Milliarde“ auf Kosten der Verarmung und des Hungers großer Teile der Bevölkerung der Erde lebt, und solange der staatliche Terror der globalisierten Länder dem ganzen Planeten die Kehle zudrückt, wird das Gefühl des Hasses gegen die Unterdrücker und Ausbeuter nur wachsen, und die Empörung über die Ungerechtigkeit des Daseins nimmt zu. Die Tragik des Lebens, die Verzweiflung und der Haß bringen verschiedene Formen des Protestes hervor, die sich nicht immer der wissenschaftlichen Logik der Philosophen unterwerfen und häufig spontan hervorbrechen. Die äußerst gewaltsamen Methoden des Kampfes gegen die Neokolonialisten braucht man nicht zu kritisieren, sondern man muß sie verstehen und aus der gegebenen Lage heraus erklären. Moralisieren ist hier nutzlos und sogar schädlich. Und es ist auch unwichtig, von wem es ausgeht, ob von reaktionären bürgerlichen Politologen oder solchen, die sich Kommunisten nennen.

Wer kann diese krassen Widersprüche in der Welt lösen?

473_001Natürlich können die antagonistischen Widersprüche in der Gesellschaft nur durch bewußte und organisierte revolutionäre Kräfte gelöst werden. Aber solch ein Kampf erfordert Zeit und eine kolossale Arbeit. Große Bedeutung hat aber auch der spontane Protest der heldenhaften Kämpfer, die bereit sind, sich für die wahrhafte Freiheit und die Gerechtigkeit auf der Erde aufzuopfern. Wir verurteilen jede intellektuelle Speichelleckerei, die da behauptet, „die Tötung von Menschen, als eine Art, die Differenzen zu lösen, ist ein Verbrechen“. Und wir werden ihnen niemals zustimmen. Denn Gewalt bringt Gewalt hervor – darin besteht der Unterschied! Die materielle Gewalt des Feindes kann nur durch materielle Gewalt überwunden werden. Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ und soll auch heute unser Banner sein.

Gewalt ist niemals ein freiwilliges Mittel

Die terroristischen Aktionen der Revolutionäre im unterdrückten Rußland waren niemals ein zufälliges, freiwilliges Mittel des Kampfes. Sie waren ihnen durch die Selbstherrschaft aufgezwungen worden, durch die fehlende politische Freiheit, durch die Grausamkeiten gegenüber denen und die Verfolgungen derer, die unter diesen Nöten litt, und die gegen den Zarismus kämpfte. Gerade deshalb haben Karakosow, Stepnjak Krawtschinski, Wera Sassulitsch, Sofija Perowskaja, Andrej Scheljabow und andere die Waffen in die Hände genommen. Und sie werden als Helden und Kämpfer für das Glück des Volkes für immer in unserem Gedächtnis bleiben! Einsame Kämpfer begehen so manche Heldentat und kommen dabei um. Doch ihre Schüsse auf den Feind, ihr Protest gegen die Unterwerfung, gegen die Gleichgültigkeit, gegen die Demut, den gewaltlosen Widerstand sind ein Aufruf zum Kampf. Ihre Tapferkeit und ihr Mut wecken die Schlafenden, sie heben die Menschen auf – zum Kampf für das Glück des einfachen Volkes.

Quelle: Danke an Kommunisten Online!
http://kv-journal.info/content/chto-poseesh-i-pozhnesh-0

pdfimages  Ljubow Pribytkowa Was man sät das wird man ernten


Zwei Kommentare dazu:

„Wer Wind sät, wird Sturm ernten“
So heißt es (mit Recht) in der Bibel.

Lieber Gerd,
sicher ist die Wut der Ljubow Pribytkowa zu verstehen und die unsäglichen Leidensgeschichten afrikanischer Völker etc. Ich will hier nichts wiederholen. Unsere Genossen, viele selbst mit Ursprüngen in diesen Ländern (in Frankreich, so hat ein Soziologe untersucht, haben 30 % der Bevölkerung dort ihre Wurzeln) sind sehr aktiv bei der Bekämpfung des „Neokolonialismus“. Nicht alle der Menschen, die da in Frankreich demonstrierten, sind Teil „einer Herde selbstzufriedener Gestalten“. Und nicht alle teilen ohne Nachzudenken dieses zur nationalen „Einheit“ vorgegebene Charlie-Bild. Aber diese Geschichte einzuordnen, ist eine einfache und gleichzeitig komplizierte Sache. Wir Kommunisten wissen, daß sie unseren Kampf komplizierter macht. Deshalb, vor allem deshalb, kann ich zwar die ohnmächtige Wut der Ljubow verstehen, aber ihre Reaktion keineswegs teilen. Insbesondere die beiden letzten Absätze sind eine hochgefährliche Auslegung im täglichen und auch im Befreiungskampf. Sie sind letztlich ein Aufruf zu anarchistischen Handlungen, die schon immer (ich erinnere an Marx, Engels u.a. Kampf gegen Bakunin) der Arbeiterbewegung mehr genutzt als geschadet haben. Das gilt auch für so manche von Ljubow genannten Helden. Muß ich erinnern, daß wir uns auf den wissenschaftlichen Kommunismus berufen? In diesem haben der Haß auf Unterdrückung und Gewalt der herrschenden Klasse ihren Platz tief in unserem Herzen. Aber für den Kampf, vor allem den täglichen mühsamen Klassenkampf brauchen wir einen klaren und kühlen Verstand. Er sagt uns, daß solche anarchistischen Gewaltaktionen wie hier in Paris nur schaden. Auch deshalb sind sie aufs ausdrücklichste zu verurteilen. Mord und Gewalt sind die Waffen der Ausbeuter, nicht die der friedliebenden Menschen in aller Welt. Gewiss, zur Verteidigung der Unabhängigkeit und der Selbstbestimmung der Völker ist es Recht und Pflicht, zur Waffe zu greifen. Das haben die vietnamesischen und viele andere Bürger, vor allem aber die Sowjetbürger vorgelebt. In diesem Sinne hoffe ich sehr, daß du diesen Artikel nicht ins Netz stellst bzw. ihn schleunigst wieder entfernst. Für ähnliche, manchmal nur viel geringere Aussagen, wurden in den letzten Tagen in Frankreich einige Leute zu teils erheblichen Gefängnisstrafen verurteilt. Das kann auch bei euch passieren. Ich hoffe sehr, daß du darüber gründlich nachdenkst.
Gisela

Quelle: Kommunisten-Online


Kommunisten sind Menschen oder solche die es geblieben sind.
Zum Brief der Genossin Gisela:
Von Ulrich aus Nikaragua

Selbstverständlich muß man im täglichen Kleinkampf aufpassen, was man sagt. Alles was Gisela sagt über die Kommunisten, ist richtig. Ich glaube aber keinesfalls, daß die Genossin Ljubow der Meinung ist, daß die Kommunisten hergehen sollten und in Zeitungsredaktionen marschieren sollten, um die Redakteure abzuknallen. Das braucht keine weitere Erklärung. Darüber sind sich wohl alle Kommunisten einig. Ich teile Ljubows Ansicht und Wut über diesen Massenwahn der Heuchelei, wie man es eigentlich zuletzt nur zu Zeiten der braunen Pest gekannt hatte. Da sind also zwölf Menschen brutal ermordet worden, die ihrerseits aber auch Alles getan haben, um religiöse und andere Gefühle zu verletzen und aufzuhetzen – einerseits – und da ist der andauernde Alltag des brutalen und erbarmungslosen Völkermords – in Gaza, Libyen, Syrien, Ukraine, Irak….. und, und und. Kinder und Frauen leiden und sterben ganz unsäglich zuerst. Zugunsten der imperialistischen Kassen und ihrer Lakaien. TAUSEND UND ABERTAUSEND MAL „CHARLIE HEBDO“ – JEDEN TAG – ÜBERALL (Mit der Ausnahme der Wohlstandsinseln). Wenn die Genossin Ljubow sich außer Stande sieht, über diese zwölf Menschen Tränen zu vergießen, zusammen mit den Krokodilstränen derer, deren Augen angesichts des täglichen imperialistischen Massenmords ansonsten bockelhart trocken bleiben, – also gut. Mir geht es genauso. Ich kann es nicht verhindern. Vielleicht komme ich auf den Scheiterhaufen deswegen. Und dazu der völlig hirnrissige Schulterschluß mit denen, die solche Massaker seit Ewigkeiten provozieren und finanzieren und dafür lügen, daß sich die Balken biegen und dabei das Volk für dumm verkaufen. Es sind gerade die, die im Grunde mit „Charlie Hebdo“ so eine „Sache“ schon immer gerne gemacht hätten. „Charlie Hebdo“ war und ist das ideale Bauernopfer für jeden provokativen Terrorakt der Reaktion. Es wird da schon eine abgrundtiefe geistige und moralische Schwäche und primitive Plattheit von Menschen sichtbar. Im Übrigen ist für mich noch gar nicht heraus, wer da hinter diesem Attentat steckt. Wir kennen ja die NATO-Geheimarmee „Gladio“ und die immer deutlicher sichtbar werdende versteckte HAND HINTER FAST ALLEN TERRORISTISCHEN ANSCHLÄGEN der letzten Jahrzehnte in Europa. Gar nicht zu reden vom 11.9. Thierry Maisan von Red Voltaire liegt da gar nicht so falsch. Das hat so gar nicht die Handschrift von Religionsfanatikern von Typ „yihad“. (Übrigens das Wort „yihad“ ist hier völlig fehl am Platze. Die Bedeutung des Begriffes ist völlig entstellt worden). Das Einzige was feststeht, ist, daß sowohl die Opfer dieses Anschlags, als auch die Täter und erst recht die gut betuchten „Solidarisierer“ und Terroristenbekämpfer von hinter der Bühne es ein erhebliches Stück weiter gebracht haben auf dem Weg, die Völker zu spalten, sie gegeneinander aufzuhetzen, die unterdrückten Klassen einzuschüchtern und/oder zu verdummen, die Religionen gegeneinander aufzubringen, als lebten wir im Zeitalter der Kreuzzüge. Dafür ist die ganze Geschichte gut mit allen Beteiligten. Und dafür ist sie meiner Meinung nach auch designed worden. Da bin ich mir ziemlich sicher. Willkommen zurück in der mittelalterlichen Nacht! Trallala! Die Scheiterhaufen lodern. Diese unerträgliche Heuchelei und eigentlich heimtückische Verzerrung von Krieg und Frieden von Recht und Unrecht, im Grunde von allen Gegensätzen – wer das erträgt, der hat kein Herz. Kommunisten sind Menschen oder solche die es noch geblieben sind. Ljubows Herz ist weder aus Stein, noch aus Eis. Das steht fest. Ich finde ihre „Sünde“ läßlich und wir Kommunisten müßten eigentlich gelernt haben, die Wahrheit, wenn es sein muß, auch mal alleine, isoliert und in der Kälte zu verteidigen – gegen den Haß derer, deren geistige Struktur ein einziger Alptraum ist, anstatt die Wahrheit. Ich lasse mich nicht einschüchtern. Ich distanziere mich nicht.
„JE SUIS LJUBOV“.

Quelle: Kommunisten-Online

Siehe dazu auch:
Woher kommt die kriminelle Gewalt?
Ce que les mass-média ne disent pas quand ils parlent de l’attentat terroriste contre Charlie Hebdo (französisch)
What the mass media hide about the Charlie Hebdo terror attack (englisch)
Fabian Köhler: Nach Charlie versteht Frankreich keinen Spaß mehr (via Heise)
Kurt Gossweiler: Ist Gewalt zur Verteidigung des Kommunismus unmoralisch?

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