Die Kommunistenverfolgungen in der BRD

DenningerWer erinnert sich heute noch? Es ist schon oft gesagt worden, doch die bürgerlichen Massenmedien decken diese Schande mit immer neuen Lügenmärchen zu: Eine Entnazifizierung hat es in Westdeutschland nie gegeben. Fällt heute das Wort „Kommunist“, ist jede Diskussion beendet. Wie war das 1945?

Die Imperialisten der USA, Englands und Frankreichs ließen unter Verletzung des Potsdamer Abkommens in ihren Besatzungszonen die deutschen Monopole, die die Inspiratoren und Initiatoren der Hitleraggression gewesen waren, unangetastet. Die anglo-amerikanischen und französischen Imperialisten ließen auch den Großgrundbesitz bestehen. Die Kommissionen zur Entnazifizierung der westlichen Zonen Deutschlands waren durchsetzt mit faschistischen Elementen und wurden zu Kommissionen der Rehabilitierung faschistischer Verbrecher. Führende Nazis wurden von den amerikanischen Imperialisten amnestiert. Das hatte eine verstärkte Zersetzungstätigkeit der nazistischen Elemente zur unmittelbaren Folge.

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht.
(Heine)

Die westlichen Besatzungsmächte verfolgten die Anhänger der demokratischen antifaschistischen Bewegung und stützten sich in ihrer Politik auf die westdeutsche Reaktion, die sich um die CDU und die SPD Westdeutschlands konzentrierte. Wir wissen aber: Nach 1945 gab es wenigstens eine KPD im Untergrund… Deshalb hier nun ein Zeitzeugenbericht, der aufzeigt, wie Kommunisten und Andersdenkende in der Alt-BRD verfolgt wurden. Der Text ist etwas lang, aber den verfolgten Kommunisten der Alt-BRD zum Gedenken.

Hannelore Nowak schildert in ihrem Bericht „Über das Schicksal politisch Verfolgter“, entnommen aus dem Buch „Freiheitliche demokratische Grundordnung II“ von Erhard Denninger [1], sehr eindrucksvoll welchen Verfolgungen Menschen in der Alt-BRD ausgesetzt waren, die gegen die Politik dieser Regierungen auftraten. Dieser Bericht von Hannelore Nowak ist deshalb so interessant, weil hier im Grunde das ganze Spektrum dieser Verfolgung Andersdenkender beschrieben ist. Aber lassen wir Hannelore Nowak zu Wort kommen:

Kommunistenverfolgung in der BRD

„Mit Interesse habe ich die Konferenz verfolgt, die sich mit dem Problem der Wiederzulassung der Kommunistischen Partei Deutschlands befaßt. Das Verbot brachte Hunderten von Menschen viele Monate Gefängnis. In den meisten Fällen sind es Kommunisten, die ihrer Freiheit beraubt wurden und noch werden. Für den Betroffenen ist es schwer, Monate im Gefängnis zu verbringen. Aber schwer ist es auch für die Familie, die sehr hart in Mitleidenchaft gezogen wird. Mein Mann erhielt in zwei Prozessen, 1962 und 1965, insgesamt 30 Monate Gefängnis. In beiden Fällen wurde er wegen «Verstoßes gegen das KPD-Verbot» verurteilt.

Verbreitung der Wahrheit wird schwer bestraft…

1962 reichte die Zeugenaussage eines einzelnen, um ihn zu 16 Monaten Gefängnis zu verurteilen. 1965 wurde er mit 250 Exemplaren der «Informationsblätter für Bergarbeiter» angetroffen, die er in seinem Pkw hatte. Herausgeber war die KPD. In diesem Informationsblatt standen drei Artikel. Einer, der sich mit den Betriebsratswahlen im Bergbau befaßte, ein anderer, der die Bergarbeiter zur Solidarität mit den im Lohnkampf stehenden Metallarbeitern aufrief, ein dritter, der gegen den Krieg der Amerikaner in Vietnam Stellung nahm. Selbst das Gericht kam zu der Feststellung, daß es sich um keine «verfassungsfeindlichen» Artikel handelt. Trotzdem verhängte es 14 Monate Gefängnis.

Haussuchungen und Massenverhaftungen in Bochum

Als man meinen Mann im Jahre 1961 verhaftete, wurden mit ihm noch etwa 30 andere Männer allein in Bochum in U-Haft genommen. Bei ca. 60 Familien wurden Haussuchungen durchgeführt, 30 Frauen standen plötzlich allein, zum Teil mit minderjährigen Kindern. Nicht genug, daß die Männer verhaftet waren, die Ernährer der Familie. Es folgten Entlassungen von der Arbeitsstelle. Vielen Familien wurde die Werkswohnung gekündigt. Vor schwierige, kaum lösbare Probleme sahen wir uns gestellt. Denn was bedeutet es für die Frau, für die Kinder, den Mann, den Vater im Gefängnis zu wissen, er, der seiner Arbeit nachging und ein rechtschaffener Mensch war, der sich nicht an Hab und Gut anderer Menschen vergriffen hatte.

Kommunistenhaß wie unter Hitler

Der Kollege am Arbeitsplatz sah die Verhaftung noch als Unrecht an. Es den Frauen der Nachbarschaft klarzumachen, war schon schwieriger. Und manchmal noch schwerer hatte es das Kind in der Schule mit dem Lehrer bzw. der Lehrerin. Seelisch litten die Frau und die Kinder unter diesem Umstand. Physische Erkrankungen waren nicht selten die weitere Folge. So starben die Frauen von Emil Bechtle, von Fritz Rische, Oskar Weyrich und andere während der Haft ihrer Männer. Es ist nicht übertrieben zu sagen, daß Karl Jungmann, Martha Hadinsky, Gerda Kahler, Herbert Wilke, um nur einige zu nennen, ihr Leben verloren durch Auswirkung der politischen Verfolgungen. Und viele, die aus den Gefängnissen entlassen wurden, trugen körperliche Schäden davon.

Zwangsräumung von politisch Verfolgten

Ich erinnere mich, mit welchem Herzklopfen ich ins Gericht ging, um eine Besuchserlaubnis für meinen Mann zu holen. Welche Gefühle mich beim Durchschreiten des Gefängnistores bewegten, vermag ich kaum auszudrücken. Wie mag es all den anderen Frauen zumute gewesen sein? Wie furchtbar war es, wenn die Familien der politisch Verfolgten Zwangsräumungsbefehle erhielten und aufgefordert wurden, binnen einer bestimmten Frist die Wohnung zu räumen. Mit dem Möbelwagen kam der Gerichtsvollzieher, der die Zwangsräumung vornahm. Einen Stuhl setzte er raus, denselben wieder rein. Für diesen formalen Akt der Zwangsräumung mußten bis zu 70,- DM gezahlt werden. Bei manchen wiederholte sich diese Prozedur bis zu dreimal, ehe sie eine andere Wohnung hatten.

Die existentielle Not der Verfolgten

Kinder bekamen den Schlüssel um den Hals gehängt, weil die Mutter arbeiten gehen mußte, andere wurden bei Verwandten untergebracht. Frauen mit mehreren Kindern mußten die Wohlfahrt in Ansprach nehmen. Not zog bei den Familien ein. Das und vieles ändere erlebte ich in meiner Stadt, mit meinen Bekannten. Ich selbst war in der glücklichen Lage, einen anständigen Hausbesitzer zu haben, der uns nicht kündigte. Wir haben keine Kinder. Aber die ganze Last unseres Geschäftes mußte ich allein tragen. Der Umsatz ging stark zurück. Wie alle anderen Frauen, deren Männer verhaftet waren, mußte ich mit dem wenigsten auskommen.

Altnazis verübten Rache an den Kommunisten

In dieser Zeit hatte ich 16 Monate ein kleines Mädchen bei mir, dessen Mutter beim Besuch ihres Vaters im Gefängnis ebenfalls verhaftet wurde. Zweidreiviertel Jahre war die kleine Vera alt, als ich sie zu mir nahm. Und über vier Jahre, als ihre Mammi, die sie nicht mehr kannte, aus dem Gefängnis kam. Noch nicht einmal das letzte Drittel wurde dieser jungen Frau auf Bewährung ausgesetzt, weil sie, wie der Anstaltsleiter im Gefängnis Essen der Staatsanwaltschaft mitteilte, ihre kommunistische Gesinnung nicht geändert hatte.

Brutale Handlungsweise der westdeutschen Polizei

Nach der Inhaftierung meines Mannes im Februar 1965 wurde eine weitere Haussuchung in unserer Wohnung durchgeführt. Meine Mutter, die eine beiderseitige Herzmuskellähmung dritten Grades hat, erlitt einen schweren Herzanfall, während die Beamten die Haussuchung weiter fortführten. In der nächsten Nacht folgten zwei weitere Herzanfälle. Am 15.9.1965 wurde mein Mann auf der Polizeiwache in Bochum-Linden verhaftet, bei der er sich wöchentlich zweimal melden mußte.

Hilferufe an öffentliche Persönlichkeiten hatten endlich Erfolg

Um seine vorzeitige Haftentlassung zu erwirken, gab ich einen Offenen Brief heraus. Mit Schreiben wandte ich mich an viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens mit der Bitte, bei dem Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herrn Dr. Dr. Neuberger, für die Freilassung meines Mannes zu intervenieren. Meinem Wunsch entsprachen unter anderen: Herr Präses Wilm, Weltkirchenratspräsident D. Martin Niemöller, Professor Eugen Kogon, Professor Dr. Popitz, der Chefredakteur der IGMetall-Zeitung Moneta, Graf von Wedel, der Bundestagsabgeordnete der FDP William Borm, die Landtagsabgeordneten der SPD Netta und Schwarz, viele Betriebs- und Gewerkschaftsfunktionäre. Viele suchte ich persönlich auf. Im Justizministerium und im Landtag wurde ich vorstellig. Durch Erlaß des Justizministers wurde mein Mann am 22.2.1966, zwölf Monate vor Strafende, endlich aus der Strafhaft entlassen.

…doch die westdeutsche Justiz rächte sich

Weil ich mich um die Freilassung meines Mannes bemühte, wurde von der Staatsanwaltschaft in Dortmund am 8.1.1966 eine Haussuchung gegen mich verfügt. Obwohl der Staatsanwaltschaft sowie der politischen Polizei der Zustand meiner Mutter bekannt war. Meine Mutter erlitt wieder einen Herzanfall. Die Bemühungen um die Befreiung meines Mannes wurden nun mir als illegale politische Tätigkeit ausgelegt. Das Ermittlungsverfahren ist bis heute nicht eingestellt.

Das KPD-Verbot vom 17. August 1956

Das KPD-Verbot hat nicht nur eine politische Seite. Es brachte auch viel Kummer und Leid mit sich. Gewiß, noch werden unsere Männer nicht geschlagen und gefoltert, wie das während der Nazizeit an der Tagesordnung war. Noch sitzen sie in Gefängnissen und nicht in Konzentrationslagern. Aber wer hätte 1945 daran gedacht, daß 1956 schon wieder beginnt, was wir für immer hinter uns zu haben glaubten?!“


NACHTRAG

Eine Wiedergutmachung von Seiten des Staates wurde all diesen Menschen zugefügtes Unrecht nicht zuteil. Alle bisher in den Bundestages vertretenen Parteien, mit Ausnahme der Partei „Die Linke“, lehnten jeden Antrag auf Entschädigung für dieses vom Staat begangene Unrecht ab. Nur ein Vergleich. Wer in der DDR für 6 Monate als politisch Verurteilter in einem DDR-Gefängnis saß, bekommt eine monatliche „Opferrente“ von 330 Euro. Das sind jährlich 3.960 Euro, bei einem Bezug von 25 Jahren immerhin 99.000 Euro. Laut Wikipedia wird die Zahl der eingeleiteten Ermittlungen und Verurteilungen zwischen 125.000 bis 200.000 Ermittlungen und 7.000 bis 10.000 Verurteilungen angegeben. Genaue Zahlen sind schwer zu ermitteln. Die Archive blieben bisher der Öffentlichkeit verschlossen…*


Wie war das in Ostdeutschland?

Nur die Sowjetunion hielt sich streng an die Potsdamer Beschlüsse und trat entschlossen für die nationale Einheit Deutschlands ein. Stalin führte dazu aus:

„Kurz gesagt, die Politik der Sowjetunion in Bezug auf das deutsche Problem beschränkt sich … auf die Entmilitarisierung und Demokratisierung Deutschlands. Ich glaube, daß die Entmilitarisierung und Demokratisierung Deutschlands eine der bedeutendsten Garantien für die Errichtung eines stabilen und dauerhaften Friedens bildet.“ [2]

Die demokratische Umgestaltung

Unterstützt von der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland haben die antifaschistischen Kräfte in Ostdeutschland eine umfassende demokratische Umgestaltung vollzogen. Im Herbst 1945 wurde auf Initiative der KPD mit der Durchführung der demokratischen Bodenreform begonnen. Die erfolgreiche Durchführung der Bodenreform beendete die jahrhundertealte Herrschaft der junkerlichen Großgrundbesitzer, die von jeher eine Stütze der Reaktion und des Militarismus waren.

Entmilitariseirung und die Enteignung der Nazi- und Kriegsverbrecher

Von großer Bedeutung für die Umgestaltung der deutschen Wirtschaft auf einer friedlichen demokratischen Grundlage war die in der sowjetischen Besatzungszone durchgeführte Entmilitarisierung der Industrie, die Beseitigung der Monopole und Beschlagnahme des Besitzes der Nazi- und Kriegsverbrecher, zu denen alle Großkapitalisten gehörten, die Hitlers verbrecherische Pläne finanziert und unterstützt hatten. Die enteigneten Vermögenswerte wurden den Organen der Selbstverwaltung und damit dem deutschen Volke übergeben. Durch diese Maßnahme wurde in den wichtigsten Wirtschaftszweigen ein starker volkseigener Sektor geschaffen.

Beseitigung der Arbeitslosigkeit und die Entnazifizierung

Die demokratische Umgestaltung förderte das Ansteigen der Industrieproduktion. Im Interesse der Werktätigen wurden der achtstündige Arbeitstag, gleicher Lohn für gleiche Arbeit und andere demokratische Gesetze eingeführt. Bereits im Jahre 1947 war die Arbeitslosigkeit völlig beseitigt. Gleichzeitig mit den Reformen auf dem Gebiet der Wirtschaft wurde die Entnazifizierung erfolgreich durchgeführt. Im Frühjahr 1946 wurde das Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule angenommen.

Quellen:
[1] Erhard Denninger (Hrsg.): „Freiheitliche demokratische Grundordnung“ (2 Bde.), Bd. II, Suhrkamp Verlag, 1977.
[2] „Правда“ („Prawda“), Nr. 228, vom 25. September  1946, S. 1; deutsch: „Tägliche Rundschau“, Nr. 223, vom 25. September 1946, S. 1.
Literatur:
Jürgen Kuczynski/Wolfgang Steinitz (Hrsg,): Deutschland. Verlag Kultur und Fortschritt Berlin, 1953, S. 178f.

(Zwischenüberschriften eingefügt. N.G. – Danke an Johann Weber!)

*Justizunrecht und Polizeigewalt gibt es in der BRD auch heute noch. Dies war besonders deutlich sichtbar während der angeblichen „Pandemie“ (2020/21) bei der Durchsetzung staatlicher Zwangsmaßnahmen und deren Vollstreckung durch Ämter, Polizei und Justiz.
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3 Antworten zu Die Kommunistenverfolgungen in der BRD

  1. Pingback: Kommunistenverfolgung – Der Saisonkoch

  2. Johann Weber schreibt:

    Lieber sascha, wieder danke, dass Du ein so wichtiges Thema aufgegriffen hast.

    Adenauer hatte seit Beginn der Alt-BRD alles unternommen um die gehasste KPD „verschwinden“ zu lassen, mit Erfolg. Hier der Werdegang des von Adenauer angeordneten KPD-Verbots.

    1) „Passauer Neue Presse“ vom 17.11.1951
    Bundesregierung klagt gegen SRP und KPD Das Bundesverfassungsgericht soll die Verfassungswidrigkeit der beiden Parteien feststellen

    Bonn (dpa). Das Bundeskabinett hat am Freitag beschlossen, beim Bundesverfassungsgericht die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der SRP und der KPD zu beantragen. Die Verfassungsklage der Bundesregierung stützt sich auf Artikel 21 des Grundgesetzes, in dem bestimmt wird, daß Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die demokratische Ordnung zu stören oder zu beseitigen, oder die Bundesrepublik zu gefährden, verfassungswidrig sind.
    In acht Punkten hat die Bundesregierung ihre Klage gegen die KPD begründet,

    1. Die KPD handelt im Rahmen eines von den Machthabern in der Sowjetzone entworfenen und seit Jahr und Tag verfolgten Angriffsplanes, in dem die KPD das Rückgrat der inneren Aggression darstellt.

    2. Die Organisationsprinzipien der KPD (Diffamierung aller Andersdenkenden, schärfster Druck durch die Parteikontrollkommissionen usw.) erweisen die KPD „als eine durch und durch undemokratische Organisation“.

    3. Die KPD erstrebt mit allen auch gewaltsamen Mitteln die „Diktatur des Proletariats“, also die Alleinherrschaft dieser Partei.

    4. Nahziel der KPD ist es, die Einigung Deutschlands auf der Basis der Sowjetzone herbeizuführen und die dort herrschende Ordnung auf die Bundesrepublik zu übertragen. Ernsthafte Bemühungen zur Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit würden durch ein Verbot der KPD in der Bundesrepublik nicht berührt.

    5. Der von den Sowjetzonen-Politikern in der Form des sogenannten nationalen Widerstands entworfene Angriffsplan gegen die Bundesrepublik wird von der KPD im Bundesgebiet propagiert und aktiviert. Dazu gehört die Aufforderung zum Widerstand, zu wilden Streiks und Ungehorsam gegen die Gesetze.

    6. Eine Hauptaufgabe der KPD ist die Unterstützung von rund 50 Organisationen, die Bestandteil der aus der Sowjetzone gesteuerten sogenannten „Nationalen Front“ seien.

    7. Die KPD ist die Hauptträgerin der in der Bundesrepublik verbotenen „Volksbefragungsaktion gegen, die Remilitarisierung“.

    8. Die KPD ist daher „in höchstem Maße verfassungsfeindlich“ und muß von der weiteren Beteiligung an der politischen Willensbildung in der Bundesrepublik ausgeschlossen werden.
    https://daten.digitale-sammlungen.de/0003/bsb00039721/images/index.html?id=00039721&groesser=150%&fip=193.174.98.30&no=&seite=1293

    2) Auszug aus dem KPD-Verbot-Urteil vom 16.8.1956:
    1. Der Präambel des Grundgesetzes kommt vor allem politische, aber auch rechtliche Bedeutung zu. Alle politischen Staatsorgane haben die Rechtspflicht, die Einheit Deutschlands mit allen Kräften anzustreben; sie müssen ihre Maßnahmen auf dieses Ziel ausrichten, insbesondere alles unterlassen, was die Wiedervereinigung rechtlich hindert oder faktisch unmöglich macht.
    2. Es ist eine vom Bundesverfassungsgericht nur unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs nachprüfbare Frage des politischen Ermessens, ob die Bundesregierung nach Abwägung aller Umstände dem Gebot des Verfassungsschutzes folgend einen Antrag nach § 43 BVerfGG stellen oder die hiernach zulässige Maßnahme wegen einer Gefährdung der Wiedervereinigung zurückstellen will.
    3. Ein Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands steht der Wiederzulassung einer kommunistischen Partei im Falle gesamtdeutscher Wahlen rechtlich nicht entgegen.
    4. Art. 21 Abs. 2 GG ist unmittelbar anwendbares Recht (Bestätigung von BVerfGE 2, 1 [13 f.]).
    5. Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung (vgl. BVerfGE 2, 1 [12 f.]) nicht anerkennt; es muß vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen.
    6. Art. 21 Abs. 2 GG verlangt nicht wie § 81 StGB ein konkretes Unternehmen; es genügt, wenn der politische Kurs der Partei durch eine Absicht bestimmt ist, die grundsätzlich und dauernd tendenziell auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet ist.

    7. Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie, die durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt ist, und politischen Zielen einer Partei, die der Beurteilung nach Art. 21 Abs. 2 GG unterliegen, ist dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei in ihren Willen aufgenommen und zu Bestimmungsgründen ihres politischen Handelns gemacht werden.BVerfGE 5, 85 (85) BVerfGE 5, 85 (86)8. Eine Partei ist schon dann verfassungswidrig, wenn sie eine andere soziale und politische Ausprägung der freiheitlichen Demokratie als die heutige in der Bundesrepublik deshalb erstrebt, um sie als Durchgangsstadium zur leichteren Beseitigung jeder freiheitlichen demokratischen Grundordnung überhaupt zu benutzen, mag diese Beseitigung auch erst im Zusammenhang mit oder nach der Wiedervereinigung stattfinden sollen.
    9. Zu den Absichten, die eine Partei verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG machen, gehören nicht nur diejenigen, die sie auf jeden Fall auszuführen gedenkt, sondern auch diejenigen, die sie nur verwirklichen will, wenn die Situation dafür günstig ist.
    10. Wenn es angesichts des grundgesetzlichen Systems der gegenseitigen Hemmung und des Gleichgewichts staatlicher Gewalten und des wirksamen Rechtsschutzes gegen Verfassungsverstöße und -verfälschungen von Staatsorganen ein dem Grundgesetz immanentes Widerstandsrecht gegen einzelne Rechtswidrigkeiten gibt, so sind an seine Ausübung jedenfalls folgende Anforderungen zu stellen: Das Widerstandsrecht kann nur im konservierenden Sinne benutzt werden, d.h. als Notrecht zur Bewahrung oder Wiederherstellung der Rechtsordnung.
    Das mit dem Widerstand bekämpfte Unrecht muß offenkundig sein.
    Alle von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe müssen so wenig Aussicht auf wirksame Abhilfe bieten, daß die Ausübung des Widerstandes das letzte verbleibende Mittel zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Rechts ist.

    Urteil des Ersten Senats vom 17. August 1956 — 1 BvB 2/51 -in dem Verfahren über den Antrag der Bundesregierung auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Kommunistischen Partei Deutschlands.

    Entscheidungsformel: I.
    1. Die Kommunistische Partei Deutschlands ist verfassungswidrig.BVerfGE 5, 85 (86) BVerfGE 5, 85 (87)
    2. Die Kommunistische Partei Deutschlands wird aufgelöst.
    3. Es ist verboten, Ersatzorganisationen für die Kommunistische Partei Deutschlands zu schaffen oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzusetzen.
    4. Das Vermögen der Kommunistischen Partei Deutschlands wird zugunsten der Bundesrepublik Deutschland zu gemeinnützigen Zwecken eingezogen.

    II. In den Ländern werden die Minister (Senatoren) des Innern mit der Durchführung der Entscheidung zu Ziffer I. 2. und 3. beauftragt; insoweit stehen ihnen unmittelbare Weisungsbefugnisse gegenüber allen Polizeiorganen zu.
    Die Einziehung des Vermögens wird dem Bundesminister des Innern übertragen, der sich der Hilfe der Minister (Senatoren) des Innern der Länder bedienen kann.
    III. Vorsätzliche Zuwiderhandlung gegen diese Entscheidung oder gegen die im Vollzuge dieser Entscheidung getroffenen Maßnahmen werden gemäß §§ 47, 42 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht mit Gefängnis nicht unter 6 Monaten bestraft.

    Gründe:….
    http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv005085.html

    3) Die Folge ist aus diesen Quellen zu sehen:

    „Neues Deutschland“ vom 18. Juni 1963
    Fragwürdige Strafjustiz
    Stuttgart (ADN/ND). Die Zahl der politischen Ermittlungsverfahren in Westdeutschland seit 1951 ist auf über 200.000 angestiegen, teilte der Essener Rechtsanwalt Dr. Diether Posser auf einer Tagung der „Kirchlichen Bruderschaft in Württemberg“ in Stuttgart mit. Posser unterzog die Praxis der Bonner politischen Strafjustiz einer vernichtenden Kritik. Er wies auf die „fragwürdigen Methoden der Wahrheitsfindung“ bei dem Delikt „Staatsgefährdung“ hin und verurteilte die Verwendung „geheimer Beweismittel“. Insbesondere wandte er sich gegen die Tatsache, daß den Aussagen anonymer Zeugen Beweiskraft beigemessen wird. Wenn das Strafrecht zu einer Waffe im kalten Krieg werde, dann heiße es vorsichtig sein, erklärte Dr. Posser. (Anmerkung: Dr. Posser war später in NRW Justiz- und Finanzminister)

    Ost-CDU-Zeitung „Neue Zeit“ vom 31. Januar 1959
    Auf dem Wege zum „Volksgerichtshof“
    Kritischer Beitrag Dr. Dr. Heinemanns und Dr. Possers zum politischen Strafrecht im Westzonenstaat
    (Anmerkung: Dr. Gustav Heinemann wurde später Bundespräsident)
    In der neuesten Nummer der in Westdeutschland erscheinenden Neuen Juristischen Wochenschrift nehmen die Rechtsanwälte Dr. Dr. Heinemann, Abgeordneter des Bundestages, und Dr. Posser in einem bemerkenswert kritischen Beitrag zum politischen Strafrecht im Westzonenstaat Stellung.
    • Nach der Rechtsprechung der höchsten Gerichte in Westdeutschland ist die Tätigkeit einer Vereinigung schon dann gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet und strafbar, wenn Gedanken vertreten und propagiert werden, die mit den Verfassungsgrundsätzen nicht in Einklang stehen.
    • Immer offensichtlicher werden die Versuche, die Grundsätze der Verfassung mit der Linie und dem Charakter der Adenauerschen Regierungspolitik zu identifizieren, um jede Handlung, die auf den Sturz der Adenauer-Regierung gerichtet ist, als gegen die Verfassung gerichtet und damit als Staatsgefährdung zu qualifizieren. Es hat sich im vollen Umfange bewahrheitet, was der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Deutschlands, Max Reimann, bei der Schlußabstimmung über die Bonner Verfassung Im Jahre 1949 im Parlamentarischen Rat sagte: „Obwohl wir Kommunisten aus grundsätzlichen Erwägungen heraus dem Gesetz unsere Stimme versagen, werden die Gesetzgeber im Verlauf ihrer volksfeindlichen Politik ihr eigenes Gesetz brechen. Wir Kommunisten aber werden die im Grundgesetz verankerten wenigen demokratischen Rechte gegen die Verfasser des Grundgesetzes selbst verteidigen.“ Unter Bruch dieser Verfassung wurde die Kommunistische Partei verboten. Jetzt ist, so heißt es in dem eingangs erwähnten Artikel, sogar die Frage akut geworden, ob die Mitglieder der KPD für ihre Tätigkeit in der Partei vor dem Verbot bestraft werden können. Für die Funktionäre ist dies vom politischen Strafsenat des Bundesgerichtshofes bejaht worden.
    • Behinderungen im Beruf, Verlust des Arbeitsplatzes, Nichtzulassung zu Examina, Entzug des Reisepasses und ähnliche Maßnahmen sind weitere gebräuchliche „Nebenstrafen“ im Falle einer politischen Verurteilung. Selbst eine für im Dritten Reich erlittene Verfolgung und Schäden an Gesundheit und Vermögen gewährte Wiedergutmachungsrente wird nicht allein für die Zukunft gestrichen, sondern es wird darüber hinaus auch die Rückzahlung der bisher erhaltenen Entschädigungsleistungen gefordert. Auch hier weisen Heinemann und Posser die Verfassungswidrigkeit einer solchen Justizpraxis und der zu ihrer Unterstützung herangezogenen Gesetzesvorschriften nach.
    • Am Schluß ihrer Arbeit, in der sie noch weitere Verstöße gegen verfassungsmäßig gesicherte Rechte der Bürger in politischen Prozessen nachweisen, kommen die Verfasser zu dem Ergebnis, daß die politische Justiz nicht allein gegen Kommunisten gerichtet ist. Der Kreis der Betroffenen werde immer größer und erfasse auch Personen, die niemals zur KPD gehörten oder ihr nahestanden.
    • Erforderlich ist die Beseitigung jener politischen und rechtlichen Zustände, die die Rechtsprechung in Westdeutschland der jeweiligen Tagespolitik unterordnen und zum Instrument der Unterdrückung gegen die Mehrheit des Volkes werden lassen. Eines ist heute schon deutlich. Die politische Strafjustiz in Westdeutschland unterscheidet sich schon längst nicht mehr qualitativ von der „Rechtsprechung“ des Freislerschen Volksgerichtshofes. Auch hier würde der Abschluß eines Friedensvertrages mit Deutschland auf der Grundlage des von der Sowjetunion gemachten Vorschlags die Rückkehr zu rechtsstaatlichen Prinzipien bedingen.

    „Berliner Zeitung“ vom 17.10.1959
    15 000 vor Gericht geschleppt

    Düsseldorf (EB). Auf einer Versammlung in Hagen forderte der Referent im Bonner Lemmer-Ministerium (Anmerkung: Adenauers Propagandaministerium) Willy Wieners die Aufrechterhaltung des KPD-Verbots. Er gab zu, daß bisher 15.000 Kommunisten vor westdeutschen Gerichten standen. Alle 607 000 KPD-Wähler Westdeutschlands bezeichnete Wieners als „gefährliche Untergründler“.

    • sascha313 schreibt:

      Danke für die wichtige Ergänzung! Seitenfüllend könnte man hinzufügen, was die Gerichtsakten über die Täter, die in der BRD bisher ungestraft davongekommen sind, um dutzende Aktenordner erweitern würde…

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