Künstler und Kulturschaffende in der DDR

FfO77-5

Festival der Freundschaft DDR-Polen Frankfurt/Oder 1977

Die erste Frage des westdeutschen Moderators ist: „Wie war das in der DDR? Hatten Sie auch schon mal Auftrittsverbot durch die Zensur?“ – Ja, wie witzig! Als wäre gerade das ein Qualitätsmerkmal. Wohl kaum eine Berufsgruppe hatte in der DDR soviele Freiheiten und Entwicklungsmöglichkeiten wie die der Künstler. Das aus früheren kapitalistischen Epochen herrührende Unverständnis des Volkes für die Kunst konnte in der DDR überwunden werden. Es bildete sich nicht nur ein neues Verhältnis der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Arbeitern, Bauern und Künstlern heraus, sondern die Arbeiterklasse selbst entwickelte sich immer mehr zum bewußten Träger sozialistischer Kultur.

Was ist eigentlich in den letzten 30 Jahren im Kapitalismus an bemerkenswerter Kunst neu entstanden? Nichts oder nur sehr wenig von bleibendem Wert. Die meisten der nach 1990 gedruckten Bücher landen heute schon nach kurzer Zeit auf dem Müll oder in den Ramschkisten der Supermärkte.

Kunst und Kultur in der DDR

In der DDR begann sich schon in den 1960er Jahren ein reiches kulturelles Leben zu entfalten. 1964 gab es in der DDR etwa 300 Zirkel schreibender Arbeiter und Bauern sowie zahlreiche Arbeitsgemeinschaften junger Autoren, die von erfahrenen Schriftstellern angeleitet wurden. Es gab nicht nur Chöre, Arbeitersinfonieorchester, Foto- und Filmzirkel, Mal- und Zeichenzirkel, sondern auch die entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten: Musikschulen, Kunsthochschulen, ein Literaturinstitut sowie umfangreiche staatliche Fördermaßnahmen.Von den Betrieben erfolgten sogar im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten Freistellungen für Weiterbildungen im künstlerischen Bereich; in den Kultur- und Bildungsplänen der Betriebe waren z.B. auch gemeinsame Theaterbesuche  vorgesehen.

Die DDR-Literatur

TinkoDarüberhinaus existierten in der DDR schon 1963 21.115 allgemeinbildende und mehr als 1.000 wissenschaftliche Bibliotheken mit einem Bestand von 43 Millionen Bänden. Und das in einem kleinen Land von ca 17 Millionen Einwohnern. 1963 wurden bspw. die Bibliotheken 56 Millionen mal in Anspruch genommen. Sogar bis in die kleinsten Dörfer kam einmal im Monat der Bibliotheksbus. Die Ausleihe war generell kostenlos. Die DDR war ein Leseland, eine gebildete Nation! Das begann schon in der Schule. Es gab keinen Lehrermangel, keine sinnlosen „Friday for Future“-Veranstaltungen, sondern ein einheitliches sozialistisches Bildungssystem, in dem jeder Schüler, jedes Kind unabhängig von seiner Herkunft und entsprechend seiner Fähigkeiten die gleichen Bildungschancen hatte.

Das Volkskunstschaffen und Theater

Nur mal als Beispiel: Über 850.000 Laienkünstler waren damals schon in 20.000 Gruppen und Zirkeln tätig. Die 133 Arbeiter- und Bauern-Theater gaben 1962/63 in der DDR 2.433 Vorstellungen, die von insgesamt 804.422 Besuchern gesehen wurden. Die großen Möglichkeiten, sich kulturell zu betätigen und an den kulturellen Veranstaltungen aktiv mitzuwirken, erfaßten nahezu die gesamte Bevölkerung. In der Spielzeit 1962/63 erlebten etwa 13 Millionen Besucher rund 27.000 Theatervorstellungen. Und das bei Eintrittspreisen von 2 bis 4 Mark pro Veranstaltung. Die Kunst gehörte dem Volk. Kein Wunder, daß auch der Anspruch an professionell hochwertige und geistig anspruchsvolle Kunst und Kultur ständig wuchs.

Die berufliche Tätigkeit der Künstler

ZulassungEs war daher nur natürlich, daß die Maßstäbe für Veröffentlichungen, für öffentliche Auftritte und Präsentationen entsprechend hoch waren. Für die Ausübung einer hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Veranstaltungswesens (für Schlagersänger, Artisten usw.) war ein Berufsausweis erforderlich, der die künstlerische Qualität gewährleisten sollte. Zur Ausübung einer haupt- oder nebenbruflichen Tätigkeit im Bereich der Tanz- und Unterhaltungsmusik und für Laienmusiker benötigte man eine Spielerlaubnis, es sei denn, der Künstler verfügte über den Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung. Doch auch dann wurde eine Einstufung vorgenommen, die es dem Künstler erlaubte, sich vom Veranstalter seine Kosten erstatten zu lassen bzw. sein Honorar in der vorgesehenen Höhe in Rechnung zu stellen. Entsprachen die künstlerischen Leistungen oder die geistig-moralischen Inhalte nicht den Anforderungen an eine sozialistische Kultur, so konnte eine Zulassung nicht erteilt werden. Somit war in der DDR auch gewährliestet, daß minderwertige, moralisch fragwürdige und DDR-feindliche „Kunst“ keinen Spielraum erhielt.

Förderung von Kunst und Kultur in der DDR

Die künstlerische Viefalt und der Ideenreichtum des künstlerischen Schaffens in der DDR waren beispielgebend. Die Künstler genossen alle Unterstützung durch unseren sozialistischen Staat. Auch kritische Werke waren gefragt und wurden teilweise heftig diskutiert. Es gab staatlich subventionierte Künstlererholungsheime in der DDR und eine einheitliche Honorar-Regelung, die sich nach künstlerischen Maßstäben richtete. In zahlreichen Fach- und Hochschulen konnten talentierte Bewerber ein kostenloses Studium absolvieren und erhielten dafür sogar ein Stipendium. In Kunstausstellungen, öffentlichen Aufführungen und Buchlesungen in Betrieben konnten Künstler ihre Werke prasentieren. Ebenso erfolgte im Rahmen der betrieblichen Kultur- und Sozialpläne eine Unterstüzung und bezahlte Freistellung von der Arbeit duch den sozialistischen Staat. Soviel zur Freiheit von Kunst und Kultur in der DDR! Dazu gäbe es ganz gewiß noch viel zu sagen…

Literatur:
DDR- 300 Fragen, 300 Antworten. Verlag Die Wirtschaft Berlin (DDR), 1965.
Kulturpolitisches Wörterbuch, Dietz Verlag Berlin (DDR) 1970.

DDR-Kunst Tübke.jpg

Bilder: BI-Lexikon (5 Bde.), VEB Bibliographisches Institut Leipzig, 1985, Bd.1.

Siehe auch: Kunst im Kapitalismus

 

Dieser Beitrag wurde unter Arbeiterklasse, Bildung und Erziehung, Freiheit der Andersdenkenden, Meine Heimat DDR veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu Künstler und Kulturschaffende in der DDR

  1. Erfurt schreibt:

    Peggy March über Künstler und Musiker der DDR: Die hatten alle eine Ausbildung!

    P. March, Jahrgang 48 ist ein paarmal in der DDR aufgetreten, u.a. im Friedrichstadtpalast zusammen mit Musikern der DDR. Wa sie neulich in der MDR-Talkshow über DDR Musiker sagte, ist schon bemerkenswert, auch deshalb weil sie das nicht ohne Erstaunen hervorbrachte.

    • sascha313 schreibt:

      Es ist schon schlimm – alle DDR-Künstler (wirklich alle!) waren bestens vorbreitet auf ihren Beruf. Mögen vielleicht manches Westkünstler talentiert gewesen sein …. besser waren sie nicht. Sie hatten evtl. die bessere Public Relation. (Das war in der DDR keine Erfolgsvoraussetzung!)

  2. Pingback: Eine Stunde auf „Amiga“… | Sascha's Welt

Hinterlasse einen Kommentar