Bernhard Loyen: Ein Haßprediger als ein Friedensbotschafter? Der neue Buchpreisträger Sergej Shadan.

Hassprediger…jetzt wird schon Haß und Extremismus mit dem sogenannten „Deutschen Buchpreis“ ausgezeichnet und die vermeintliche „geistige Elite“ applaudiert dazu, Hauptsache Ukrainer und Hauptsache gegen Rußland. Die diesjährige Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an einen ukrainischen Autor sorgt weiter für Diskussionen. Dient das prämierte Werk der Völkerverständigung? Ungehemmt gebärdet sich ein Ex-Botschafter und attackiert die Kritiker des Preisträgers als “moralischen Abschaum”. Der ukrainische Schriftsteller Serhij Zhadan erhält in Frankfurt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 23. Oktober 2022.

Von Bernhard Loyen

Die Frankfurter Buchmesse bediente nicht überraschend die aktuell bitte nicht zu hinterfragende und medial-politisch eingeforderte „Ukraine-Solidarität“ im bewußten Gesamtpaket. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenski wurde zur „gefühlt“ 247. persönlichen Videobotschaft seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzung im Februar einem entsprechenden Publikum zugeschaltet…Seine Ehefrau, Olena Selenska, Autorin eines Handbuchs zur Barrierefreiheit, konnte live auf der Messe ihre rein subjektiven Gedanken zu Politik und Krieg äußern. Und als Finale erhielt am 23. Oktober der ukrainische Schriftsteller Serhij Zhadan den mit 25.000 Euro prämierten Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

Seit dem Jahr 1950 vergibt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die Berufsorganisation der Verlage und Buchhandlungen in der Bundesrepublik Deutschland, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Zur ursprünglichen Absicht, also Motivation, heißt es weiterhin auf der Webseite:

„Im Friedenspreis wird die Verpflichtung des Buchhandels, mit seiner Arbeit der Völkerverständigung zu dienen, eindrucksvoll sichtbar.“

Gerade über die Sprache, ob verbal oder textlich, können Stimmungen erschaffen, gefördert oder natürlich auch bewußt erzwungen werden. Im Jahr 1929 schreibt Kurt Tucholsky alias Peter Panter in einer seiner berühmten Glossen: „Sprache ist eine Waffe. Haltet sie scharf.“ Vollkommen richtig, mehr denn je. Aber jeder verantwortliche Autor sollte sich dabei sehr wohl bewußt sein hinsichtlich der möglichen oder auch provozierten, also erwünschten Wirkung, bei den Lesern seiner Zeilen. Es folgen daher Zitate des prämierten Serhij Zhadan, jüngster Botschafter einer „Arbeit der Völkerverständigung“, aus seinem Buch „Himmel über Charkow“:

      • „Die Russen sind Barbaren, sie sind gekommen, um unsere Geschichte, unsere Kultur, unsere Bildung zu vernichten.“
      • „Brennt in der Hölle, ihr Schweine.“

Sein Buch ist ein modernes Kriegstagebuch, weil es rein die Zitate seiner Facebook-Posts dokumentiert: emotional, erregt, wütend, verzweifelnd. Zhadan betitelte die russischen Soldaten als „Horde“, „Verbrecher“, „Tiere“, „Unrat“. Der verantwortliche Suhrkamp-Verlag informierte zu dem Buch:

„Das Buch ist eine Chronik der laufenden Ereignisse, das Zeugnis eines Menschen, der während des Schreibens in eine neue Realität eintritt und sich der Vernichtung von allem entgegenstemmt. Kein einsamer Beobachter, sondern ein aktiver Zivilist in einer Gesellschaft, die in den letzten acht Jahren gelernt hat, was es bedeutet, gemeinsam stark zu sein.“

Der Ukraine-Krieg begann im Februar 2022. Acht Jahre zurück befinden wir uns im Jahr 2014, dem eigentlichen Kriegsbeginn. „Freunde kommen um, der Tod ist allgegenwärtig, der Haß wächst“, heißt es im Klappentext zu Zhadans prämiertem Werk. Kann Haß Frieden bringen, der Völkerverständigung dienlich sein? Der Deutschlandfunk rezensierte, daß die Zeilen „keinen literarischen Anspruch“ besäßen, sondern „ein historisches Dokument“ darstellen würden. Die Zeit fragte geschickt: „Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht an einen Autor, der die Russen haßt. Darf das sein?“, um gleich die Antwort hinterherzuschieben: „Leider ja!“ – Leider? Keiner zwingt die Redaktion dazu, außer ein verordneter und brav umgesetzter Zeitgeist.

„Es gibt irrsinnige Momente karger Schönheit in Zhadans Aufzeichnungen aus einer brennenden Stadt“, formulierte der Rezensent der Süddeutschen Zeitung. Die FAZ erwähnte zumindest in ihrer Buchbesprechung die weniger schönen Passagen:

„Da schreibt der aktuelle Friedenspreisträger, der in seinen Romanen mit literarischen Metaphern und vielschichtigen Bildern gegen eine eindeutige Perspektive angeht wie kaum ein anderer, nunmehr so: ,Tod den russischen Invasoren‘. Immer wieder auch ,Die Russen sind Barbaren’ oder ,Monster’ (…) Sie können unsere Häuser zerstören, aber nicht unsere Verachtung für sie. Unseren Haß.“

Haß, annähernd blinder Haß, Aufruf zur tödlichen Gewalt, die Nutzung der Sprache als in diesem Fall bedenkliche Waffe. „Die Schlichtheit in der Sprache und die Brutalität im Ausdruck waren eine spezifische Methode (…), ein bewußt eingesetztes stilistisches Mittel, um die Massen zu erreichen und eine breite Leserschaft auf einer emotionalen Ebene anzusprechen.“ – Nein, dies ist nicht die Laudatio in der Frankfurter Paulskirche vom 23. Oktober, sondern ein Beitrag des Deutschlandfunks über die Wochenzeitung „Der Stürmer“ aus dem Dritten Reich, der „Geschichte eines Haß-Organs“. Ein anmaßender Vergleich? Die offizielle Begründung zur Prämierung Zhadans spiegelt exemplarisch den berüchtigten Blickwinkel wider, also eine Wahrnehmung, freiwillig oder erwartbar, in der konditionierten Umsetzung:

„Seine Texte erzählen, wie Krieg und Zerstörung in diese Welt einziehen und die Menschen erschüttern. Dabei findet der Schriftsteller eine eigene Sprache, die uns eindringlich und differenziert vor Augen führt, was viele lange nicht sehen wollten. Nachdenklich und zuhörend, in poetischem und radikalem Ton erkundet Serhij Zhadan, wie die Menschen in der Ukraine trotz aller Gewalt versuchen, ein unabhängiges, von Frieden und Freiheit bestimmtes Leben zu führen.“

Schwierig. Ja, die eigene Sprache ist unverkennbar. Was wollten aber „viele lange nicht sehen“? Den nun provozierten Russenhaß oder das seit Jahren unbeachtete Leid der Menschen in der Ostukraine seit 2014? Die Seite Telepolis fragte nicht vollkommen unberechtigt, ob die Prämierung bei differenzierter und sachlicher Betrachtung nicht doch „ein Friedenspreis, der den Völkerhaß stärkt und schürt“ darstellen könnte? „Es ist jedoch eine Frage der Empathie, Verständnis für die Ohnmacht, die Entschlossenheit, die Trauer der Ukraine zu haben, die sich bei Serhij Zhadan Ausdruck verschafft“, forderte demgegenüber das Wochenmagazin Freitag seine Leser auf.

Der Soziologe Harald Welzer erkannte für sich allein aktuell „zu viel Empathie für die Ukraine“. Er ortete in dem lang anhaltenden Beifall des Publikums am 23. Oktober in der Paulskirche eine „gesinnungsethische Überanstrengung“. Auf der Buchmesse Lit.Cologne in Köln präzisierte er seine Kritik:

„In Deutschland fühlten sich alle permanent aufgefordert, die Perspektive der angegriffenen Ukrainerinnen und Ukrainer zu übernehmen.“

Deutschland sei aber „keine Kriegspartei, sondern dritte Partei mit allen Möglichkeiten, die das zum Wohle der Ukraine eröffne.“ Welzers Wahrnehmung, sein Blickwinkel ist, daß wer aktiv und bewußt Waffen in eine Kriegsregion liefert, natürlich an diesem Krieg teilnimmt – als unterstützender Lieferant des Todes und des Elends. Dazu dienen Außenministerin Annalena Baerbock und FDP-Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann noch als verbale Sturmhaubitzen. Worte als Waffe. Die Wahrnehmung eines deutschen Soziologen konnte – wenig überraschend – der ukrainische Ex-Diplomat Andrej Melnyk so nicht stehen lassen. Er kommentierte völlig enthemmt und befreit von nervigen politischen Petitessen:

„Professor Dr. Harald Welzer ist ein echter Schandfleck für die deutsche Wissenschaft & ein moralischer Abschaum für die deutsche Gesellschaft. Pfui.“

Schandfleck, Abschaum? Sprache war, ist und bleibt eine Waffe. Auch im Falle des Serhij Zhadan, prämiert als Textautor, um damit einer erwünschten Völkerverständigung zu dienen. Blutgetränkter emotionaler Haß und die Aufforderung zu Straftaten dürfen und sollten auch weiterhin nicht noch mit 25.000 Euro belohnt werden, schon gar nicht in Kriegszeiten.

Quelle: Ein Haßprediger als Friedensbotschafter? Der neue Buchpreisträger Serhij Zhadan
(Danke an Evelyn Hecht-Galinski für den kritischen Beitrag!)

Betrachtet man diese abscheuliche Veranstaltung mit einem gewissen Abstand, so kommt man nicht umhin, sich an die Worte Stalins zu erinnern, der 1934 gegenüber dem Science-Fiction Autor H.G. Wells äußerte:

„Nehmen Sie z.B. den Faschismus Der Faschismus ist eine reaktionäre Kraft, die unter Anwendung von Gewalt die alte Welt zu erhalten sucht. Was wollen Sie mit den Faschisten machen? Mit ihnen diskutieren? Sie zu überzeugen versuchen? Aber damit erreichen Sie bei ihnen nicht das Geringste.“

Quelle: Wider den kleinbürgerlichen Reformismus.Ein Gespräch Stalins mit dem englischen Science-Fiction-Autor H.G. Wells (1934)
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5 Antworten zu Bernhard Loyen: Ein Haßprediger als ein Friedensbotschafter? Der neue Buchpreisträger Sergej Shadan.

  1. Hat dies auf Muss MANN wissen rebloggt und kommentierte:
    ein Skandal jagt den nächsten.

    • sascha313 schreibt:

      Dieser Haßprediger Shadan, sowie die ukrainischen Ex-Botschafter Melnyk (ehemals in der BRD) und der fanatische Russenhasser Petr Wrublevsky (ehemals in Kasachstan) sind die irrationalen geistigen Brandstifter, denen kein Mittel zu brutal ist, wenn sie zur Ermordung friedliebender Menschen aufrufen. Schon die deutschen Faschisten prahlten 1941 mit der Losung: „Der Russe muß sterben, damit wir leben.“ – Zurecht wurden die Mörder von Soja Kosmodemjanskaja von den kämpfenden Einheiten der Roten Armee vernichtet. Zurecht endeten die Nazi-Hauptkriegsverbrecher am Galgen!

      • Ich bin – so wurde ich nun einmal „christlich“ durch das Lesen der Bibel ‚erzogen‘ – ein Mensch, der Gewalt gegen Menschen verabscheut; aber gegen Gewalttäter, Vergewaltiger, Menschenhändler, Sklavenhalter und Mörder, gibt es eben kein anderes Mittel als die Gewalt und die Vernichtung solcher Bestien, die sich aus jeder menschlichen Gemeinschaft und Gesellschaft – aufgrund welcher irren Wahnideen auch immer – verabschiedet haben.

        Nach dem wenigen Studium (im Vergleich zu meinem Studium der Bibel) der marxistisch-leninistischen Philosophie in den letzten sieben Jahren, kann ich aber mit Gewißheit sagen, daß sich in der Frage der Gewalt, sowohl nach der „Theologie“ als auch nach der „Kirchenlehre“ sowie den Aussagen und Lehren der Thora und dem Evangelium, die kongruente [in allen Punkten übereinstimmende, völlig gleiche, deckungsgleiche] Antwort ergibt, die auch die materialistische Philosophie des Marxismus-Leninismus für notwendig und unabdingbar erklärt hat, nämlich, daß Gewalt im Falle von Ausbeutung, Unterdrückung, Vergewaltigung, Menschenhandel, Sklavenhaltung und Mord gerechtfertigt ist.

        Sogar in der Präambel der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ [‚leider‘ noch immer ein Idealismus und nicht normiertes Recht] heißt es:
        „… da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des
        Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, *als letztes Mittel zum Aufstand gegen* Tyrannei und Unterdrückung zu greifen, …“

        Das Ist freilich bescheuerter idealistischer Unsinn, denn der Aufstand = die Gewalt = der WIDERSTAND gegen Tyrannei und Unterdrückung,
        IST nicht das „letzte“, sondern das ERSTE Mittel!, was der Mensch anwenden muß, um nicht versklavt zu werden!

        Menschen, denen ihr „Verstand“ / ihr „Denken“ kastriert wurde, werden das freilich nicht verstehen – sie sind halt ganze, richtige, wirklich *echte* „Pazifisten“, die mir mindestens dreimal im Leben *meine Fresse poliert haben*! Werde ich nie vergessen!

  2. gunst01 schreibt:

    Das ist ein ekelerregender Niedergang der sogenannten geistigen Elite.

    • sascha313 schreibt:

      Ja, lieber gunst01, genauso sehe ich das auch. Und wie haben die sich gefühlt, als es noch den Bismarck gab… doch der große Katzenjammer kam 1918 – und kaum 20 Jahre später hatten einige von denen nicht mal ein schlechtes Gewissen, bei der bösen Tat eines Schicklgruber und seiner üblen Spießgesellen. Die Umwelt formt den Menschen; Haß und Neid machen ihn kaltherzig. Doch wenn das Unkraut auf dem Acker überhand nimmt, muß man ihn umgraben – das unterste zuoberst. … Doch wann wird da jemals wieder etwas wachsen und gedeihen können, wenn da solches Gift versprüht wird?

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