Ein „Offener Brief“ und ein paar Nachgedanken…

polizeigewaltDa schreibt ein Bürger aus Hildburghausen einen empörten Brief an den (vorgeblich „linken“) Ministerpäsdenten des BRD-Bundeslandes Thüringen. Die brutale und menschenverachtende Vorgehensweise (er formuliert es beschönigend als „unverhältnismäßig“) der Thüringer Polizei gegen friedliche Spaziergänger habe sein „Demokratieverständnis stark ins Wanken gebracht“ und auch ihn „traumatisiert“. Natürlich können wir nur unserer Verwunderung darüber Ausdruck geben, wie man als Bürger dieses kapitalistischen Staates BRD von „Demokratie“ reden kann – in einem Land, das schon seit Adenauers Zeiten den Keim das Faschismus in sich trägt, nachdem im Westen Deutschlands fast ausnahmslos nazistische Richter, Anwälte und Lehrer wieder in Amt und Würden gehoben worden waren und Nazi- und Kriegsverbrecher mit milden Strafen vor der Verantwortung für ihre Untaten während des 2. Weltkriegs verschont blieben. Aber offenbar haben einige Menschen aus der DDR, der 1989 „angegliederten Ostzone“, offenen Auges der Konterrevolution in der DDR zugeschaut, ohne zu begreifen, daß die von Kanzler Kohl verheißenen „blühenden Landschaften“ eine bewußte Täuschung waren…

Die Südthüringer Rundschau veröffentlichte am 9. Februar 2022 den folgenden Offenen Brief, den wir hier ungekürzt und unverändert wiedergeben:

Offener Brief.

Werter Herr Ministerpräsident Ramelow,
ich wende mich an Sie als Ministerpräsident Thüringens auf Grund des Polizeieinsatzes am 2. Februar 2022 in Hildburghausen. Ich bin bestürzt über die Gewalt, die hier von einigen Einheiten der Polizei, die ihre Verhältnismäßigkeit vollkommen verloren haben, ausgegangen ist. Das Ergebnis dieses Exekutiveinsatzes ist neben einigen leichtverletzten Personen, eine 62-jährige Frau, die infolge eines Schädelhirntraumas eine Hirnblutung erlitten hat. Dieser Fakt ist offensichtlich durch mehrere Zeugen belegt und durch Einsatzkräfte der Thüringer Polizei verursacht worden. Eine redaktionelle Veröffentlichung erfolgte durch die Tagespresse am 4. Februar 2022.

Leider wurde mir durch mehrere Augenzeugen glaubhaft berichtet, was durch Videos untermauert wurde, dass diese sowie auch ich über die Brutalität einiger Einsatzkräfte, welche wohl auch nicht durch Dienstnummern kenntlich waren, verstört und schockiert sind und regelrecht in Panik geraten waren! Manche haben noch mit den Bildern zu kämpfen, offensichtlich hat dies bei vielen Unbeteiligten ein Trauma hinterlassen!! Ein Honoratior unserer Stadt hat sich vor die Einsatzkräfte gestellt und die Arme erhoben: „Wir demonstrieren friedlich…“. Sekunden später befand er sich von den Einsatzkräften gewaltsam überwältigt am Boden wieder.

Das dies offensichtlich kein Einzelfall ist, belegen Videoaufnahmen einer „Personenkontrolle“ der Thüringer Polizei auf dem fast menschenleeren Erfurter Domplatz. Hier wurde ebenfalls ein Bürger mit massiver Polizeigewalt zu Boden gebracht. So geschehen am 22. Januar 2022 in den Abendstunden durch Mitglieder der Einsatzgruppe „TH 213“ (so die Rückenaufschrift).

In Hildburghausen findet jeden Montag ein Spaziergang von Bürgern für die Demokratie statt, meist unter dem Schutz von 4 bis 5 Polizisten der hiesigen PI, bisher immer friedlich.

Offensichtlich hatten die Einheiten vom 2. Februar 2022 bzw. Teile davon nicht den Schutz der Bürger bzw. einer friedlichen Demo im Sinn, sondern diese zu provozieren, um Gewalt anzuwenden. In den Medien wurde der fadenscheinige Vorwand angebracht, es galt „geltendes Recht“ durchzusetzen.

Gerade von Ihrer Partei und deren historischen Hintergründe und Wurzeln, erwartet man nicht solche Gewalt-Exzesse, die sich gegen friedliche Bürger richten. Bisher hat unser Bürgermeister, Herr Kummer, den Job gut hinbekommen und versucht zwischen den „Seiten“ zu vermitteln. Offenbar stand es diesmal nicht in seiner Macht!?

Der 2. Februar 2022 ist für mich und ich glaube ich spreche hier für die Mehrzahl der Hildburghäuser Bürger im Nachgang mit Gewalt, Einschüchterung, Unterdrückung des freien Willens und des Grundgedankens der Demokratie verbunden! Ich muss Ihnen und Ihrer Regierung die Frage stellen, ob Sie eher an der Spaltung oder an dem demokratischen Dialog und der Meinungsfreiheit interessiert sind.
Ihnen bzw. Ihren Mitarbeiter sollten die in den sozialen Medien kursierenden Videos bekannt sein. Hier können Sie schnell feststellen, dass am Markt/ Obere Marktstraße (HBN) die Gewalt zu keinem Zeitpunkt von den Bürgern ausging. Ein behinderter Rollstuhlfahrer wurde ebenfalls von den Einsatzkräften bedrängt.

Auch finde ich es sehr fadenscheinig, wenn seitens hoch protektiert ausgestatteter und trainierter Polizisten, bei der „Ergreifung“ von Gegenwehr gesprochen wird. Bitte verzichten Sie auch auf rechte Narrative, da der Großteil der für „Demokratierückkehr“ „demonstrierenden“ Menschen wohl eher liberal und links sind und nichts mit rechtem Gedankengut zu tun haben!
Gerade das es in Hildburghausen einen Bürgermeister der Linkspartei gibt, ist Ausdruck eines hohen Demokratieverständnisses in unserer Stadt.

Zum Thema „Gegenwehr“:

Werter Herr Ramelow,
wenn Sie oder Ihre Frau aus Ihrer Sicht grund- und schutzlos angegriffen werden würden, was wäre dann wohl Ihre erste Reaktion?

Ich fordere Sie hiermit als Ministerpräsident und obersten Dienstherren der Thüringer Polizei auf:

A) die beteiligten Einsatzkräfte vom 2. Februar 2022 in Hildburghausen öffentlich zu benennen,
B) deren Einsatzleiter sollen Stellung beziehen,
C) weiterhin öffentlich zu machen, wer die Einsatzkräfte“ bestellt“ hat,
D) Stellung zu nehmen, zu dieser unverhältnismäßigen Gewaltanwendung gegen Thüringer Bürger, in dessen Folge eine 62-jährige Frau lebensgefährlich verletzt wurde,
E) Eröffnung eines demokratischen Dialoges mit den Beteiligten und den Bürgern,
F) Beendigung dieser Spaltungspolitik und Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen,
G) und Unterstützung der Familie und der Opfer seitens der Landesregierung.

PS: Gerade musste ich in der MDR Berichterstattung feststellen, dass die Dinge in Hildburghausen medial verharmlost werden, was explizit die Polizeigewalt betrifft und unser Innenminister den Terminus von „Extremisten“ in den Mund nimmt. Ich muss Ihnen leider die Frage stellen, wie Sie und Ihre Regierung, vor allem, von wem, Ihre Informationen über die Vorgänge in Thüringen beziehen?

Hier treten Bürger aus allen Teilen und Schichten der Gesellschaft für ihr Demokratieverständnis ein. Das sind Menschen, die täglich dafür sorgen das in unserem Land der Laden läuft, wie Arbeiter, Angestellte, med. Personal, Selbständige, Lehrer, Ärzte etc. und diese müssen sich von einem Mitglied der Thüringer Regierung als „Extremisten“, mit denen er nicht redet oder verhandelt, diffamieren lassen.
Sorry Herr Ramelow, da läuft aber etwas gewaltig falsch! Offensichtlich haben diese Leute mehr Gespür für Demokratie und negative Veränderungen in der Gesellschaft als die meisten gewählten Amtsinhaber.

Werter Herr Ramelow,
wie Sie der Sichtweise meines Briefes entnehmen können, haben mich und ich spreche hier nicht nur von mir, die Ereignisse rund um den 2. Februar 2022 stark aufgewühlt und mein Demokratieverständnis stark ins Wanken gebracht und mich traumatisiert.

Ich fordere Sie hiermit nochmals auf, treten Sie in einen demokratischen Dialog und beenden Sie ein für alle Mal solche Form der Gewalt, wie wir sie in Hildburghausen erleben mussten.

Hochachtungsvoll
Uwe Zeuner
Hildburghausen

CC:
– Fraktionsvorsitzende des Thüringer Landtages
– Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland
– evtl. Print/- andere Medien

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Quelle: https://www.rundschau.info/offener-brief-sorry-herr-ramelow-da-laeuft-aber-etwas-gewaltig-falsch/ (Foto: Symbolbild)

(Ende des Offenen Briefes)

An dieser Stelle sei noch einmal an eine kleine Broschüre erinnert, die im Jahre 1969 von der Christlich-Demokratischen Union der DDR (CDU) herausgegeben wurde:

CDU-Broschüre

Hier als download (pdf-Datei):

pdfimage Ingrid Meyer – der manipulierte Bundesbürger

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9 Antworten zu Ein „Offener Brief“ und ein paar Nachgedanken…

  1. Erfurt schreibt:

    Klingt zwar blöd aber die Polizei tat nur ihre Pflicht. Denn sie ist nur ein Organ eines Staates der privater Natur ist, d.h., die privaten Interessen einer kriminellen Minderheit vertritt.

    Die sind die Kriminellen! Nicht Wir!

    • sascha313 schreibt:

      Beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß 1946 hieß der juristische Begriff für Pflicht „Befehlsnotstand“. Damit haben die Nazimörder versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Ist ihnen aber in Nürnberg nicht gelungen (bis auf wenige Ausnahmen, die v.a. durch den Einspruch der USA freikamen).

  2. Hanna Fleiss schreibt:

    Es ist schon erstaunlich, dass ein ehemaliger DDR-Bürger derartig viel politische Naivität aufbringt, einem Ministerpräsidenten der kapitalistischen BRD dieses zu Herzen gehende Schreiben zu schicken. Er hat nicht begriffen, dass es zwischen diesem Linken-Ministerpräsidenten und der martialisch handelnden Polizei keine Gegensätze gibt, die zu irgendwelchen Handlungen zugunsten der Demonstranten führen könnten. Er sagt sich: Auch der Herr Ministerpräsident ist ein Mensch, und der als Verantwortlicher für den Polizeieinsatz will nicht, dass die Polizei ihm und seiner Frau in dieser geschilderten Weise entgegentritt – da muss der Herr Ministerpräsident doch mit der Faust auf den Tisch schlagen!

    Der Schreiber glaubt, mit diesem Schreiben an das Herz des Herrn Ramelow zu rühren, dem die Einsätze der Thüringer Polizei herzlich egal sind, dafür aber um so wichtiger ist ihm, in der Öffentlichkeit als „harter Hund“ dazustehen, so seine Treue zum Staat beweisend. Denn so eine Linken-Regierung ist doch sowieso schon verdächtig, auch wenn es dazu keinerlei Gründe gibt, aber man kann nie wissen, sagt sich Ramelow. Was wird er also mit dem Brief anfangen? Vielleicht gibt er ihn an den Verfassungsschutz, der den Schreiber unter die Lupe nimmt, denn Demos sprich Spaziergänge machen ja nur Querdenker, und die sind amtlich zu Verfassungsfeinden erklärt worden.

    Der Schreiber sollte sich also nicht wundern, wenn er eines Tages unangekündigten Besuch bekommt, der sich für seinen Computer und vermutete geheime Unterlagen interessiert, gerade dann, wenn er beim Bäcker wegen ein paar Brötchen ansteht. Ramelow wird nicht antworten, das ist mal klar. Aber ich trau dem Ramelow auch zu, dass er eine Antwort schickt, die dem Beschwerdeführer Honig ums Maul schmiert, weil er so schön auf die „Demokratie“ aufpasst und sich als aufmerksamer Staatsbürger erwiesen hat. Denn solche Leute hätten Linke gern.

  3. Stockmann schreibt:

    Was mich immer wieder erstaunt, ist der unglaublich plötzliche Sinneswandel unserer DDR Bürger nach 1989. Gestern Kommunist und Morgen Nazi. Geradezu so, als wäre es schon immer so gewesen. Dazu kommt die unglaubliche Akzeptanz, daß Deutschland „wiedervereint“ doch ultimativ besser sei als vor 1989.

    Also ich kann dazu nur Eines sagen:
    Ein geteiltes Deutschland, faschistisch im Westen und sozialistisch in der DDR, ist besser als ein faschistisches ganzes Deutschland.

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