Die Zeit des Friedens ist vorüber. Der Imperialismus ist überall auf der Welt eine unberechenbare Größe. Ständig wechselnde Zuspitzungen zwischen imperialistischen Staaten, begleitet von heuchlerischen Freundschaftsbekundungen und Intrigen, von gegenseitigen Bespitzelungen und diplomatischen Winkelzügen, von diversen Terrorakten und einem Medienkrieg ohnegleichen, führen zu immer neuen Überraschungen. Während rein äußerlich gesehen das Leben in all diesen Ländern seinen gewohnten Verlauf zu nehmen scheint, schwebt doch beständig über allem das Damoklesschwert eines Krieges.
Waffenlieferungen laufen auf Hochtouren. Lokale Kriege sind offenbar nicht mehr einzudämmen, und eine Änderung ist nicht in Sicht. Zwar wollen überall die Menschen in Frieden leben, ja – es gibt sogar Friedensdemonstration, doch einen Frieden gibt es nicht. Auch die Menschen im Donbass, in Gaza und in Syrien wollten in Frieden leben. Doch was sie bekamen, war der Krieg. Man muß sich fragen: Wer ist schuld daran? Wer hat den Krieg gewollt, wie ist er entstanden und was kann man dagegen tun? Der Krieg ist kein unabwendbares Naturereignis! Blicken wir einmal zurück in die Geschichte und fragen nach, wie der 1. Weltkrieg (1914-1918) entstand:
Ein Attentat als Kriegsauslöser
Die Julikrise 1914 brachte eine außerordentliche Verschärfung der imperialistischen Gegensätze zwischen den europäischen Großmächten, die zur unmittelbaren Entfesselung des ersten Weltkrieges durch die herrschenden Klassen der imperialistischen Staaten führte und von umfangreichen Aktionen der Werktätigen zur Erhaltung und Verteidigung des Friedens begleitet war. Die Julikrise 1914 wurde durch die besondere Aggressivität des deutschen und des österreichisch-ungarischcn Imperialismus hervorgerufen. Ermuntert und angetrieben von den deutschen Imperialisten und Militaristen nahm die Militärpartei in Österreich-Ungarn in demagogischer Weise das Attentat von Sarajevo (28. Juni 1914) auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand zum Anlaß, um durch ihre ultimativen, die Souveränität Serbiens bedrohenden und die nationale Würde beleidigenden Forderungen (23. Juli 1914) den Krieg zu provozieren.
Wie ein Weltkrieg entsteht …
Das Ziel Österreich-Ungarns war die Errichtung der Vorherrschaft auf dem Balkan. Das mit Absicht unannehmbar formulierte Ultimatum an Serbien (24. Juli 1914), das in aller Welt, vor allem bei den klassenbewußten Arbeitern Deutschlands, einen Proteststurm gegen die Kriegsprovokation und die verbrecherische Bedrohung des Friedens hervorrief, löste schließlich den Weltbrand aus: Ein Krieg gegen Serbien mußte zwangsläufig den Krieg mit Rußland und Frankreich zur Folge haben. Die österreichisch-ungarische Militärkamarilla und die sie ermunternden und zum Kriege drängenden deutschen Imperialisten und Militaristen, die das militärische und wirtschaftliche Potential der Mittelmächte völlig falsch einschätzten, kalkulierten auch den Kriegseintritt Englands ein.
Der deutsche Kaiser als angeblicher „Friedensretter“
Die Diplomatie des imperialistischen Deutschland war besonders hektisch darum bemüht, die Verantwortung für den Ausbruch des Krieges Rußland und seinen Verbündeten zuzuschieben. Die deutschen Kriegstreiber drängten insgeheim die ösrerreichisch-ungarische Monarchie, die allgemeine Mobilmachung durchzuführen, um dadurch Rußland einen Kriegsvorwand zuzuspielen. Als Rußland dann am 30. Juli die allgemeine Mobilmachung verkündete, verlangte die deutsche Regierung in einem Ultimatum, diese Maßnahmen unverzüglich aufzuheben. Der Plan des aggressiven deutschen Imperialismus ging auf: Das zaristische Rußland war vor der Weltöffentlichkeit in die Rolle des Aggressors gedrängt. Der deutsche Imperialismus hatte sich den Nimbus der Friedfertigkeit verschafft; die kaiserliche Regierung trat vor der Masse des Volkes als Friedensretter auf, der gegen seinen Willen gezwungen war, einen Verteidigungskrieg zu führen.
Hemmungsloser Chauvinismus
In zahlreichen Versammlungen und Demonstrationen, die zwischen dem 28. und 30. Juli ihren Höhepunkt erreichten, bekundeten Hunderttausende von Arbeitern in allen Teilen Dtschl. auf Großkundgebungen ihre Kampfentschlossenheit gegen den Krieg und für internationale Solidarität und Völkerverbrüderung. Während die herrschenden Klassen, gestützt auf den ihnen zur Verfügung stehenden Zwangs- und Unterdrückungsapparat, mit allen Mitteln der geistigen Beeinflussung bei den meisten Angehörigen des Mittel- und Kleinbürgertums, einschließlich der Intelligenz, einen hemmungslosen Chauvinismus entfesselten und auch rückständige Schichten des Proletariats und der Bauernschaft mit Hurrapatriotismus zu erfüllen verstanden, bekannten sich die revolutionären Arbeiter zum Baseler Manifest (Baseler Kongreß der II. Internationale 1912).
Russenhaß als Katalysator*
Auch in zahlreichen Industriestädten Österreich-Ungarns demonstrierten Tausende von Arbeitern aller Nationalitäten gegen die antiserbische Kampagne, die Kriegsprovokationen und die chauvinistische Verhetzung, die vor allem kleinbürgerliche Schichten der deutschsprachigen Bevölkerung erfaßt hatte und einen ausgesprochen slawenfeindlichen Charakter annahm. Diese Kräfte, die die Interessen der Nation vertraten, wurden von ihren rechtsopportunistischen und zentristischen Führern getäuscht und verraten.
Die Lüge vom „Verteidigungskrieg“ gegen Rußland
Während der sozialdemokratische Parteivorstand in seinem Manifest vom 25. Juli 1914 mit demagogischen Phrasen vom Mißbrauch des Proletariats durch die herrschenden Klassen als Kanonenfutter sprach und ein Lippenbekenntnis zum Frieden abgab und Hugo Haase am 29. Juli in Brüsscl auf einem internationalen Meeting die Massen in dem Glauben wiegte, daß der Parteivorstand zu den in Basel eingegangenen Verpflichtungen stehen und den Ausbruch des Krieges verhindern würde, verbreiteten opportunistische Führer nach Absprache mit der kaiserlichen Regierung die Lüge vom Verteidigungskrieg gegen das als Hauptkriegstreiber bezeichnete zaristische Rußland.
Ziel des Imperialismus ist die Neuaufteilung der Welt
Nach der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien arn 28. Juli täuschte der SPD-Parteivorstand die Protestversammlungen durch radikale Phrasen und distanzierte sich von seinen zu Beginn der Julikrise 1914 veröffentlichten Appellen zum Kampf gegen den Krieg. Die Julikrise 1914 mündete in den Weltkrieg, weil einerseits im Vergleich zu früheren internationalen Krisen die besonders aggressiven Kräfte in allen imperialistischen Ländern zu diesem Zeitpunkt entschlossen waren, die bestehende Aufteilung der Welt gewaltsam zu revidieren, wobei der deutsche Imperialismus besonders aggressiv war und seinen noch vorhandenen Rüstungsvorsprung ausnutzen wollte.
Andererseits – ja …
Andererseits hatte die Lähmung der Kampfkraft der internationalen Arbeiterbewegung durch den Sieg des Opportunismus in den meisten Parteien der II. Internationale, vor allem in der deutschen Sozialdemokratie, einen solchen Grad erreicht, daß die außerordentlich raffinierte Tarnung des imperialistischen Charakters des drohenden Krieges als eines Verteidigungs- bzw. Freiheitskrieges, als eines Krieges für eine „höhere“ Kultur oder „gegen den Zarismus“ durch das Zusammenspiel der Regierungen mit den opportunistischen Führern der Sozialdemokratie, vor allem der deutschen und der österreichischcn mit ihrer kaiserlichen Regierung, schließlich gelang.
Alle Friedcnsbeteuerungen der Regierungen während der Julikrise 1914, so die scheinheilige, demagogisch zur Schau getragene „Friedfertigkeit“ des deutschen Reichskanzlers oder andere Äußerungen führender Politiker des kaiserlichen Deutschands, „waren nur Dekoration und diplomatische Winkelzüge, gleichviel, ob sie von den einzelnen Mitwirkenden ernst gemeint waren oder nicht“ (Liebknecht) .
Quelle: Sachwörterbuch der Geschichte Deutschland und der deutschen Arbeiterbewegung (2 Bd.), Dietz Verlag Berlin, 1969, Bd.1, S.876-878. (Zwischenüberschriften eingefügt, N.G.)
* Katalysator: hier gemeint – Reaktionsbeschleuniger.
Und heute? Wer waren diese Soldaten? Und warum zogen sie in den Krieg??? Wer waren ihre Auftraggeber? Und wer hat sie in den Krieg geschickt???
… und wie sich heute wieder alles ähnelt. Reden ständig weiter von Verhandlungen und Krise, während die Kriegsvorbereitungen der NATO auf Hochtouren laufen – und obwohl schon lange beschlossen ist, Russland wieder einmal anzugreifen und die Menschen in Europa erneut in einen katastrophal endenden Krieg zu opfern.
… und dann haben Leute nichts besseres zu tun als Montags spazieren zu gehen, um gegen die angebliche Bedrohung durch den Islam etwas zu sagen
… und andere, nicht weniger unterbelichtete, Leute demonstrieren fleißig gegen derartige Knalltüten
… während sich CDU und SPD die Hände reiben